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möge hinzukommender Gewohnheit aber können sich solche Regungen, zwar ungleich schwächer, auch dann einstellen, wenn der Leidende nicht das Kind des Mitleid Fühlenden ist. Die Empfindungen, welche man durch die Ausdrücke Mitleid, Barmherzigkeit, Wohlwollen, Nächstenliebe bezeichnet, wären somit ein Abglanz, eine Reminiscenz gleichsam an den Elterninstinkt.88

Aber wie? Liegt nicht in der Regung des Wohlwollens, in der Empfindung der Nächstenliebe noch mehr, etwas Erhabeneres, was mit dieser Erklärung sich nicht deckt? Nein. Aber woher scheint es uns denn so? Weil sich unsere lobende, das Mitleid erhebende Urtheilsgewohnheit hineinmischt.

Hätte Schopenhauer schärfer, als er es gethan hat, zwischen dem Mitleid selbst und der Schätzung desselben unterschieden; hätte er eingesehen, dass das Lob des Mitleids, das er in sich vorfand, eine Denkgewohnheit war; dass es vom Mitleid selbst abtrennbar, auf andern Kulturstufen wirklich nicht

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Spencer, ib.: Nur da, wo der Unegoismus innerhalb der Familie zur vollen Entwickelung gelangt ist, sind die Bedingungen für die Entfaltung unegoistischer Beziehungen innerhalb der Gemeinde gegeben. Stämme, in welchen die Ehe noch nicht existirt oder die ehelichen Beziehungen vorübergehende sind, und Stämme, in welchen Polyandrie, auf einem anderen Wege, Unbestimmtheit der Verwandtschaft mit sich bringt, sind zu einer höheren Organisation unfähig. Nur, wo Monogamie durchaus allgemein geworden; nur wo, infolge dessen, die Knüpfung der Verwandtschaftsbande eine ganz enge ist; nur wo der Familiensinn sehr gepflegt wird, hat sich Gemeinsinn gezeigt. Man braucht sich nur an die zusammengesetzten Formen der Arischen Familie zu erinnern, wie Henri Maine u. A. sie beschrieben haben, um einzusehen, dass das Familiengefühl, sich erst auf die Gens und den Stamm erstreckend, dann auf die Gesellschaft, welche aus verwandten Stämmen gebildet wird, schliesslich der allgemeinen Nächstenliebe den Weg bahnt.

damit verbunden ist; dass es spät erst in der Geschichte der Menschheit, aus historisch-psychologisch nachweisbaren Gründen, dem Mitleid angehängt wurde: dann wäre Schopenhauer's Ethik anders ausgefallen, ja seine Philosophie überhaupt. Denn die Deutung, welche er dem Mitleid und unserer Schätzung desselben giebt, ist die Säule seiner Metaphysik.

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Moralische Urtheile auf den niederen Kulturstufen.

Die Kulturstufe, von welcher wir in dem historischen Theil dieser Schrift ausgingen, entbehrt nicht aller moralischen Urtheile. Vielmehr finden sich dort theils Ansätze zu unseren sittlichen Urtheilen (in vereinzelten Fällen gilt die Verletzung Anderer schon für tadelnswerth, zum Beispiel dann, wenn der Beschädigte Gastfreund des Thäters ist oder zu der nämlichen Sippe gehört), theils solche Schätzungen, welche den unsrigen entgegengesetzt sind, zum Beispiel die Schätzung der Rache, des Raubes.

Wie entstehen dieselben? Ebenso wie die unsrigen: durch Gewohnheit im einzelnen Menschen, nachdem das Bedürfniss, vereint mit anthropomorph-religiösen Vorstellungen, sie in der Gattung geschaffen hat.

Wen ein Zeitalter bildet, welches Raub und Mord nur in einigen Fällen für tadelnswerth hält, dem wird gerade die. Unterscheidung geläufig.

Dass, historisch betrachtet, auch diese Urtheile in den Bedürfnissen der Kulturstufe wurzeln, hat einen der Gewissheit sich nähernden Grad von Wahrscheinlichkeit. Schrittweise zwar lässt ihre Entstehungsgeschichte sich nicht ver

folgen. Sie gehört der prähistorischen Zeit an. Wer will jedoch leugnen, dass, zum Beispiel, die Schätzung der Gastfreundschaft bei den unkultivirten Völkern deshalb eine so hohe ist, weil dieselben ihrer in besonders hohem Maasse bedürfen? Man bewundert die Gastfreundschaft alter Zeiten, bemerkt Tyge Rothe, und erwägt nicht, dass, wer damals aus seiner Heimath wanderte, kein Nachtlager oder Herberge fand, wenn es ihm nicht als Gast geboten ward, und also ein jeder leisten musste, dessen er sich selbst wollte zu erfreuen haben (Wirk. d. Christenth. I, p. 62). Der Gegensatz zwischen der Barbarei des Zeitalters und seiner eben darum. so ausgebildeten Gastfreundschaft war, wie es scheint, besonders gross bei den Ranen. Helmod erzählt, dass dieselben raubten und stahlen, um ihre Gastfreunde zu befriedigen. Andererseits wird von ihnen berichtet, dass sie an sinnreichen Qualen ihrer Kriegsgefangenen sich weideten, und nur von Beutezügen und Räubereien lebten (Chronik d. Slaven I, p. 82. Anonym. vita Ott. ed. Jasch p. 287). Von den Germanen sagt Pomponius Mela: als Recht gilt ihnen die Kraft, so dass sie nicht einmal der Räuberei sich schämen. Nur gegen ihre Gastfreunde sind sie gütig und mild gegen Schutzflehende (III, 3). Das Nämliche wird von den Beduinen wie von den Südseeinsulanern berichtet (Gibbon V, p. 188. Erskine, West. Pacif.). - Das Bedürfniss kreïrt, die Gottheit sanktionirt die Schätzung. So im griechischen Alterthum. Der Fremdling, bemerkt Nägelsbach, ist, wo er hinkommt, schutzlos. Weil aber solche Schutzlosigkeit allen menschlichen Verkehr aufheben würde, so tritt als Schirmvogt der Fremdlinge Zeus ein. Das heilige Gefühl frommer Scheu, auf welche der Fremdling Anspruch hat, wird audos genannt.

Die ξεῖνοι heissen darum auch geradezu αἰδοῖοι (Hom. Theol. p. 294). 89

Es verhält sich mit der Gastfreundschaft so, wie mit der Freundschaft überhaupt. Die Noth hat sie auf den niederen Kulturstufen zu Ansehen gebracht. Dort wacht kein Staat über Leben und Sicherheit der Bürger. Folglich verbindet sich der Einzelne um so enger dem Einzelnen. Sie schliessen ein Schutz- und Trutzbündniss, und die Gottheit heiligt es. Diese Art der Freundschaft findet sich noch bei den Morlacken. Die Freundschaft, sagt Abbé Fortis, die bei uns durch jede Kleinigkeit zerstört werden kann, ist bei den Morlacken unzerstörbar. Sie haben eine Art Religion aus ihr gemacht und knüpfen das geheiligte Freundschaftsband am Fusse des Altars. Die männlichen Freundschaften, welche so geschlossen werden, heissen Probatimi und die weiblichen Posestrime, was soviel bedeutet wie Halbbrüder und Halbschwestern. Die Pflichten der Probatimi sind, sich in jeder Noth und Gefahr beizustehen und empfangene Beleidigungen zu rächen (Reise in Dalmatien p. 85). Aehnlich schloss man in Island,,Pflegbrüderschaft". Die Freunde gehen auf eine Erdzunge und schneiden Rasenstücke aus, deren Ende sie in der Erde befestigen und so mit einem Spiess unterstützen, dass man mit der Hand den Nagel, der das Eisen des Spiesses

89 Grote, hist. of Greece: the modern Arabians prove, that hospitality may consist with the greatest vices and that this species of generosity is no decisive evidence of goodness of heart or rectitude of manners. Er citirt Goguet, origin of Laws I, VI, 4: hospitality was in the primitive times exercised not so much from generosity and greatness of soul as from necessity. Common interest probably gave rise to that custom. In remote antiquity there were few or no public inns; they entertained strangers in order that they might render them the same service, if they happened to travel.

hält, fassen kann. Unter diese Rasenstücke treten sie, verwunden sich, lassen ihr Blut auf die Erde fliessen und vermischen Erde und Blut. Dann fallen sie auf die Kniee und schwören, dass sie einer den andern wie Brüder rächen wollen (Sagenbl. d. scand. Alterth. p. 124). Später, wenn der Staat Beschirmer des Einzelnen wird, die Blutrache verboten ist, und Gewerbe und Ackerbau sich entwickelt haben, ändern diese Freundschaften ihren Charakter. Aus den Pflegbrüdern werden Geschäftsfreunde. Münter (Geschichte der Einf. des Christ. in Dänemark u. Norwegen p. 124): Die Pflegbrüderschaft, welche auf Sorge für persönliche Sicherheit und Blutrache gegründet war, ging später in die friedliche und unschuldige Verbindung der Gilden über.

Wichtiger als Freundschaft und Gastfreundschaft ist die Einheitlichkeit des Geschlechts, der,,Sippe". Das Wort Sippe bezeichnet Verwandtschaft und zugleich Frieden, Freundschaft. Nach der Edda ist das Ende der Welt nahe, wenn im Innern der Sippen Feindschaft entsteht: Brüder befehden sich, fällen einander, Geschwisterte sieht man die Sippe brechen (Vol. 46),90

Man muss hier zweierlei unterscheiden:

90 Wicht, Ostfries. Landrecht p. 21: Ist es, obgleich sonst bei den Deutschen und Friesen aus einem Todtschlag eben ein so sehr grosses Verbrechen nicht gemacht wurde, dennoch für eine abscheuliche Schandthat gehalten worden, einen seiner Anverwandten zu erschlagen (Tacitus, Germ. c. 19 quemque ex agnatis necare), so heget auch dieses Landrecht die deutlichsten Merkmale davon (lib. 1, 139: Wenn der Sohn den Vater erschlägt, oder der eine Bruder den andern, so mag die mit Blut besudelte Hand kein Erbgut empfangen, sondern derjenige, der ausser dieser Hand der nächste ist), da ein solcher Todtschläger als ein Schandfleck und faules Glied seiner Familie von der Erbfolge ausgeschlossen und abgeschnitten wird (Pomponius Mela III, 3. Vell. Paterculus II, 117).

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