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lichkeit gegen Freunde, Gastfreunde, Schutzflehende, Verwandte) begegnen wir in der homerischen Gesellschaft kaum irgend welchen sittlichen Mächten. Die berichteten Thaten und Abenteuer setzen eine Gemeinschaft voraus, in welcher Wildheit, Raublust und die aggressiven Neigungen überhaupt durch keine Gewissensscrupeln (internal counterbalancing scruples) aufgehalten werden. Wilde Brutalitäten werden mit offenbarer Gleichgültigkeit bewunderten Helden zugeschrieben. Die Berühmtheit des Autoly kus in der Laufbahn der Räuberei und des Eidbruchs werden mit derselben unaffektirten Bewunderung erzählt, wie die Weisheit Nestors oder die Stärke des Ajax. Homers Hymnus auf Hermes zeigt die Bewunderung, welche man berühmten Dieben zollte. Der Beruf eines Seeräubers ist anerkannt und ehrenvoll, sodass ein Wirth, welcher seinen Gast nach dem Zweck der Reise fragt, Bereicherung durch Seeräuberei unter den Zwecken aufzählt, welche seinem Geist in ungezwungener Weise sich darbieten. Es existirt keine Verpflichtung des Menschen gegen den Menschen als solchen. Gesinnungen dieser Art findet man weder in der wirklichen Welt, noch in der Phantasie der Dichter (hist. of Greece II, p. 107, 119).

§ 10. Folgerungen.

Die Meinung der Philosophen, dass ein Bewusstsein, welches Grausamkeit tadelt, Wohlwollen lobt, in allen Menschen vorhanden sei, ist demnach falsch. Wenn Mackintosh sagt: es existirt kein Mensch, der nicht mit mehr Befriedigung auf Akte des Wohlwollens blickte, als auf Akte der Grausamkeit,

vorausgesetzt, dass er unbetheiligter Zuschauer ist (a calm bystander. princ. of eth. phil. p. 58), so widerlegt ihn die Denkweise der frühern Bewohner seines eigenen Vaterlandes. Die Achtung, deren sich bei den Bogos der Räuber, der Schreck der Nachbarschaft erfreut, der des Blutes und Raubes nie satt wird, widerlegt Adam Smith, der behauptet: seines Nächsten Glück zu zerstören, weil es dem eigenen im Wege steht; ihm fortzunehmen, was nützlich für ihn ist, blos weil es von gleichem oder grösserm Werth für mich ist, eine solche Handlungsweise kann kein unparteiischer Zuschauer billigen (Theory of mor. sent. p. 180). Die Neigung dieses Philosophen, zu verallgemeinern, ist so stark, dass er selbst die Begriffe von Schicklichkeit, welche in seinem Stande herrschen, für allgemein menschliche hält. Gierig zu essen, meint er, gilt überall für unschicklich (ib. p. 51).

Versprich irgend Jemandem, sagt Hutcheson, alle Belohnungen der Welt oder drohe ihm mit allen Strafen, du wirst ihn nicht dahin bringen können, Achtung vor einem Menschen zu haben, der grausam ist (princ. of beauty and virt. p. 135). Diese Achtung würde dem Grausamen ungezwungen von jenem Häuptling gezollt werden, welcher vollendete Grausamkeit zu den Tugenden seines Sohnes zählte.

Der Satz,,dieser Mensch ist tugendhaft, aber er kennt kein Mitleid" klingt, nach Schopenhauers Meinung, jedem ungereimt (Eth. p. 236). Dort indessen würde man sogar sagen: Dieser Mensch ist tugendhaft, denn er kennt kein Mitleid; er ist grausam, unerbittlich; wegen einer geringen Beleidigung hat er den Beleidiger selbst und dessen ganze Familie erschlagen.

Der Irrthum dieser Philosophen besteht darin, dass von ihnen ein Theil für das Ganze genommen worden ist. Ihre Kirchspielmoral haben sie für diejenige des Erdkreises gehalten.

Auch die Behauptung Kant's: ein Sittengesetz, welches Handlungen verbietet, deren Allgemeinwerden man nicht wollen kann, dränge sich dem Bewusstsein jedes Menschen auf, wird durch die Moral der Menschenfresser drastisch widerlegt. Kaum von irgend einer Handlung kann der Handelnde ernstlicher wollen, dass sie nicht allgemein werde, als von der Menschenfresserei (denn sonst könnte einmal an ihn die Reihe kommen, gefressen zu werden). Keine Handlung wird somit energischer vom kategorischen Imperativ verboten, von dem Sittengesetz, welches, nach Kant, in dem Bewusstsein jedes Menschen a priori vorhanden ist, gleichwie die Formen des Raums, der Zeit. Da nun das sittliche Bewusstsein der Kannibalen Menschenfresserei trotzdem für eine löbliche Handlungsweise erklärt; da ihr Gerechtigkeitsgefühl selbst im Jenseits dafür Belohnung fordert, so entsteht die Frage: wo ist, wenn ihr Gewissen sich in diesem Sinne äussert, der kategorische Imperativ, dessen sich jeder, wie Kant meint, unmittelbar bewusst wird, dessen Stimme selbst den kühnsten Frevler zittern macht und ihn nöthigt, sich vor seinem Anblick zu verbergen; dessen Bewusstsein ein Faktum der Vernunft zu nennen ist, weil es sich für sich selbst uns aufdrängt, und zwar der gemeinsten Menschenvernunft ebensowohl, wie der im höchsten Maasse spekulativen; dessen Uebertretung auch in dem verruchtesten Menschen eine Verabscheuung seiner selbst bewirkt? (Grdl. z. Met. d. Sit. p. 22; Met. d. Sitten p. 211; Kr. d. prakt. Vern. p. 33, 36, 96 Kirchm.).

Aber, wird man einwenden, Kant hat doch auch gewusst, dass es Menschenfresser nicht blos giebt, sondern dass sie mit gutem Gewissen fressen. Folgt hieraus nicht weiter, dass das Sittengesetz auch nach Kant ein Produkt der Geschichte ist? Nein. Wir stellen es in Abrede, dass Kant das Moralische historisch aufgefasst habe. Denn der Schwierigkeiten, eine solche Auffassung im Uebrigen mit der Kant'schen Ethik zu reimen, sind so zahlreiche und offenbare, dass Kant, wir können nicht daran zweifeln, auf ihre Beseitigung bedacht gewesen wäre. Er hätte uns nicht rathlos vor selbstgeschaffenen Räthseln stehen lassen. Diese Schwierigkeiten sind:

1) Wenn das Sittengesetz, welches Handlungen verbietet, deren Allgemeinwerden man nicht wollen kann, nach Kant's Meinung nicht immer, nicht in jedem Menschen vorhanden war, so sind die Stellen unverständlich, in welchen Kant ausdrücklich sagt, dass es sich dem Bewusstsein jedes Menschen aufdränge. Den oben citirten Stellen fügen wir noch die folgende hinzu: ,,Das moralische Gesetz drängt sich auch dem ärgsten Menschen kraft seiner moralischen Anlage unwiderstehlich auf" (Rel. innerh. d. Gr. d. bl. V. p. 39 Kirchm.).

2) Wenn das Sittengesetz in der Zeit geworden ist, so entsteht die Frage: in welchem Zeitpunkt hat es zuerst sich gezeigt? Offenbar nicht erst seit und durch Kant. Denn es war, nach Kant's eigenen Worten, längst vor ihm in aller Menschen Vernunft und ihrem Wesen einverleibt (K. d. p. V. p. 126). Aber wie lange vor ihm? In welches Jahr, in welchen Monat fällt der Geburtstag des kategorischen Imperativs?

3) Auf welchem Wege ist dieses Gesetz zur Welt und in das Bewusstsein der Menschen gekommen? Haben Einzelne

es entdeckt und den übrigen davon Mittheilung gemacht? oder liegt es auf einer gewissen Bildungsstufe der Menschheit in der Luft und wird von allen, welche auf ihr sich befinden, percipirt?

Diese Schwierigkeiten, welche bei der historischen Auffassung seines Sittengesetzes entstehen, würde Kant nicht wortlos übergangen haben. Da ist noch eher anzunehmen, dass die historische Auffassung des Moralischen überhaupt nicht in den Kreis seiner Ideen fiel; dass ihm der kategorische Imperativ wirklich von vornherein in allen Menschen, also auch in den Kannibalen vorhanden war; dass dieselben, seiner Meinung nach, nicht mit gutem, sondern mit bösem Gewissen fressen.

Hierfür spricht noch die folgende Stelle: Kant sagt von den Philosophen des Eudă monismus, dass sie dreist genug seien, sich gegen die himmlische Stimme des kategorischen Imperativs taub zu machen (K. d. p. V. p. 41 Kirchm.). Wenn Kant nun meinen konnte, dass Epicur und Helvetius ihre Systeme unter Gewissensbissen aufgestellt und vertreten hätten, wird er dann nicht erst recht gemeint haben, dass die Menschenfresser ihr Mahl unter Gewissensbissen verzehren?

Auf ähnliche Schwierigkeiten würde die Annahme stossen, dass das Sittengesetz, nach Kant, bei den niedrig kultivirten Völkern korrumpirt und zwar bis zur Austilgung korrumpirt worden sei. Wann und wodurch ist diese Korruption eingetreten? Wann und wodurch wird sie beseitigt? Ausserdem: durch Anwendung welcher Mittel kann ein Begriff a priori getilgt werden? Der kategorische Imperativ ist ja ebenso a priori, wie Raum, Zeit, Kausalität (cf. p. 11 u. 12). Ist es nun die Meinung Kant's, dass die Anschauungsform a priori des Raums oder

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