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as Leben in Weimar umschwebt ein eigener Reiz. Ist es die Erinnerung an jene Zeit, in welcher dies Städtchen im Zauberlichte seines geistigen Strahlenkranzes die Blicke von ganz Deutschland, von ganz Europa auf sich zog, ist es eine durch den langen Aufenthalt der vielen Heroen deutscher Poesie vielleicht mitgetheilte Umgangsweise, welche noch immer durch den Hauch ihres heiligen Athems angeweht ist, - ich weiss es nicht, ich fühlte nur den Zauber ohne über ihn zu grübeln, und gab mich ihm um so williger hin, als ich mich durch ihn nach und nach in eine Welt versetzt sah, deren Dasein ich nur in der Phantasie eines Dichters, nicht aber auf unserer materiellen Welt für möglich gehalten hatte. - Den Mittelpunkt des engern Kreises, in welchem ich damals bei meinen häufig wiederholten Besuchen mich bewegen zu dürfen so glücklich war, bildete das Goethesche Haus, und in ihm der greise Dichterfürst, der sich zwar mit jedem Jahre mehr und mehr in sein innerstes Heiligthum zurückzog, und mit der Aussenwelt höchst selten persönlich, regelmässig aber nur durch einige wenige Mittelspersonen in Berührung kam - dessen Nähe und wohlwollende Theil

nahme aber belebend und fördernd auf jenen Cirkel einwirkte, der sich um die liebenswürdige Frau vom Hause versammelte. Ottilie von Goethe ist dem deutschen Publikum in der neuern Zeit von mehreren Schriftstellern geschildert worden, denn Jeder, der über seine persönliche, vorübergehende oder dauernde, Stellung zu Goethe, oder über die letzten Jahre dieses grossen Mannes etwas zu berichten hatte, musste den mächtigen Eindruck fühlen, den diese geistreiche Dame auf Jeden machte, der mit ihr in Berührung kam; man war und blieb gefesselt von der unbeschreiblichen Liebenswürdigkeit und der imposant geistigen Bedeutendheit dieser eigenthümlichen Frau. Sie hatte damals einen schon früher einmal zur Ausführung gebrachten Plan aufs neue wieder aufgegriffen, und betrieb ihn mit der ihr eigenen Lebhaftigkeit. Es war dies die Herausgabe eines Blattes, welches des Sonntags Morgens erschien, und den Titel Chaos mit dem grössten Recht führte, denn in chaotischer Verwirrung kam darin alles Mögliche vor! Eine französische pikante Erzählung hinter einem deutschen Aufsatz über Architektur; eine englische Abhandlung über Reformbill hinter einem italienischen Reiseberichte; Philosophie, Geschichte, Literatur, Kunst, Tagesneuigkeiten, Fadaisen, Ernst und Scherz, Gutes und Schlechtes, alles war darin zu finden, und an deutschen, französischen, englischen, italienischen und selbst spanischen Gedichten war reiche Auswahl. Frau von Goethe war Redactrice mit unbeschränkter Machtvollkommenheit und ohne die geringste Verantwortlichkeit; sie allein kannte die Verfertiger der verschiedenen Beiträge, und ergötzte sich schelmisch an dem eifrigen Bestreben der Anderen, aus äusseren Beziehungen und inneren Wahrscheinlichkeiten den literarischen Notabilitäten auf die Spur zu kommen. Die Bedingungen, unter welchen man als Mitglied dieser Gesellschaft aufgenommen wurde, waren sehr einfach; man musste alle Vierteljahr einen ungedruckten Beitrag liefern, das Blatt vor jedem Uneingeweihten verbergen, und wenigstens ein

mal in Weimar gewesen sein. Ein talentvolles Mitglied hatte diese kurzen Statuten in Verse gebracht, und als Titel ein hübsches Blättchen gravirt, worauf der Baum Chaos kräftig in die Höhe wächst und auf seinen Zweigen allerhand absonderliche Früchte trägt, als Liebesgötter, Helme, Dolche, Herzen, Vögel, Bogen und Pfeile, Instrumente und dergl., während ein alter Deutscher im Bärenfell an seinen Stamm sich lehnt, in traulicher Gemeinschaft mit dem englischen Leoparden und dem gallischen Hahn. Die Wurzeln des Baumes aber haften auf felsigem unfruchtbarem Grunde, und da ist denn eine Menge von kleinen winzigen Pygmäen beschäftigt das Erdreich aufzulockern und durch Begiessen das Gedeihen des Baumes zu fördern, während andere, von der Arbeit wahrscheinlich erschöpft, durch die Freuden der Geselligkeit in lebhafter Unterhaltung sich zu erholen beflissen sind. Durch eine breite Spalte des Felsens erblickt man die Thürme von Weimar, und am andern Ufer der Kluft liegt unter einem ziemlich entblätterten Lorbeerbaume die Göttin Fama in sanftseligem Schlummer.

In dem bei Gelegenheit des Jubiläums der Buchdruckerkunst im Jahre 1840 erschienenen Weimarschen Album ist diesem Chaos eine eigene Skizze durch eine Weimarsche Dame gewidmet, und es sind in derselben mehrere Auszüge daraus mitgetheilt, welche theils auf Goethe Bezug haben, theils von ihm selbst herrühren. Es wunderte mich, unter diesen letzteren ein kleines Impromptu nicht anzutreffen, das mir besonders deshalb von grösserer Bedeutung scheint, weil es klar zeigt, welch jugendlicher Geist noch in dem 83jährigen Dichter glühte. Ich theile es hier mit, weil ich es in den meisten Ausgaben seiner Werke vergeblich gesucht habe. (Es findet sich nur bei Hempel III, 367.) Zu dem letzten Geburtstage, den er erlebte, war er von einer jungen Dame, die zu den hervorragendsten Erscheinungen Weimars gehörte, Fräulein Jenny von Pappenheim, mit einem Paare gestickter Pantoffeln bescheert worden, das sich mit folgenden Versen bei ihm einführte:

Zum 28. August 1831.

Nur ganz bescheiden nah' ich heute mich,
Wo so viel schön're Gaben Dich umringen,
Doch, Herr, Bedeutung hab' auch ich,

Denn Liebe und Verehrung soll ich bringen;
Drum, wenn auch Höh're, Meister, Dich begrüssen,
Mir gönne nur den Platz zu Deinen Füssen.

>>Zwar Engeln kann ich nicht Befehle geben,
>>Dass Deine Schritte sie mit Liebe führen;
>>>Doch will ich weich mit Seide Dich umweben,
>>Dass ihn kein Steinchen möge hart berühren«<.
So sprach die Herrin, und so lass mich schliessen,
Und gönn' auch ihr den Platz zu Deinen Füssen.

Höchlichst erfreut über diese sinnreiche Artigkeit übersandte Goethe der freundlichen Geberin auf der Stelle ein Billetchen mit folgender Dankeserwiderung:

Dem heilgen Vater pflegt man, wie wir wissen,
Des Fusses Hülle, fromm gebeugt, zu küssen !
Doch wem begegnet's hier, im langen Leben,
Dem eignen Fusswerk Kuss um Kuss zu geben?
Er denkt gewiss der holden lieben Hand,

Die Stich um Stich an diesen Schmuck verwandt!

Frau Ottilie von Goethe traf ich bei meiner Ankunft in Weimar noch in tiefer Trauer wegen des Todes ihres Gemahls. Sie bewohnte die Mansarden im Goetheschen Hause, und empfing in ihren sehr behaglich eingerichteten Räumen die Besuche ihrer zahlreichen Bekannten und Verehrer, Damen und Herren, von denen eine Anzahl betheiligt war als Mitarbeiter an dem »>Chaos«. Ich ward diesen Letzteren beigesellt, und kann überhaupt nie dankbar genug sein für die unendliche Freundlichkeit, mit der mich diese originelle Frau schon damals und so auch fernerhin beehrte. Es ist wohl natürlich, dass ich wiederholt ihr den Wunsch aussprach, unserm unsterblichen Dichter persönlich vorgestellt zu werden. Es war dies jedoch nicht so leicht zu

bewerkstelligen, denn der alte Herr lebte in strengster Zurückgezogenheit, und was für ein Interesse konnte für ihn die Bekanntschaft mit einem zwanzigjährigen Studenten haben! Endlich aber ward mein Wunsch erfüllt. Am Vormittage des 6. August (1831) führte Frau von Goethe mich zu ihrem Schwiegervater, in Begleitung des oben erwähnten Fräulein von Pappenheim. Der ehrwürdige Greis empfing uns in dem sogenannten Urbino-Zimmer; er war bekleidet mit einem langen braunen Überrock mit Shawlkragen; ein weisses Halstuch kreuzte sich vorn und war mit einer Busennadel befestigt. Die Damen nahmen den Platz auf dem Kanapee ein, Goethe setzte sich auf einen Stuhl an ihrer Seite und forderte mich auf, meinen Platz an seiner Seite zu nehmen. Er wusste, dass ich in Heidelberg gewesen war, und brachte gleich das Gespräch auf diese Stadt, wobei er sich theilnehmend nach Thibaut erkundigte, bei dem ich im verflossenen Winter die Pandekten gehört hatte. Die Unterhaltung kam dann weiter auf Wilhelm Tischbein, der mich als Kind in Eutin gezeichnet hatte, und von diesem auf Johann Heinrich Voss, der von Eutin nach Jena und von dort nach Heidelberg gekommen war. Goethe äusserte sich mit grosser Anerkennung über diesen Mann, schüttelte jedoch sehr bedenklich den Kopf, als auf die literarischen Fehden desselben, namentlich mit Creutzer die Rede kam.

Goethe war in durchaus heiterer Stimmung und scherzte freundlich mit den Damen; von seiner äussern Erscheinung empfing ich den Eindruck, dass er im Gesichte ein wenig eingetrocknet aussah; allein die prächtig leuchtenden Augen liessen es vollständig vergessen, dass man vor einem 82jährigen Greise stand. Er hatte gerade zu dieser Zeit dem Kupferstecher Schwerdgeburth zu einem Portrait gesessen; die Zeichnung erschien mir als die ähnlichste von allen, die ich gesehen und ich unterliess daher nicht, einen darnach gefertigten Kupferstich mir anzuschaffen.

Noch waren nicht acht Monate nach diesem meinem Besuch verflossen, als Goethe starb. Die Nachricht von

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