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seinem Tode, obgleich längst erwartet und gefürchtet, erschütterte dennoch alle Kreise. Ich fuhr am 26. März hinüber nach Weimar, um noch einmal die sterbliche Hülle des grossen Mannes zu sehen. In der mit schwarzem Tuche ausgeschlagenen Vorhalle des Hauses lag der Körper aufgebahrt, in einem Priestertalar von weissem Atlas, das ehrwürdige Haupt mit einem dichten Lorbeerkranz geschmückt. Über dem auseinandergeschlagenen Vorhang, welcher den Sarg von den vorüberschreitenden Besuchern trennte, standen in goldenen Lettern folgende Verse aus Hermann und Dorothea:

>>Des Todes rührendes Bild steht

Nicht als Schrecken der Weisen, und nicht als Ende dem Frommen.

Jenen drängt es ins Leben zurück und lehret ihn handeln, Diesem stärkt es zu künftigem Heil in Trübsal die Hoffnung, Beiden wird zum Leben der Tod. Der Vater mit Unrecht Hat dem empfindlichen Knaben den Tod im Tode gewiesen. Zeige man doch dem Jüngling des edel reifenden Alters Werth und dem Alter die Jugend, dass beide des ewigen Kreises

Sich erfreuen und so sich Leben im Leben vollende! Während der öffentlichen Ausstellung der Leiche stand eine Ehrenwache von sechs Mitgliedern des Hoftheaters und der Hofkapelle an beiden Seiten des Sarges. Nachmittags 4 Uhr ward unter dem Geläute der Glocken der Sarg auf den mit vier Rappen bespannten Grossherzoglichen Leichenwagen gehoben, zur Fürstengruft gefahren und dort von dem Kanzler von Müller dem Oberhofmarschall von Spiegel übergeben. General-Superintendent Dr. Röhr hielt die Leichenrede. Das Gefolge war sehr zahlreich: Das Ministerium und alle Behörden, Prorektor und Senat der Universität Jena, eine Menge Fremder aus der Umgegend, viele Bürger der Stadt, und etwa 150 Studenten.

Goethe hatte sich in Folge einer Erkältung eine Unpässlichkeit zugezogen, welche, vereint mit der Alters

schwäche, die Krisis herbeiführte. Auf seinem Armstuhl sitzend hauchte der grosse Mann seinen Geist aus, am 22. März 1832 um 112 Uhr Mittags. Sein Tod war sanft und schmerzlos; er behielt seine Geistesgegenwart bis zum letzten Momente, dem ein sanfter Schlummer vorherging, vor dessen Eintreten er eine Handbewegung machte, die anzudeuten schien, als ob er schreiben wolle. Er hatte keine Ahnung seines so nahe bevorstehenden Todes, denn noch am Morgen freute er sich über das Herannahen des Frühlings und liess sich mehrere Bücher kommen. Von den berühmten letzten Worten: »Licht, mehr Licht!« geschah damals nirgends eine Erwähnung.

Am Tage nach der Beerdigung, 27. März, ward das seit dem 22sten geschlossene Theater wieder eröffnet mit Torquato Tasso. Nachdem Tasso am Schlusse des fünften Aktes die letzten Worte gesprochen:

>>>Zerbrochen ist das Steuer, und es kracht
Das Schiff an allen Seiten. Berstend reisst
Der Boden unter meinen Füssen auf!

Ich fasse Dich mit beiden Armen an!

So klammert sich der Schiffer endlich noch
Am Felsen fest, an dem er scheitern sollte«<.

traten der Herzog und die beiden Leonoren in lange Trauerschleier gehüllt auf die Scene, gefolgt von dem gesammten Theater - Personal in altitalienischen TrauerCostümen, und Tasso sprach den bekannten Epilog '.

I Vgl. G.-J. IV, S. 380--382.

2. EINIGES ÜBER GOETHES VERS.

A

VON

VICTOR HEHN.

ls Opitz im siebzehnten Jahrhundert die neue deutsche Prosodik entdeckt und Klopstock im achtzehnten

sie angewandt hatte, da glaubte man Trochäen und Jamben und Daktylen zu besitzen, wie die Griechen und Römer, und sapphische und alkaïsche Strophen aufbauen zu können, wie Horaz. Doch wie sehr täuschte man sich darin! In der antiken Metrik gilt einzig die Quantität der Silben, d. h. ihr äusseres Zeitmaß, bestimmt durch Länge und Kürze des Vokals und das Zusammentreffen der Konsonanten, die sogenannte Position. Der Vokal ist kurz, wenn die Sprachorgane unmittelbar, nachdem er hörbar geworden, zur Bildung des folgenden Konsonanten übergehen; lang, wenn sie in der Stellung verharren, die dem Vokal Entstehung gab. Das Zeitverhältniss beider wurde von den Alten als einfache Verdoppelung angesehen und so war z. B. der Daktylus ein grades Maß, mit andern Worten, die beiden Kürzen waren gleich der Länge und statt des Daktylus oder Anapäst konnte ein Spondeus stehen; der Jambus und Trochäus waren ungrade und statt des letzteren einen Spondeus setzen, hätte die rhythmische Bewegung aufgehoben. Dazu kam dann noch die Positionslänge: zwei oder mehr Konsonanten, unmittelbar zusammen

stossend, erforderten so viel Zeit, dass die Silbe, deren Schluss sie bildeten, auch wenn sie kurzen Vokal hatte, für lang gerechnet wurde. Auf den Wortton, auf die Bedeutsamkeit kam dabei nichts an; Metrum und Betonung kreuzten sich fortwährend; ein Hexameter konnte beginnen: αὐτὰρ ἔπειτα oder lauten wie folgender: Τὸν δ ̓ ἀπαμειβόμενος προςςφη πολύμητις Οδυσσεύς eben so konnte ein Substantiv oder Verbum mit dem höchsten Gewicht in der Rede aus zwei kurzen, flüchtigen Silben, ein Ableitungs- und Flexionselement aus einer Reihe langer bestehen und beiden wurde im Verse nach dieser ihrer sinnlichen Gestalt je das gleiche Recht. So stand es bei den Alten; die modernen Sprachen entwickelten sich nach dem entgegengesetzten Prinzip. Sie liessen die Quantität immer mehr fallen, machten die Vokale gleich und verstärkten in demselben Maße die eine Silbe vor der andern durch den Accent, d. h. durch lebhafteren Druck des Athems und Erhöhung des Tones. So thaten nicht blos die barbarischen Natursprachen des Nordens, sondern auch die sich umgestaltenden und verjüngenden Idiome des Südens. Beide bewegten sich einem Ziele entgegen, das ihrem Alterthum fern lag, einem innern historischen Triebe und Gesetze gehorchend. Die Neugriechen z. B. kennen keine Kürze oder Länge des Vokals, nur accentuirte und nicht accentuirte Silben, und an die Stelle der homerischen Hexameter und tragischen Trimeter sind bei ihnen sogenannte politische oder bürgerliche Verse getreten. Auch die meisten slavischen Völker haben alle Verschiedenheit der Vokaldauer die sie in ihrer Urzeit sicherlich besassen aufgegeben und bei Polen wie bei Russen und Kleinrussen waltet in gebundener und ungebundener Rede nur der Accent. Im Deutschen kommt dann noch ein besonderes Moment hinzu: der Accent fällt auf den Kern des Wortes, die Stammsilbe, die den allgemeinen Begriff benennt, dessen nähere Bestimmung und Beziehung wird durch tonlose Silben bewirkt. So ist z. B. in dem Worte begünstigen der Begriff Gunst durch den Ton

GOETHE-JAHRBUCH VI.

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als das zu Grunde liegende Subjekt bezeichnet; Attribut wird dieses durch das angehängte unbetonte ig — günstig, dieses wieder durch die Verbalendung und Zusammensetzung mit be, beide tonlos, zum prädikativen und zugleich transitiven Verbum. So hält der Accent nicht blos das Wort als Ganzes, als Individuum zusammen, sondern er hebt auch den Begriff aus den mannichfachen Verhältnissen, in die er eingegangen ist, in seiner ursprünglichen, noch bestimmungslosen Allgemeinheit als Herrschendes hervor. Dass dabei auch kein Gesetz der Positionslänge gelten kann, ergibt sich von selbst. Zwar wird der Dichter mit feinerem Gefühl auch der Position einen leisen Einfluss gönnen; sie wird, wie der Wechsel der Vokale, den Vers wohllautend oder übelklingend machen (worüber bei den verschiedenen Völkern je nach dem Bau der Sprachen oder der Gewöhnung der Artikulation das Urtheil sehr verschieden ausfällt): auf den Rhythmus selbst aber kann sie nicht bestimmend sein.

Blickt man von dieser neuern Art noch einmal auf das Alterthum zurück, so offenbart sich auch in diesem Punkt der ganze Gegensatz beider Zeitalter. Die Messung nach der Zeit ist sinnlich, die nach dem Ton gemüthlich; aus der erstern spricht Klarheit der Anschauung und der Gedanken, aus der andern ein Inneres, Gestaltloses, die Empfindung; ein Volk, das sein Ideal in Säulenarchitektur, in Marmor- und Erzbildern äusserlich hinstellte und dessen Poesie an Tanz und Gesang, an Lyra und Flöte geknüpft war, musste auch in der Sprache die rhythmische Bewegung nach der Zahl und Wiederkehr gleicher Zeitabschnitte regeln. Als aber das Christenthum den Menschen und seine Ansicht der Welt völlig umgewandelt und alles bisher Erstrebte und Gedachte in sein Gegentheil verkehrt hatte, da kündigt sich auch in griechischen und lateinischen Versen der neue Geist an die Quantität versagt, der Accent zerstört die grammatischen Formen und bemeistert sich des Rhythmus bis im Mittelalter in den byzantinischen Kirchengesängen

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