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die in der zweiten Partie fehlen: spiegelt sich die sehnsüchtige Stimmung der letzteren in einem mehrfach verwendeten »dann« (37. 69. 71), welches den contrastirenden besseren Zustand einleitet, der an die Stelle eines schlechten und unerträglichen tritt.

Es handelt sich hier durchweg nicht um zufällige Verschiedenheiten, sondern wirklich um zwei nach innerer Form, Metrik und Sprache verschiedene Stile. Ja, die meisten der angeführten Einzelheiten lassen sich verstehen aus dem Grundcharakter eines mehr prosaischen Stils in der ersten, eines mehr poetischen Stils in der zweiten Partie.

Man kann nicht behaupten, dass die stilistischen Verschiedenheiten aus der Verschiedenheit der Gegenstände fliessen. Denn die Gegenstände sind nicht wesentlich verschieden soll die erste Partie Fausts Übergang zur Magie, die zweite aber Fausts Flucht aus seiner Studirstube motiviren, so wird doch beides aus der Unerträglichkeit seines bisherigen Zustandes begründet, und diese Unerträglichkeit bildet in beiden Fällen das eigentliche Thema. Die Art von Fausts früheren Studien erhellt auch aus der poetischen Sprache der zweiten Partie: man wird gezwungen, an physikalische und anatomische Bemühungen zu denken, und schon diese Auswahl ist poetischer als die vier Facultäten im Eingang, unter denen namentlich die Juristerei gar nichts zur Sache thut. Sollten sie aber aus irgend einem Grund alle vier angeführt werden, so war es durchaus möglich, ihnen ein poetisches Gewand anzuziehen. Auch der Lehrberuf, wenn er vorkommen sollte, liess sich leicht weniger dürr und trocken zur Sprache bringen. Kurz, die Prosa dort, die Poesie hier liegt nicht am Gegenstand.

Sie liegt auch nicht an der dramatischen Technik und etwaigen veränderten Aufgaben der beiden Partien innerhalb des Stückes. Man darf nicht sagen, die erste sei Exposition, und nachdem diese etwas prosaisch abgethan, komme die Dichtung erst in Fluss. Man könnte sich einen Faust denken, der mit den Worten: »O sähst du, voller Mondenschein<«<

begönne, und man wäre mit dieser Exposition vollkommen zufrieden, vorausgesetzt, dass dann Faust wirklich fortginge oder dass er in der Ausführung seines Vorhabens auf eine einleuchtende Weise gestört würde.

Man darf ebensowenig die Sache damit abthun wollen, dass man bemerkt: Goethe halte sich in der ersten Partie treuer an die Quelle, nehme den Stil des Puppenspieles mit herüber und erhebe sich dann erst zu höherem Flug. Denn erstens hält sich Goethe, wie wir gesehen haben, in der ersten Partie gar nicht so streng an die Quelle, dass er eine Erhöhung des Tones verschmähen müsste, wo er sie für richtig hält.

Zweitens ist auch die zweite Partie nicht ohne quellenmäßigen Grund: haben wir doch soeben die wesentliche Identität des Gegenstandes mit der ersten nachgewiesen, kann also doch auch ihr der erste Monolog des Volksdramas zu Grunde liegen und kann der unmittelbare Verkehr mit der Natur, welche selbst den Forscher unterweist, sehr wohl an die Stelle der Magie oder des Studium necromanticum getreten sein. Wenn aber ein zunächst astronomisches oder astrologisches Buch (»Erkennest dann der Sterne Lauf« 69) von Nostradamus dabei mithilft, so ist Nostradamus, um einen Zeitgenossen des Doctor Faust zu nennen, vielleicht an die Stelle des Zoroaster getreten; denn im Volksbuch von Faust heisst es, er »lase fleissig im Zoroastre«<, und diese Lectüre wird als eine astrologische angesehen. Oder das geheimnissvolle Buch von Nostradamus eigener Hand entspricht dem Zauberbuche, das im Volksdrama immer auf geheimnissvolle Weise gebracht werden muss, oder den zwei Büchern des Ulmer Puppenspieles, als deren Autoren »der spanische Runzifax« und »der spanische Varth<«< genannt werden und deren eines darüber belehren soll, »wie man die Sonne verfinstern, die Sterne stillstehend machen und dem Mond seinen Lauf benehmen könne«< (Scheible 791. 792).

Drittens gehört das eben mit zum Stil und betrifft

die innere Form desselben, wie streng sich ein Künstler an die Natur oder die Überlieferung bindet. Und wenn die prosaische innere und sprachliche Form des sechzehnten Jahrhunderts auf den Vortrag der ersten Partie eingewirkt hat, während die zweite keine Spur dieser Einwirkung zeigt: so sind wir erst recht berechtigt, auf eine zwischen der ersten und zweiten Partie liegende künstlerische Umwandlung Goethes zu schliessen und von zwei verschiedenen Stilen zu reden.

Es war nothwendig, hier die möglichen Einwendungen oder vielmehr Ausreden, mit denen man Beobachtungen, wie ich sie vortrage, zurückzuweisen pflegt, bis in alle Schlupfwinkel zu verfolgen, um das Resultat so viel als möglich zu sichern. Denn so verhältnissmäßig zwingend lässt sich kaum irgendwo anders der Beweis für die Zusammenfügung zweier ursprünglich getrennter, den Voraussetzungen und dem Stile nach verschiedener Stücke führen, wie es in dem vorliegenden Falle möglich ist.

Mit diesem Beweise will ich mich einstweilen begnügen und nur noch hinzufügen, dass ich die erste Partie für älter als die zweite halte, dass ich vermuthe: Goethe hatte sich soeben erst dem Studium des Hans Sachs und dem Gebrauche des Knittelverses zugewandt, als er jene verfasste. Er mag den exponirenden Monolog schon im prosaischen Entwurf ziemlich ebenso gehabt und dann ohne grosse Veränderung in Reime übertragen haben.

Über das Alter der zweiten Partie möchte ich noch keine bestimmte Vermuthung aussprechen. Sie hat stark nachgewirkt. Der Monolog in Wald und Höhle theilt mit ihr einige wesentliche Motive. Der Monolog vor der Selbstmordversuchung ist zum grossen Theil (Z. 303-336) aus ihr entstanden und gibt von Bibliothek, Laboratorium und Urväterhausrath eine mehr rhetorische Umschreibung: der in Z. 34 angedeutete Todeswunsch scheint sich durch eigene That erfüllen zu sollen. Es kann auch stilistisch und metrisch erwiesen werden, dass der ganze im Fragment

von 1790 fehlende Monolog hinter der Scene mit Wagner erst aus der vierten, von 1797 bis 1801 dauernden Phase der Goetheschen Arbeit am Faust stammt.

Viel schwerer ist es, über das ins reine zu kommen, was sich an die von uns näher behandelten Zeilen 1-74 anschliesst und der Scene mit Wagner vorhergeht. Dass hier Stücke aus dem Prosa-Entwurf wörtlich erhalten seien, habe ich schon früher bemerkt (Aus Goethes Frühzeit S. 82): die Zeilen 115 bis etwa 122, sowie die Zeilen 161 bis 164. Die Stücke in Reimversen zeigen keinen durchgreifenden stilistischen Unterschied von der zweiten Partie; nur das Maß der vier Hebungen des Verses wird nicht eingehalten.

Einen guten Zusammenhang in sich gewähren zunächst die Zeilen 77-114, in denen Faust das Zauberbuch aufschlägt und zuerst das Zeichen des Makrokosmus, hierauf das Zeichen des Erdgeistes beschaut: ich will sie die dritte. Partie nennen.

Ebenso hängen in sich ganz wohl zusammen (abgesehen von einer kleinen Unebenheit, die auf der Zusammenfügung von Prosa und Versen beruhen mag) die Zeilen 115-164: die Erscheinung des Erdgeistes, die vierte Partie.

Die dritte und vierte Partie können nicht von Anfang an bestimmt gewesen sein, sich unmittelbar an einander anzuschliessen. Faust sagt 122: »Ich fühl's, du schwebst um mich, erflehter Geist«. Aber der Geist ist noch gar nicht erfleht. Faust hat ihn noch mit keinem Wort um sein Erscheinen gebeten. Er hat nur sein Zeichen auf sich einwirken lassen. Er hat auch noch nicht »>lang« an der Sphäre des Geistes gesogen, wie dieser in Z. 131 behauptet.

Die dritte Partie setzt voraus, dass Faust zum ersten Male das Buch aufschlägt, welches die Zeichen des Makrokosmus und des Erdgeistes enthält. Die Folge der Gefühle, die ihn nach und nach ergreifen, wäre doch höchst wunderlich, wenn man annehmen müsste, dass er sie schon öfters so durchgemacht hätte. Und wenn er von dem Zeichen

GOETHE-JAHRBUCH VI.

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des Makrokosmus sagt: »Jetzt erst erkenn' ich was der Weise spricht«<; so wird auch hierdurch gefordert, dass er jetzt erst das Zeichen erblickt. War gemeint, dass er das Zeichen schon öfters gesehen und dass es früher noch nicht so auf ihn wirkte, dass von dem Bekannten plötzlich eine neue Wirkung ausgehe, so musste das ganz anders gesagt werden. Oder vielmehr: wenn Goethe so ein Motiv im Sinne hatte, so würde es ihn zu einer andern Ausdrucksweise geführt haben. Folglich hatte er's nicht im Sinn und wollte die erste Beschauung der Zeichen schildern.

Ist es aber denkbar, dass Faust das Buch lange besessen und nie ordentlich betrachtet habe? Wenn er es jetzt erst betrachtet, so muss er es jetzt erst erhalten haben.

Wir werden hier auf einen Zusammenhang zurückgewiesen, den uns schon die erste Partie unter Anlehnung an das Volksdrama eröffnete. Die erste, die dritte und die vierte Partie wären unter sich vollkommen in Ordnung, wenn man sie als Fragmente ansehen dürfte, zwischen denen andere Scenen fehlen.

Erste Partie: Faust hat sich der Magie ergeben; es fehlen ihm aber noch die Mittel, um die Geister zu rufen. Fehlende Scene: es wird ihm ein Buch gebracht.

Dritte Partie: er schlägt das Buch auf; das Zeichen des Makrokosmus gewährt ihm nur ein unbefriedigendes Schauspiel; das Zeichen des Erdgeistes dagegen schwellt seine Thatenlust.

Fehlende Scenen oder fehlende Scene und fehlende Worte, aus denen man erfährt, dass Faust damit umgeht, den Erdgeist zu beschwören. Um nur eine bestimmtere Möglichkeit zu benennen, führe ich an, dass z. B. Faust in der Beschauung des Erdgeistzeichens unterbrochen, sagen wir: durch Wagner, unterbrochen sein konnte und hierauf der Vorhang fiel. In einem neuen Acte können wir dann aus einem Monologe Fausts entnehmen, dass er lange bemüht ist, den Erdgeist zum Erscheinen zu bringen.

Hieran schlösse sich die vierte Partie unmittelbar an.

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