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Ich möchte vermuthen, dass ein ähnlicher Verlauf beim ersten Entwurf in der That beabsichtigt war, dass also die erste, dritte und vierte Partie aus den ursprünglichen Intentionen des Dichters entstanden. Wogegen die zweite Partie mit diesen Intentionen sich gar nicht oder wenigstens nicht an der gegenwärtigen Stelle vereinbaren lässt: wir wissen, dass die zweite Partie nicht als eine ursprüngliche Fortsetzung der ersten betrachtet werden kann, dass in der zweiten Partie Alles auf Fausts Flucht berechnet ist, dass diese Flucht aber weder ausgeführt noch auf eine einleuchtende Weise gehindert wird, dass mithin bei strenger Interpretation die zweite und dritte Partie unvereinbar sind.

Vergleichen wir die zweite Partie mit dem ursprünglichen Entwurf, wie wir ihn vermutheten, so könnte sie etwa bei ihrer Entstehung bestimmt gewesen sein, an die Stelle der ersten Partie und der darnach fehlenden Scene zu treten. Faust hat das Buch schon; aber es hilft ihm nichts in seiner bisherigen Umgebung, er muss fort. Die Betrachtung der Zeichen konnte dann mit neuem und besserm Erfolg in der freien Natur stattfinden und etwa dort der Erdgeist ihm erscheinen.

Wenn aber Goethe später, sei's dass er seine ursprünglichen Intentionen vergessen hatte, sei's dass er sie mit Bewusstsein aufgab, alle diese Stücke verband, wie wir sie jetzt lesen, wenn er zwischen der zweiten und dritten Partie durch die Verse 75 und 76 eine Art Übergang herstellte, der eigentlich keiner ist: so rechnete er ganz gewiss darauf, dass das Publikum es nicht so genau nehmen würde, wie wir es soeben genommen haben, und dass niemand hier tiefer eindringen wollte, als die bisherigen Commentatoren einzudringen versuchten. Die Motive im ganzen sind ja klar und an sich wohlzusammenhängend: Faust hat es auf dem bisherigen Wege zu nichts gebracht; er will Geister beschwören; er beschwört sie: um diese Punkte dreht sich schliesslich Alles. Fühlt er sich einmal versucht fortzugehen, so mag das geheimnissvolle Buch, das er ergreift,

um es mitzunehmen, ihn zu nochmaliger Betrachtung unwiderstehlich reizen und ihm jetzt mehr enthüllen, als früher. Was die Worte nicht sagen, kann Spiel und Maschinerie ergänzen. Wenn nach Z. 32 auf einmal der Mond ins Zimmer scheint, so braucht man keinen weitern Übergang. Und wenn nach den Worten »>Umsonst dass trocknes Sinnen hier die heil'gen Zeichen dir erklärt« Faust plötzlich wie von einem überirdischen Schauer geschüttelt wird, als ob soeben die Geister sich geltend zu machen beliebten; wenn etwa gar diese Geisternähe durch irgendwelche scenische Mittel dem Publikum veranschaulicht wird: so glaubt der Zuschauer eine consequent fortschreitende Handlung vor sich zu haben und lässt sich den wunderbaren Verlauf gerne gefallen.

Indessen gehört doch der Monolog bis zum Erscheinen des Erdgeistes zu denjenigen Scenen im Faust, von denen verhältnissmäßig eine geringe Theaterwirkung ausgeht. Und ich zweifle nicht, dass der Mangel an strenger Folgerichtigkeit daran seinen vollgemessenen Antheil hat.

Ich erlaube mir zum Schlusse die Bitte, man möge die soeben gegebenen Bemerkungen, so weit sie sich auf die Zeilen 75-164 beziehen, nur als eine vorläufige Mittheilung betrachten, die ich nicht unterdrücken mochte, um doch ein vollständiges Bild von der Entstehung der ganzen Scene zu entrollen und mich nicht mit der Kritik von ein paar Theilen zu begnügen. Aber auf die Theile kommt es mir für diesmal im Grund allein an; meine Meinung über die Zeilen 1-74, die ersten beiden Partien des Monologes, möchte ich zur Evidenz gebracht haben. Über die anderen Partien habe ich noch manches auf dem Herzen, das ich jetzt lieber unterdrücke, um nicht durch ein Vielerlei zu verwirren. Ich bin selbst hier nur allmählich vorgedrungen und möchte auch die Leser, die mir überhaupt zu folgen bereit sind, nur allmählich vorwärts führen.

Den principiellen Werth von Betrachtungen, wie sie uns hier beschäftigten, wird man nicht verkennen. Lassen

sich an einem Goetheschen Werke von scheinbar einheitlichem Charakter Stilunterschiede, Widersprüche, verschiedene Voraussetzungen über dieselben Dinge nachweisen; so folgt daraus unweigerlich, dass Stilunterschiede und Incongruenzen an sich noch nicht dazu berechtigen, auf Verschiedenheit der Verfasser zu schliessen. Ein Satz, den die höhere Kritik, wie mir scheint, noch niemals ernstlich genug erwogen hat und der zwar vielleicht keine Modifikation ihrer Resultate, aber gewiss eine Modifikation. ihres Verfahrens, eine strengere Fassung ihrer Argumente zur Folge haben müsste.

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4.

ÜBER GOETHES ELPENOR.

VON

GEORG ELLINGER.

oethes Elpenor zu erklären, den Plan des ganzen Dramas wiederherzustellen, hat man, wie bekannt, schon mannichfach versucht. Cholevius' und Biedermann2 haben die Vermuthung ausgesprochen, dass Goethe einen tragischen Ausgang beabsichtigt habe. Dem gegenüber vertritt Zarncke3 die Ansicht, dass es vielmehr Goethes Plan gewesen sei, das Drama mit einem versöhnenden Accord zu schliessen und somit gleichsam der Stimmung nach ein Seitenstück zur Iphigenie zu geben. Er führt als Beweis für seine Ansicht Folgendes an: Goethe schreibt am 3. März 1783 über den Elpenor an Knebel: »Ich hatte gehofft, das Stück, dessen Anfang du kennst, auch noch [es ist im vorhergehenden Satz von Wielands und Herders Poesieen zu demselben Fest die Rede] bis zum Ausgange der Herzogin fertig zu schreiben, es ist aber unmöglich «<. Aus dieser Äusserung folgert Zarncke: »Also der Elpenor war,

I Cholevius, Geschichte der deutschen Poesie nach ihren antiken Elementen. 1854.

2 W. v. Biedermann, Goethe-Forschungen. 1879.

3 Zarncke, über Goethes Elpenor. Festschrift zu Fr. Hases fünfzigjährigem Jubiläum.

1882.

als Goethe den Stoff wieder aufnahm, zunächst bestimmt, zur Feier des Kirchgangs der Herzogin Louise, die am 2. Febr. 1783 nach mehrfach getäuschten Hoffnungen dem Lande einen Erbprinzen geschenkt hatte, zu dienen. Wir können noch heute aus den Briefwechseln ersehen, als ein wie hohes Glück die Geburt des Erbprinzen im 8. Jahre nach der Vermählung der Eltern begrüsst, besonders auch von Goethe begrüsst ward. Und an dem Tage, an dem die Herzogin im Gotteshause ihre Gebete für den ihr endlich geschenkten Sohn, die Hoffnung des Landes, zum Himmel emporsandte, sollte Goethe ihr das Bild einer Mutter haben vorführen wollen, deren sämmtliche Hoffnungen wir zum Schluss an der Leiche ihres Sohnes, des Thronerben grausam zerknickt sehen? Es ist absolut unmöglich! Im Gegentheil: Der Schluss musste ein freudiger Ausblick in die Zukunft werden sollen: Elpenor, im Begriff, die Herrschaft des Landes anzutreten, musste Gelegenheit haben, die Erfüllung der Hoffnungen anzudeuten, die die Liebe der Mutter auf den Sohn, das Land auf den Thronerben baute. Es musste eine ergreifende Scene voll Mutterglück und Kindesliebe, voll Fürstenhoffnung und Fürstenzuversicht sein, der Name Elpenor musste sich grade hier voll bewähren, und ein gutes Omen für den jungen Erbprinzen abzugeben scheinen. Gewiss hat Goethe solche Gedanken im Sinn behalten, wenn er a. a. O. weiterschreibt: >>Ich fahre sachte daran fort, und ich denke, es wird ja nicht zu spät kommen «<.

So Zarncke. Ich muss gestehen, dass mir diese ganze Beweisführung nicht einleuchtet. Erstens geht aus Goethes Worten nicht mit zwingender Nothwendigkeit hervor, dass das Drama dazu bestimmt war, zur Feier des Kirchgangs der Herzogin zu dienen, also vielleicht als Festspiel aufgeführt zu werden. Sondern es scheint nur, dass Goethe der Herzogin an diesem Tage das Stück als freundschaftliche Gabe überreichen wollte und unter diesen Verhältnissen sehe ich keinen Grund ein, warum ein tragischer

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