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15. Goethe und Gottfrieds Chronik. Die Chronik Joh. Philipp Abelins (Jo. Ludovici Gottfridi historische Chronika, Frankfurt a. M. 1742) gehört bekanntlich zu den Büchern, aus denen Goethe sich seine erste Jugendbildung holte (s. D. u. W. ed. Loeper I, S. 29 f.). Dieselbe ist mit Abbildungen von Merian versehen, von dem auch die Kupferstiche der Bibel herrühren, die Goethe »häufig durchblätterte«< (D. u. W. I, S. 29). Von Goethe selbst wird wiederholt auf die Kupfer der Gottfriedischen Chronik hingewiesen, so D. u. W. I, 139 auf die, welche die Grausamkeit der Juden gegen Christenkinder darstellen, und D. u. W. IV, 54, erwähnt Goethe das Bild, auf welchem die Tyrannei des Kambyses gegen den Perser Prexaspes dargestellt ist. In dem Buche von Minor und Sauer »Studien zur Goethephilologie« S. 141f. ist das letztere Bild in Zusammenhang gebracht mit der Nachtscene des Götz (D. junge Goethe II, 164 fg.), wo Helfensteins Weib mit ihrem Knaben vor Metzler kniet und um das Leben ihres Mannes bittet. Viel näher steht natürlich dieser Scene das Bild, wo eben die Scene selbst, Helfensteins Frau mit ihrem Söhnlein auf den Knien bittflehend vor Metzler, dargestellt ist (Gottfr. S. 744). Von anderen Bildern der Gottfriedischen Chronik möchte ich noch hervorheben: Esther auf den Knien vor Xerxes, im Hintergrund ein Galgen (Gottfr. S. 114). Dazu vergleiche man im Jahrmarktsfest zu Plundersweilern die Scenenangabe bei der Ahasvertragödie (J. G. III, 210): »Man sieht den Galgen in der Ferne«<. Ferner befindet sich in der Chronik (S. 845) eine Abbildung, die lebhaft an den Faust erinnert: Cardinal Crescentius, päpstlicher Legat auf dem Conzil zu Trient, sitzt in einem grossen Zimmer und schreibt vor ihm auf dem Tische ein brennendes Licht; in der Mitte des Zimmers steht ein schwarzer Hund mit grossen feurigen Augen; im Hintergrunde öffnet ein Diener die Thüre. Im Text wird diese Erscheinung erzählt mit dem Zusatz, dass Crescentius aus Schrecken darüber in eine heftige Krankheit verfallen sei.

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Mit geringerer Sicherheit lassen sich die Schöpfungsbilder vergleichen mit den Versen des Schattenspielmanns im Jahrmarktsfest. Wesentlich dieselben biblischen Bilder wie in Gottfrieds Chronik befinden sich in Merians Iconum biblicarum pars I. Goethe sah die Abbildungen also auch in seiner Bibel. Es sind folgende: Gottfr. S. 1 und Icon. bibl. I, S. 13 u. 15 vergleiche ich mit: »Sprach sie Gott 's werd Licht Wie 's hell da 'rein bricht« u. s. w. (J. G. III, 216). Gottfr. S. 13 und Icon. bibl. I, 15 (In der Mitte der Baum der Erkenntniss; links Adam, rechts Eva mit dem Apfel in der Hand; um den Baum ringelt sich die Schlange) mit »Steh sie Adam in die Paradies Steh sie Eva hat sie die Schlang verführt« (a. a. O.). Gottfr. S. 14 und Icon. bibl. S. 19 u. 20 mit: »Nausgejagt

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Mit Dorn Disteln Geburtsschmerzen geplagt«. Gottfr. S. 17 (Wiesen mit Bäumen, darauf eine Anzahl Paare die Äpfel brechen) mit: »Seh sie die Ritter und Damen Wie sie zusammenkamen« u. s. w. Gottfr. S. 22 und Icon. bibl. S. 27 (Grosse Überschwemmung; im Hintergrunde treibt die Arche; vorne Leute, die sich auf Bäume flüchten; viele strecken hilfesuchend die Arme aus der Fluth in die Höhe) mit: >>Fährt da die Sündfluth rein Wie sie Gotts erbärmlik schreyn All all ersaufen schwer Is gar kein Rettung mehr Orgelum«. In den Icon. bibl., wo zu jedem Bilde Verse stehen, heisst es zu dem zuletzt angeführten mit Anklängen an Goethe: »>Die Sündfluth kompt mit macht, die Regen alss Verschwemmen All Creatur Erseufft, was auf dem trocknen lebt«<. Die Schöpfungsbilder sind nun allerdings so traditionell, dass es nicht gerade nöthig wäre anzunehmen, dass Goethe beim Dichten jener Verse die Merianschen Kupfer vorschwebten ; wahrscheinlich aber wird es, wenn wir bedenken, wie oft Goethe diese Bilder betrachtet haben mag, wenn wir ferner berücksichtigen, was er uns selbst berichtet, dass er in Leipzig zu Kupfern Gedichte macht. (D. u. W. II, 93; vgl. auch Scherer, Aus Goethes Frühzeit S. 16 f.) Unwillkürlich und unbewusst konnten ihn solche in der frühsten Knabenzeit aufgenommenen und in der Phantasie bewahrten Eindrücke beim Dichten beeinflussen, aber auch Absicht und Bewusstsein sind nach Goethes eignem Geständniss nicht auszuschliessen.

A. STRACK.

16. Goethe über Joh. Chn. Günther. Das bekannte Urtheil Goethes über Günther im siebenten Buche von D. u. W. (ed. Loeper II, 49) hat auffallende Ähnlichkeit mit dem, welches Gottsched über diesen Poeten der Leidenschaft im 14. Stücke seiner Beyträge zur Critischen Historie der Deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit 1736, S. 186 ff. fällt. Gottsched sagt: Günthers »natürliche Fähigkeit zur Dichtkunst ist unstreitig eine der allerbesten gewesen«<; vgl. Goethe: >>Ein entschiedenes Talent«. Gottsched: »Sein Gedächtniss und seine Einbildungskraft sind so glücklich, so reich und so fruchtbar gewesen, als man sichs nur immer wünschen kann«<; vgl. Goethe: >>begabt mit... Einbildungskraft, Gedächtniss . fruchtbar im höchsten Grade«. Gottsched: »Seine Scharfsinnigkeit, sein Witz und seine Belesenheit in allerley alten und neuen Sachen sind ganz ungemein und seine Gelehrsamkeit in gründlichen Wissenschaften . . . ist gleichfalls gross und weitläuftig«; vgl. Goethe: »>Gabe des Fassens . . geistreich, witzig und dabei vielfach unterrichtet«. Gottsched: »>das wilde Feuer seiner Phantasie«<; vgl. Goethe: »Das Rohe

und Wilde gehört seiner Zeit«<. Auch Gottsched spricht von der Verderbniss der Zeiten und davon, dass Günther »durch die unglücklichen Umstände seines Lebens genöthigt war, sich vielmals den Lüsten der ungezogensten Leute aufzuopfern<«<. Ferner stelle ich zusammen: Gottsched: »Seine Sitten waren viel zu schlecht... die Unordnung seiner Lebensart und der schlechte Umgang . . leuchten aus vielen . . Stellen . . hervor<<; Goethe: »Das Rohe und Wilde gehört . . . seiner Lebensweise und besonders seinem Charakter oder, wenn man will, seiner Charakterlosigkeit«. Gottsched: Die Gedichte haben >>>fast durchgehends ein sehr fliessendes Wesen, ein richtiges Sylbenmass«<; vgl. Goethe: »rhythmisch bequem«. Wer beachtet, dass die Hauptpunkte wörtlich übereinstimmen und dazu fast in derselben Reihenfolge vorgetragen werden, kann an Goethes Bekanntschaft mit Gottscheds Kritik nicht zweifeln. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass das Lob der Güntherschen Sinnlichkeit, seines Vermögens, im Leben ein zweites Leben durch Poesie hervorzubringen, seiner Leichtigkeit in Gelegenheitsgedichten, alle Zustände durchs Gefühl zu erhöhen u. s. w. nur von Goethe ertheilt wird und dass diesem auch der Schlusssatz des Abschnittes in D. u. W. allein angehört. Und es darf eben so wenig vergessen werden, dass Goethe Gottscheds Tadel der Unordnung in den Güntherschen Gedichten und des Abfallens selbst der erhabensten Oden ins Niederträchtige nicht wiederholt. B. SEUFFERT.

17. Zu den Sprüchen in Prosa. 614. »Mythologie = Luxe de Croyance«. - Woher stammt die französische Umschreibung? Dem Buche der Frau von Staël De l'Allemagne hat Goethe sie entnommen. Das dreizehnte Capitel der zweiten Abtheilung handelt: De la poésie allemande. Balladen Schillers und Goethes werden vorgeführt; den Übergang zu Bürgers Lenore erleichtert sich die Verfasserin durch einige Bemerkungen über die Vorliebe der Deutschen für das Gespenster- und Hexenwesen, in welchem sie ein Überbleibsel der nordischen Mythologie erblickt. Sie äussert, der Aberglaube des Volks verrathe stets eine gewisse Ähnlichkeit und Verwandtschaft mit der herrschenden Religion, die ihn bekämpft. Dann fährt sie fort: (cinquième édition, Paris 1818; 1, 308) »Presque toutes les opinions vraies ont à leur suite une erreur; elle se place dans l'imagination comme l'ombre à côté de la réalité: c'est un luxe de croyance qui s'attache d'ordinaire à la religion comme à l'histoire; je ne sais pourquoi l'on dédaignerait d'en faire usage«. Erst nachdem der Fundort der französischen Paraphrase nachgewiesen ist, können wir die Betrachtung, zu welcher dieselbe den deut

schen Autor angeregt hat, nach ihrem Ursprung und Gehalt vollkommen würdigen.

Aus demselben Werke schöpft unser Dichter auch die Anregung zu dem Spruche 265: »Es gibt im Menschen auch ein Dienenwollendes: daher die Chevalerie der Franzosen eine Servage«. Frau von Staël widmet das achtzehnte Capitel der zweiten Abtheilung dem Wallenstein und der Maria Stuart. Im Verfolg einiger treffenden Bemerkungen über den Charakter der Elisabeth schildert sie das Verhältniss, in welches sich die Königin zu ihren Hofleuten gesetzt. Les courtisans aussi ont, avec une reine, un genre de bassesse qui tient de la galanterie. Ils veulent se persuader qu'ils l'aiment pour lui obéir plus noblement, et cacher la crainte servile d'un sujet sous le servage d'un chevalier. Ist Goethe nicht auch das Musterbild eines eben so eindringenden wie schöpferischen Lesers, der alles, was er aufgenommen, eigenartig verarbeitet wiedergibt?

Zu 166: »der eine Bruder brach Töpfe« u. s. w. Hans Sachs, das Weib im Brunnen, V. 71:

Weil jm so wol ist mit dem Wein,
Ist mir wol mit der Bulschafft mein.
So bricht er Häffe, so brich ich Krug.
Und wo ich anderst redt, ich lug.

Sämmtliche Fastnachtspiele, herausg. v. Eduard Goetze 4, 104 (Braunes Neudrucke No. 42 u. 43).

Zu 242. Bonus vir semper tiro. Der Spruch findet sich, genau in dieser Fassung, bei Zinkgref, ed. Amsterd. 1653, 1, 216.

Mit dem Spruche 341, welcher an den letzten Wunsch der zum Tode gehenden Madame Roland erinnert, ist zu vergleichen die Äusserung im Briefe an Zelter vom 29. April 1830: »>ich erfahre das Glück, dass mir in meinem hohen Alter Gedanken aufgehen«< u. s. w.

Der erste Spruch findet sich amplificirt in den Nachträgen zur Farbenlehre, Hempel 36, 529.

Zu den Distichen. In den Tabulae votivae des Musenalmanachs für 1797 erschien auf S. 176 das Distichon:

Vergebliches Geschwätz.

Fortzupflanzen die Welt sind alle vernünftgen Discurse Unvermögend, durch sie kommt auch kein Kunstwerk hervor.

Mit Recht findet v. Loeper hier (Gedichte 2, 479) »einen echt Goetheschen Gedanken«. Zugleich vernehmen wir hier GOETHE-JAHRBUCH VI.

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den Nachklang einer lebendigen Unterhaltung, in welcher der Gedanke seinen prägnanten Ausdruck gewonnen. Dafür mag Friedrich Heinrich Jacobi als unverwerflicher Zeuge gelten. Dieser erzählt in dem Gespräche David Hume über den Glauben oder Idealismus und Realismus: »Ich erinnere mich, dass ich in einer vermischten Gesellschaft einmal die Frage aufwerfen hörte : wie das menschliche Geschlecht wohl möchte fortgepflanzt worden seyn, wenn der Sündenfall nicht eingetreten wäre? Ein geistvoller Mann antwortete schnell: ohne Zweifel durch einen vernünftigen Diskurs«. So lautet die Stelle im ersten Druck des Gesprächs Breslau, bey Gottl. Loewe 1787 S. 191. Demnach erschien dasselbe zwischen der ersten und zweiten Ausgabe des Werkes über die Lehre des Spinoza. Es war, nach des Verfassers eigenem Bekenntniss, zur Rechtfertigung und tiefern Begründung des in jenem Werke aufgestellten Satzes bestimmt, dass alle menschliche Erkenntniss von Offenbarung und Glauben ausgehe. Es nimmt unter den Schriften Jacobis eine centrale Stellung ein. Im zweiten Theil der » Werke« (1815) ist denn auch dem Dialog eine Vorrede von 127 Seiten beigegeben, die zugleich Einleitung in des Verfassers sämmtliche philosophische Schriften sein soll. In diesem zweiten Drucke nun S. 276 wird der »geistreiche Mann«, dessen Antwort Jacobi berichtet, mit Namen genannt. Es heisst dort: »Goethe antwortete schnell«<. In einer Anmerkung aber lesen wir: Dieser Blitzstrahl des Geistes wurde später zu folgendem sinnreichen Spruch und nun folgt jenes inzwischen erschienene Distichon, aus dem Jacobi gleichsam die lebendige Stimme Goethes vernommen. Im September des Jahres 1784 waren die Freunde in Weimar vereinigt gewesen. Ward damals das Gespräch geführt, das beiden in so lebendiger Erinnerung geblieben?

Auch dies Beispiel veranschaulicht uns die innige Verschlingung von Goethes Leben, Sprechen und Dichten. Wie mancher Blitz des Geistes, der in den Epigrammen, den Sprüchen, den Zahmen Xenien aufzuckt und in das Innerste des Goetheschen Denkens und Fühlens hineinstrahlt, mag zuerst aus lebendigem Gespräche leuchtend herausgefahren sein!

MICHAEL BERNAYS.

SO

18. Über Irrthümer Goethes. Seit man daran ging Goethes Werke sorgfältig zu bearbeiten, machte man die Wahrnehmung, dass namentlich in seinen lebensgeschichtlichen Schriften der Dichter mancher Irrthümer sich schuldig gemacht habe wohl in Bezug auf persönliche Verhältnisse, als auch in Bezug auf Zeitangaben. Zwar hat Goethe, obschon er ein vortreffliches Gedächtniss besass, sich keineswegs leichthin auf dasselbe verlassen, sondern hat Tagebücher, Briefe, Schriften an

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