ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub
[blocks in formation]

ragen besonders die des Hochgebirgs hervor, mit denen Dietrich von Bern wie auch mit allen andern Riesen der Bergwelt viel zu schaffen hat. Wo der Bach vom hohen Fels herbricht, da springt der grimmige Drache, Schaum vor dem Rachen, fort und fort auf den Gegner los und sucht ihn zu verschlingen; bei eines Brunnen Flusse vor dem Gebirge, das sich hoch in die Lüfte zieht, schiessen grosse Würmer her und hin und trachten, die Helden zu verbrennen; bei der Herankunft eines solchen, der Ross und Mann zu verschlingen droht, wird ein Schall gehört, recht wie ein Donnerschlag, davon das ganze Gebirge ertost. Leicht erkennbar sind diese Ungetüme gleichbedeutend mit den siedenden donnernden Wasserstürzen selbst. In den deutschen Sagen der Brüder Grimm Nr. 217 heisst es: Das Alpenvolk in der Schweiz hat noch viel Sagen bewahrt von Drachen und Würmern, die vor alter Zeit auf dem Gebirge hausten und oftmals verheerend in die Thäler herabkamen. Noch jetzt, wenn ein ungestümer Waldstrom über die Berge stürzt, Bäume und Felsen mit sich reisst, pflegt es in einem tiefsinnigen Sprüchwort zu sagen: es ist ein Drach ausgefahren.

Von den Wasserriesen reicht einer in uralte gemeingermanische Sagenüberlieferung zurück, während die andern erst später bei den einzelnen Völkern erdichtet wurden. In der nordischen Sage spielt er eine wichtige Rolle, es ist der weise Mimir 1), aus dessen Quell Odin Weisheit schöpft. Sein Verhältniss zu Odin wird später erörtert, hier ist die gemeingermanische Grundvorstellung dieser Riesengestalt zu erforschen. Die urgermanische Namensform lautete Mimiaz oder Mimiô, d. h. der Sinnende. Verwandt scheint das ags. Adj. mimor, eingedenk, und das Verbum mimerien, das auch nds. mimeren, grübeln begegnet. In Deutschland haftet der Name an Ortsnamen wie Mimigerdaford (Münster), Mimidun (Minden), Mimileba (am Harz und Memleben an der Unstrut). Das Flüsschen Mimling im Odenwald bezeichnet sich als Abkömmling des Mimo oder Mimilo. Zum Mimirquell stellt sich

1) Über Mimir vgl. Uhland, Schriften 6, 197 ff.; Weinhold, Riesen 243 ff.; Müllenhoff, Altertumskunde 5, 101 ff., und unten im Abschnitt über Odin. Namen, die mit Mimir zusammengesetzt sind, verzeichnet Förstemann, Namenbuch 1, 931 ff. (Mimo, Mimilo, Mimolt, Mimidrud, Mimihilt, Mimigard) u. 22 (Ortsnamen) S. 1099 ff.

der schwedische Mimes sjö, Mimes å, Mimis Fluss und See. Die deutsche Heldensage (Biterolf 124 ff.) gedenkt eines klugen Schmiedemeisters, der zwanzig Meilen hinter Toledo sass, Mime der Alte genannt. Der schuf die besten Schwerter, die auf der Welt zu finden waren. Wielands Schwert Miming, das Witege führte, war Mime zu Ehren so geheissen. In der Thidrekssaga ist Mimir der Lehrmeister und Erzieher Sigfrids. Saxo erwähnt noch einen Waldgeist namens Miming (Mimingo silvarum satyro), der wunderbares Geschmeide, Schwert und Armring besitzt. Mimir in den nordischen Quellen ist Riese, in der Heldensage aber erscheint er als Zwerg und kunstreicher Alb. Elbische und riesische Wesen gehen ja häufig in einander über. Tiefe Weisheit ist überall mit diesem Wesen verknüpft. Seine Behausung ist Wald und Wildniss, Gewässer sind nach ihm benannt. Im Norden ist er von der Quelle unzertrennlich, Beherrscher der Gewässer ist Mimir wol von Anfang an. Seen, Flüsse, Wälder und Bäume, die mit seinem Namen in Verbindung stehen, belehren, dass wir keinen Meerriesen, sondern den Herrn der Binnengewässer vor uns haben. Damit treten wir der Urgestalt des Mimiaz näher. Die Germanen dachten sich darunter einen urweisen Wasserriesen, der im geheimnissvollen Dunkel tiefer Haine an murmelnden Quellen oder zauberisch wallenden Bergseen zu Hause war. Seine Söhne, die Flüsse, strömten zu den Menschen. Wer ihrem Ursprung nachging, bis in die Nacht des Urwalds zum geheiligten Baume, aus dessen Wurzeln der Quell hervorsprudelte, wo,,Mimir sein Haupt barg", vorzudringen vermochte, der stand am Urquell alles Wissens. Der alte, erfahrene, kunstreiche Wald- und Brunnengeist beriet selbst Odin, er war Lehrer und Meister der besten Helden und stattete sie mit köstlichem Rüstzeug aus.

4. Wind- und Wetterriesen.

Aus Wind und Wetter gingen Riesen hervor. Der brausende Sturm gab zu verschiedenen mythischen Gebilden Anlass. Im Winde zogen die Seelen, das wütende Heer, im Sturm erschien der wilde Jäger, der Wode. Kaum ist eine Sage der Gegenwart häufiger und vielfältiger bezeugt als diese1). Unter Wodan wird

1) Litteratur zum wilden Jäger bei E. H. Meyer, Mythologie 236 ff.

[blocks in formation]

noch mehr davon zu berichten sein, hier sollen nur einige Gestalten herausgehoben werden, in denen der Sturm als Riese verkörpert wird. In der Schweiz heisst die wilde Jagd das Dürstengejeg. Das Volk hört den Dürst in den Sommernächten am Jura jagen und die Hunde mit seinem Hoho anfrischen; Unvorsichtige, die ihm nicht aus dem Wege weichen, überrumpelt er. Wenn die Alemannen den thurs umreiten hören, so die Dänen den jotun. Auf der Insel Möen jagt der Grönjette, der bärtige Riese, jede Nacht zu Pferde, eine Meute Hunde um sich herum. Er jagt nach der Meerfrau, die er schliesslich einholt und quer vor sich übers Pferd wirft. Im Süden und Norden sieht also die Sage gleichmässig im wilden Jäger einen riesigen Reiter und nennt ihn noch nach seinen alten Namen. Die allgemeinen Bezeichnungen des Riesengespenstes als Nachtjäger, Helljäger, die vielen geschichtlichen Personen, die damit verknüpft wurden, berühren uns in dieser Mythologie nicht weiter, wo nur auf den Riesenjäger und auf den Wode Gewicht fällt. Jedoch ältere Sagen aus dem Mittelalter, die auf derselben Vorstellung beruhen, verdienen Beachtung. In einem Wettersegen des 11. Jahrhunderts wird Mermeut, der übers Wetter gesetzt ist, ein Riese (daemon et satanas) beschworen, keinen Hagel übers Feld zu bringen.') In einem späteren Segen steht: „Ich peut dir Fasolt, dass du das wetter verfirst mir und meinen nachpauren ân schaden". Dieser Fasolt ist also ein Wetterherr. Im Eckenlied wird Näheres von ihm erzählt, und er zeigt sich deutlich als Sturmriese, als wilder Jäger. Fasolt, dessen Leib Riesenlänge hat, der langes Frauenhaar trägt, dem wilde Lande unterthan sind, kommt daher geritten mit lautem Horneston, von Hunden umgeben. Er jagt eine schöne Jungfrau, die in Dietrichs Schutz flüchtet. Im Kampfe mit Dietrich bricht Fasolt starke Baumzweige ab, mit denen er auf seinen Gegner losschlägt. Der Sturmriese fällt Bäume, räumt den Wald aus und lässt ihn laut erschallen, wie die Riesennamen der Virginal Vellenwalt, Rûmenwalt, Schelledenwalt andeuten. Das spätmhd. Gedicht vom Wunderer schildert einen ähnlichen wilden Unhold, der mit Hunden die Jungfrau Sälde hetzt und sie fressen will,

1) Abgedruckt nach einer Münchener Handschrift von J. Grimm, Myth. 3, 493 f.; ebenda 494 der deutsche Segen. Nach Wackernagel, ZfdA. 6, 290 f. steht der im Ahd. belegte Name Scrânunc, zu mhd. schrâ, Hagel, Reif, Schnee, als Wetter- und Hagelmacher neben Fasolt und Mermeut, den Wind- und Wetterriesen.

aber vom Berner im Kampf erschlagen wird. Überall tritt uns das Bild des Sturmriesen vor Augen, dem die Windsbraut oder ein elbisches Weib voranfegt. Wenn nach den Skáldskaparmál Kap. 1 Odin auf Sleipnir mit dem Riesen Hrungnir wettet, er habe gewiss kein ebenso treffliches Ross, Hrungnir aber zornig seinen Gullfaxi besteigt und dem Odin nachjagt, wenn die Rosse durch Luft und Meer über die Spitzen der Hügel hinfliegen, SO erschauen wir ein Wettrennen zwischen dem Sturmgott und seinem riesischen Urbild, dem Sturmriesen. Der Windriese nimmt aber auch tierische Gestalt an. Als Adler rauscht er durch die Lüfte. So heisst es im Wafthrudnirlied 37:

Der Riese Hraeswelg sitzt am Rande des Himmels
In des edlen Aars Gestalt;

Regt er die Schwingen, so rauscht, wie man sagt,
Der Wind dahin durch die Welt.

Darum erscheinen Riesen überhaupt gern in Adlergewand. Thjazi, der Sturmriese des nordischen Hochgebirges, sitzt in Adlergestalt im Gezweig der Eiche und verhindert mit seinem Flügelschlage, dass die unter dem Baum gelagerten Götter das Fleisch am Feuer gar sieden. Der Sturm rauscht in den Baumzweigen, das ist die Stimme des Adlerriesen, welche die Götter vernehmen, der Wind verweht das Kochfeuer und verhindert so den Sud, bis ihm Anteil an der Speise zugesagt wird. Auch nach späterem Volksglauben will der Wind Opfer haben und gefüttert sein. Hernach entführt Thjazi in Adlergestalt die Idun aus Asgard, in Adlergestalt verfolgt er Loki, welcher Idun zurückholt, und versengt sein Gefieder im Feuer, das die Asen entfacht, worauf er erschlagen wird. Thrymheim, die Welt des Getöses (prymr, Lärm, Getöse), wo die Stürme sausen und brausen, wol nur ein anderer Name des,,weiten Windheims", wie die Volospó̟ den Himmel als die Heimat der Winde bezeichnet, ist des Thjazi Wohnsitz. Dem mit dem Dichtermet im Leibe in Adlergestalt entfliegenden Odin setzt Suttung gleichfalls in Adlergestalt nach. Wie der Sturmgott mit dem Sturmriesen Hrungnir um die Wette ritt, so fliegt er hier als Adler mit ihm um die Wette. Derselbe Gedanke ist bildlich nur anders gewendet.

Die Skalden bezeichnen, vielleicht teilweise aus volkstümlicher Anschauung schöpfend, den Wind wie ein persönliches Wesen, als den Brecher (brjótr), Schädiger (skadi), Fäller (bani) des Wal

Sturmriesen als Adler. Gewitterriesen.

183

des. Auch als Hund und Wolf (hundr, vargr) des Waldes erscheint der Wind. Bereits bei den Elben war auf die Tiere hinzuweisen, auf den Roggenwolf und Roggenhund, die beim Winde durchs Korn laufen. Korngeister in menschlicher und tierischer Gestalt gibt es in Menge. Elbe und Riesen gehen aber in diesen ,,Korndämonen" so unmerklich in einander über, dass ebenso dieser Abschnitt wie der vorige ihrer zu gedenken hat.

Riesen des tosenden Gewitters, Gegenbilder Thors, wie die Windriesen Odin gegenüber stehen, treten in Hrungnir, Geirröd und vielleicht auch in Thrym hervor. Hrungnir ist mit Thrym gleichbedeutend, der Lärmer1), und wol alle gehören nach Thrymheim, das dem Thjazi als Heimstätte zugewiesen ist. Die Gegnerschaft Thors und Thryms ergibt sich aus dem Gedichte, das schildert, wie Thrym den Hammer des Gottes entwendet. Gott und Riese streiten um die Herrschaft über das Gewitter. Im offnen Kampfe erblicken wir Thor mit Hrungnir und Geirröd. Hrungnir und Mokkurkalfi (Nebelwade), der Stein-, Lehm- und Nebelriese, der umnebelte, aus Lehmgrund aufragende Fels im Geröllfelde, werden besiegt, wenn krachend Gewitter im Gebirge sich verfangen. Es ist das Unwetter des nackten Felsgebirges, das mit Geröllsturz herniederbraust, vom Gewitter gerüttelt und gelöst. Leicht vermischt sich die Vorstellung vom Wetterriesen mit der des Bergriesen, da Wind und Wetter aus den Bergen hervorbrechen. Der Kampf zwischen Thor und Geirröd spielt sich in Geirröds Halle ab. Die ganze Halle entlang waren grosse Feuer entzündet; als Thor vor Geirröd trat, fasste dieser mit einer Zange ein glühendes Eisenstück und warf es nach Thor. Thor aber fing das glühende Eisen mit seinen Eisenhandschuhen auf und hob es in die Luft. Da sprang Geirröd hinter eine Säule, um sich zu schützen, Thor jedoch schwang das Eisenstück hoch in die Luft und schmetterte es durch die Säule. Es durchschlug auch den Geirröd und die Wand der Halle und fuhr ausserhalb tief in die Erde hinein. Das Geschoss ist das Bild des Blitzes. Blitze zucken gegen einander, wo zwei Gewitter auf einander stossen. Der Gewittergott überwindet den Gewitterriesen. Aber nur in diesem Wettkampfe zeigt sich Geirröd als Gewitterriese,

1) Hrungnir wird von Weinhold, Riesen 272 Anm. aus an. hrang, Schall, Getöse, und hringja, läuten, hringla, klingeln als der Schallende, Rauschende erklärt.

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »