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Waldriesen. Feuerriesen.

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sie. Wie die Namen erweisen, sind sie eigentlich persönlich gewordene Bäume: Hochrinta (hohe Rinde), Stutzforche (Stutzföhre), Rohrinta (rauhe Rinde) sind sie benannt. Auf Tiergestalt zielt der Name Stutzemutze (Stutzkatze). Im ganzen aber gebärden sich die Waldriesinnen genau so wie die Waldelbinnen, nur in ihrer äusseren Erscheinung, nicht in ihrer Art sind sie verschieden.

Es bleiben noch einige Riesen übrig, welche in die eben besprochenen Hauptklassen sich nicht einfügen. Sie sind späte Allegorieen, welche keine lebendigen Sagen hervorgebracht haben. Feuerriesen erscheinen in Fornjots Geschlecht, in Logis Sprösslingen. Logi, die Lohe, treffen wir nur ein einziges Mal bei Thors Fahrt zu Utgardloki. Loki erbietet sich, mit einem der Utgardleute um die Wette zu essen. Da tritt Logi dem Loki gegenüber. Ein grosser Trog, mit Fleisch gefüllt, ward herbeigebracht und auf den Fussboden der Halle gesetzt. Loki war am einen Ende, Logi am andern. Jeder von beiden ass nun, so rasch er konnte, in der Mitte des Troges kamen sie zusammen. Da hatte Loki alles Fleisch verzehrt bis auf die Knochen, Logi aber hatte ausser dem Fleisch auch die Knochen mitsamt dem Troge verschlungen und hatte also die Wette gewonnen. Diese schwankartige Erzählung soll das fressende Feuer, dessen Gier nichts verschont, andeuten. Die Riesennamen Eldr (Feuer), Herkir (zu harka, Feuer), Brandingi (Sohn des Brandes), Hripstod (zu hripuðr, Feuer?), Hyrja (zu hyrr, Feuer) zeigen Versuche zur Personificierung des Elementes. Die Riesin Hyrrokin, die auf einem schlangengezäumten Wolfe heranreitet und das Leichenschiff Baldrs mit einem Stosse in die See treibt, nachdem die Götter sich vergeblich damit abgemüht hatten, ist der feurige Wirbelwind.1) Endlich ist Surt zu nennen. 2) Surts Lohe (Surta loge) ist der

1) Zu hyrr, Feuer und rok, Wirbel; so Weinhold, Riesen S. 278; Bugge, Studien S. 230, Anm. 4 schlägt die Lesart Hyrrokkin vor und erklärt hyr-hrokkin, die Feuergekräuselte; bei der Lesart Hyrrokin stellt er rokin zu rjúka, rauchen, dampfen, also die feurig Rauchende.

2) Über Surt vgl. Vol. 52; Vafpr. 50/1; Gylfag. Kap. 4, 5, 13, 51 sowie unten im Abschnitt über den Weltbrand. Eine grosse Lavahöhle Islands ist nach Surt benannt, Surtshellir; nach der Landnáma 3 Kap. 10 dichtete ein Isländer ein Lied zu Ehren des Riesen in der Höhle. Die Pechkohle heisst auf Island Surtar brandur; vgl. Jón Árnason, Þjóðsögur íslenzkar 1, 142, 657; 665.

Weltbrand, in dem dereinst alles endigen wird. Von Mittag her kommt Surt gefahren mit Feuer, von seinem Schwerte geht Glanz aus: vor ihm und hinter ihm ist brennendes Feuer. Auf Island sind Erdbrände vulkanischen Ursprungs gefährliche Ereignisse, welche dem Wirken der Riesen zugeschrieben werden. So erzählt die Landnáma 2 Kap. 5:,,Thorir war da alt und blödsichtig geworden, als er spät am Abend hinausging, und er sah, dass ein Mann von aussen her nach Kaldaros hereinruderte in einem Eisennachen, gross und bösartig. Der ging hinauf zu dem Hofe, der Hrip hiess, und grub da beim Stadelthore. In der Nacht aber schlug ein Erdfeuer dort auf und da brannte Borgarhraun; dort stand der Hof, wo jetzt der Lavahaufen ist."

Der Streit zwischen Sommer und Winter1) ist von alters her allegorisiert worden. In Frühlingsfeiern treten die beiden Gegner persönlich auf und streiten um den Vorrang, den der Sommer schliesslich siegreich behauptet. Aber die persönlich vorgestellten Träger der sommerlichen und winterlichen Macht und Abzeichen lassen sich nicht in den lebendigen Glauben und Kult des germanischen Heidentums zurückführen, obschon Ansätze in den nordischen Quellen vorhanden sind. Swasud (der Milde) und Windswal (der Windkalte) sind zwei Riesen, deren Söhne nach dem Wafthrudnirlied 27 Vetr (Winter) und Sumar heissen. Nach Gylfaginning Kap. 19 ist Wasad (Kummerbringer zu an. vás, Mühe, Kummer) Vetrs Ahne, Windswals Vater.,,Diese Sippe war rauh und kaltherzig, der Winter hat ihre Art geerbt."

Der Stammbaum der Nótt (Nacht), deren Sprössling Dagr (Tag) ist, geht auf Riesen zurück. Das Nähere darüber wird unten im Abschnitt über die Weltschöpfung mitgeteilt.

6. Spuren vom Riesenkult.

Ein Riesenkult ist nur schwach bezeugt. In einigen Beschwörungen werden Riesen angerufen zu Fluch und Segen. Die Zauberin Busla ruft Trolle, Bergriesen und Hrimthursen herbei, dass sie dem König Hring Schaden thun (Bósasaga Kap. 5). Im deutschen

1) Vgl. Uhlands Abhandlung über die deutschen Volkslieder, Abschnitt I Sommer und Winter.

Spuren vom Riesenkult.

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Wettersegen werden Mermeut und Fasolt beschworen, das Unwetter abzuwenden. Im Skirnirlied 35 wird Gerd verwünscht, dem Riesen Hrimgrimnir im Totenland bei den Hrimthursen anheimzufallen, wofern sie nicht Freys Werbung sich füge. Um fliessendes Blut zu stillen, lautet ein altdeutscher Segen1): mit tumbemo kinde enarme.

tumbo saz in berke
tumb hiez ter berch,
ter heilego Tumbo

tumb hiez taz kint: uersegene tiusa uunda.

Mit Tumbo (ahd. mhd. tump, got. dumbs, an. dumbr) ist ein stummer, gefühlloser Steinriese gemeint, der nun auch die Wunde gefühllos, schmerzlos machen soll. Der starre, stumme Riese sitzt auf einem Berge mit einem Kinde im Arme. Vielleicht liegt eine Versteinerungssage zu Grunde, eine seltsame Felsbildung, die einem riesigen Manne mit einem Kinde im Arme glich. Beachtung verdient auch die nordische Bardarsaga Dumbssonar, worin der Riesenkönig Dumbr in Norwegen ein bjargvættr, ein Schutzgeist genannt wird. Sein Sohn Bard, welchen Mjöll gebar und Dofri erzog, der also aus den Schneewehen des norwegischen Hochgebirges herstammt, ging auf Island in den Snæfellsgletscher ein. Die Leute hielten ihn für einen heitgud (einen mit Gelübden anzurufenden Gott) und einen kräftigen Schutzgeist (bjargvættr). Dumbr vergleicht sich im Namen dem Tumbo, aber sonst zeigen sich keinerlei Ahnlichkeiten. Unter den Riesennamen zählt die

SE. 1, 471 und 551 auch Dumbr auf.

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1) Der Segen bei Müllenhoff-Scherer, Denkmäler 3 IV, 6; dazu die Anmerkungen im 2. Bande S. 53; vgl. J. Grimm, Kl. Schriften 2, 147; Myth. 3, 153; Kögel, Litteraturgeschichte I, 1, 265.

ZWEITES HAUPTSTÜCK.

Der Götterglaube.

Namen und Art der Götter.

Zum Gottesbegriff kann nur ein höher veranlagtes, geistig fortgeschrittenes Volk gelangen. Zweifellos sind die religiösen Grundlagen oft dieselben wie beim Geisterglauben, ein Zusammenhang zwischen Gott und Naturgeist ist nicht abzuleugnen. Der Machtbereich des letzteren erscheint beim Gotte nur vermehrt und erweitert, die Eigenschaften mehrerer Dämonen sind manchmal vereinigt auf ein höheres Wesen übertragen, ohne dass die Elbe und Riesen deshalb aufhörten, die vielmehr im Gefolge des Gottes oder auch als seine Feinde weiter leben. Gerade aber diese Anschauung setzt einen höheren Gedankenflug voraus, der Gottesbegriff bedeutet den Sieg des Geistes über den rohen Stoff. Der Naturdämon lebt ganz in seinem Element; ist er mit übermenschlicher Fähigkeit begabt, so ist er doch beschränkt wie sein Wirkungskreis. Selbst seine äussere Erscheinung ist durch seinen Ursprung bestimmt. Der Gott aber thront über den Elementen als ordnender, richtender Herrscher. Seine Gestalt ist die des edlen Heldenkönigs, blühend in Schönheit und Kraft oder Ehrfurcht erweckend durch Weisheit und reiche Erfahrung. Die Göttin erscheint als hehre und anmutige königliche Frau. Der Gott, wie er in der Vorstellung der Völker lebt, vereinigt alles Vollkommene in einer glänzenden, mächtigen, geisterfüllten Persönlichkeit. Er ist das Ideal der sterblichen Helden und Fürsten. Der Gottesdienst gewinnt ungleich höhere Bedeutung: Seelen und Elbe empfangen Opfer, weil sie ins alltägliche, gewöhnliche Leben, in die Wirtschaft hemmend und fördernd eingreifen, die Götter aber lenken die Geschicke des gesamten Volkes, Staat und Recht ist von ihnen gesetzt und wird von ihnen geschützt, sie verkörpern die sittliche Macht. Die Indogermanen

Namen und Art der Götter.

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waren bereits zum Gottesbegriff gelangt, und eine gemeinsame Grundlage, so verschieden die spätere Entwicklung bei den einzelnen Völkern sich auch vollzog, liegt überall vor. Es war ein Glaube an das Walten lichter Götter (indisch dêvas), an deren Spitze der Beherrscher des hellen Tages himmels stand. Die natürlichen Feinde des Lichtes sind die Mächte der Finsterniss, in deren Schutze die Unholde ihr Wesen treiben. Nicht immer blieb der Himmelsgott in seiner führenden Stellung. Zwar Zeus hat sie behauptet, aber der indische Dyâus räumte bald andern den Platz, schon die ältesten Urkunden zeigen ihn zurückgedrängt. Ebenso geschah es bei den Germanen. Schon hieraus sieht man, wie sehr der Götterstaat dem Wechsel unterliegt. Die allgemeinen Grundtypen des Seelen- und Elbenglaubens sind allerdings gemeingermanisch, schon bei den Riesen aber beginnen die besonderen Gebilde, bedingt durch die Naturverhältnisse, in denen die verschiednen Stämme lebten. Noch viel stärker aber sind die Unterschiede im Götterglauben, in dem fast jeder Stamm eigene Wege wandelte. Nur Weniges, aus der vorgermanischen Urzeit ererbt, gehört allen Germanen gemeinsam und darf daher in die vorgeschichtliche Periode vor Beginn der bestimmten Nachrichten zurückverlegt werden. Drei Göttergestalten sind allein mit Sicherheit zum Urbestand des germanischen Himmels zu rechnen: der des Donners mächtige Himmelsgott (Jupiter tonans) in die zwei Gestalten des Tiuz und Ponaraz gespalten und seine Gattin Frijô, die Liebliche. Alles Andere scheint Sonderbildung der einzelnen Stämme und Kultverbände zu sein. Die folgenreichste Neuerung im Glauben unsrer Väter, das allmälige Aufkommen des Wôdanaz, sein Sieg über Tiuz vollzieht sich im Gesichtskreis unsrer Beobachtungen. Eine runde, feste Götterzahl ist weder für die Urzeit noch für später nachweisbar. Der Grundzug des germanischen Götterglaubens ist kriegerisch. Das Schicksal des Volkes entscheidet die Schlacht. Daher ist die Göttersage von Kämpfen erfüllt, um Sieg wird die Gottheit angerufen. Siegesglück ist die höchste Spende, die der Gott verleiht. Im Heldenzeitalter treten die germanischen Stämme in die Geschichte, von Heldengeist ist ihre älteste Dichtung erfüllt, dasselbe Gepräge trägt Götterglaube und Göttersage. Nur selten in abgelegenen Ländern wird der hohe himmlische Herrscher ebenso eifrig als Herr des Friedens wie als Herr des Sieges gepriesen und angerufen.

Golther, Germ. Mythologie.

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