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II. Die Erdgöttin.

Die Verehrung der mütterlichen Erde ist auch unter den Germanen nachweisbar. Himmel und Erde scheinen überhaupt das älteste Götterpaar aller Mythologien zu sein. Der Himmel ist die männliche, zeugende, befruchtende Gottheit, die Erde die empfangende und gebärende. Im Norden heisst sie mit einfach schönem Namen Jord, Erde. Ihr Gemahl ist Odin, ihr Sohn Thor.) Aber dieses Verwandtschaftsverhältniss ist nicht ursprünglich. Einst war der Himmelsgott der Gemahl der Jord, die er mit Licht und Wärme im Lenz aus der Gewalt finstrer Riesen befreite und segnete, wie Freyr die Gerd. Das alte Verhältniss tritt aus einer zweiten Benennung noch zu Tage. Thors Mutter heisst auch Fjorgyn. Jord und Fjorgyn sind eins. Neben der Fjorgyn steht ein männlicher Fjorgynn, als dessen Gattin einmal Frigg bezeichnet wird.2) Da derselbe Name von Gott und Göttin gebraucht wird, muss ein altes Beiwort der Gottheit darin verborgen sein. Wirklich lässt sich auch Fjorgynn als Beiname des Himmelsgottes nachweisen. Zu Grunde liegt der urgermanische Wortstamm fergu (quercus). Im Litauischen heisst der Donnergott ebenfalls Perkunas, so dass das Beiwort also bereits vorgermanisch sein muss. Der Sinn des Namens ist zur Eiche gehörig, auf Eichen bezüglich, eichen (querceus). Der litauische Donnerer führt also eigentlich den Namen Eichengott. Dem Juppiter und dem Donar war die Eiche geheiligt. Somit war *fergunjaz eine Benennung des Himmelsgottes in seiner Eigenschaft als Donnerer, ein Beiname Donars, dessen Bedeutung frühzeitig verloren ging. *fergunjô wird ursprünglich wol die Gattin des Donar geheissen

1) Sohn der Jord heisst Thor Prym. 1; Lokas. 58; beim Skald Ọlvir SE. 1, 254; in der Haustlong SE. 1, 278. Über Jord als Odins Weib Gylfag. Kap. 9; nach Gylf. Kap. 10 und einer Strophe Hallfreds SE. 1, 320 u. 460 ist sie die Tochter des Riesen Ónar und der Riesin Nótt.

2) Frigg heisst Lokas. 26 Fjorgyns mær, d. h. Fjorgyns Geliebte, wie Freyja Ops mær, Ods Geliebte ist; SE. 1, 54 u. 304 ist der Ausdruck missverstanden, mær = dóttir gefasst, also Fjorgyns Tochter. Fjorgyn als Thors Mutter Vol. 56; Hárb. 56; SE. 1, 476; 585; Oddrúnargrátr 10 steht á fjörgynju

á joritu. Zur Etymologie des Namens Hirt, Indogermanische Forschungen 1, 479 ff.; Kauffmann, Beiträge 18, 140; Noreen, Abriss der urgerm. Lautlehre S. 131. Von idg. perqos (quercus) abgeleitet sind kelt. erkunia, έoxúvios dovuós (Eichwald), got. fairguni, Berg, mhd. Virgunnia (Eichenwald, Name des Böhmerwaldes und Erzgebirges).

Fjorgyn. Die Erdgöttin.

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baben, jedenfalls empfing die Göttin den Namen erst vom Gott, dem er seit Urzeiten und einstens sicher allein gehörte. Denn Fjorgynn und Fjorgyn bildeten einmal ein Paar, Himmel und Erde. Und damals schon wird die Erdgöttin von ihrem göttlichen Gemahl den Zunamen erhalten haben. Hernach blieb er ihr, Fjorgynn aber ging auf den inzwischen an die Spitze des Götterstaates getretenen Odin über. Dem alten Eigentümer, Thor selber, kam er abhanden, nur noch ein loser, unverstandener Zusammenbang zeigt sich darin, dass er Fjorgyns Sohn heisst.

Ein angelsächsischer Flursegen 1), der freilich erst aus christlicher Zeit überliefert ist und darum mancherlei christliche Züge einmischt, zeigt den Kult der Erde am lebendigsten. Da werden neben Gott, Maria und den Heiligen auch unmittelbar, als wären es persönliche Wesen, Erde und Himmel (eorde and upheofen) um Fruchtbarkeit angefleht. Merkwürdig klingt folgende Anrufung: Erce, Erce, Erce, eorpan módor! Es vergönne der allwaltende, ewige Herrscher, dass die Acker wachsen und gedeihen, in Fruchtbarkeit wetteifern; er gönne des Kornes Wachstum, der breiten. Gerste, des weissen Waizens, aller Erde Wachstum. Das Wort Erce scheint Erde zu bedeuten, und die Erde selber wurde sicherlich einst allein angerufen. Warum aber Erce Mutter der Erde genannt wird, bleibt unklar. Vielleicht ist irgend eine Verderbniss der Überlieferung anzunehmen. Besonders schön und anschaulich ist das Gebet, unter welchem man den Pflug in Bewegung setzt und die erste Furche zieht. ,,Heil dir, Erde, Mutter der Menschen, sei du wachsend in Gottes Umarmung, mit Nahrung erfüllt zum Nutzen der Menschen!" Der angelsächsischen Anrufung „hál wes þu, folde, fira móder" entspricht genau Brynhilds Gruss beim Erwachen aus dem Zauberschlafe: Heil euch, Götter, Heil euch, Göttinnen, Heil dir, fruchtbare Erde (heil siá en fjolnýta fold)! Beidemal wird die Erde fold" genannt. Offenbar wirkt im ags. Segen und im nordischen Tagesgrusse eine altgermanische Formel

1) Den ags. Segen bei Grein- Wülker, Bibliothek der ags. Poesie, Bd. 1, 1883, S. 312 ff.; die Litteratur darüber bei Wülker, Grundriss zur Geschichte der ags. Litteratur, Leipzig 1885, S. 347 ff.; Kögel, Geschichte der deutschen Litteratur I, 1, 39 ff.; Erce erklärt Kögel als eine Weiterbildung zum Grundwort ero,,,Erde“ (über ero Kögel, Pauls Grundriss 2, 1, 196 und Müllenhoff-Scherer, Denkmäler 23, 3); es verhalte sich dazu wie scinca,,,Schinken" zu scina,,,Beinschiene", zinko, „Zacken“ zu zinna, funcho,,,Funke“ zu got. fon, funins,,,Feuer". Brynhilds Tagesgruss in den Sigrdrífumál 4.

nach, ein Gebet an die Erdgöttin, die Mutter der Menschen, Urquell alles Lebens ist. Deutlich wird ihr Liebes- und Ehebund mit dem Himmelsgotte erwähnt. Aus solchen feierlichen Opfergebeten mögen Lieder und Mythen entspringen, wie das Lied von Freyr und Gerd. Im englisch-nordischen Gebet an Fold, die in des Gottes Umarmung fruchtbar wird, liegt gleichsam der Keim der schönen mythischen Dichtung, die aus den Skírnismol hervorleuchtet.

Zu den Erdgöttinnen wird seit Finn Magnusen auch die spröde Rind gerechnet, welche Odin bezwingt, um mit ihr den Bous (Búi) oder Wali, Baldrs Rächer zu erzeugen.1) Rind ist die unbebaute, harte und unfruchtbare Erde, die sich dem belebenden Lichte der hellen Sommerzeit (Odin als Vertreter des Tiuz) nicht leicht erschliesst. Ist es aber geschehen, so kann Feldbau auf dem früher wüsten Lande stattfinden. Búi ist der Bauer; neben Wali steht auch der Name Áli, die Verkörperung der keimenden Saat. Die Geschichte Odins und Rindas ist freilich romantisch aufgeputzt und als Ganzes genommen nicht alt. Aber ein Mythus mag immerhin schliesslich zu Grunde liegen, wie Licht und Wärme die spröde harte Erdrinde gefügig und fruchtbar machen.

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Nerthus.

Sieben Stämme an der Nordsee verehrten insgesamt die Nerthus. Auf einer Insel war ihr heiliger Hain; drin stand, von einem Tuche bedeckt, ihr Wagen, den nur der Priester anrühren durfte. Dieser erkennt, wenn die Göttin ihr Heiligtum aufsucht. Er begleitet sie, wenn sie auf ihrem mit Kühen bespannten Wagen unter grosser Feierlichkeit umherfährt. Überall herrscht Festfreude und Waffenruhe, bis derselbe Priester die am Umgang mit den Menschen gesättigte Göttin ihrem Heiligtum zurückgibt. Dann werden Wagen, Tücher, ja die Gottheit selbst im einsamen See gebadet. Die dienenden Knechte werden gleich ertränkt.2) Tacitus

1) Lex. myth. 401; zur obigen Deutung Weinhold, Die Riesen im germ. Mythus, Wien 1858, S. 60 ff. Kauffmann, Beiträge 18, 169 f. führt Rindr auf Vrindr,,,die Göttin mit dem Zauberstab" zurück und stellt sie der Hlodyn und Grid zur Seite; dagegen Rödiger, ZfdPh. 27, 6 f.

2) Über Nerthus wurde bereits unter Freyr (S. 219, Anm. 2) das Notwendige mitgeteilt. Für die Bedeutung des Nerthusfestes vgl. Mannhardt, Wald- u. Feldkulte 1, 567 ff.; Kögel, Geschichte d. deutschen Litteratur I, 1, 21 f.

Nerthus.

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deutet Nerthus als terra mater, weil die Umfahrt der römischen Göttermutter auf einem von Rindern gezogenen Wagen am 27. März, ferner das Bad, dem das Bild der Göttin samt dem Fahrzeug unterzogen wurde, lebbaft an den germanischen Brauch erinnerten. Wie bereits bemerkt, feierten die Schweden die Umfahrt des von einer Priesterin geleiteten Freyr, des Sohnes des Njord (Nerþuz), wovon sie fruchtbares Jahr erhofften. Zweifellos entspringt die Nerthusfeier demselben Glauben, der im Mittelalter und in der Neuzeit in zahllosen Volksbräuchen, in Bittgängen um Ackersegen nachwirkt. Der Grundgedanke liegt in der feierlichen Einholung der im Lenze neu erwachten Geister des Wachstums und Gedeihens. Als Maigraf, Maigräfin, Maikönig, Maikönigin werden die Frühlingsgeister bewillkommnet. Fürs 12. Jahrh. ist ein niederländischer Brauch bezeugt. Zu Ostern und Pfingsten wählten Priester und Kleriker unter Teilnahme des gesamten Volkes aus den Frauen der Priester eine aus, schmückten sie mit Krone und Purpur, setzten sie auf einen Thron und erwählten sie zur Königin. Dann sangen sie den ganzen Tag über unter Begleitung von Musikinstrumenten Lieder und erwiesen ihr wie einem Götzenbilde Ehren.1) Beim Frühlingsfest fehlen niemals Chorgesänge und Reigen. Auch die Nerthusfeier wird unter Tanz und Liederklang begangen worden sein. Wenn das erste Grün im heiligen Hain sprosste, ersah der Priester darin das Zeichen der nahenden Göttin. Dann begann die Umfahrt, welche den Lenz einbrachte und die Gefilde mit Fruchtbarkeit segnete. Die Wassertauche findet sich auch sonst bei Ackerbräuchen, beim Pflugumziehen. Sie kann als Regenzauber gedeutet werden. Die ertränkten Knechte sind als Opfer zu verstehen, welche die Bundesstämme der Gottheit um gute Jahreszeit, um rechte Verteilung von Sonne und Regen darbringen. Kögel nimmt den See als den Eingang zur Unterwelt. Dort weilt Nerthus in den Wintermonaten, im Frühling zieht sie hervor durch Fluren und Auen, im Herbst kehrt sie zurück in den Schooss der Erde, wenn die Pflanzenwelt abstirbt. Das wird bildlich durch Auszug und Rückkehr angedeutet. Darf der begleitende Priester als Vertreter des Gottes, des Gemahles der Nerthus gelten, wie umgekehrt dem Freyr eine Priesterin gesellt ist, deren Schwangerschaft die Schweden für ein gutes Zeichen ansehen, so ist in dem umziehenden göttlichen Paare die Zeugungs

1) J. Grimm, Myth. 748, Nachträge 1225.

kraft des Lenzes verkörpert. Nerthus ist somit die Göttin der fruchttragenden Erde, der Fruchtbarkeit überhaupt. Sie weilt unter den Menschen, so lange die Pflanzenwelt dem Lichte entgegensprosst. Sehnsüchtig wird ihre Ankunft nach der langen Winternacht und Todesstarrheit erhofft, mit lautem, festlichem Schalle, mit Gesang und Reigen ihr Einzug gefeiert.

III. Germanische Göttinnen

auf römischen Inschriften und bei antiken Autoren.

Von einigen Göttinnen der Germanen kennen wir nur die Namen, welche inschriftlich oder bei den antiken Autoren überliefert sind. Nur selten steht noch eine dürftige Bemerkung über ihre Art oder ihren Dienst dabei. Mit diesen Göttinnen weiss die mythologische Forschung nicht viel anzufangen. Nur selten ist der Sinn der Namen zu erraten, und selbst wo er völlig klar ist, bleibt doch die Hauptsache dunkel, da die Namen oft nur sehr allgemeine Bedeutung haben. Hätten wir z. B. allein den Namen Frija überliefert, so fände die Etymologie leicht aind. priyâ, die Geliebte, die Gemahlin. Aber damit wüssten wir nichts über ihre Art. Ist nun gar die Etymologie dunkel, so bleiben alle Lösungsversuche im höchsten Grade unsicher.

1. Tanfana.

Tanfana oder Tamfana hiess die marsische Hauptgöttin. Die Deutschen feierten eben ein grosses Fest, erzählt Tacitus, und froh hatten sie die Nacht bei ihren Gelagen hingebracht, noch lagen sie sorglos ihren Rausch verschlafend auf Bänken und neben den Tischen, an denen sie geschmaust und gezecht hatten, umher, als Germanicus über sie kam. Er verteilte sein Heer in vier Haufen, zehn deutsche Meilen in die Runde liess er alles mit Feuer und Schwert verwüsten, Alt und Jung, Mann und Weib niederhauen und das hochberühmte Heiligtum der Tanfana celeberrimum illis gentibus templum, quam Tunfanae vocabant dem Erdboden gleichmachen.') Die Zeit dieses Überfalles war

1) Annalen 1, 51; zur Feststellung der Lesart des Namens Müllenhoff, ZfdA. 9, 258; 23, 23.

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