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Sagen von der holden Frau, von Maria.

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sagen vorliegen. Letzteres. dünkt noch eher glaubhaft, zumal im Hinblick auf andere Berührungen zwischen Holle und Maria. Frau Holle als die holde Frau verstanden gab leicht Anlass zu ihrer Verschmelzung mit Maria.

Frau Holle wird im Himmel, über den Wolken thronend, gedacht. Daher die Redensart, wenn es schneie, schüttle Frau Holle die Betten aus, deren Federn fliegen. Da ist also Holle doch einmal eine hehre himmlische Göttin. Im Kindermärchen belohnt sie das brave, fleissige Kind mit Gold, das faule bestraft sie mit Pech. Diese Eigenschaft Holdas darf, wie J. Grimm, Myth. 246 Anm., erkannte, mit einem Namen der Maria verglichen werden. Am 5. August feierte die Kirche das Fest der Maria ad nives, notre dame aux neiges. Aus dem 16. Jahrhundert, aus der sächsischen Chronik des Pomarius (1588) bringen die Brüder Grimm in den Deutschen Sagen Nr. 462 eine hieher gehörige Erzählung. Kaiser Ludwig setzte einmal, als er durch einen Wald ritt, sein Marienbild auf einen Stein. Als ers darauf wieder zu sich nehmen wollte, vermochte er es nicht von der Stätte zu bringen. Da kam eine Stimme vom Himmel: So ferne und weit ein Schnee fallen wird, so gross und weit sollst du einen Dom bauen, zu Marien Ehre! Und alsbald hub es an vom Himmel zu schneien auf die Stätte.') Die Schnee-Maria ist somit eine legendarische, nicht bloss auf Deutschland beschränkte Gestalt. Allein schon deshalb fällt J. Grimms Behauptung, es sei eine Eigenschaft Holdas auf Maria übergegangen. Das Verhältniss ist umgekehrt, Frau Holle ist der Maria nachgeahmt. 2)

Wenn in einigen norddeutschen Landstrichen Fru Gode, Fru Gaue, de gaue Fru dasselbe Ernteopfer erhält, wie Wode, so beruht dies entweder auf der Frau Wode, der wilden Jägerin, der Diana-Herodias, oder es lässt sich ein segnender Flurgang der guten Frau, der Maria, denken.3)

Zieht man aus der Betrachtung der gesamten Überlieferung

1) Von dem plötzlichen Schneefalle sagt Ludwig nach Pomarius: dit is tomalen hilde snee. Der Verf. sucht ein Wortspiel: Hildesheim sei nach Hildesnee (plötzlichem Schnee) genannt; im Nds. bedeutet hilde, hille rasch, plötzlich. Es ist überkühn, mit J. Grimm, Myth. 246, Simrock, Myth.5 368 an den Schnee der Frau Hilde (Verelde, Pharaildis) und Frau Holda zu denken und darauf hin die Schneesage der german. Göttin zu überweisen.

2) Wie Grimm, Myth. 3, 87 f. nach Gegenbach anmerkt, heisst es auch im Elsass beim Schneefall: d' engele hans bed gemacht, d' fedre fliege runder. 3) Knoop, Am Urquell 5, 9 ff.; 45 ff.; 69 ff.

den Schluss, so bleibt das unanfechtbare Hauptergebniss, dass in diesen Gestalten der spätmittelalterlichen und neueren Volkssage ein Nachhall germanischer Göttinnen nicht nachweisbar ist. Wol aber bieten sich ungezwungen andere ausreichende Erklärungen. Die gespenstische Frau wurzelt im Volksaberglauben; treten manchmal, namentlich an Frau Holle, mildere Züge hervor, so zeigt sich Zusammenhang mit Maria und den guten Holden. So verschiedenartig die Bestandteile sind, aus denen die umgehende Frau des Volksglaubens sich entfaltete, nirgends wirkt heidnischer Götterglaube nach. Sowenig wie früher bei Zisa, Frau Eysen (Isis) gelehrter Übereifer sich als gerechtfertigt erwies, gelang es den neueren Sagenforschern auf die Dauer, die Holda, Berchta, Fricka als germanische Göttinnen zu kanonisieren. Doch leben sie wenigstens im wirklichen Aberglauben, nur nicht, wie man wähnte, als verblasste und erniedrigte Göttinnen.

DRITTES HAUPTSTÜCK.

Von der Weltschöpfung und vom Weltende.

Die Frage, wie die Welt entstand, ob und wie sie vergeht, setzt eine ziemlich hohe Stufe des Denkens voraus, falls die Antwort darauf in Gestalt einer Entwicklungsgeschichte der Welt gegeben wird. Hier liegen die Keime zur Naturphilosophie, die in ihren Anfängen leicht an kosmogonische Sagen anknüpft. Nur begabte und gesittete Völker werden zu einer fein gegliederten Lehre von den ersten und letzten Dingen fortschreiten. Die nächste Frage ist, woher kam die Welt, erst lange nachher erhebt sich die Frage, wohin geht die Welt. Denn die bestehende von den Göttern eingesetzte Weltordnung erscheint dem einfachen Heidenglauben ewig und unwandelbar. Höchstens denkt er darüber nach, wie es so kam. Das lehrt die griechische Mythologie. Der Heide wird den Stoff als das erste setzen, den göttlichen Geist, der den Stoff sich unterwirft, erst allmälig daraus hervorgehen lassen, im Gegensatz zur christlichen Lehre, welche in Gott den Anfang und das Ende aller Dinge erblickt. Im Heidentum entwickelt sich eine Weltlehre nur beiläufig, im Anschluss an die Götterlehre, an die Theogonie, gleichsam zur Rechtfertigung der waltenden Götter, welche ihre gebietende Stellung den dämonischen Wesen abgerungen haben und gegen sie behaupten werden. Die Absicht geht dahin, die bestehende Ordnung als die Vollendung der Weltentwicklung, als den Sieg der Göttermacht hinzustellen. Die Hauptteilnahme gehört den gegenwärtigen Zuständen des Götterstaates, nicht den vergangenen oder künftigen. Anders im Christentum, wo das Ewige, Göttliche das Zeitliche, Weltliche überragt. Da erscheint das Weltleben nur als ein Übergang. Ganz andere Bedeutung gewinnt die Kosmogonie und Eschatologie, auf welche ein Hauptgewicht der Lehre fällt. Die Glaubensboten mussten vor allem auf diese Erkenntniss hinwirken und hatten eifrig von der göttlichen Weltschöpfung und

vom Weltende, vom jüngsten Gericht, von der ewigen Seligkeit und von den ewigen Strafen zu predigen. Wo sie heidnische kosmogonische oder theogonische Vorstellungen vorfanden, widerlegten. sie diese mit dem Hinweis auf den ewigen Gott, der vor dem Weltstoffe da war, nicht wie die Heidengötter aus dem Stoff hervorging, geschaffen oder gezeugt wurde. Die Kosmologien der verschiedenen Völker, unabhängig vom reinen christlichen Gottesbegriff, gleichen einander in Einzelheiten oft aufs genauste. Da von einer Uroffenbarung der Menschheit oder von einer urarischen Weltlehre nicht die Rede sein kann, sind die zahlreichen Übereinstimmungen nur aus Zufall oder durch Entlehnung zu erklären. Gewiss ist die Wahrscheinlichkeit unleugbar, dass viele Völker durchaus unabhängig und selbständig diese Fragen aufwarfen und ähnlich beantworteten. Die Natur gewährt den Stoff zur Antwort, das Denken des menschlichen Geistes kann aus übereinstimmenden gleichen Voraussetzungen manchmal auch unwillkürlich zu denselben Schlüssen gelangen, falls die Grundlagen sehr einfach sind. Aber wenn sich Gleichungen in einer zusammenhängenden, stufenreichen und sinnvollen Reihenfolge von Schöpfungsakten einstellen, wenn Einzelheiten, die einem kunstvollen, willkürlichen Gedankengang entspringen, zusammenstimmen, so liegt die Annahme der Entlehnung nahe. Nachahmung und Entlehnung scheinen um so glaublicher, wo die allgemeinen Verhältnisse ein Einströmen fremder Einflüsse ermöglichen. Die nordische Mythologie enthält eine sehr ausführliche Weltlehre. Da erhebt sich nun die Frage, ob dieselbe auch für die deutschen Stämme in Anspruch genommen werden darf, ob sie gemeingermanisch oder ausschliesslich nordisch ist, ob sie auf nordgermanischem Boden aus lauter heimischen Vorstellungen erwuchs, oder ob fremde, antike oder christliche Einflüsse darin zu erkennen sind. Zunächst sind die Zeugnisse zu prüfen, welche für das Dasein ähnlicher Sagen unter den deutschen Stämmen angeführt zu werden pflegen.

I. Deutsche Sagen

über den Ursprung der Götter und Menschen.

Dass die Germanen eine Theogonie und Anthropogonie, Lieder vom Ursprung der Götter und Menschen besassen, wird durch Tacitus Germania Kap. 2 bezeugt. Sie priesen in alten Gesängen den

Sagen vom Ursprung der Götter und Menschen.

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erdgeborenen Gott Tuisto und seinen Sohn Mannus, die Urheber und Erzeuger ihres Volkes. Dem Mannus schrieben sie drei Söhne zu, nach welchen die Ingaevonen, Erminonen, Istaevonen genannt sind. In diesem Mythus war vom Ursprung der Menschheit überhaupt, dann vom Ursprung der germanischen Stämme im besonderen erzählt. Aus der Erde ging ein göttliches Wesen hervor, Tuisto, der Zwitter. Der zeugte Mannus 1), d. i. den Urmenschen; also nicht geschaffen, sondern auf natürlichem Wege von den Göttern gezeugt ist die Menschheit. Die Stammväter der germanischen Völkerschaften sind Söhne des Urmenschen. Wenn andererseits die Ingaevonen, Erminonen, Istaevonen den Namen ihrer Stämme dem Tiuz beilegten, so betrachteten sie sich damit aber auch als seine unmittelbaren Nachkommen. Demnach scheinen im Mythus, auf welchen Tacitus anspielt, zwei ursprünglich selbständige und eigentlich unvereinbare Sagen zusammengeschweisst worden zu sein. Die Sagen vom gottgezeugten Urmenschen und von den Tiuzsöhnen, die unabhängig neben einander entstanden sein müssen, wurden einander untergeordnet und daraus ergab sich die von Tacitus berichtete Reihenfolge. 2) Tacitus fügt hinzu, es gebe noch mehr Göttersöhne, nach denen Völkerschaften genannt seien pluris deo ortos plurisque gentis appellationes. Für die germanische Theogonie lernen wir nur, dass die Erde als Göttermutter galt. Aber es lässt sich nicht bestimmen, ob Tuisto unmittelbar aus der Erde entsprosste oder ob der Himmel sein Vater war, ob wir das uralte Götterpaar Himmel und Erde auch an den Anfang der germanischen Götterlehre stellen dürfen.

Kauffmann 3) hat auf einen für die Bekehrungsgeschichte zweifel

1) Mannus ist zum eranisch-indischen Manu zu stellen, über welchen Spiegel, Die arische Periode und ihre Zustände, Leipzig 1887, S. 271 ff. nachzulesen ist.

2) Über die Anthropogonie der Germanen vgl. Wackernagel, ZfdA. 6, 15 ff.; Müllenhoff, Schmidts allgemeine Zeitschrift f. Geschichtswissenschaft 8, 209 ff.; Kögel, Geschichte der deutschen Litteratur I, 1, 12 ff.; Kögels Zusammenstellung von Buri, Bur mit Mannus a. a. O. 16 kann ich nicht billigen; die von ihm behauptete Gleichheit der Genealogie des Tacitus und der nordischen Berichte scheint mir gezwungen.

3) ZfdPh. 25, 401 ff.; Kögel, Geschichte der deutschen Litteratur I, 1, 32 ff. Die wichtigsten Sätze aus Daniels Brief an Bonifacius (Jaffé, Monumenta Moguntina 71 ff.) sind folgende: Neque enim contraria eis de ipsorum quamvis falsorum deorum genealogia astruere debes.... secundum eorum opinionem. quoslibet ab aliis generatos per conplexum mariti ac femine concede eos asserere ; ut saltim modo hominum natos deos ac deas homines potius, non deos fuisse,

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