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des deutschen Heidenglaubens beansprucht wird, allein schon durch die Kenntniss älterer, vollständigerer und bestimmterer Fassung hinfällig werden. Die stetig zeugende und schaffende sagenbildende Kraft, die nicht unterschätzt werden darf, bewegt sich oft nur scheinbar in uralt heidnischem Geleise.

Damit sind die Quellenzeugnisse ausserhalb des Nordens erschöpft. Eine germanische Theogonie, die aber im Laufe der Zeiten und unter den verschiedenen Stämmen sehr vielgestaltig und veränderlich gewesen sein mag, ist zweifellos. Schon die geschichtliche Entwickelung, wenn anders mit Recht das allmälige Aufkommen Wodans über Tiuz angenommen wird, brachte Wandel und Wechsel in den Götterstaat. Der höchste Gott hat die andern als Söhne oder Brüder um sich geschart, da bildet sich leicht auch die Sage von seinen Ahnen. Die gebietende Machtstellung musste gegen Nebenbuhler und andere Feinde erkämpft und behauptet werden. In den angelsächsischen Stammtafeln hat Wodan nicht bloss Nachfahren, sondern auch Vorfahren. Für eine ausgebildete Kosmogonie spricht kein zweifelloses Zeugniss. Für die germanische Sage vom Weltbrand ist nicht der Schatten eines Beweises zu erbringen. Damit muss auch der deutschen und germanischen Göttersage die tiefe Tragik der nordischen abgesprochen werden. Wol war auch jene vom freudigen, todverachtenden Heldentum erfüllt, aber der düstre Schatten eines unentrinnbaren Verderbens mit dem versöhnenden Ausblick auf eine neue, milde und reine Welt des ewigen Friedens blieb dem Schicksal der deutschen Götter vermutlich ferne.

II. Die nordische Schöpfungslehre.

Die folgende Darstellung der nordischen Weltlehre geht darauf aus, in möglichst deutlichen Umrissen die in den Skaldengedichten des 9./10. Jahrhunderts vorhandenen Vorstellungen zu schildern. Für den vermutlichen Ursprung der einzelnen Bilder beschränke ich mich auf kurze Andeutungen. Weltanfang und Weltende umfassen die gesamte Göttersage im grossen, erhabenen Rahmen, der die einzelnen Mythen in völlig neuem Lichte, als Handlungen im geschlossenen Weltendrama erscheinen lässt. Eine gewaltige erschütternde Dichtung baut sich auf, eine wundervolle,

tiefernste Göttersage, wie kein andres Volk sie besitzt. Gleichviel, woher die Anregung kam, der unvergängliche Wert der dichterischen Schöpfung, welche den krönenden Abschluss der germanischen Religionsgeschichte bildet, bleibt ungekränkt bestehen. Aber es war eine Dichtung auserwählter Kreise, kein echter, überzeugter Volksglaube, wie folgende Erzählung aus der Bekehrungszeit zu beweisen scheint.

Sveinn und sein Sohn Finn stritten sich um die Macht der Heidengötter, die Finn verachtete. Sein Vater hielt ihm das vor, weil Thor so viele und grosse Heldenthaten verrichtet habe, durch die Berge gefahren sei und Felsen zertrümmert habe, Odin aber über den Sieg der Männer entschieden habe. Finn antwortete: Das ist sehr geringe Macht, Klippen oder Steine zu zerbrechen und an solchen sich abzuarbeiten, oder den Sieg so zu verleihen, wie Odin ihn verlieh, mit Betrug, nicht aber mit Gewalt. Der dagegen scheint mir mächtig, der am Anfang die Berge gesetzt hat, die ganze Welt und die See. Was könnt ihr mir aber von diesem sagen? Darüber wurde von Sveinn wenig gesprochen. Finn Sveinsson thut das Gelübde, in den Dienst des Königs zu treten, der der Oberste ist und vor allen anderen hervorragt. Er ergibt sich wie Christophorus schliesslich dem Christus, weil er so gewaltig war, dass er eine Heerfahrt in die Hölle that und dort den Thor band, den obersten der Heidengötter. 1)

Der Aufzeichnung kommt freilich kein hohes Alter zu. Aber sie ist trotzdem merkwürdig genug, indem sie die nordische Schöpfungslehre als gar nicht vorhanden betrachtet. Ähnlich sind noch andere Stellen. In der durchaus ungeschichtlichen Sage von OrvarOdd werden die heidnischen Nordleute, welche auf einer Reise nach Aquitanien in eine Kirche gelangen, nach ihrem Glauben gefragt. Sie antworten: Wir bauen auf unsre Macht und Stärke und glauben nicht an Thor und Odin. Der Einheimische erwidert: Wir glauben an den, der Himmel und Erde geschaffen hat, die See, die Sonne und den Mond. Odd sprach: Der muss gross sein, der alles das gezimmert hat. Aus den letzten Zeiten des Heidentums hören wir von Leuten, die aus eigner freier Überzeugung den Heidenglauben als unvollkommen verwarfen und nur auf sich selbst vertrauten oder aber einer geläuterten Gottes verehrung, dem Bilde des von fernher ihnen vorschwebenden Christengottes, sich

1) Jüngere Olafssaga Kap. 201 ff.; vgl. E. H. Meyer, Kosmogonie 16 ff.

Die nord. Weltlehre ist ausserhalb d. Skaldendichtung nicht nachweisbar. 511

zuwandten.1) Thorkell Mani, der von allen Heiden am besten gesittet war, liess sich in seiner Todeskrankheit in den Sonnenschein hinaustragen und befahl sich in die Hände des Gottes, der die Sonne geschaffen habe. Der alte Ingimund im Vatnsdal, der früher eifrig dem Freyr gedient hatte, war ein überaus tüchtiger und treuer Mann; sein Sohn Thorstein preist die Güte seines Vaters und meint: Das wird unserm Vater von dem vergolten werden, der die Sonne geschaffen hat und alle Welt. Ein andermal spricht derselbe Thorstein: Nun will ich den anrufen, der die Sonne geschaffen hat, denn ihn halte ich für den Mächtigsten. Diese und andre Stellen betonen die Schöpferkraft des Christengottes, den sie mit bewusster Absicht Odin und den andern Göttern gegenüber stellen. Dass Odin und seine Brüder Himmel und Erde und die Gestirne schufen, dass sie den Lauf der Sonne und des Mondes regelten, wie es in alten Liedern und der Edda heisst, kann demnach kein allgemeiner, lebendiger Glaube gewesen sein. Sonst hätte sich doch der Heide ebenso auf die Schöpferkraft seiner angestammten Götter berufen müssen. Die nordische Weltlehre scheint mithin eine Dichtung, kein eigentlicher Volksglaube, mit dem die Bekehrung zu rechnen hatte.

1. Das Chaos, der Urzustand und die Urwesen.

Den Anfang aller Dinge bezeichnet die nordische Weltlehre mit der Verneinung dessen, das für uns sichtbar besteht: Da war nicht Sand, noch See, noch kalte Woge, nicht Erde gab es, noch Oberhimmel, nur gähnende Kluft (ginnunga gap) 2), doch nirgends.

1) Über solche ernste Heidengemüter vgl. Munch, det norske folks historie I, 2, 272, 279; Maurer, Bekebrung 2, 253 ff.

2) ginnunga gap erscheint gleichsam umgekehrt in gapanda gin, gähnender Rachen in der Flateyjarbók 1,530. gap steht zu gapa, gaffen, gähnen. ginnung ist abgeleitet vom Adj. *ginnr (ags. ginn, weit, geräumig; vgl. auch das an. ags. mhd. Substantiv gin, der Rachen). Über die weitere Geschichte dieses Wortstammes vgl. Mogk, Beiträge 8, 153 ff.; Mogks frühere Schlussfolgerung, ginnunga sei Gen. sing. zu Ginnungi, dem persönlich gedachten Chaos, zu welcher im Griechischen und Nordischen vorliegenden Vorstellung bereits die Indogermanen sich bekannt hätten, ist hinfällig. Besteht ein Zusammenhang zwischen dem persönlichen Chaos, dem Riesen Abyssus der christlichen Mythologie, über welchen Meyer, Völuspa 57, Eddische Kosmogonie 74 nachzulesen ist, und Ymir, so beruht er auf später Entlehnung und Nachahmung, nicht auf Urverwandtschaft. ginnunga gap, von Adam v. Bremen 4, Kap. 38 mit immanc

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Gras. Es wird ein Chaos oder besser Chasma, Hiatus, gähnender Schlund gesetzt. Der Begriff des Abgrundes, der Kluft liegt in gap, der des Weiten, Gähnenden im dazu gestellten Genitiv ginnunga. Mit ginnunga gap ist der leere Raum gemeint. Der leere Raum entstand aber, wie die Gylfaginning ergänzend hinzufügt, dadurch, dass der wesenlose Urstoff im Norden und Süden zu finsterm Nebel, zu Wasser und Eis und zu Feuer sich verdichtete. Viele Jahre vor der Erschaffung der Erde war Niflheim (die Welt des Nebels, des Dunkels) entstanden; mitten drin liegt der Brunnen, der Hwergelmir (der in kesselförmiger Vertiefung rauschende) heisst. Aus ihm ergiessen sich viele Flüsse. Zuerst bestand jedoch die Gegend, welche Muspellsheim heisst; diese ist hell und heiss, und sie kann von niemand, der dort nicht zu Hause ist, betreten werden.“ Über Ursprung und Sinn des Namens Muspell wird weiter unten gehandelt. In der Schöpfungssage tritt damit nur die Feuerwelt der Nebelwelt gegenüber, worin einerseits die Anschauung von Feuer und Wasser als den Urelementen, andererseits wol auch die christliche Vorstellung einer Wasserund Feuerhölle anklingt. In Niflheim und Hwergelmir sind eigentlich zwei Elemente angedeutet: der Nebel, d. h. die dunkle Luft, und das Wasser. In Gestalt von zwölf Flüssen, die kalte, feuchte Luftschichten mit sich führen, entströmt das Wasser dem Urquell und verdichtet sich zu Eis, womit offenbar der Übergang des Flüssigen zum Festen erklärt werden soll. Somit werden die Elemente als uranfänglich betrachtet, welche zunächst geschieden an den Grenzen des leeren Raumes lagern. Bald aber dringen sie herein und aus ihrer Vermischung, insbesondere durch die belebende Kraft des Feuers, erstehen die ersten organischen Gebilde.

Die Gylfaginning fährt in ihrem Berichte fort: Diese Flüsse, die Eliwagar heissen, waren soweit von ihrem Ursprunge fortgekommen, dass die darin enthaltene giftige Flüssigkeit (d. h. die bitterkalte Flut) erstarrte wie die Schlacke in der Esse. Dort befand sich Eis, welches stehen blieb und nicht mehr vorrückte; abyssi baratrum wiedergegeben, erscheint auch in der Geographie der alten Nordleute. Die Norweger versetzten es in den Norden, die Isländer in die Gegend zwischen Winland und Grönland. Vgl. G. Storm, Arkiv f. nord. filologi 6, 340 ff. Im Mhd. wird ginunge von der Hölle gesagt: diu helle heizit ouch barathrum daz kît swarziu ginunge wan sie ginit biz an den jungisten tac (Benecke-Müller, Mhd. Wb. 1, 527). Dahin gehört wol auch nds. ovelgünne, ein Ausdruck für Hölle im Sinne von Übelloch; vgl. J. Grimm, Myth. 953; Schiller-Lübben, Mnds. Wb. 3, 248.

Ginnunga gap und Ymir.

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da legte sich Reif darauf und auch das Nass der Giftflut gefror zu Reif, und so schob sich eine Reifschicht über die andere nach ginnunga gap hinein. Der nördliche Teil der gähnenden Kluft füllte sich mit dicken, schweren Eis- und Reifmassen, die Sprühregen und Winde hervorbrachten. Der südliche Teil wurde lauer durch die Funken, welche aus Muspellsheim hereinflogen. Wie die grimmige Kälte aus Niflheim kam, so war alles in der Nähe von Muspellsheim heiss und hell. Ginnunga gap ward so lau wie windstille Luft. Als die heisse Luft den Reif erreichte, so dass er zu schmelzen und zu tropfen begann, da entstand ein Wesen, wie ein Mensch gestaltet. Sein Name war Ymir, den die Reifriesen Örgelmir (den gewaltig Rauschenden) nennen, und er ist der Stammvater ihres Geschlechts." So sagt auch Wafthrudnir (Vafpr. 31):

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Das türmte sich, bis ein Thurs draus ward;
Das ist der Ursprung unsres Geschlechtes,
Drum ist rauh der Riesen Sinn.

Der leere Raum erfüllt sich allmälig mit den Elementen, die sich zu einer Riesengestalt verdichten. Die Riesen bewohnen überhaupt die unwirtlichen, den Menschen unzugänglichen Gegenden. So ist jener erste Riese im Ureise der nordischen Vorstellung völlig angemessen und ebenso gut denkbar, wie die Riesen im Eise des nächtigen Polarmeeres, welche Hymir verkörpert. Das Gesamtbild der von Wasser, Nebel und Eis erfüllten Urwelt, deren Nacht vom Süden her allmälig Licht und mildere Luft empfängt, ist deutlich genug der nordischen Natur entnommen. Dort spielen sich die in der Gylfaginning geschilderten Vorgänge immer von neuem ab. Dass dem Urstoff ein organisches Gebilde entwächst, berichten auch andere Kosmogonien. Die dem Chaos entspringenden Kinder Erebos und Nyx sind keineswegs abstrakt als Zustände, vielmehr persönlich, als titanische, riesenhafte Wesen gedacht, ja Chaos selber gilt später auch für persönlich. So wird auch der Abyssus der biblischen Schöpfungslehre als ein im Abgrund eingesiedelter Riese gedacht und dargestellt. Nach der Volospó̟ sind Ymir und ginnunga gap gleichzeitig und mit Recht: sie verhalten sich wie Chaos und chaos, Abyssus und abyssus. Auf der einen Seite steht die geistigere, des abstrakten Denkens fähige Vorstellung, auf der andern die sinnliche, die nur Gestalten begreift. Die Gylfaginning

Golther, Germ. Mythologie.

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