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Unsre Kenntniss der nordischen Mythologie beruht somit auf der Liedersammlung, auf den Anspielungen der Skalden, welche den Inhalt der erzählenden Götterlieder teils bestätigen, teils auch ergänzen und erweitern. Sie wird aber noch besonders befestigt und vermehrt durch des isländischen Staatsmannes, Geschichtschreibers und Skalden Snorri Sturluson (1178-1241) Arbeiten. Snorri schrieb um 1230 eine „,Edda", d. h. Poetik. Von Snorris Werk, das diesen Titel mit Recht führt, übertrug ihn Brynjolf irrig auf die Sammlung von Liedern, weil zwischen beiden Werken allerdings Beziehungen bestehen, die aber natürlich mit dem Titel gar nichts zu schaffen haben. Snorri verfasste ein skaldisches Lehrbuch, worin er auf Grund ausgebreiteter Kenntniss der älteren Skaldengedichte die Regeln der Skaldenkunst erörterte. Die Mythologie ist aber dem Skalden zunächst nötig. Daher entwirft Snorri einen leicht fasslichen, fliessend geschriebenen Abriss der nordischen Göttersage, die der Skald beherrschen muss. Er schöpft dabei aus denselben Liedern, die uns in der Sammlung (in „Saemunds Edda") erhalten sind, und führt zum Belege seiner Erzählungen einzelne Strophen daraus an. Er schöpft aber auch unmittelbar aus Skaldengedichten, deren mythische Unterlage er in kurzen Zügen uns wiederherstellt. Endlich waren ihm manche Quellen zugänglich, die wir nicht mehr besitzen. Snorris Edda ist also ein nicht zu unterschätzendes Hilfsmittel der mythologischen Forschung. Aber man darf sie auch nicht überschätzen. Snorri stellt die nordische Mythologie nach seinem eignen Ermessen, nach seiner eignen gelehrten Auffassung dar. Wenn möglich müssen wir auf die Urquellen selber zurückgreifen, nicht unbedingt auf Snorri uns verlassen. Schon dadurch ergibt sich manche Berichtigung. Snorri hat einiges missverstanden, einiges zugefügt. Er schildert die Göttersage im erhabenen Rahmen der Weltschöpfung und des Weltbrandes, über denen der ewige Allvater steht. Darin folgt er gewiss den Anschauungen der Skalden des 10. Jahrhunderts, wenn er auch noch einige neue christliche Gedanken einfügte. Nie darf ausser Acht bleiben, dass die nordische Mythologie der Snorra Edda die systematische Bearbeitung eines isländischen Gelehrten des 13. Jahrhunderts ist, die mit der Mythologie der Skalden des 10. Jahrhunderts nicht in allen Stücken für gleichwertig genommen, die unter keinen Umständen in eine germanische Mythologie zurückgetragen werden darf.

Neben den Skaldengedichten gewähren die Sögur, besonders

die Geschichtsquellen, reiche Belehrung über Religion und Mythologie. Die Geschichte der Besiedelung Islands liegt vor in Aris Íslendingabók (verfasst um 1134) und in der Landnámabók. Darin ist häufig vom Glauben und Kult der Ansiedler Islands die Rede, Thors- und Freysdienst stehen obenan, Odin wird kaum erwähnt. Ebenso schildern die isländischen Familiensögur, die im 9./10. Jahrhundert spielen, viele heidnische Bräuche. Diese Sagen sind allerdings erst im 13. Jahrhundert in litterarische feste Form gebracht worden, manches mag auf Rechnung der Sagaschreiber kommen. Aber zu Grunde liegt eine alte mündliche Überlieferung, die in gewissen Kunstformen seit dem Heidentum jene Geschichten bewahrt hatte. Darum verdienen die Nachrichten, welche uns die Sögur vom 10. Jahrhundert geben, in der Hauptsache Glauben. Die norwegische Königsgeschichte wurde im 13. Jahrhundert ebenso zu schönen Prosadarstellungen verarbeitet auf Grund von alten Skaldengedichten, die meistens als Beleg auch mitgeteilt werden, und aus mündlicher Überlieferung. Snorris Heimskringla ist das bedeutendste Werk. Die Geschichte der heidnischen Könige, namentlich aber die der beiden Bekehrer Olaf Tryggwason und Olaf Haraldsson gibt genugsam Anlass, heidnischen Glauben und heidnische Sage zu schildern. In den Königssagen, soweit sie auf Skaldenliedern beruhen, tritt auch Odin hervor; am Königshofe ward ja von Odin gesungen und gesagt. Jedoch im norwegischen Volke selber zeigt sich auch hier Thorsdienst als eigentlicher Feind des Christentums. Den Thorsdienst der norwegischen Bauern. müssen die Bekehrer mit weit stärkeren Mitteln bekämpfen, als die Odindichtung der Skalden. Die nordischen Rechtsquellen befassen sich mehrfach mit dem Heidenglauben, aber mehr mit dem niedern Volksglauben, wie es auch die südgermanischen Gesetze thun. Im Heidentum war mit besondern Satzungen auf den Schutz des Glaubens Bezug genommen, in der christlichen Zeit eifern die Gesetze gegen Überbleibsel heidnischer Bräuche.

Endlich gibt es auch rein mythische Sagen wie z. B. die Ynglingasaga, die Volsungasaga, worin wie in den Skaldengedichten Götter- und Heldensage unmittelbar behandelt sind. Mit solchen mythischen Geschichten ist auch des Dänen Saxo Grammaticus 1200 verfasste historia danica erfüllt. Saxo schreibt in 16 Büchern eine bis 1187 reichende Geschichte Dänemarks, die 9 ersten Bücher beruhen auf Sagen, zum Teil auf nordischer Göttersage. Saxo schreibt einen schwülstigen Stil und hat sich

um

Die nordischen Sögur. Saxo Grammaticus.

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der Überlieferung gegenüber manche Freiheit erlaubt. Aber trotzdem sind seine Nachrichten für einige mythologische Dinge von grossem Wert. Saxo schöpfte aus dänischer und norwegischisländischer Sage, öfters beide mit einander vermischend 1). Wie Snorri huldigt auch Saxo dem Euhemerismus, die Götter sind als Menschen aufgefasst. Soweit Saxo mit nordischer Göttersage sich beschäftigt, stützt er sich vorwiegend auf isländisch-norwegische Quellen. Darum stimmen seine Mitteilungen wesentlich zu denen der nordischen Skaldengedichte und Sögur, nur selten begegnen selbständige Züge dänischer Herkunft.

Auch aus dem späteren Mittelalter und aus der Neuzeit bietet sich im Norden reiche Überlieferung dar. Wir haben einen grossen Schatz nordischer Volkslieder und isländischer Reimereien, in denen die Gestalten des Aberglaubens, Trolle, Riesen, Zwerge, Elfen, Nixen und Meerweiber ihr Wesen treiben. Die eigentliche Göttersage wird selten und unselbständig in diesen Poesien behandelt. Zwar erscheint die prymskvipa sowol als isländische Reimerei in den prymlur, als auch als norwegisch-dänische Volksweise,, Tord af Hafsgaard"; Thors Fahrt nach Utgard behandeln die Lokarímur. Im färöischen Lokkatáttur finden wir Odin, Hönir und Loki in ein Märchen verflochten. Aber es handelt sich hier stets um ein künstliches litterarisch vermitteltes Fortleben der Heidengötter. An Volkssagen, die im 19. Jahrhundert gesammelt wurden, gewährten die nordischen Länder höchst ergiebige Ausbeute2).

1) Vgl. Axel Olrik, kilderne til Sakses oldhistorie I u. II Kopenhagen

1892 u. 94.

2) Vgl. Lundell, Skandinavische Volkspoesie im Grundriss der germanischen Philologie II, 1, 719-749.

ERSTES HAUPTSTÜCK.

Die Gestalten des Volksaberglaubens
(die niedere Mythologie).

1. Der Geisterglaube und seine nächsten Ursachen.

Volksaberglaube und Volkssage verhalten sich ähnlich wie Götterglaube und Göttersage. Aus allgemeinen weitverbreiteten Grundtypen erwachsen örtlich und zeitlich sehr verschiedenartige Sagen, die natürlich bei aller Abweichung im einzelnen im Kerne doch übereinstimmen. Wo Geschichten mit verwickelter Handlung und merkwürdigen Einzelheiten an getrennten Orten auftauchen, ist Entlehnung und Wanderung mehr wahrscheinlich als selbständige unabhängige Entstehung. Der Volksglaube scheint unwillkürlich aus der Veranlagung des menschlichen Gemütes zu entstehen. Wol beruht auch er auf einer Anzahl überlieferter Thatsachen, er vererbt sich mündlich in den Geschlechtern und vermehrt sich somit allmälig ungeheuer. Aber er wird gewissermaassen mit jedem Menschen auch neu geboren, dieselbe Anlage, aus der die Urbilder entkeimten, schafft immer neue Vorstellungen ähnlicher Art. Der Volksglaube bleibt nicht unverändert bestehen, er formt sich immer neu. Die Volkssage der heidnischen Germanen ist nicht unmittelbar auf uns gelangt. Zwar die nordischen Quellen bieten auch hier sehr vieles, in Deutschland wird manches mittelbar durch gelegentliche Anspielungen und durch das Vorhandensein der entsprechenden sprachlichen Bezeichnungen bezeugt. Jedoch der Volksglaube der Heidenzeit lebt vielfach im Mittelalter und in der Neuzeit fort. Wie die einfachen Gebilde der neueren Volkssage waren nach Ausweis der nordischen Denkmäler auch die der altheidnischen beschaffen, so dass es wol erlaubt scheint, zur Aufhellung

Die Ursachen des Geisterglaubens.

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verschwundener Zeiten die Gegenwart heranzuziehen. Nur muss Vorsicht walten. Eine neue Volkssage kann nur als Vertreter einer altheidnischen gelten, wenn der typische Volksglaube, dem sie entstammt, auch fürs Heidentum wahrscheinlich ist. Damit ist nicht gesagt, dass sie genau so, wie sie jetzt uns vorliegt, auch damals lautete. Der heutige Volksglaube und noch weit mehr die Sage enthalten neben uralten Typen aber auch unzählige Neubildungen, die erst im Mittelalter und in der Neuzeit, häufig auch aus dem Verkehr mit andern Völkern aufkamen. Altheidnischer Glaube kann dem Christentum angepasst worden sein, viele Bräuche sind aber auch erst vom Christentum veranlasst. Die Hauptaufgabe, Altes und Neues aus einander los zu lösen, hat die Volkskunde noch kaum in Angriff genommen. Der Aberglaube und die daraus entwickelte Sage sind überaus einfach in Form und Gehalt, ohne besondere Wartung und Pflege entspringt der Glaube den Vorgängen im Leben des Menschen und in der Naturumgebung. Die einfachen Grundvorstellungen können sich mitunter verwickelter gestalten, jedoch kaum ohne Einwirkung bewusst schaffender Kunstdichtung. Wenn man eine wolgeordnete, vollständige Sagensammlung betrachtet, so treten besonders vier Gruppen von übermenschlichen Wesen hervor, Maren, Seelen, Elbe und Riesen, wovon die beiden ersten mit dem Menschen in unmittelbarem Verkehre stehen, während die letztgenannten in der Natur wirken. Weil Begriff und Benennung dieser Wesen gemeingermanisch ist, weil sie in den nordischen Sagen des Heidentums ebenso weben und leben wie in der deutschen und nordischen Überlieferung der Gegenwart, so ist ihre Zugehörigkeit zum Bestand des heidnischen Volksglaubens zweifellos. Die Anthropologie lehrt, dass sie überhaupt allgemein menschlich sind. Soweit ihr Ursprung zu erklären ist, werden wir auch auf allgemein menschliche Anlagen, die überall gleichmässig vorhanden sind und gleichartig wirken müssen, hingeführt.

Der Gespensterglauben drängt sich dem Menschen durch Wahrnehmungen auf, die er an sich selber und an seinen Mitmenschen macht. Die subjektiven Vorgänge des Traumschlafes, die objektiven des Todes wirken zusammen zur Vorstellung eines geisterhaften Wesens, das plötzlich aus der Unsichtbarkeit hervortritt und auf geheimnissvolle Weise sich fühlbar macht. Im Schlafe erscheinen die Gestalten Lebender und Toter, sie verkehren wie im wirklichen Dasein, nur häufig freier und ungebundener. Besonders die Erscheinung längst Verstorbener erregt und beunruhigt das

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