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Wirthschaftreform.

er Bund der Landwirthe veröffentlichte jüngst die ihn leitenden Grundsäge. Die dem Manchesterthum dienstbare Presse fragte damals recht naiv: Wozu?" Das sieht so aus, als glaube sie selbst schon an die stets verbreitete Mär: der Bund sei eine zur Ausbeutung der Konsumenten geschaffene Expressergesellschaft. Dem immer noch liberalen Zeitungleser war bis dahin sorglich verschwiegen worden, daß ein umfassendes sozialreformatorisches Programm längst schon in den Bundesversammlungen und in der Bundespresse, als Grundlage unserer Vereinigung, entwickelt worden ist, und so glaubt er gern der beharrlich vorgetragenen Behauptung: der Bund sei aller Ideale bar und gegenüber der jozialen Gährung unerlaubt arm an reformatorischen Gedanken. Es war deshalb flug, daß der Bundesvorstand zunächst ohne jede begleitende Bemerkung das in den Grundzügen allen Bundesmitgliedern längst bekannte Programm als besondere „Erklärung“ veröffentlichte. Das wirkte überraschend; man druckte die Leitsähe ab und machte so unüberlegt und wider Willen die Leser mit den wahren Bestrebungen des Bundes bekannt. Inzwischen ists aber ganz still geworden: man geht dem Meinungaustausch über die publizirten Leitsäße ängstlich aus dem Wege; ist so doch zu hoffen, daß die Veröffentlichung dem Gedächtniß der Leser bald wieder entschwinden werde. Da kann man, wenn im Reichstag der Antrag Kanig wieder verhandelt wird, den alten Lügenfaden munter weiterspinnen.

In ahnungvoller Voraussicht des im Wirthschaftleben der Völker durch ihn entstehenden Unheiles sorgte der manchesterliche Kapitalismus früh schon für einen Sündenbock. Er schuf ihn in dem Lehrsah: das Auf- und Abschwanken des Volkswohlstandes, das wechselnde Blühen und Welken der sozialwirthschaftlichen Entwickelung ist durch natürliche, der Beeinflussung durch Menschenwert nicht zugängliche Geseze bedingt. Der volkswirthschaftliche Werdegang gleicht dem Walten der in der organischen Welt Jedem sichtbaren Naturgefeße; herbstlicher Rückgang, winterliche Erstarrung wechseln in ewiger Folge mit sommerlicher Blüthenpracht und das Alles ist ... Konjunktur. Ohnmächtig steht der Mensch Dem gegenüber und vermessen ists, in den natürlichen Gang der Dinge durch künstliche" Gesetze einzugreifen. Gerade jeßt, in der Zeit des wirthschaftlichen Niederganges auf allen Gebieten und der tiefgehenden sozialen Gährung, bietet die Manchesterpresse dieses Sprüchlein als Trost uns an: „Es ist eben schlechte Konjunktur." Da scheint es Zeit, an die alte Wahrheit wieder zu erinnern: daß der jeweilige volks- und sozialwirthschaftliche Status fast ganz Produkt der Gesetzgebung der staatlichen Gewalten ist. Nicht die neuen Formen bilden im Wirthschaftleben zuerst sich aus und werden hinterher durch die staatliche Geset= gebung legalisirt, sondern es wird, oft als Ergebniß der Auffassung und des Einflusses nur einzelner Personen, eine neue Form gegossen und ihr gemäß entwickeln dann sich die neuen wirthschaftlichen Zustände, in denen die Betheiligten oft schwer genug sich zurechtfinden.

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Es wird genügen, an ein Beispiel nur zu erinnern: kann der tief einschneidende Einfluß der wirthschaftlichen Gesetzgebung des laufenden Jahrhunderts, mit Stein-Hardenberg am Beginn und Lasker-Bamberger zum Schluß, ge

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leugnet werden? Und will man sagen, daß diese Gesetzgebung nur vorhandene. Zustände anerkannte, daß sie nicht Formen für werdende Zustände schuf? Und gab es je einen in wenigen Jahren so intensiv wirkenden Eingriff in die ökono= mische Lage und in die ganze soziale Vermögensvertheilung, wie er in der ganzen Kulturwelt fühlbar! durch jenen einzigen deutschen Gesetzgebungakt der Währungänderung bewirkt worden ist? Ich meine also: gleichgiltig zunächst, ob die Gesezgebung eine positive sei, d. h. ob sie in die wirthschaftliche Entwickelung unmittelbar reglementirend eingreift, oder ob sie sich negativ verhält, d. h. nach dem manchesterlichen Grundsaß des Gehen- und Geschehenlassens neutral bleibt: immer ist der volks- und sozialwirthschaftliche Status das unmittelbare Resultat entweder guter oder schlechter positiver Gesetzgebung oder das Resultat gesetzgeberischer Neutralität, oder endlich das Ergebniß eines Mischmasches von Beidem.

Humanistischen Schwärmern mag man es billig nachsehen, daß sie in ihrer liebenswürdigen Auffassung der menschlichen Natur von den Neßen der manchesterlich-kapitalistischen Wirthschaftlehre sich einfangen ließen. Nüchterne Betrachter des menschlichen Wejens aber erkannten längst, daß die manchesterliche Neutralität, konsequent durchgeführt, mit der Etablirung des wirthschaftlichen Faustrechtes identisch ist und darum nur mit der absoluten wirthschaftlichen Knechtung der arbeitenden Menschheit durch die zuletzt übrig bleibenden wirthschaftlich Mächtigsten enden kann. Das bezeichnet dann zugleich den Untergang menschlicher Kultur überhaupt, wobei freilich unter Kultur nicht Gigerlhosen und Charleys Tante zu verstehen sind.

Die bis jezt am Weitesten gehende Forderung gesetzgeberisch-positiver Beeinflussung der volkswirthschaftlichen Entwickelung präsentirt der Sozialismus. Aber die nämliche Elendigkeit des menschlichen Wesens, die manchesterlich-wirthschaftliche Freiheit in Knechtschaft wandelt, würde in der Vergesellschaftung der Produktionmittel der Menschheit ein Faulbett herrichten, darinnen die individuelle Schaffenskraft mählich und sanft entschlummern würde.

Eine weit verbreitete Auffassung erblickt im Sozialismus die im vierten Stande wirksame Kontinuität der politischen Bewegung des dritten Standes. Ich halte Das für eine in mehr als einer Beziehung falsche Auffassung. Zunächst ist zu sagen: die politische Befreiung des Bürgerthumes umfaßte, wenigstens in Deutschland, gleichmäßig auch den vierten Stand. Eine Unterscheidung in rein politischer Hinsicht giebt es da nicht mehr und nichts bleibt dem vierten Stand noch zu erkämpfen, was die anderen etwa voraus hätten. Ferner: insoweit die vom dritten Stande getragene politische Bewegung mit wirthschaftlichen Gedanken verquickt war, ergab weder als Forderung noch als Resultat sich eine Stärkung, sondern es ergab sich die Schleifung der durch die Einrichtungen des Feudalstaates dem Bauern und Bürger errichteten wirthschaftlichen Festen. Endlich: es giebt volkswirthschaftlich überhaupt keinen „vierten“ Stand, so wenig, wie es einen dritten giebt. Es giebt volkswirthschaftlich nur zwei Stände: die produktiven Mehrer und die kapitalistischen Zehrer. Ich gehe im Folgenden also vom Sozialismus nicht als einer politischen, jondern als einer rein wirthschaftlichen Erscheinung aus und definire ihn als die logische Konsequenz seines extremsten Gegensages: des Manchesterthumes. Dieser

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wirthschaftliche Sozialismus zieht seine Nahrung aus der nur von Unverständigen noch bestrittenen Thatsache, daß heute in vielen Gewerben der bei potenzirter Arbeitleistung erreichbare Lohn nicht ausreicht, um ein schlichtes Maß menschlich berechtigten Lebensanspruches zu befriedigen, und daß, noch schlimmer, die vorhandene Arbeitgelegenheit nicht zulangt, um allen arbeitfähigen Menschen auch nur das bescheidenste Maß der Lebensnothdurft überhaupt zu sichern. Die Meisten aber, die diese Thatsachen erkennen, ziehen daraus den falschen Schluß: daran sei die Schlechtigkeit der Unternehmer schuld, die vom Schweiß der Arbeiter sich mästen"; und selbst wenn man noch nicht die letzten Konsequenzen der sozialistischen Lehre zieht, so kommt man auf Grund jener Annahme doch mindestens zu der Forderung: Maximalarbeitstag und Minimalarbeitlohn.

Man übersieht hierbei die Hauptsache. Durch eine falsche Organisation der Volkswirthschaft ist die Produktivität der weitaus größten Zahl aller Gewerbe heute und seit Jahren eine so schlechte, daß Lohnsteigerungen zum wirthschaftlichen Zusammenbruch der Unternehmungen führen müßten. Die ganz un= genügende Isolirung der national-wirthschaftlichen produktiven Arbeit von der Schleuderkonkurrenz des Auslandes und das in der nationalen Gewerbegesetzgebung proklamirte manchesterlich-kapitalistische Faustrechtssystem andererseits: Das sind die beiden Ursachen, deren Wirkung den deutschen Produktivständen die Fähigkeit geraubt hat, die auf ihr wirthschaftliches Gedeihen basirte Existenz der Lohnarbeiterschaft ausgiebig zu sichern, und die ferner bewirkt haben, daß die Lage der weitaus größten Zahl der Unternehmer, in Ansehung der Summe ihrer wirthschaftlichen Nöthe und Sorgen, heute eine schlimmere ist als die Lage ihrer Arbeiter. Was der Sozialismus heilen will: das wirthschaftliche Elend der Massen, ist somit nichts Anderes als ein Symptom des Kräfteschwundes der Produktivstände; aber noch nie war es erfolgreich, an Symptomen herumzudoktorn, statt dem Uebel an die Wurzel zu greifen.

Die erste Voraussetzung einer durchgreifenden sozialen Reform ist deshalb eine Volkswirthschaftreform, um die Produktivität der Gewerbe auf eine Stufe zu heben, die voll ausreichende Arbeitgelegenheit Jedem sichert und die auskömmliche Lohnbedingungen für diese Arbeitleistung ermöglicht.

Zeitungen und Bücher erzählen uns immer nur vom Industriearbeiter und seinen Nöthen, während vom Mittelstand und seinen ungezählten Seufzern ganz selten nur Etwas verlautet, und der sozial angehauchte Asphaltpolitiker gelangt so leicht zu der Meinung, daß die Menschheit wesentlich aus Lohnarbeitern bestehe, die zu je hundert oder tausend von einem ausbeutenden Unternehmer zusammengefaßt und ausgepreßt werden. So wird es ihm zur ausgemachten Sache, daß die Sozialreform es nur mit dem Lohnarbeiterstande und dessen Lage zu thun haben könne, und das wirthschaftliche Elend der selbständigen Bauern und Bürger bleibt ihm unbekannt.

Durch die nämliche Zeitungbrille schaut der Asphaltpolitiker auch die Agrarfrage an. Hier sieht er als Interessenten nur eine Handvoll Grundherren, deren Vorfahren einst das Land unter sich theilten und die als ebenbürtige Nachfahren nun mit Brotzöllen und Mitteln à la Kanig das Volk auspressen wollen. Ich bitte den Leser, einen Blick auf die angeschlossene graphische Darstellung der Berufsstände in Deutschland zu werfen.

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Auf den hier dargestellten volkswirthschaftlichen Thatsachen basirt unsere, im volkswirthschaftlichen Programm des Bundes der Landwirthe ausgedrückte Ueberzeugung: daß der schwere wirthschaftliche Kampf der Gegenwart nicht, wie der demokratische Sozialismus und dessen Abarten es wollen, zwischen den Lohnarbeitern und der Unternehmerschaft, sondern daß er zwischen der Gesammtheit der produktiven Mehrer und dem zwar kleinen, aber goldgepanzerten und darum mächtigen Häuflein der kapitalistischen Zehrer auszufechten ist.

Wir sehen zunächst, daß die Zweidrittelmehrheit der Bevölkerung aus selbständigen Unternehmern besteht, die — in rund neun Millionen selbständigen Betrieben *) das letzte Bevölkerungdrittel, die Arbeiterschaft, unterhalten. Wir erkennen hieraus klarer als aus langathmigen Abhandlungen die enorme Bedeutung einer auf Hebung und Festigung der wirthschaftlichen Lage dieses selbständigen Mittelstandes gerichteten volkswirthschaftlichen Reform. Nur dem mit dem Thatsachenmaterial nicht vertrauten Politiker können die Beine schlottern, wenn, was zuweilen ja noch geschicht, der Sozialismus mit dem Schritt der Arbeiterbataillone zu drohen liebt. So lange jedem Arbeiterbataillon noch ein Handwerker- und Bauernregiment entgegensteht, hats keine Gefahr, so lange sind die Staatsflinten entbehrlich. Erst wenn in fortschreitender manchesterlich-kapitalistischer Entwickelung auch der städtische und ländliche Mittelstand proletarisirt sein wird und das Rückgrat in Gewerbe und Landwirthschaft zeichnerisch eben so schmal schraffirt werden muß wie auf unserem Bilde das Rückgrat der Industrie: erst dann wird man die Flinten brauchen, aber dann wahrscheinlich vergebens.

Dies ist auch die Ueberzeugung der sozialistischen Führer, der Liebknecht 1880 schon in Paris Ausdruck gab in den Worten: „Das stärkste Bollwerk gegen die Ausbreitung der Sozialdemokratie ist bisher das zähe Festhalten des Bauern an seinem Eigenthum gewesen. Das war die Schranke, an welcher das Wachsthum der Sozialdemokratie schließlich hätte zum Stillstand kommen müssen. Das amerikanische Getreide beseitigt nun diese Schranke, es expropriirt den Bauern, es stößt ihn ins Proletariat hinab und wandelt ihn aus einem Vertheidiger zu einem Feind der gegenwärtigen Ordnung. Der Sozialismus sieht daher in der amerikanischen Konkurrenz eine der besten Bürgschaften seines baldigen Erfolges."

Die graphische Darstellung läßt klar erkennen, welches Gewerbe als das Fundament der deutschen Volkswirthschaft anzusehen ist; das Wort vom deutschen Industriestaat paßt schlecht zu diesem Bilde der Thatsachen.

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bis zu 100 Hektar Fläche 5251433 Sa. 5276344 landwirthschaftliche Betriebe

zusammen 8896 720 selbständige Betriebe

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