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Stämme in Afrika, Amerika und Polynesien, wenn diese den Namen Religion überhaupt verdienen. Wir kennen sie hauptsächlich aus den mehr oder weniger zuverlässigen Berichten von Reisenden und Missionaren. Sie wimmeln von verblüffenden Variationen und Widersprüchen, da sie dem Einfluß persönlicher Phantasien und örtlicher Eigenthümlichkeiten sehr stark ausgesezt sind, und eine im Mittelpunkt stehende, überragende Gewalt fehlt ihnen fast ganz. Nach den Begründern dieser ethnischen Formen des Glaubens und der religiösen Bräuche zu fragen und gar einen Koder Heiliger Schriften zu erwarten, der unter einer größeren Anzahl von Stämmen als höchste Instanz anerkannt wäre, würde nußlos sein. Allerdings finden sich trotzdem gewisse mehr oder weniger religiöse Bräuche manchmal unter verwandten namentlich sprachlich verwandten Stämmen, auch wenn sie weit verstreut und offenbar viele Generationen hindurch von einander getrennt sind. Das ist be sonders in Australien der Fall; aber es giebt keine Beweise dafür, daß es sich auf gemeinsame geschichtliche Neberlieferung oder das frühere Vorhandensein gemeinsamer Lieder und gemeinsamer Gesetze gründe.

Die zweite Art der nationalen Religionen ist zweifellos aus der ersten entstanden, aber sie lassen sich von ihr unterscheiden und sollten von ihr unterschieden werden, da sie das gemeinsame Eigenthum eines ganzen Volkes geworden sind, ja, da sie in vielen Fällen das stärkste Einigungband bilden, das die Glieder eines Volkes als solches zusammenhält. Diese nationalen Religionen besitzen oft, aber nicht immer, Heilige Bücher, wie die alte indische, persische, chinesische und jüdische Religion, aber nirgends kennen wir ihre wirklichen Begründer und noch weniger die Verfasser der Bücher, die sie heilig nennen und von denen sie sich leiten lassen. Niemand kann sagen, wer der Begründer der vedischen Religion gewesen ist, und obgleich den Verfassern zahlreicher vedischer Hymnnen Namen zugeschrieben werden, so sind diese doch entweder rein imaginär oder doch bloße Namen, die uns über ihre Träger keinerlei Auskunft geben. Die alte persische Religion wird Zarathustra zugeschrieben und ist manchmal unter die individuellen Religionen gezählt worden. Aber die gelehrte Kritik hat Zarathustra lange als rein mythischen Namen anerkannt und Alles, was ns die Ueberlieferung von ihm berichtet, gilt jetzt als von spätem Ursprung. In der avestischen Religion läßt sich sicherlich das Wirken eines individuellen Geistes und eines persönlichen Willens erkennen, der sich den Anschauungen und Bräuchen, die vor ihm und um ihn existirten, widersetzt, aber wir haben kein Recht mehr, Zoroaster den Urheber und noch weniger den Verfasser des Avesta zu nennen, nicht einmal von dessen ältesten Theilen, den sogenannten Gathas, die, wenn Darmesteter Recht hat, in ihrer heutigen Form nicht älter wären als das erste Jahrhundert unserer Zeitrechnung. In diesen Gathas ist Zarathustra bereits der Mittelpunkt eines Mythenkreises. Er

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gehört einer Familie, der Familie Spitama, an. Er ist der Gatte von
Huogvi, der Tochter Frashaoshtras, und der Schwiegervater Jâmâspas, der
der Gatte von Zoroasters eigener Tochter Pourusishta war. Alle diese Namen
setzen bereits einen Sagenkreis voraus, aber die Gathas geben uns feine
weiteren Einzelnheiten darüber. In der späteren Prosaliteratur des Avesta
wird die wunderbare Geburt Zoroasters ausführlich dargestellt. Wir erfahren.
da, daß ein Strahl der göttlichen Majestät sich in den Schoß Dughdos
niedersenkte und daß Zoroasters Frohar oder Genius in eine Homapflanze
eingeschlossen war. Diese Homapflanze wurde bei einem Opfer von Pauru-
shaspa verzehrt und der Verbindung von Paurushaspa und Dughdo ent-
sprang Zoroaster. Er hatte sich vielen Gefahren zu entziehen, bis er dreißig
Jahre alt war. Da begann er seine Unterhaltungen mit Ahura und erhielt
yon ihm seine Offenbarungen. Zehn Jahre lang hatte er nur einen einzigen
Jünger, Maidhyomâonha. Später bekehrte er zwei Söhne Hogvas, Jâmâsp
und Frashaoshtra, und zulegt wurde selbst König Vishtäspa durch seine
Gattin Hutaosa für Zarathustras Religion gewonnen. Eben so wird uns
berichtet, daß, als Zarathustra in der Schlacht gefallen war, seine Arbeit von
seinen drei Söhnen Ukhshyat-areta, Uthshyat-nema und Saoshyant fortgesett
worden sei, die alle Drei in wunderbarer Weise am Beginn der drei Millennien
(hasar) geboren waren, der leste Sohn, Saoshyant, bei der schließlichen Auf-
erstehung und dem Beginn der Herrschaft der ewigen Seeligkeit und des ewigen
Glückes, des wahren Millenniums. Was nach meiner Ueberzeugung das
Wirken eines individuellen Geistes in dem Ayesta beweist, ist nicht sowohl
die Veränderung der Devas in Teufel als der Uebergang von dem ursprüng-
lichen Glauben an einen höchsten Gott, Ahura, verbunden mit dem Glauben
an gewisse Naturgötter, gleich den Devas des Veda, zu dem Glauben an
zwei Mächte, die einander entgegengesetzt sind, Spenta Mainyu oder Ormusd und
Angra Mainyu oder Ahriman, und dem ausgearbeiteten System der Amshaspands.

Das Selbe gilt von der alten Nationalreligion Chinas. Hier haben wir die direkte und oft wiederholte Erklärung von Confucius selbst, daß er nicht der Begründer der chinesischen Religion oder der Lehren, die in den Heiligen Büchern Chinas enthalten sind, gewesen sei, sondern daß er nur ge= sammelt und wiederhergestellt habe, was seit undenklichen Zeiten vorhanden. gewesen sei. Da wir den selben Sachverhalt in Indien, Persien, China wiederfinden, so wird es uns weniger überraschen, wenn wir auch bei den Juden eine Nationalreligion ohne persönlichen Stifter finden und eine Heilige Urkunde, bei der die Theile, die sie bilden, nur in wenigen Fällen wohl= bekannten geschichtlichen Persönlichkeiten zuzuschreiben sind. Wir kommen da zu der Erkenntniß, daß Dies nicht nur natürlich, sondern geradezu unvermeidlich ist. Religiöser Glaube und religiöse Bräuche entstehen wie Mund

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arten, die sicherlich die Schöpfung von Menschen sind. Kein einzelnes Individuum könnte freilich eine Mundart erzeugen, und wenn es Das thäte, so würde doch das Zusammenwirken Bieler nothwendig sein, ehe sie eine wirkliche Sprache werden könnte. Genau so ists mit der Religion. Um nicht nur die Stimme Eines zu sein, der in der Wildniß ruft, muß eine Nationalreligion ihre verborgenen Saatförner in tausend, ja in millionen Menschenherzen haben, so daß sie einen natürlichen Wiederhall weckt und nicht als das Ergebniß eines Diktates oder einer Offenbarung, sondern als der echte Ausbruch spontaner Ueberzeugungen erscheint, - als die plögliche Geburt von Gedanken, die sich in den Herzen und Köpfen des Volkes im Großen lange aufgehäuft haben und daselbst langsam gereift sind.

Aber während wir in den Fällen, die wir bisher betrachtet haben, Nationalreligionen im Besize Heiliger Bücher sahen, obgleich sie ihren Ursprung offenbar aus viel älteren Quellen ableiteten, ja, in ihrem Anfang thatsächlich ganz unabhängig waren von den Büchern, die sie in ihren späteren Zeiten als maßgebend annahmen, so giebt es auch andere Fälle, in denen Nationalreligionen entstanden sind und Jahrhunderte hindurch geblüht haben, ohne Etwas, das wir Heilige Bücher nennen würden, zu besiten. Die griechische Religion war eine Nationalreligion und wir können sie bei Homer und Hesiod, vielleicht auch bei Pindar und in den Aussprüchen alter griechischer Weisen, studiren. Aber die homerischen Gedichte, die Theogonie, die olympischen Hymnen Pindars und die Sprüche des Heraklit würden wir niemals Heilige Bücher" nennen. Sie erwuchsen aus der griechischen Religion, die griechische Religion erwuchs nicht aus ihnen.

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Somit haben wir eine Thatsache festgestellt, nämlich, daß die alten Nationalreligionen gleich den ethnischen Religionen lange bestanden, che sie Heilige Bücher hatten. Wir haben uns nun den Fall der individuellen Religionen näher anzusehen, die sich rühmen, wirkliche geschichtliche Persönlichkeiten zu ihren Gründern zu haben, und die dazu neigen, die Heiligen Bücher, die sie besißen, als die einzige Quelle und das einzige Zeugniß für ihre religiösen Dogmen zu betrachten. Die wichtigsten individuellen Religionen sind der Buddhismus, das Christenthum und der Mohammedanismus. Wohl zu beachten. ist, daß sie alle drei nach ihren Gründern benannt sind und nicht einfach nach dem Lande oder dem Volke, dem sie angehörten. Bei diesen Religionen könnte es allerdings scheinen, als müßten sie hauptsächlich in ihren Heiligen Büchern studirt werden, in dem Tripitaka der Buddhisten, dem Neuen Testament der Christen und dem Korân der Mohammedaner. Und es ist auch nicht zu leugnen, daß eine Kenntniß dieser Bücher für eine wirklich wissenschaftliche Erforschung des Buddhismus, des Christenthumes und des Mohammedanismus wesentlich ist. Ich behaupte nur, daß wir, da diese Bücher nicht von

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den Gründern dieser Religionen geschrieben worden sind (der Fall des Korân
ist ein besonderer und muß für sich betrachtet werden), in ihnen nicht die
Entstehungbedingungen für diese neuen Religionen zu finden erwarten können,
und eben so wenig Angaben über die persönlichen Motive, die ihre Gründer
bewogen, eine neue Religion stiften zu wollen.

Ich habe eben bemerkt, der Fall des Korân sei ein besonderer, und eine genauere Betrachtung seines Ursprunges wird vielleicht dazu beitragen, auch auf den Ursprung und die allmähliche Entstehung anderer Heiliger Bücher Licht zu werfen. Der Korán ist sicher nicht von Mohammed geschrieben worden; aus einem sehr einfachen Grunde: weil nämlich Mohammed weder lesen noch schreiben konnte. Nach dem Tode des Propheten ist der Korân zusammengestellt worden. Trozdem haben wir keinen Grund, zu bezweifeln, daß viele begeisterte Aussprüche Mohammeds von seinen Freunden und Bewunderern genau im Gedächtniß bewahrt oder auch wirklich niedergeschrieben worden sind, wenn auch nur in fragmentarischer Form. Es giebt einen bemerkenswerthen Bericht in der berühmten Sammlung von Ueberlieferungen von Al Bukhari, etwa zweihundert Jahre nach der Hedschra. Er erzählt, wie Zaid ibn Sabit die Umstände berichtet habe, die zu der ersten Sammlung von Mohammeds Aussprüchen und zu der Niederschrift des Korân geführt hätten. Er, Zaid ibn Sabit, wurde zu Abu Bakr (dem nachmaligen ersten Chalifen) gerufen, zur Zeit der Schlacht mit den Leuten von Yamamah. Ich ging zu ihm", sagte er, und fand Omar (den späteren zweiten Chalifen) bei ihm, und Abu Bakr sagte zu mir: ,Omar kam zu mir und sagte: Wahrlich eine große Anzahl von Lesern des Korân sind an dem Tage der Schlacht mit den Leuten von Yamâmah erschlagen worden; und ich bin wirklich in Furcht, wenn das Gemeßel groß sein sollte, möchte viel von dem Korân verloren gehen, weil jeder Einzelne sich auf Etwas daraus besinnt; und wahrlich, ich halte es für rathsam, daß Du den Korân in ein Buch zusammentragen läßt."" Hieraus sehen wir, daß selbst diese frühen Bruchstücke von Mohammeds Aussprüchen, die im Gedächtniß seiner Anhänger lebten, der Korân hießen. Dann“, fährt Zaid ibn Sabit fort, sagte Abu Bakr zu Omar: Wie kann ich Etwas thun, was der Prophet selbst nicht gethan hat?" Wir sehen also, daß der Prophet seine Reden oder den Korân nicht gesammelt hatte.

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Aber Omar sagte: Ich schwöre bei Gott, dieses Sammeln des Koran ist etwas Gutes. Und Omar kam beharrlich immer wieder zu mir zurück und sagte: ‚Du mußt den Korân sammeln', bis endlich Gott mir die Brust öffnete, Das zu thun, und ich sah, was Omar gerathen hatte. Dann sagte Abu Bakr zu mir: Zaid ibn Sabit, Du bist ein junger und verständigerMann und ich habe Dich nicht im Verdacht der Gedächtnißschwäche, Nachlässigkeit oder Treulosigkeit; und wahrlich, Du schriebst für den Propheten

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gewöhnlich seine Weisungen von oben nieder; suche also den Korân überall und fammle ihn."" Dann suchte ich den Korân," sagt Zaid ibn Sabit, und sammelte ihn von den Dattelblättern, von weißen Steinen und aus der Brust der Leute, die sich darauf besannen, bis ich den letzten Theil des Kapitels mit dem Titel,Reue' fand. . . . Diese (von Zaid ibn Sabit gesammelten) Blätter blieben in dem Besitz Abu Bakrs, bis Gott ihn sterben ließ. Danach hatte sie Omar sein Leben lang; dann blieben sie bei seiner Tochter Haffah; danach ließ sie Othman (der dritte Chalif) zu einem Buche zusammenfügen". Ich habe diese Stelle ganz angeführt, weil sie lehrreich ist, wenn auch nur als Parallele. Wir sehen daraus, daß viele Leute gewisse Theile von Mohammeds Reden auswendig konnten, wahrscheinlich sogar in Form von Sûrahs, Kapiteln, und daß, als sie fielen, große Besorgniß vorhanden war, die Lehren des Propheten möchten ganz und gar verloren gehen. Wir sehen auch, wie ein Mann, in unserem Falle Omar, der zweite Chalif, der Abu Bakr 634 folgte und 644 ermordet wurde, einem Anderen, Abu Bakr (dem ersten Chalifen), dem Schwiegervater des Propheten, den Gedanken eingab, es müsse versucht werden, die Bruchstücke zu sammeln, die vordem auswendig gelernt und von bestimmten Leuten vorgetragen worden waren. Diese erste Sammlung wurde auf Blätter niedergeschrieben von Zaid ibn Sabit, der Mohammed gekannt hatte, und die von ihm beschriebenen Blätter gingen durch die Hände Abu Bakrs, Omars und Hafsahs, dessen Tochter, ehe Othmân, der dritte Chalif (23 bis 35 nach der Hedschra) sie Zaid ibn Sâbit zurückgab und von ihm und einigen Genossen den Text in der foranischen Mundart feststellen ließ. Zu dieser Zeit waren die Leute entsetzt über die verschiedenen Lesarten des Korân. Es hieß, daß sie in dem Buche Gottes sie eben so von einander abwichen, wie die Juden und Christen in den ihren". Um diesen Skandal zu verhüten, soll Othman Exemplare der neuen Fassung in jedes Land, wo der Islam herrschte, gefandt und alle anderen Manuskripte verbrannt haben, so daß sein Text seitdem stets der maßgebende und unveränderte Tert des Korân geblieben ist.

Aus Alledem ergiebt sich, daß, im Vergleich mit anderen Heiligen Büchern, der Korán unter sehr günstigen Umständen zusammengestellt worden. ist. Obgleich es kein Zeugniß dafür giebt, daß Mohammed selbst je Etwas geschrieben habe, so ist doch Das, was man von seinen Aussprüchen noch im Gedächtniß hatte und gelegentlich vortrug und was vorher niedergeschrieben. worden war, von einem Manne gesammelt worden, der Mohammed gekannt und ihm als eine Art Sekretär gedient hatte und von dem wir hören, er sei weder gedächtnißschwach noch nachlässig oder treulos gewesen. Was er zuerst niederschrieb, ist in der Familie des Propheten sorgsam aufbewahrt und dann von dem selben Mann endgiltig festgelegt worden, unter dem

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