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Und wenn wir diesem ersten Moment das zweite hinzufügen, daß jede Revolution ihren Zuzug findet aus den bereits gescheiterten, verlorenen und verkommenen Existenzen, die, sobald die Ordnung sich zeitweise auflöst, aus ihren Schlupfwinkeln hervorkriechen, von den Landstraßen, auf denen sie umhervagabundiren, in die Städte hereinströmen, ohne politisches Prinzip, nur allein. beutelustig; wenn wir sagen, daß die Zahl dieser Existenzen immer größer wird, daß die von uns verlangte erziehliche Einwirkung auf die arbeitende Jugend sie zwar vermindern, daß das Meer des Lebens aber troßdem immer wieder neue Massen an den Strand werfen wird, daß diese Massen als Hilfstruppe der Sozialdemokratie eine eben solche Gefahr darstellen wie die von Gambetta aufgebotenen Franctireurs und Mobilgarden im Rücken der Armee von Paris, wenn wir wünschen, daß die öffentlichen Gewalten mehr bedacht sein sollen als bisher, die Bestrebungen, die diesen Schiffbrüchigen Rettung darbieten. wollen, zu unterstützen ist es Freundschaft zur Sozialdemokratie, die uns diesen Wunsch diftirt?

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Gewiß, es giebt Soziale", die in unseren Tagen bedenklich mit dem Feuer spielen. Dagegen foll und muß man ankämpfen. Wenn man aber deshalb, weil Einzelne falsch vorgehen, Jeden ohne Unterschied, der sozial arbeitet, mit dem Bann belegt, die Repression zum alleinseligmachenden Dogma erhebt, sich allen ihr entgegenstehenden Gründen verschließt und Diejenigen, welche diese Gründe vorbringen, für Freunde der Sozialdemokratie und des Umsturzes erklärt, dann verwirrt man in allergefährlichster Weise die Begriffe.

Mit Strafparagraphen, Polizei, Staatsanwalt und Gericht allein bereitet man der Sozialdemokratie nicht das Ende; dazu gehört die Mitwirkung Aller; die Zahl der in unserem Sinne sozial" Gesinnten ist eine ungemein große und wächst progressiv von Tag zu Tag. Man will dem Rufe unseres Kaisers zur Aktion gern folgen, aber man erwartet nicht nur nicht das Heil, sondern man sieht eine schwere Gefahr in der nakten und dürren Repression. Man erwartet und fordert von der Regirung und vom Reichstage nicht sozial-ökonomische, aber sozial-politische Thaten im richtigen Sinne und will, sobald der Beginn mit solchen Thaten gemacht wird, gern mit Hand anlegen. Schließt denn übrigens der repressive Weg den sozialpolitischen aus? Kann man denn, wenn man den einen absolut festhalten will, nicht dennoch gleichzeitig den zweiten beschreiten und die Probe machen, auf welchen man die größten Erfolge erzielt? Haben wir nicht Straßburg beschossen und Mez cernirt, Paris belagert und im Norden und Süden die Ersayarmeen zerstreut? Ist es deshalb nicht doppelt unrichtig, Diejenigen welche die zweite Kampfesart vorschlagen, zu ächten?

Potsdam.

C. von Masso w.

Soziale Wirkungen der Auslese.

Hochgeehrter Herr Harden,

Stuttgart, Neujahr 1896.

Ihrer Aufforderung, Ihnen einen bisher nicht veröffentlichten Abschnitt aus der zweiten Auflage meines Werkes „Bau und Leben des sozialen Körpers" zu überlassen und damit meine soziologische Formulirung der Entwickelunglehre anderen selektionistischen Standpunkten gegenüber für den großen Leserkreis der „Zukunft“ zu bezeichnen, komme ich gern nach. Der erste Band des Werkes, der die generelle Soziologie behandelt, wird zu Anfang, der zweite, der die Behandlung der speziellen Soziologie bringt, wird im Mai des Jahres bei Laupp in Tübingen

1896

erscheinen.
Mit herzlichem Gruß

Ihr

Albert Schaeffle.

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as Ergebniß der Gesellschaftentwickelung besteht in Kultur und Civilisation, in der Bedeckung der bewohnbaren Erde mit steigender Ge= fittung. Es gilt, die drei Begriffe Kultur, Civilisation und Gesittung, die relativ junger Entstehung sind und im Sprachgebrauch nicht feststehen, erst zu voller Klarheit zu erheben.

Der weiteste Begriff ist für uns die Gesittung, d. h. gesittete Volks= gemeinschaft menschlichen Daseins und Wirkens. Alles, was der soziale Mensch Vernunft segend", "sittlich", im Sinn von Sittigung (Veredelung) und bewußtem Schaffen unter steigender Beseitigung der rohen Führung des entwickelnden Daseinskampfes, hervorbringt, bildet den Inhalt der Gesittung. Die Gesittung zeigt diesem ihrem Begriff nach zwei Seiten, die, obwohl sie zusammengehören und einander bedingen, dennoch auseinandergehalten werden können und auseinandergehalten werden müssen. Es sind die zwei Seiten, deren eine Kultur und deren andere Civilisation zu nennen dem noch schwankenden Sprachgebrauch nicht widersprechen dürfte. Unter Kultur wird der fach= liche Gehalt aller Gesittung, unter Civilisation eine bestimmte Art der Gewinnung und Bewahrung dieses Inhaltes, die Gewinnung und Bewahrung in den edleren Formen des Daseinskampfes, zu verstehen sein, wenn man überhaupt das übliche Durcheinander beider Begriffe vermeiden will.

Auf die Völkerindividualitäten angewendet, würde diese Auffassung die Unterschiede: Naturvölker und Kulturvölker, Barbaren und Civilisirte ergeben, wobei wieder Stufen der Kultur (Anfangskultur, Halbkultur, höhere Kultur, Vollkultur oder Dergl.) für jedes der Elemente des Gesellschaftkörpers,

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nämlich Bevölkerung und Volksvermögen, sowie für jeden der zehn Kulturbereiche erst festzustellen wären und die Angehörigen aller tieferen Grade als Barbaren bezeichnet werden könnten, wie die Perfer von den Griechen einst benannt worden sind.

Bei jedem noch nicht zur vollen Entwickelung gelangten Volke wären die verschiedenen Kulturstufen und Civilisationgrade nicht blos als auf cinander folgend, sondern auch als theilweise neben einander fortbestehend nachzuweisen; denn in der Kultur leben Reste des Anfangs- oder Naturzustandes der Gesttung fort und die jetzige Civilisation ist zwar nicht ganz die ge= schminkte Barbarei, sie läßt aber, wie wir an allen vier Grundformen der Führung des sozialen Daseinskampfes in diesem Buche früher bereits gesehen haben, bis jezt leidige große Reste nicht blos geschminkter, sondern ganz ungeschminkter Barbarei unzweideutig erkennen.

Die Kultur hat morphologisch und funktionell (nach Bau und nach Leben) so vielerlei Juhalte, wie es Organe und Verrichtungen des Gesellschaftkörpers giebt. Wir haben deren zehnerlei unterschieden: vier außenweltliche (materielle), fünf innenweltliche (ideelle), und als Einheitorgan und Einheitfunktion der übrigen ein zehntes Gebiet, den Staat, erkannt. Für uns ist hiernach als die nächstliegende, wenn auch nicht als die allein mög= liche Klassifikation der Kulturinhalte die folgende gegeben:

1. Bau-, Wege- und Transportwesen, 2. Schuß- und Sicherheit= wesen, 3. Volkswirthschaft, 4. Technik, 5. die Geselligkeit, 6. die Wissenschaft sammt Bildung- und Erziehungwesen, 7. schöne Kunst und Literatur, 8. Recht und Moral, 9. Religion und Kirche, endlich 10. der Staat, alle diese Kulturgebiete in sowohl internationaler als nationaler Entfaltung. Mit dem Steigen und Fallen der Kultur in allen diesen Einzelnbereichen veredelten sich auch die Elemente der Gesellschaft, nämlich die Individuen. und die Güter, die Bevölkerung und das Volksvermögen, sowie die physiologisch mitbestimmten Elementargemeinschaften, d. h. die Familien.

Die Soziologie hätte, so weit sie Entwickelunglehre ist, für alle Kulturbereiche die Entwickelungstufe nachzuweisen. Und diese große wissenschaftliche Aufgabe, die für alle Gebiete angefangen (für die Technik in der Klassifikation: Steinzeit, Eisenzeit 2c.), aber nicht vollendet und noch weniger schon zur Einheit der Lösung zusammengefaßt ist, wäre von der Soziologie in ihrem besonderen Theil, der speziellen Soziologie, zu bewältigen und sie wird es einst werden. Bis jetzt ist Dies nicht möglich; doch läßt sich wenigstens das allgemeine Formgesetz für die Entwickelungstufen aller Kulturbereiche jetzt schon gewinnen.

Aus allem Bisherigen ergab sich als allgemeines Formgesetz der sozialen wie der organischen Entwickelung die Dreieinheit: erstens fortgesetzte Mehrung der Theile (Häufung, Vergrößerung), zweitens steigende Sondergestaltung

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oder Gliederung (Arbeitstheilung, Polymorphie), drittens wachsende Einheit und Verbundenheit der vermehrten und sondergestaltlichen Theile, bezw. Funktionen (Arbeitvereinigung). Man kann dieses Gesch auch das Gesetz steigender Intensität der Entwickelung aller Theile und aller Funktionen des Gesellschaftkörpers nennen. Für die Volkswirthschaft ist es längst und eingehend nachgewiesen worden; es gilt aber ganz allgemein für alle Bereiche der Volks- und Völkergesittung und ist lediglich der Formausdruck des an anderer Stelle des Buches nachgewiesenen allgemeinen Entwickelunggesetes, dessen Lehnsat in einer bestimmten Richtung. Noch erübrigt es aber, die Thatsache der allgemeinen Geltung dieses Formgesetzes, wenn auch nur aphoristisch, festzustellen.

Dieses Formgesetz erweist sich schon an der Entwickelung der sozialen Umwelt oder des Landes. In jedem Bereiche des vielgestaltigen Kulturlebens wachsen die Kreise der Ausbreitung, es findet eine Landeszunahme für jeden Bereich der Gesittung statt. Mit der Höhe steigt die Territorialweite jedes Gliedtheiles der Gesammtkultur: das Niederlassung und das Transportwesen, das Schuß- und das Sicherheitwesen, die volkswirthschaft= liche Arbeitstheilung und Arbeitvereinigung, das ganze Bildungwesen, die Religiongemeinschaft, zuhöchst der Staat mit seinem Gebietswachsthum erfahren als zusammenhängende Ganze eine örtliche Häufung neben einander liegender oder zerstreuter Bestandtheile, ein geographisch-territoriales Wachsthum. Aber jeder Landestheil gewinnt für jegliche der außen- wie der innenweltlichen Grundinstitutionen mehr und mehr auch an Eigenartigkeit und damit der Gesammtbestand an Gliederung und an Einheit. An der wachsenden Gebietsgliederung und Gebietseinheit des Landes als Staatsterritorium tritt Das entwickelunggeschichtlich mit besonderer Deutlichkeit hervor; den fünf bisher erreichten Verfassung- oder fünf Entwickelungstufen des Staates laufen fünf Gebietsweiten oder Ausbreitungkreise des Staatslebens parallel.

Das genannte Formgesetz beherrscht ferner die Entwickelung der zwei Elementarbestandtheile des Gesellschaftkörpers, nämlich die Entwickelung der Bevölkerung und des Volksvermögens. Beide erfahren eine fortgesetzte Häufung von Bestandtheilen, eine Seelen- und Gütermehrung, Beide erfahren aber auch eine steigende Sonderanpassung der einzelnen Individuen und Vermögensstücke für besondere Funktionen, Beide einen steigenden Zusammenschluß der besonderen Bestandtheile zu einem geisteinheitlichen Ganzen von Individuen und Vermögen, in welchem „Alles Eines, Eines Alles hält".

Für die Familie haben wir die Geltung des selben Formgesches bewährt gefunden. Die Zahl der Familien nimmt zu, die einzelne Familie. wird immer mehr für ihre Stellung im Gesammtvolk differenzirt, die eigenste Funktion jeder Familie aus der Vermischung mit außerfamilienhaften Funk

tionen losgelöst, die Mannichfaltigkeit aller eigenartigen Familienaufgaben auch zu immer lebensvollerer Einheit verbunden, die Verknüpfung der verwandten Familien ein differenzirter Verwandtschaftstamm.

Das Selbe ist wahrzunehmen bei den sozialen Grundverwebungen, und zwar sowohl bei den Massenzusammenhängen als bei den funktionell differenzirten Grundveranstaltungen. Alle zehn Arten von Massenzusammenhängen, wie die fünferlei den ganzen Gesellschaftkörper durchziehenden spezifischen Gewebe der Niederlassung, des Schußes, des Haushaltes, der Technik und der Veranstaltung des Geisteslebens werden immer ausgedehnter, immer gegliederter, immer einheitlicher ineinandergreifend; von zuerst nur lokalem und stammlichem Charakter aus erheben sie sich zulezt zu nationalen und internationalen reich gegliederten Systemen.

Das selbe Formgesetz der Entwickelung beherrscht aber auch die Organsysteme alle zusammen und jedes einzelne. Alle treten mehr und mehr auseinander, jedes gestaltet sich eigenthümlich, alle aber pflegen steigende Genteinschaft durch Verkehr und Verschmelzung und sie treten im Staate zu einer immer ge= waltigeren Gesammteinheit des Wollens und Handelns zusammen. Alle erhalten nicht blos geographisch immer mehr Ausdehnung, Gliederung und Zusammenhang, alle nicht nur die Volkswirthschaft werden auch in der Verwendung der Elementarbestandtheile immer reicher an Arbeitkräften und Vermögensbeständen, alle vergrößern, sondern und vereinheitlichen immer mehr ihre geweblichen Grundveranstaltungen. Das gemeinsame Willens- und Machteinheit-Organ sämmtlicher Organsysteme oder des sozialen Gesammtkörpers

der Staat zeigt selbst in seiner Erscheinung für sich stets mehr Ausdehnung, Gliederung, Einheit des Gebietes, immer größere, mannichfaltiger und einheitlicher verknüpfte öffentliche Arbeit- und Vermögenskörper, immer reichere, vielseitigere und centralisirtere Bestände von Grundanstalten und einfachen Organen (Aemtern).

Legt man den Begriff der Civilisation so fest, wie es geschehen ist, so würde sich wohl die folgende Stufung der bisherigen Entwickelung der Civilisation, welche die Barbarei noch nie und nirgends ganz abgeworfen hat, ergeben: 1. Stufe der vorwiegend auf Krieg und ausweichender Anpassung der Völker beruhenden Entwickelung: Barbarei bis zum Abschluß der Wanderungen der Völkerschaftzeit;

2. Stufe der vorwiegend auf unfreie wechselseitige Anpassung angelegten Entwickelung: Kasten-, Stände, Feudalzeit;

3. theilweise anhebender (städtischer) Beginn der auf freie wechselseitige Anpassung angelegten Entwickelung, noch vorwiegend in den Formen des Privatrechtes: beginnende Vertragszeit;

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