ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Babylonische Kudurru-Inschriften.

Von

Carl Wilhelm Belser.

L

Unter Kudurru*- Inschriften verstehen wir jene babylonischen Urkunden, welche in zum Theil nicht sehr regelmässig zugehauene Steinblöcke eingegraben sind und dazu dienen, die Grenzen eines Grundstücks genau anzugeben sowie das Besitzrecht des betreffenden Inhabers, mag dieses nun auf Kauf oder Erbschaft oder Schenkung (Dotation, Mitgift) oder worauf sonst beruhen, in streng juristischer Weise und für alle Zeiten unabänderlich festzustellen. Charakteristisch sind ihnen die oft langathmigen Verwünschungen und Flüche, mit welchen derjenige bedroht wird, der es wagen sollte, das Besitzrecht anzufechten oder an Land und Grenzstein seine Bosheit in verbrecherischer Weise auszulassen. Ob die auf jedem KudurruStein sich findenden, in Relief gemeisselten Figuren in Zusammenhang mit den angerufenen Gottheiten stehen, ist fraglich, ja meines Erachtens höchst unwahrscheinlich. PINCHES ist geneigt, Zeichen des Thierkreises und Götterembleme in ihnen zu sehen***. Da sich aber einerseits eine Übereinstimmung der Zahl der Götter mit der der Figuren nicht erweisen lässt und andrerseits die nämlichen Figuren auch da sich finden, wo keine Götter angerufen werden, so ist es geraten, OPPERT (Documents Juridiques p. 87) beizustimmen, wenn er sagt: „Il serait encore téméraire de prétendre en expliquer les symboles".

Dass sich in den Kudurru-Inschriften da und dort etwas von historischem Interesse findet, berechtigt noch nicht, sie der histo

* Über das Wort kudurru (kudûru), ideographisch als „Aufgestelltes" bezeichnet und wohl am besten durch ,,Grenzstein" wiederzugeben, handelt ausführlich FLEMMING, Die grosse Steinplatteninschrift Nebukadnezar's II, S. 22 f.

** So BEZOLD, Literatur, S. 59.

*** Guide to the Nimroud Central Saloon, pp. 40-60, woselbst auch eine sehr ausführliche Beschreibung des Äusseren der Londoner Grenzsteine sich findet Vgl. auch OPPERT-MÉNANT, Documents Juridiques p. 85 f.

rischen Klasse der keilschriftlichen Litteraturdenkmäler zuzuweisen. Dass z. B. durch die Inschrift des Grenzsteines Nr. 106 das Jahr 1115 v. Chr. als das Jahr der Thronbesteigung des babylonischen Königs Marduk-nâdin-ahê festgestellt wird, ist gewiss ein geschichtlich sehr wichtiges Faktum, aber mit dem eigentlichen Zwecke des Grenzsteins hat es nichts zu schaffen. Und obwohl die Kudurru-Inschriften auf der andern Seite auch mit den Landverkaufskontrakten manches, ja vieles gemein haben, so weisen sie doch allerlei Eigentümlichkeiten auf, welche sie, wie ich glaube, zu einer besonderen, specielles Studium und specielle Behandlung beanspruchenden Litteraturklasse zusammenschliessen*.

Veröffentlicht wurden bisher von solchen Grenzsteinen: 1. der Pariser Michauxstein (IR 70); 2. der Londoner Grenzstein Nr. 105 (III R 41. 42); 3. der Londoner Grenzstein Nr. 106 (III R 43-45); 4. der Londoner Grenzstein Nr. 99 (IV R 41–43); 5. der Londoner Stein Nr. 100 (V R 55-59); 6. der Berliner Sargonsstein (auf Lichtdrucktafeln zu PEISER'S Keilschriftliche Acten-Stücke, Berlin 1889; in Umschrift ebenda SS. 6 ff.). Die beiden letztgenannten bilden wieder zwei Unterarten** der in Rede stehenden Litteraturklasse. Der IR 66 veröffentlichte schwarze Stein, gefunden in Za'aleh, 12 engl. Meilen nordwestlich von Babylon" gehört ebenfalls hierher, ist aber nur sehr bruchstückweise erhalten.

Noch unveröffentlicht waren bislang der prachtvolle Grenzstein Marduk-bal-iddina's II. im Kgl. Museum zu Berlin sowie die drei Steine Nrr. 101, 102 und 103 im Nimroud Central Saloon des Britischen Museums. Die letzteren, welche sehr verwittert und abgerieben sind, sodass die Entzifferung der Zeichen nur mit grosser Mühe, oft auch gar nicht gelingt, kopirte ich (ebenso wie etliche andere im Brit. Museum bewahrte) während meines Londoner Aufenthalts (1888), und zwar lediglich, um das ganze in Frage kommende Material zu beherrschen. Da sie indessen, wie ich später erkannte, für das vergleichende Studium der Kudurru-Texte von nicht geringer Wichtigkeit sind, entschloss ich mich, meine Kopien der vorliegenden Arbeit anhangsweise beizugeben. Den Berliner MerodachbaladanStein, von welchem ich selbst mir eine Abschrift genommen, wird Prof. FRIEDRICH DELITZSCH in ebendiesem Hefte der Beiträge" in Umschrift veröffentlichen, übersetzen und kurz kommentiren.

Während die Londoner Grenzsteine den neueren Forschungsreisen zu verdanken sind, zum Teil sogar erst den RASSAM'schen

* Anders urtheilt BEZOLD, Literatur, SS. 58. 59. 159.

** Der Sargonsstein ist nur eine Besitzurkunde ohne den speciellen Charakter eines ..Grenzsteins". Auch ist ihm das Wort kudurru fremd.

[ocr errors]

Sammlungen angehören, war der Michauxstein bereits im Jahre 1800 nach Paris gebracht worden und hatte dort sofort nach verschiedenen Seiten lebhaftes Interesse erweckt. MILLIN veröffentlichte ihn zum ersten Male im Jahre 1802 im I. Bande seiner Monuments antiques inédits ou nouvellement expliqués. Noch im nämlichen Jahre erschien eine deutsche Übersetzung von Dr. LICHTENSTEIN, Professor in Helmstädt, im Braunschweigischen Magazin, worauf 1803 von ebendiesem Theologen eine eingehendere Untersuchung der Inschrift und Deutung der Figuren im Tentamen Palaegraphiae Assirico Persicae folgte. Zur Charakterisirung dieser Arbeit wird es genügen hervorzuheben, dass LICHTENSTEIN die Inschrift (,,charactere cuneato et vulgari typis excribi") für aramäisch hielt und von rechts nach links las. Und doch" sagt MÜNTER - las der scharfsinnige und talentvolle Mann ,,überall einen Sinn heraus". LICHTENSTEIN selbst sagt S. 111 über den Inhalt: „continet quantum .... intelligere valeo naeniam quasi quamdam ab Archomago ...... praelegendam vel recitandam". Das Ganze wurde von ihm in ein anmutiges lateinisches Gedicht übertragen. MÜNTER, der schon 1802 von MILLIN einen Abguss des Steines erhalten hatte, begnügte sich mit einem Versuch, die Figuren der Oberfläche des Steines zu deuten (Religion der Babylonier, SS. 102-134 und Tab. III). Das wahre Verständniss der Inschrift wurde erst von JULES OPPERT angebahnt durch seine im Jahre 1856 im Bulletin Archéologique d'Athenaeum français und in den Annales de philosophe chrétienne erschienene Übersetzung. Eine weitere, zwar ganz wertlose aber selbständige, Übersetzung nebst Umschrift und Kommentar gab FOX TALBOT im JRAS 1861, p. 52 ff., wo auch OPPERT's Übersetzung mit abgedruckt ist.

Von den andern Kudurru-Inschriften übersetzte 1875 GEORGE SMITH (Assyrian Discoveries, p. 237 ff.) zum ersten Mal den Stein Merodachbaladans I., IV R 41, und seine Übersetzung wurde von RODWELL (RP IX, 31 ff.) im Wesentlichen beibehalten. Zwei Jahre später erschien das gemeinsame Werk OPPERT's und MÉNANT's, Documents Juridiques de l'Assyrie et de la Chaldée (von mir abgekürzt DJ), welches sich im ersten Abschnitt des zweiten Teils besonders. mit 1 R 70, III R 41-45 und IV R 41 beschäftigt. JULES OPPERT, der doch wohl als Verfasser dieses Abschnittes gelten darf, liess dann auch in RP IX (1878) eine englische Übersetzung, „revised in some essential points", abdrucken*. Fünf Jahre später veröffentlichte HERMANN HILPRECHT erstmalig den sog. „Freibrief Nebukadnezars" (jetzt VR 55 f.) mit Umschrift und Übersetzung (der versprochene

* Eine abermalige Übersetzung des Michauxsteines erschien vor kurzem von Dr. ALFRED BOISSIER in dessen Schrift: Recherches sur quelques contrats babyloniens. Paris, Ernest Leroux, 1890, pp. 21-36.

Beiträge zur semit. Sprachwissenchaft. II.

8

Kommentar lässt leider noch immer auf sich warten). Der Berliner Sargonsstein endlich wurde ganz neuerdings von PEISER in dessen Schrift Keilschriftliche Acten-Stücke S. 6 ff. umschrieben, übersetzt und erklärt. Überdies geben die Wörterbücher von NORRIS* und obenan von FRIEDRICH DELITZSCH reichlich Zeugniss von dem gründlichen Studium, welches diese Steine auch sonst schon gefunden. Wenden wir uns nun speciell zu den Kudurru-Inschriften III R 41-45, die, wie bemerkt, bislang nur von OPPERT in DJ und RP behandelt worden sind, so ist die Textausgabe in III R 41-45 keineswegs immer eine getreue Wiedergabe des Originals. Auf den ersten 4 Seiten der autographirten Beilage war ich bestrebt die hauptsächlichsten Fehler und Ungenauigkeiten zu verbessern. Insonderheit verdient Hervorhebung, dass, von zwei oder drei Ausnahmen abgesehen, ein Zeichen stets nur Eine Form hat, und dass die Originale durchaus keinen Anhalt für die mannigfachen Zeichenvarianten, wie sie in III R 41-45 erscheinen, darbieten. Vgl. z. B. die drei verschiedenen Formen des Zeichens er (alu) III R 43 Col. I 2. 16 und 27: nur Z. 27 bietet das Richtige. Das Zeichen bi ist sowohl Col. I 10 als II I als IV 6 bis falsch wiedergegeben: es fällt durchaus nicht, wie es wiederholt nach III R den Anschein hat, mit hi (IV 15) zusammen, und noch viel weniger durfte mit letzterem hi das Zeichen für ud, tam I 33 verwechselt werden. Etliche meiner Berichtigungen mögen kleinlich und unnötig erscheinen, doch dürfte ein Blick auf die Umschrift in DJ mein Verfahren rechtfertigen; vgl. z. B. III R 41 Col. I 22 und II 27. Die Umschrift der babylonischen Charaktere in die assyrische Form (III R 42 und 44) entbehrt höheren wissenschaftlichen Wertes und ist für Anfänger oft geradezu irreleitend.

Die meisten Schwierigkeiten, welche diese Inschriften bislang verursachten, fallen durch die Berichtigung des Textes weg. Wenn OPPERT das Original überhaupt selbst geprüft hat, so ist es unbegreiflich, dass ihm so wichtige Korrekturen wie z. B. von III R 43 Col. III 21. 29 entgehen konnten. Meine Erklärung der Texte weicht. vielfach, ja eigentlich durchgängig von jener OPPERT's in DJ und RP ab. Ebendesshalb schien es nothwendig, im Kommentar wenigstens dann und wann auch die Deutungen OPPERT's mit anzuführen. Dies durchweg zu thun erlaubte der Raum nicht. Zudem dürften die betr. Citate ausreichend zeigen, dass eine Neubearbeitung dieser Texte dringend geboten war.

Meine Umschriftsweise schliesst sich eng an diejenige FRIEDRICH DELITZSCH's an (vgl. diese Zeitschrift Bd. I, S. 186, auch 613). Zur raschen Orientirung diene die folgende Übersicht:

* NORRIS citirt IR 70, III R 41, III R 43 als I Mich., II Mich., III Mich.

[ocr errors]
[merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small]

Für die Umschriftsweisen wie šar, il s. Bd. I, a. a. O. - Die Namen der Himmelsgegenden (šûtu, iltânu, šadû, aharrû) sind mit den bekannten Ideogrammen IM. ER. LU, IM. SI. DI, IM. KUR. RA, MAR. TU geschrieben.

IM.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »