wurde. Verbalnomina participialen Wesens konnten auch durch ein nachgestelltes Hülfsverb Sein flectirt werden, aus welchem letzteren ebenso wie aus dem Verbum dicendi schliesslich Flexionsendungen hervorgingen. Im Präsens des Bischari scheinen beiderlei Arten zusammengeflossen: das im Singular (1. p. tam-ani, 2. p. tam-tenia, f. tam-teni, 3. p. tam-ini, f. tam-teni) jetzt als Flexionsendung geltende Element halte ich für identisch mit dem Imperfect des alten Hülfsverb N (1. p. ani, 2. p. tani, 3. p. yani, tani); der Plural dagegen, I. p. tam-nei, 2. p. tam-tën, 3. p. tam-en dürfte das gewöhnliche Hülfsverb Sagen enthalten. Auf diesem Wege nun ist das ursprünglich nur nach Art des semitischen Imperfects mittelst Präformativa flectirende Verbum des Kuschitischen zu einer Flexionsweise übergegangen, welche äusserlich ganz der des semitischen Perfects gleicht, und welche man bisher auch dem Wesen und Ursprunge nach mit letzterem zusammenzustellen pflegte. Bei Erklärung der semitischen Perfectendungen braucht man nicht mehr auf anscheinend übereinstimmende kuschitische Bildungen Rücksicht zu nehmen (NÖLDEKE, ZDMG XXXVIII 421 f.). Das Kuschitische spricht durchaus für die Priorität, für den vorsemitischen Ursprung der Präformativconjugation, d. i. des semitischen Imperfectums; das Kuschitische spricht dafür, dass das Perfectum eine interne semitische Bildung ist, wie das anscheinende Perfectum des Kuschitischen eine interne kuschitische Bildung ist. Diese Annahmen erheben um so mehr Anspruch auf Wahrscheinlichkeit, als aus dem Berberischen das gleiche Ergebniss zu fliessen scheint. Wie sich damit dass von ERMAN (Äg. Ztschrft. XXVII 78 ff.) gewonnene Resultat eines ägyptisch-semitischen Perfectums vereinbart, weiss ich freilich noch nicht. Sollte das ägypt. Perfectum doch auch nur eine interne ägyptische Bildung sein, wie das Ägyptisché ja grade bei der Verbalflexion so vielfach neue Wege eingeschlagen hat? Im Kuschitischen sehen wir auch noch ganz deutlich (wovon auch im Semitischen noch genug Überreste), dass die Präformativconjugation durchaus nicht blos auf die Zeitsphäre der Gegenwart und Zukunft beschränkt ist, sondern ebenso auch auf die Vergangenheit bezogen wird. Die Vocalisation der Präformativa entscheidet hier. Vgl. auch WELLHAUSEN in Deutsche LiteraturZeitung 1887 Sp. 968. 3) Sehe ich recht, so ist es dieser völlige Ortswechsel der Verbalflexion gewesen, welcher selbst uralte Stammbildungselemente von der Spitze der Wurzel mit sich an das Ende gerissen und weiter nicht minder alte Nominalbildungsvorsätze zum Erstarren und Aussterben veranlasst hat. Der Wandel in der Verbalflexion hat das Beispiel und den Anstoss dazu gegeben, dass sich die gesammtę Formenbildung in gleichem, postfigirendem Sinne umgestaltet und weiter entwickelt hat. Ich werde hier nur von der Verbalstammbildung handeln. Unter den Stammbildungszusätzen des Verbs befinden sich namentlich das s des Causativ, das t des Reflexivs und das m des Passivs, welche vermutlich bis in die älteste Vergangenheit hinabreichend, sich von jeher an der Spitze der Wurzel befunden haben werden. Im Galla und Agau, welche, wie wir gesehen, völlig zur postfigirenden Verbalflexion übergegangen sind, befinden sich dementsprechend auch die Stammbildungszusätze durchgehends am Ende der Wurzel. Also von ba 'herausgehen': bas 'herausführen'; von kuw 'töten': kut 'sich töten'; von ban 'öffnen': banam 'geöffnet werden'. Im Bischari, Afar und Saho indess hat ein erheblicher Teil der Wurzeln, und zwar grade derjenige Teil, welcher noch die alte Präformativconjugation besitzt (also die veränderlichen), auch die Stammbildungszusätze noch an der Spitze der Wurzel beibehalten. Also z. B. von BL 'sehen': SBL 'sehen lassen', TBL 'sich sehen', MBL 'gesehen werden'. Diejenigen Wurzeln aber, welche sich der postfigirenden Verbalflexion zugewandt haben (also die unveränderlichen), zeigen ausnahmslos auch schon die Stammbildungsnachsätze. Also z. B. von ab 'machen': abis 'machen lassen', abit 'für sich machen', abim 'gemacht werden'. Nur bei Häufung von Stammbildungszusätzen kommen hie und da auch bei der vornflectirenden, veränderlichen Wurzel bereits Fälle vor, in denen ein Stammbildungszusatz an das Ende geworfen ist, z. B. im Saho YBLS, durch y und gebildetes Doppelcausativ von BL 'sehen'*. Wenn es also erst der secundäre Übergang in die postfigirende Verbalflexion gewesen ist, welcher die verbalen Stammbildungsvorsätze an das Wurzelende gezogen hat, so wird man sich nicht auf das Kuschitische berufen dürfen, wenn man, wie das vielfach geschieht (z. B. diese Zeitschr. I 23 Nr. 6), für das Semitische uralte Verbalstammnachsätze annehmen will. Sehr bemerkenswert aber bleibt es, dass der verhältnissmässig junge und durch rein äusserliche * Verstehe ich REINISCH, Saho-Wörterbuch 52, recht, so nimmt er an, dass das causative s des Wurzelendes gar nicht identisch mit dem alten Stammbildungsvorsatz s ist, sondern dass es von einem Verbum is, is 'machen' herrührt. Die Existenz dieses Verbums is, is im Agau, Afar, Saho wird nicht zu bestreiten sein, aber es möchte die Vermutung nahe liegen, dass dieses Verbum sich erst aus dem nachgestellten Causativ -s herausgebildet haben mag (vgl. FR. MÜLLER in TECHMER's Internat. Zeitschrift für allg. Sprachwissensch. IV 97). Gleichviel; wir haben nirgends ein Verbum it 'für sich etwas machen' oder für sich etwas sein', nirgends ein Verbum im 'werden', aus welchem in analoger Weise das reflexive und das passive m des Wurzelendes erklärt werden könnten. HALÉVY behauptet dies gleichwohl (Revue critique 1887, 2. Sem. pag. 101), Verschmelzung zu Stande kommende Übergang von der präfigirenden zur postfigirenden Verbalflexion es vermocht hat, eine derartige Umwälzung uralter Bildungselemente mit sich zu führen. Für das Ägyptische ist früher mehrfach ein besonders loses Anhaften der Affixe an der Wurzel behauptet worden; sollte darin wirklich etwas Wahres und für das Hamitische im allgemeinen Gültiges liegen? Ob im Semitischen QTLN aus p, QTLS aus p hätte entstehen können, wenn die Präformativflexion ganz geschwunden, und nur die Postfixflexion geblieben wäre? IV. Wie der Formenbau des Galla durchaus postfigirend ist, so ist auch seine Syntax durchaus hinterbauend. Aber ebensowenig wie beim Formenbau ist dieser Charakter bei der Syntax ursprünglich. Über das Somali bin ich noch nicht hinlänglich genau unterrichtet, aber es scheint, dass diese Sprache ebenso syntaktisch hinterbauend ist, wie sie ja auch formell fast ganz postfigirend ist. Dem gegenüber zeigen Bischari (ALMKVIST § 335), Afar und Saho, also diejenigen Sprachen, deren Formenbau zu einem sehr erheblichen Teil präfigirend ist, auch syntaktisch einen ausgesprochen vorbauenden Charakter. Man würde aber irren, wollte man hier wie dort nach einer tieferen, gemeinsamen Quelle der beiden parallelen Erscheinungen suchen: Lediglich Zufall scheint vorzuliegen. Und in den Agausprachen stehen Formenbau und Syntax in dem denkbar schärfsten Gegensatz zu einander: Der Formenbau ist ganz postfigirend, während die Syntax durchaus vorbauend ist. In ZARNCKE'S Lit. Centralblatt 1884 Sp. 1798 war ich noch sehr im Unklaren darüber, wie sich dieser scharfe Gegensatz in der Syntax nah verwandter Sprachen lösen werde. Jetzt ist mir kein Zweifel mehr darüber, dass der vorbauende Charakter der kuschitischen Syntax der ursprüngliche ist, dass das Galla (und Somali) mindestens zum grossen Teil durch erkennbare Einflüsse zum Ablenken aus der alten Bahn der Wort- und Satzstellung gezwungen worden ist. Auch hier bleibe ich bei diesem Resultat vorläufig stehen und überlasse es fernerer Forschung, durch tiefere Erkenntniss des Ägyptischen und Berberischen zunächst festzustellen, ob der völlig turanische Charakter der Syntax gemeinhamitische oder speciell kuschitische Eigentümlichkeit ist. Erst wenn dies entschieden ist, werden wir uns eventuell umblicken dürfen, woher dieser Turanismus etwa in das Kuschitische eingedrungen, erst dann werden wir vielleicht anfangen können, HOMMEL'S Ausblicken (Neue kirchliche Ztschr. II.Jahrg., II. Heft, S. 886 f.) in Ruhe näher zu treten. Ganz unverkennbar blickt der ältere, vorbauende Charakter der Syntax noch hervor sowohl aus der Formenbildung des Galla . und Somali, wie aus der Wort- und Satzstellung selbst dieser Sprachen. 1) Eine ganze Reihe nominaler, pronominaler, verbaler Formen, welche dem Sprachgefühl jetzt als einheitliche Formen gelten müssen, ergeben sich bei näherem Zusehen als eine Reihe von Sätzen oder Wortcomplexen, deren Ordnung sich auf Grund älterer Gesetze vollzogen hat. Ich meine hier namentlich diejenigen Formen, welche das alte Relativ u enthalten. Auch Galla und Somali haben einst ein Relativ u besessen, welches ursprünglich wahrscheinlich demonstrativ war und nur für das Masc. sing. galt; dann hat es sich aber auf beide Geschlechter und Zahlen ausgedehnt. Ganz lebendig findet sich dieses Relativ noch in den Agausprachen, vielleicht auch im Bischari (ALMKVIST § 148), während es im Afar und Saho nur geringere Reste hinterlassen zu haben scheint. Der freie Gebrauch dieses Relativs ist im Galla und Som. längst erloschen, aber ausserordentlich viele Spuren sind von ihm zurückgeblieben. Ganze Klassen von Formen, mehrere sehr gewöhnliche Bildungs- und Flexionsendungen gehen im Galla und Somali von diesem alten Relativ aus. Es wurzelt durchaus noch in der alten, vorderbauenden Epoche der kuschitischen Syntax und steht mithin am Ende des Relativsatzes oder des relativischen Wortcomplexes. Dadurch, dass es früh erstarrte und den Charakter unselbständiger Endungen annahm, blieb dieses alte Relativ von der syntaktischen Umwälzung unberührt, denn mit dem späteren, postfigirenden Charakter der Formenbildung standen die nunmehrigen Endungen in völligem Einklang. Wenn man jetzt im Galla gewöhnliche Relativsätze bildet wie kan himü 'welcher erzählt', kan himni 'welches wir erzählen', so sieht es auf den ersten Blick aus, als sei kan Relativ, und als seien himu und himnu gewöhnliche imperfectische Verbalformen. In Wirklichkeit aber ist kan ein Demonstrativ, das erst ganz spät, als schon die neue Syntax zur Herrschaft gelangt war, zum Relativ differenzirt worden; ursprünglich bestand der Relativsatz nur aus den Verbalformen himu, himnu, die aus hima+, himna+u entstanden sind, d. i. 'er erzählt+welcher', 'wir erzählen+welches'. Im Somali bildet man Relativsätze noch lautlich ursprünglicher mit ō (aus ā+u) und auch syntaktisch ursprünglicher ohne eine moderne Nota relationis, z. B. ninkan anigo arkaiyo 'der Mann, welchen ich sehe', wörtlich. 'der Mann-ich-sehe+welchen'. Ein sehr häufiges Nomen agentis wird im Galla gebildet durch Anhängung der Endung tu an Wurzel oder Stamm, z. B. bartu 'Schüler' von W. bar lernen', ergamtu 'Gesandter' von ergam, Passivst. der W. erg senden'. So einheitlich diese kurze Endung auch aus sieht, so ist doch jeder ihrer beiden Consonanten ursprünglich ein besonderes Wörtchen für sich, t ist Postposition sehr allgemeiner Bedeutung, u ist das alte Relativ. Bartu ist also aufzulösen in bar+t+u d. i. 'lernen+von+welcher', d. h. 'welcher zum lernen in Beziehung steht, Schüler'; entsprechend ergamtu. Und so könnte ich noch manche andere Formen anführen, zum Beweise, dass auch Galla und Somali einst vorbauende Satz- und Wortstellung gehabt haben. Aber wie schon angedeutet, haben sich auch in der heutigen Satz- und Wortstellung dieser Sprachen noch genug Spuren der alten Syntax erhalten. 2) Im Bischari, Afar, Saho und in den Agausprachen wird das abhängige Nomen dem regierenden unmittelbar vorgestellt, sei es mit, sei es ohne einen besonderen Exponenten, so z. B. im Afar Irob balo das Land der Irob', bar-ti ifó 'das Licht der Nacht' (wörtlich 'Nacht+von-Licht'). Einige wenig zahlreiche Fälle von Nachstellung des Genetivs im Agau kommen dieser allgemeinen Übereinstimmung gegenüber nicht in Betracht und finden ihre besondere Erklärung (Liter. Centralbl. 1884 Sp. 1798). Für das Somali führt HUNTER § 150 zwar an erster Stelle ebenfalls die Vorsetzung des Nomen rectum an, wie ninki agalki 'des Mannes Haus'; aber es sei ebenso gut möglich zu sagen aġalki nin 'das Haus eines Mannes', weiter ağalki abahai 'das Haus meines Vaters', faraski wilalkin 'das Pferd eures Bruders' (S. 86). Auch das Galla hat diese unmittelbare Vorstellung des Genetivs einst sicher ausschliesslich befolgt und hat dieselbe auch jetzt noch nicht vollständig aufgegeben. Dafür zeugen nicht nur einige alte Composita, wie indala 'Tochter' aus ina dala 'Mutters Tochter' sondern auch gelegentliche freie Verbindungen wie abako harka 'meines Vaters Hand', mit Exponenten (t, n) P•C&¶d,Z:79-t; am jenseitigen Ufer des Jordan'. Diese altertümliche Art der nominalen Rection hat sich regelmässig erhalten bei einigen Nominibus, welche hinreichend früh in ihrer Bedeutung abgeblasst und zu Verhältnisswörtchen isolirt, an dem Wandel der Ausdrucksweise der nominalen Rection nicht mehr teil nehmen konnten und Postpositionen geworden und geblieben sind. Solche Postpositionen deutlich nominalen Ursprungs sind biră 'bei, in der Nähe', duka 'hinter', wağin 'in Gesellschaft, mit' uam. So sagt man beispielsweise beständig in meiner Nähe', ኢሳን፡ወጅን mit ihnen, mit Exponenten (t) ዱቢ ከናቲ፡ወጅን 'mit diesem Worte zusammen'. Auch die allerälteste Schicht der Verhältnisswörtchen zeigt durchaus noch den ursprünglichen vorbauenden Charakter der Gallasyntax: Die Sprache kennt nur enklitische, keine proklitische Post |