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Über den Grad der Verwandtschaft des Altägyptischen mit dem Semitischen.*

Von

Fritz Hommel.

Dass das Ägyptische in seinen verschiedenen Entwicklungsstufen bis zum Koptischen herunter mehr oder weniger nahe mit den semitischen Sprachen verwandt ist, wird längst nicht mehr bezweifelt. Ich habe zuletzt die bemerkenswerthesten Übereinstimmungen der Grammatik beider Sprachtypen zusammengestellt im ersten Bande meiner Semit. Völker und Sprachen, S. 95 f., wozu mir ADOLF ERMAN als Anhang eine ziemlich grosse Liste lexikalischer Übereinstimmungen der ältesten Zeit (siehe ebendaselbst, S. 440 f.) zur Verfügung gestellt hat. Kurz vorher hatte LUDWIG STERN in der Einleitung seiner Koptischen Grammatik (1880), S. 4 gesagt: „Es besteht eine alte verwandtschaft zwischen der ägyptischen, welche dem hamitischen stamme angehört, und den semitischen sprachen, wie sich unverkennbar noch in der pronominalbildung und in manchen gemeinsamen wurzeln zeigt; doch scheint sich das ägyptische von den asiatischen schwestern früh getrennt zu haben und seinen eigenen weg gegangen zu sein. Noch erinnern viele koptische wörter an die verwandten semitischen [es folgen mehrere Beispiele]. Die allgemeine stammverwandtschaft der beiden sprachen ist durch weitgehende lautverschiebungen und veränderungen verdeckt."

Seither sind nun dadurch, dass ADOLF ERMAN die sprachgeschichtliche Behandlung, die er in die Ägyptologie durch seine Schrift Die Pluralbildung und seine Neuägyptische Grammatik eingeführt hatte, auch auf eine Reihe allerältester Texte, der sog. Pyramideninschriften, anwenden konnte und mit bewunderungs

* Dieser Aufsatz wurde im Sept. 1891 niedergeschrieben; ich habe ihn wegen der im Frühjahre 1892 erschienenen Abhandlung A. ERMAN'S über das gleiche Thema absichtlich ganz unverändert gelassen und nur stillschweigend den unterdess von mir entdeckten Unterschied zwischen und s darin kenntlich gemacht.

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würdigem Scharfsinn angewendet hat, weitere höchst wichtige Materialien zu jenen von mir 1882 zusammengefassten dazugekommen; ich meine in erster Linie ERMAN'S Nachweis der semitischen Perfectbildung im Altägyptischen wie den der ältesten Formen der Personalpronomina**. Da dieser Aufsatz vor allem für Semitisten bestimmt ist, so wird es nicht überflüssig sein, hier in aller Kürze die Ergebnisse ERMAN'S anzuführen.

Was zunächst das ägyptische Perfect (ERMAN's sog. Pseudoparticipia) anlangt, so stellt sich diese uralte Verbalform dort also dar:

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* Eine neue Art der ägyptischen Conjugation, Zeitschrift für Ägyptische Sprache, 27 (1889), S. 65-84.

** Zur Erklärung der Pyramidentexte I-V, Z. f. Äg. Spr., 29 (1891), S. 39-45. Auch gehört noch hieher die kurze Notiz Zum Pronomen absolutum, Z. f. Äg. Spr. 27 (1889), S. 125, worin ERMAN das Pron. der 1. sing. inw-k (Aussprache etwa enôka) als „dein Diener“, das der 2. sing. nt-k (etwa enta-ka), wozu sich noch als jüngere Analogiebildungen nt-f, nt-ś, nt-śn gesellen, als „,deine Würde, deine Gnade" (bezw. seine W., ihre W.) auffasst. Wie nt-k natürlich dann auch die 2. sing. fem. nt-t (nach mir aus anta-ki) 2. pl. nt-tn (aus anta-kin und dies aus anta-kun), welche Formen ERMAN ebenfalls mitanführt.

*** Keilinschriftlich etwa abiš, da die sumer. Schrift kein Mittel hat, das Kehlkopf-ha graphisch wiederzugeben; ich setze deshalb ohne Bedenken oben habiš ein, wie das Wort jedenfalls urspr. lautete. Zum Vorkommen des Stammes im Assyrischen vgl. in DELITZSCH'S Wörterbuch: abšu ,,Schürze, Umkleidung" und šutabšu (aus šutâbušu, šutáḥbušu) „Turban“.

Ich setze die aus der Vergleichung sich ergebenden ursprünglichen Formen des Westsemitischen ein und verweise auf meinen Aufsatz ZDMG 44 (1890) S. 539 und auf meine Aufsätze und Abhandlungen (Erste Hälfte, München 1892), S. 108 f.

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daneben, so ergibt sich leicht, dass die äg. Formen der 2. s. und der 3. s. f. auf i secundäre Weiterbildungen (oder gar blos Schreibungen) sind, wie denn auch ERMAN noch daneben als „altertümliche Formen (von rh „wissen“) rh-t dafür aufführt*; ebenso, dass in der I. pl. und in der 3. dual. eine secundäre Verschmelzung der 3. plur. mit den urspr. Formen bś-ni und hbs-y vorliegt. Eine andere Sache ists mit der 1. sing., wo in der That die älteste Form -kuja (vgl. anaku-ja und plur. westsem, anaḥ-nu aus anak-nu, urspr. etwa,,meine, unsere Wenigkeit") gewesen zu sein scheint.

Die Hauptsache aber ist, dass wir hier durchaus die gleiche Conjugationsform im Altäg. wie im Semitischen vor uns haben. Nach ERMAN kam dieselbe im ältesten Ägyptisch von transitiven. wie intransitiven Stämmen vor, bald aber nur noch von intransitiven was eine merkwürdige Analogie darin hat, dass im Semitischen nach PAUL DE LAGARDE und mir die ältesten Perfectformen kabul und kabil waren, und dass, als daneben (das im Babyl.-Assyr, noch fehlende!) kabal aufkam, die alten Formen nur noch als Intransitiva. verwendet wurden. Auch ist zu beachten, dass die nach ERMAN im Koptischen entsprechenden Qualitativa, die dort auch nur noch in passiver (also intrans.) Bedeutung vorkommen, mit ihren hotb und pet deutlich auf ein urspr. Schema hatub und paït (Wurzel htb und pt) hinweisen, während der Inf. hotb wol auf hatab (Form Keli) zurückgehen wird. ERMAN schliesst seinen Nachweis dieser uralten ägypt. Perfectformen mit den Worten (a.a.O. 81): „Es ist damit ein wichtiges, neues Band zwischen den semitischen Sprachen und dem Ägyptischen gewonnen, denn gerade in der Conjugation schienen die Unterschiede bisher sehr gross zu sein. Auch jetzt bleibt noch die wichtige Differenz, dass jede der beiden Sprachen neben dem

* Dass das t-zeichen in -t nicht ist (wie man es früher transscribirte), dafür vgl. ERMAN, Zeitschr. Äg. Spr. 21 (1883), S. 64, Anm. Die Schreibung gehörte urspr. vielleicht nur der 2. sing. f. an (obwol man dort eigentlich - erwarten würde), oder besser der 2. sing. m., um durch das nachgesetzte (urspr., wie ich später zeigen werde,

S, dann auch S) den auslautenden Vocal anzudeuten,, und wurde dann irrig auch auf die 3. sing. f. übertragen.

alten, beiden gemeinsamen Perfect noch eine zweite, soweit sich heute erkennen lässt, nur ihr eigentümliche andere Conjugationsform besitzt, das Semitische sein Imperfectum mit seinen Präfixen (3. jaḥbušu, 2. taḥbuśu, 1. aḥbuśu &c.), das Ägyptische seine gewöhnliche Flexion mit ihren Possessivsuffixen (bś-f, hbś-k, hbś, &c.). Möglich, dass dieses secundäre, erst nach der Trennung beider Sprachen gebildete Formen sind, was mir wenigstens bei der äg. Form wohl denkbar erscheint, möglich auch, dass diese Bildungen nur auf der einen Seite erhalten, auf der andern verloren sind" (soweit dort ERMAN).

Noch bevor ich weiter zu den von ERMAN jüngst aufgefundenen ältesten Formen der Personalpronomina und Objectssuffixa übergehe und sie durch den Nachweis, dass -t aus -ki entstanden, noch mehr dem Semitischen, bezw. Babylonischen nähere, will ich kurz zeigen, dass auch das Imperfect im Altägyptischen und zwar in „jenem merkwürdigen Präfix, das sie (die Pyramidentexte) auch vor andere relativartig gebrauchte Verben setzen"**, wenigstens in Ansätzen (die aber, wie es scheint, nicht weiter ausgebildet wurden) vorhanden war.

Die Beispiele, welche ERMAN an der angeführten Stelle giebt, sind folgende: ist-św irh-tw „siehe er ist es, der dich kennt“ (Unas 463); in w...... dr hikr-f„es sind die Arme (des Gottes . . . . . .), die seinen Hunger vertreiben“ (Unas 173); ist-tw irht-sw „siehe du bist es, der ihn kennt (wörtl. der du ihn kennst)". Dass hier wirklich Formen der Verba rh wissen", dr vertreiben mit präfigirtem Jod vorliegen, kann keinem Zweifel unterworfen sein, wenn man bedenkt, dass der altägyptische durch das Schilfblatt dargestellte, (früher durch a, jetzt besser durch i transcribirte) Consonant wirklich von Haus aus dem semitischen entspricht, wie vor allem i'mnt-t Westen" (beim Ägypter das rechts liegende!)=ï jamanatî-t***

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* Hierzu zur Erläuterung, dass schon in den Pyramidentexten die Perfectformen (kleidend-ich, kleidend-du &c.) weit zurücktreten gegenüber dieser neuen Bildung (mein kleiden, dein kleiden &c.), die sich also darstellt:

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(erst später hbsn-t!), 3. s. m. ḥbśn-f, 3. s. f. ḥbśn-š; 1. pl. ḥbśn-n, 2. pl. ḥbśn-tn (erst später hbšn-tn!), 3. pl. ḥbšn-śn.

**ERMAN, Zeitschrift für Ägyptische Sprache 27 (1889), S. 76.

*** Vgl. ZDMG 44, S. 548, Schluss und (was ich damals nicht kannte) STERN, Z. Äg. Spr. 22 (1884), S. 74, Anm. 1: der äg. Ausdruck für rechts (folgte die äg. Schreibung von imnti) vermutlich mit 1 verwandt" eine überaus wichtige Stelle, auf die (wie auf die ganze Seite 74) ich hiemit besonders aufmerksam mache. Bei dieser Gelegenheit will ich erwähnen, dass in den Bezeichnungen der vier Himmelsrichtungen noch ein anderes semitisches Wort steckt, nämlich rs „Süden"; da der Süden für die Ägypter

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und das Suffix der 1. sing. (hr-i unter mir", hr-k unter dir", hr-n „unter uns hr-śn unter ihnen", verglichen mit babyl. ja, ka, -ni, -šuni) beweisen*. Wie ich in meiner Besprechung von P. DE LAGARDE'S Übersicht, ZDMG 44, 535 ff. nachgewiesen, ist die älteste Form des semit. Imperfects (das überhaupt erst aus dem Perfect durch das vorgesetzte die Beziehung auf das Vorhergehende anzeigende** Element ja, bezw. ji- entstanden ist) ja-kábul, woraus erst durch Zurückziehung des Tones já-kabul, jákbul (urspr. nur als Jussiv verwendet) entstand. Die Flexion des semit. Imperfects ergiebt sich der des Perfects gegenüber als durchaus secundär. Man erwartet, dass man nun ja-kabulat, ja-kabuláta, ja-kabuláku &c. weiter flectirt hätte, und statt dessen finden wir im Semitischen (nach Analogie des Perfects, indem man ja- irrig für ein Element der 3. sing. ansah und in Folge dessen die im Perfect überall suffigirten Flexionselemente nun ebenfalls vorn anfügen zu müssen glaubte) ta-kabul, ta-kabul, a-kabul, na-kabul, (bezw. ni-kabul, so babyl.), während die 2. sing. f. ta-kabul-î und die 2. pl. f. ta-kabulâ(na) noch secundärere und hybridere Bildungen sind, und nur die 3. pl. ja-kabulû (und im Aram., Arab, und Äth. auch die 3. pl. f. ji-kabulâna, vgl. P

lïïs und jeqatělâ, ebenso auch babyl. ikabulâni, ikabulâ) das echte, alte, zu erwartende aufweisen. Aus obigen, von ERMAN angeführten Sätzen der Pyramidentexte ergiebt sich nun aber, dass man dort nicht blos ja-kabul (bezw. j-rh „indem er wusste, welcher wusste“) sondern auch folgerichtig weiter ja-kabuláta (bezw. j-rh-t) „indem du wusstest, der du wusstest") bildete. In der oben angeführten Besprechung habe ich auch (S. 540 oben) darauf hingewiesen, dass die urspr. und älteste Anwendung des ursemitischen Imperfects in

vorn war, so liegt hier natürlich nichts anderes, als raʼsu (babyl. rêšu) „Kopf, Spitze“ vor, wie mh,,Norden" urspr.,,das hintere" (vgl. auch ph und mh) hiess. Ob man in b-t,,Osten" an ein altes sumerisches Lehnwort (vgl. gub, später etwa jib,,,links“) denken darf, lasse ich dagegen vorderhand noch dahingestellt; es dürfte aber nahezu sicher sein, dass im Altägyptischen auch sumerische Lehnwörter vorkommen; man vgl. z. B. ir (urspr jar),,machen“, sum. gar; nb „Herr“, „all, jeder", sum. nin, nim, „Herr“, ,,alles was" (verglichen mit dem Pronomen nin, nib „ihn“, „es“), und äg. irt-t (aus jarak, kopt. erote),,Milch", sum. guruk, garak, (später abgeschliffen zu ga, indog. galak) wie vor allem die verschiedenen Entlehnungen auf mythologischem Gebiet.

* Den Werth der zwei ägypt. Consonanten (Schilf blatt) und 3 (Adler) möchte ich also formuliren:, von Haus aus j, wurde dann auch als verwendet (und zwar zunächst meist für 'i), aber nie im Inlaut, wo vielmehr das & bezeichnet; ob dann auch als Hilfsbuchstabe den langen Vocal ausdrücken kann, das müssen die Ägyptologen entscheiden, da mir darüber kein Urteil zusteht.

** Man vergleiche amh. ja-Potiphar mest „Potiphar's Weib"; die ursprüngliche, noch nicht von den sog. äthiopischen Sprachen beeinflusste Stellung würde sein mešt ja-Potiphar.

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