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vorlängst die lächerliche Seite derselben nicht ohne Nachdrukk vorgestellet; und eine sorgfältige Průfung ihres Lehrgebäudes hat mir allerdings, meinem Gesichte nach, hier und da ganz merkliche Lükken entdekket. Nichtsdestoweniger mögte ich doch wol mit aller Bescheidenheit sagen, daß vielen unter ihnen, und ihrer Sittenlehre hauptsächlich, in vielen Stükken zu nahe geschehen sey. Wenigstens glaube ich, daß man nach der Art, wie man zum Teil mit ihnen verfahren, fast alle Sittenlehrer der Heiden, ja viele von den Schülern Jesu selbst, verdächtig machen könne.

Die Stoiker waren schon unter den erstenChristen nicht sonderlich beliebt. Unterdessen haben sich nicht nur Clemens Alexandrinus”, Origenes

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* in f. 206bandlung περι ζωικών εναντιωματων, welche nach der Franks. Ausg. von 1620 im andern B. f. Werke, von der 1033 S.an, zu finden ist.

S.deffelben Hermotimus, im 1 B. f. Werke, nach der Hemsterh. Ausgabe.

• Sextus Empiricus clare afferit, fuo, i.e. M. Antonini ævo, plures fuiffe, qui ftoicam fectam sectarentur, quam qui aliam quamcunque. Neque interiorem ego caufam arbitrer, quam hanc copiam, cur noftri Christiani jam invalefcentes, ininus æqui in iftos fuiffe videantur aut inclinati: quare? quia & multitudine urgebant: quare etiam? quia auctoritate & vita premebant, quæ apud alias fectas foluta aut & impro ba confpiciebantur. Lipfius in f. manud. ad ftoicam philof. auf der 56 Seite.

6. Biblioth. univerf. X. B. 193 S. Ittigs fel. ecclef. S. II. auf der 232 Seite.

cap. hift.

und andere Kirchenvåter ihre Meinungen gefallen lassen; sondern der gelehrte Hieronymus 7 urteilet so gar von denselben: Daß sie mit der christlichen Lehre in den meisten Stükken übereins ftimmen.

Vielleicht hat Omeis diesen Ausspruch, in Ansehung der Sittenlehre, gut erläutert. Meine Sache ist es nicht, denselbigen zu rechtfertigen. Ich weiß, mit welcher Behutsamkeit man in dergleichen Umstånden verfahren müsse. Es kommt mir aber doch bedenklich vor, daß zum Teil dieselben Säße, welche man den Stoikern besonders übel ausgedeutet hat, bei unsern geheiligten Schriftstellern zit finden seyen.

*° Es soll unrecht u. gefährlich seyn, daß sie nur die Tugend allein gut genennet haben, weil unter andern daraus

S.J. Thomasius differtat, ad ftoica philof. hift. facientes, auf der 239 u. f. S.

in s. Auslegung über das XI Cap. Esaias. S. unten ". M.D. Omeifi difp. qua ftoicorum philofophiam moralem fobriam, eorumque placita cum christianismo convenientia oftendit. Altorf. 1699. 4.

• S. J. Brukkers Abh. de comparatione philofophix gentilis cum fcriptura S. & religionis chriftianæ dogmatibus caute inftituenda. Sie stehet in deff. otio vindel. von der 1 Seite an. Es verdienet auch das 2 meletema derselb. Saml. in der Absicht nachgesehen zu werden. Wegen der angeführten Vorwürfe beziehe ich mich auf Buddeus diff. 4. de erroribus ftoicorum in philofophia morali, wie fie in deff. analectis hift. philof. von der 89-204 S. stehen; Rossals difquif. de Epicteto philof.

ftoico,

D

Worauf aber dringet doch Christus mit seinen äch ten Schülern mehr, als auf die Tugend? Wie öfters werden uns von eben demselben die Güter dieser Welt geringschäßig vorgestellet? Warum achtet doch Paulus alles für Schaden und Koht? Und ist es nicht merkwürdig,daß eben dieser Saß unsern heiligen Hieronymus hauptsächlich zu dem obigen Lobspruche veranlasset hat? "

Noch eins. Es wird für irrig, ja gar für gottlos gehalten, daß die Stoiker ihren Weisen, oder nach unserer Sprache, ihren vollkommenen Menschen, Gott

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ftoico, qua probatur eum non fuiffe chriftianum; Sluiters Ideam theologiæ ftoica, ubi oftenditur, ftoicos ex ratione & philofophia naturali nec verum Deum cognoviffe, nec veram coluiffe virtutem &c.

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"Ich will die Worte dess. Hersehen, wie ich fie in der Ausg. seiner Werke von Martianay im IIIB. auf der 101 S. finde. audiant a nobis, sagt er, nihil effe bonum nifi virtutem, & nihil malum nifi vitium, dicente Pfalmis ta: "quis eft homo qui vult vitam, & diligit dies vi"dere bonos? compefce linguam tuam a malo, & la"bia tua ne loquantur dolum. Declina a malo & fac "bonum.,, Pf. 33, 13. 14. 36, 27. Divitiæ autem & fanitas corporis & rerum omnium abundantia; & his contraria paupertas, infirmitas & inopia, etiam apud philofophos fæculi, nec inter bona reputantur, nec inter mala, fed appellantur indifferentia. Unde & ftoici qui noftro dogmati in plerisque concordant, nihil appellant bonum, nifi folam honeftatem atque vir tutem, nihil malum, nifi turpitudinem.

Gott gleich machen wollen. Allein, will nicht Chris ftus feine Schüler gleichfalls so vollkommen haben, als Gott? Schuf nicht Gott den ersten Menschen nach seinem Bilde? Und soll nicht der neue Mensch wiederum nach Gott erschaffen seyn, in rechtschaffes ner Gerechtigkeit und Heiligkeit?

Man verzeihe es mir, wenn ich etwa in diesen Gedanken zu weit gehen sollte. Ich will nicht zanken, sondern besänftigen. Nach der Gemühtsart, welche mir Gott verliehen hat, wünsche ich jederzeit von Herzen, daß alle mit mir, auf alle Art und Weise, so in der Liebe als in nüßlicher Erkenntniß wachsen mögten. Ich weiß aber nicht, ob es liebreich gehandelt sey, wenn man mit allen Kräften etwas zumBösen kehren will, was sich doch mit andern untadelhaften Wahrheiten füglich vergleichen lässet.

Und laß es seyn, daß einige Säße der stoischen Sittenlehre, nach einer strengen Prüfung, nicht bestehen können. Laß es seyn, daß besonders der allges meine Grund ihrer Gedanken, ich meyne die Metaphysik, nicht die größte Richtigkeit habe. ~ Hat man deswegen Ursache genug, alles mit einander zu verwerfen? Kann nicht viel gutes Korn unter einem Haufen von Unkraut feyn? Kann nicht ein Arzt öfters die schönsten Regeln geben, wenn er gleich nicht Das beste Lehrgebäude hat? Beziehen sich denn alle Sittenlehren platterdings auf die Metaphysik? Konnen wir nicht ohne dieselbe aus den Folgen der freien Handlungen vernünftig schliessen, wie weit sie gut oder böse find? Und können wir sagen, daß unsere Metaphysik, welche jederzeit die fruchtbarste Mutter

der

der größten Zänkereien gewesen ist, bereits über alle Schwierigkeiten hingesehet, und vollkommen richtig fey? Wo wird doch iso der Weltweise gemeiniglich mit prächtigen Beweisen mehr als hier berükket? Aber sollten auch wol viele von unsern besten Lehrbüchern die Probe halten, wenn man dieselben wie die stoischen richten wollte? Und hier deuten wir alles zum besten; hier übersehen wir zuweilen ohne alle Erinnerung ziemlich grobe Fehler, bloß weil sie mit uns irren.

Genug, daß die Stoiker bey ihren Schwachheiten dennoch reich von schönen Lehren sind. Wie genau haben nicht einige von ihnen das Innerste des menschlichen Herzens gekannt? Wie lebhaft, wie natürlich find nicht die Farben, womit sie es abgeschildert haben? Wer hat unter den Weltweisen den Ausbruch der Affekten mehr als sie bestritten ? und wer kann ihre Lehren jemahls mit Aufmerksamkeit lesen, ohne von der Thorheit der Ausschweifungen im Glükke, und der Ungeduld in Ungüükksfällen gerühret zu werden? Wer hat die allgemeine Menschenliebe jemahls eifriger und höher getrieben? die Güte ohne Wucher, die Gerechtigkeit ohne Einschränkung, und die Demuht ohne Niederträchtigkeit besser auszuüben gelehret? Wo findet man das Eitele der Kunst ohne Tugend, und dieRaserei des Wißes ohne Redlichkeit stärker, als bey ihnen vorgestellet? Wer wird nicht begierig gemacht, zu dem Tempel der wahren Weisheit zu eilen, wenn er ihn im stoischenGlanze erblikket? Und ist auch jemahls eine Sekte gewesen, welche die Menschen mehr, als die stoische, in allen Stånden

und

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