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persönliche Dasein, über Schranke und Grab; er ist unsterblich nicht als Person, als Hinz oder Kunz sondern als edles Innenleben; er ist es, weil er es sein will, weil sein starker adliger Wille sich durchsetzt.

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Dieser Wille ist nicht anderes als das religiöse Genie, wenn man religiös" im guten Sinne versteht. Buddha und Jesus, Laotse und Zarathustra, Schleiermacher und alle starken Idealisten scheinen mir Adepten gewesen zu sein. In Symbolen, die dem Milieu ihres bewussten Ich entsprechen, jeder auf seine Art, drückten sie ihr Sehnen, Wollen und Arbeiten, ihren Glauben" aus. Und hätten die „Gläubigen" es ihnen nachgethan, so wäre der „Glaube", die „Religion" nicht in Verruf gekommen. Doch weil die Menschen der Masse eben keine Adepten sind, vermochten sie deren Ziel und Treiben nicht zu fassen; die Schale hielten sie für Kern, blosse Symbole für das Wesen; Fanatiker, erhoben sie das Symbol zum Tyrannen und verketzerten die geistige Selbständigkeit. Im Entwickelungsdrange kraftvoll, wirft das freiheitliche Leben der modernen Zeit diese Sorte „Religion" zurück. Recht so; aber nun, modernes Leben, lerne in Gemeinschaft treten mit den religiösen Genies aller Zeiten, lerne mit neuen, dem modernen Milieu entsprechenden, wenn du willst „, wissenschaftlichen" Symbolen, das Streben jener Adepten kultivieren, lerne neue Religion auf deine Art!

Ich gebe in diesem Buche meine Religion.

Den eigentlichen Wert des persönlichen Daseins sehe ich, wie gesagt, in seiner Eigenschaft, das Gefäss, die Bedingung eines geistigen Gehaltes, fortdauernder Ideen und Bestrebungen edeln Charakters zu sein. Ich verachte das Dasein um des nakten vegetativen und tierischen Daseins willen. Möchte es hingeben für einen Gedanken der Weisheit, für ein seltenes Kunstwerk, ein Gedicht, für eine befreiende Entdeckung oder Erfindung. Alle leiblichen Verbesserungen schätze ich im Grunde nur als Vermittler geistiger Güter. Sollte etwa der Mensch die Fähigkeit gewinnen, vogelartig zu fliegen, so würde es der geistige Gehalt dieser Fähigkeit sein, was ihr den

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eigentlichen Wert gäbe. Und was mich auf die Seite der materiell bedürftigen Volksmasse geführt hat, ist nicht die sinnliche Schätzung eines schmausenden Gaumens, satten Magens und müssigen Körpers, sondern die Erkenntnis, dass die Befreiung des Volkes von politischer Herrschaft und wirtschaftlicher Ausbeutung immense geistige Vorteile bringen würde.

Alle Menschen, deren Innenleben sich mir einigermassen erschloss, auch höchst verkümmerte Existenzen, haben mir bewiesen, dass sie unterscheiden zwischen einem niederen Dasein und einem höheren, veredelten Leben, - dessen Vorzug keineswegs in einem grösseren Quantum von Genüssen des niederen Daseins besteht, sondern in qualitativer Erhöhung des Glückes, in einer gewissen Veredelung, Vergeistigung des Genusses; man gestatte diese allgemein tastenden Ausdrücke, die mehr etwas Formales als einen bestimmten Inhalt andeuten wollen. Zwischen zwei entgegengesetzte Bereiche fühlen wir uns gestellt, zwischen Wohl und Weh, Gut und Schlecht, Wahr und Falsch, Licht und Finsternis, Ormuzd und Ahriman; und wir alle haben, dunkel oder deutlich, die Sehnsucht nach mehr Licht, nach höherem Glücke. Suchend zwischen jenen beiden Polen bewegen wir uns, die einen in der Dämmerung des Thales, oder gar verloren in finsteren, verworrenen, unwegsamen Schluchten, abgebracht von der rechten Richtung, aber dennoch tappend nach Erlösung, die anderen mehr und mehr in der Höhe, erhaben auf halb erhellten Berggipfeln, die Lande überschauend, jener Lichtquelle zugewandt, beseligt von dem Bewusstsein, denen da drunten als Weiser dienen zu können.

Ja es ist nicht leicht, sich mit dieser Sehnsucht im Herzen zurechtzufinden im dämmervollen, labyrinthischen Leben, das von Irrtümern, Geisteshemmungen, schreiend disputierenden Führern und Herrschaften, von verführten und verführenden Massen schwer heimgesucht wird. Nicht leicht, sich zu entscheiden für bestimmte Ziele, da die Ideen und Bestrebungen chamäleongleich ihr Aussehen wechseln, da so oft als unheilvoll sich entpuppt, was vordem Heil verhiess, und umgekehrt das Gute, das Edle, das Glück gar häufig als Aschenbrödel

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auftritt. Da thut denn klares und scharfes, von Störungen unbeirrtes, selbständiges Schauen not und, um dieses zu erlangen, jene Abgeschiedenheit, Besinnung auf das eigene Selbst, Sammlung, Stille, Einsiedelei, welche eine fast typische Vorbedingung der Lebensweisheit ist; ich erinnere an die Einsiedler Buddha, Zarathustra und Christus.

Freilich das profanum vulgus, vor allem der moderne Kulturpöbel, setzt sich über diese Notwendigkeit leichtfertig hinweg, hantiert mit den normalen, von seinen Götzen und Herrschaften geprägten Werten, und wenn jemand diese Münzen skeptisch grübelnd betrachtet und seine individuellen Wertungen dagegen hält, so trifft ihn wohl rohes Gelächter der Menge, wenn nicht gar Hass und Steinigung. Wehe einer Kultur“, welche den grossen Haufen in diesem chronischen Fehler noch bestärkt, welche ihrer „hohen Zwecke" halber das Innenleben, die Beschaulichkeit, die ureigne Entfaltung der geistigen Individualität systematisch verwüstet und vereitelt! Keine Kultur, sondern Verbildung das; Wahnsinn, Molochdienst, wenn das Individuum der „Kultur", „Gesellschaft", oder wie sonst der Götze heissen möge, aufgeopfert wird! Echte Kultur will das Individuum ausbilden und betrachtet alle ihre Anstalten, natürlich auch die umfassendste dieser Anstalten, die Gesellschaft, als Mittel zu diesem Zwecke. Echte Kultur versäumt nicht, das Innenleben anzuregen, und zu veredeln; sie verabscheut das Lärmen und Treiben der Grossstädte, weil hier jene erhabene Einsamkeit, jene lauschige Stille fehlt, die dem innerlichen Leben Gelegenheit bietet, sich bemerkbar zu machen, seine Anliegen vorzubringen, seine Offenbarungskräfte zu entfalten.

Um das Leben gemäss meiner Individualität zu werten und einzurichten, um das Korn von der Spreu, das wahre Heil vom scheinbaren zu sondern, überschaue ich nun prüfend mein Treiben. Und ich finde, dass ich glücklich im gewählten Sinne des Wortes nur in flüchtigen Momenten war. Und ich gelange zu dem schlichten Weisheitsschlusse, dass meines Lebens Grundaufgabe darin besteht, diese Momente möglichst

auszudehnen und immer häufiger zu machen. Glücklich war ich, so oft mein Geist, von kleinlichen Interessen und sinnlichen Begierden frei, reiner Beschaulichkeit sich widmen konnte, wenn ich, in begriffliche Zusammenhänge vertieft, Erkenntnis gewann, wenn ich auf Spaziergängen, ganz in Rezeption verloren, die landschaftliche Natur betrachtete, wenn mein Kopf, berauscht von einer Stimmung, dichterisch gestaltete, wenn ich dann den heiss ersehnten Ausdruck fand. Glücklich war ich in der Sehnsucht, im Streben, die Welt nach meinen Idealen zu gestalten, glücklich, wenn es mir gelang, anderen Menschen von dem, was ich für wahr, schön, gut hielt, etwas zu verschaffen, durch erzieherische Anregungen, durch Rede und Schrift, durch Anlage und Kultur geistiger Pflanzstätten. Und Ehre, Geld, Frauenliebe, Freundschaft, lukullische Genüsse, Sport . . . ist das nicht auch Glück? Das alles kommt mir nur wie die Schale des Glückes vor; Glück kann darin sein, doch zuweilen hat die Schale keinen Kern. Ehre kann beglücken, insofern sie auf ein Gelingen des eigenen Strebens, eines guten Strebens aufmerksam macht. Geld beglückt, insofern es Freiheit gewährt; aber Freiheit wozu? darauf kommt es an; die beste Freiheit ist Freiheit zu seligem Thun.

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Erotische Liebe beglückt, insofern sie etwas Geistiges enthält, insofern sie Ahnungen des Schönen und edle Tendenzen in uns frei macht. Man kann das z. B. daran erkennen, dass die Liebe am köstlichsten jenem Lebensalter mundet, welches mit potentieller Geistigkeit, mit allerlei Idealismus förmlich geladen ist. Was von der Liebe gilt, kann auch von der Freundschaft gesagt werden. Auch Bacchus beglückt lediglich insofern er geistige Kräfte entfesselt, insofern er ein Lyäus schöner oder treffender Einfälle und edler Bestrebungen ist. Kurz, das Glück liegt in dem geistigen Gehalt des Lebens, und nur weil das Geistige, gleich der Pflanze, Nährboden ein Beet haben muss, bedarf auch die sinnliche, leibliche Persönlichkeit der Kultur.

Ich möchte in den angedeuteten Richtungen mich aus

leben. Aber Hemmnisse, allerlei Schranken und Ketten umgeben mich und nötigen schmerzliches Entbehren auf; ich kann nicht, was ich will, bin nicht frei genug. Und darum kämpfe ich gegen die Knechtschaft an, kämpfe, weil Unterwerfung Aufgabe meines bessern Selbst bedeuten würde, weil das Leben ohne Freiheit mir nicht lebenswert erscheint, weil ich mindestens der tröstlichen Stärkung und Begeisterung bedarf, die mir entspringt aus dem Ringen nach Freiheit.

Nach Freiheit nicht bloss für meine Person, sondern auch für die anderen Menschen. Ich schätze ja das persönliche Dasein wesentlich als einen Becher, ein Beet geistigen Gehaltes, neige folglich dazu, über die Trennung von Ich und Nicht-Ich mit Rücksicht auf das Höhere hinwegzusehen. Ich liebe die Menschen, insofern sie einigermassen herangebildet oder wenigstens veranlagt sind zu dem, was vor meiner schmachtenden Seele steht. Es ist mir Bedürfnis, ihnen mitzuteilen von dem, was ich als Glück empfinde. *) Hochgenuss ist es mir, die Menschen und die Welt zu formen nach meinem Idealbilde.

In dieser Liebe meine Kräfte zu bethätigen, ist meine Passion, etwa wie es die Passion des Sportfreundes ist, seine überschüssige Muskelkraft im Rudern oder Radfahren anzulegen. Übrigens verschliesse ich mich durchaus nicht der Erwägung, dass ich auch meinem persönlichen Wohle diene, indem ich die allgemeine Wohlfahrt fördere; ich empfinde es z. B. recht schmerzlich, dass ich persönlich nicht frei sein kann, solange die menschliche Gesellschaft nicht frei ist.

Wohlan denn, es gilt Fleisch werden zu lassen den idealen Menschen, wie er, von allerlei schmerzlichen und wonnevollen Lebenserfahrungen gestaltet, vor der andächtigen Seele schwebt. Ich meine nicht etwa den Menschen vom nächsten Jahrzehnt, dessen übrigens sehr fraglicher Vorzug vielleicht darin

*) Wenn ich z. B. als Knabe in den lieblichen Thälern des Neckarund Rheinlandes eine neue landschaftliche Schönheit entdeckt hatte, dann liess es mir keine Ruhe, ich musste sie meinem Vater oder einem Freunde zeigen. Wer kennt das nicht?

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