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es gebe doch schädliche Meinungen, und diese müssten im Interesse des Gemeinwohls niedergehalten werden. - Wer aber, ihr hohen Herren, sagt es euch denn, ob eine Meinung schädlich ist? Euer Kopf? Nun, die Köpfe, welche jener Meinung anhangen, sagen das Gegenteil. Jedenfalls ist euer Kopf ebensowenig unfehlbar, als der ihrige. Was einzig und allein zwischen Behauptung und Gegenbehauptung zu entscheiden vermag, das ist die Kritik, die Diskussion, die Gedankenfreiheit. Drum überlasst es dem Geiste, mit dem Geiste zu streiten, sagt euch los vom unreinen Mittel, das seinen Mordstahl gegen die Wahrheit richtet, sagt euch los von dem Unfehlbarkeitswahn, von der Bevormundungssucht des Regententums.

Das Wort eines Dichters*)

,,Weit besser für den Lauf der Welt

Ist frommer Irrtum, der erhält,

Als kalte Wahrheit, die zerstört"

Es

gehört selber zu den sogenannten frommen Irrtümern. giebt keine heilsamen Irrtümer. Denn jeder Irrtum schädigt die Menschheit. Was der Irrtum „erhält", ist nur Irrtum. Und was die Wahrheit zerstört, das ist Irrtum. Heil uns deswegen! Nicht,,kalt“ ist die Wahrheit, sondern warm, Leben spendend wie die Sonne. Der Irrtum vielmehr, ob fromm" oder profan, gleicht der tötenden Kälte, samt allem, was Irrtümer erhält und Wahrheiten unterdrückt, samt Pietät und intoleranter Verfolgung.

Die Verfolgung ist „die natürliche Konsequenz jeder als evident angesehenen Religion . . . und die Toleranz nicht die Tochter des Glaubens, sondern des Zweifels", bemerkt E. Tissot**) Ich stimme ihm bei und verweise auf die Ströme ungläubigen Blutes, die von der religiösen Autorität vergossen wurden, auf die Millionen Scheiterhaufen, die zur Ehre Gottes rauchten. Es liegt ja in der Natur des Glaubens, gewaltthätig vorzu

*) Pfeffel.

Prof. O. Schmidt macht dies Wort geltend in seiner Schrift über,,Darwinismus und Sozialismus“.

**) 'Evolution de la critique française. Paris 1892.

gehen, wenn er Propaganda machen will. Nicht imstande, vernünftige Gründe vorzubringen, fühlt er sich, um die Widerspenstigen zur Raison zu bringen, auf die ultima ratio regum angewiesen.

Auch auf politischem und wirtschaftlichem Gebiet hat die religiöse Autorität die Entwicklung der Völker zu Freiheit und Wohlergehen arg gehemmt, und zwar nicht nur unwillkürlich, nicht nur durch jene im Wesen ihrer Lehre enthaltenen Tendenzen, die ich bereits berührt habe, sondern auch planmässig, indem sie nämlich mit den weltlichen Herrschaften ein Schutzund Trutzbündnis schloss. Um aber ihre Unterstützung zu erlangen, musste die Geistlichkeit den weltlichen Mächten zu Diensten sein. Das ist sie in der That ausgiebig gewesen seit Konstantin und Karl dem Grossen; sie verbreitete über ihre Helfershelfer einen Abglanz ihrer eigenen Autorität, einen himmlischen Nimbus und predigte mit besonderer Eindringlichkeit: Ihr Knechte, seid unterthan in aller Demut euren Herren, nicht allein den gelinden, sondern auch den wunderlichen." Und wenn die Kirche eine zeitlang das Fürstentum bekämpfte, so that sie es keineswegs um die Völker frei zu machen, sondern um selber die höchste Gewalt zu erlangen. Ein deutlicher Beweis für dies Schutz- und Trutzbündnis liegt in der Thatsache, dass die Kirche die Ethik Jesu im Interesse der weltlichen Herrschaften umgemodelt hat. Widerstrebet nicht dem Übel mit Gewalt, liebet eure Feinde, streitet nicht, richtet nicht, schwöret nicht, herrschet nicht, wehe euch Reichen! Diese urchristlichen Tendenzen verschwieg oder veränderte die Kirche, so dass eine Billigung, ja Bestärkung des ,,christlichen" Staates mit all seinen Herrschaftsformen: Gesetz, Thron, Reichtum, Militär, Polizei, Justiz und so weiter, herauskam. Unter geistlicher Obhut wandelte der Feudalismus ein Volk, das zu des Tacitus Zeiten wegen seiner Freiheitsliebe weltberühmt war, in eine Herde von Leibeigenen um. Und als die Bauern endlich einmal die Widersprüche dieses „Christentums" zu durchschauen begannen und sich empörten, da war es der ,,Freiheitsmann", der „Reiniger des Christentums" Luther,

welcher die Fürsten aufforderte, die Empörer wie tolle Hunde zu erschlagen. Ich erinnere noch an das Verhalten der Kirche gegenüber der Negersklaverei, welche noch in unserm Jahrhundert vom amerikanischen Pfaffentum entschuldigt, ja als ein himmlisches Verhängnis, als eine göttliche Einrichtung bezeichnet wurde. Und ich erinnere an all die Dienste, welche die Kirche der politischen Reaktion, diese natürlich auch jener, geleistet hat. Hinweg also ruft der ehrliche Schleiermacher*) mit jeder solchen Verbindung zwischen Kirche und Staat! Das bleibt mein katonischer Ratsspruch bis ans Ende, oder bis ich es erlebe, sie wirklich zertrümmert zu sehen“. Der religiösen Autorität ist auch ein erkenntnistheoretischer Wert beigemessen worden, Der Gottgedanke so heisst es giebt dem Erkenntnisdrang jene Beruhigung, der Weltanschauung jene Abrundung, welche die naturalistische Philosophie vergebens erstrebt. Indessen vermag nur eine durch Autorität korrumpierte Forschung in ,,Gott", dem „Urgrund", dem,,Absoluten", Genüge zu finden. Die reine, die kraftvolle Forschung strebt rastlos, unersättlich ins Unendliche und verachtet es, sich eine erkünstelte Befriedigung zu verschaffen, verschmäht es, sich die Welt mit religiösen Brettern zu vernageln, wohl wissend, dass solche Bretter schliesslich doch Täuschungen und Schranken, Hemmnisse unserer Entwickelung zu Vernunft und Freiheit sind.

Übrigens scheinen mir jene Leute, welche den Gottgedanken für ein „Postulat" ihres individuellen Denkens halten, zumeist in einer Selbsttäuschung befangen zu sein. Hätten sie recht, so würde dieser Gedanke eben mehr individuell gestaltet sein. Das ist aber gewöhnlich nicht der Fall; was in den Köpfen zu spuken pflegt, ist doch nur etwas Schablonenhaftes, Normales, von der Erziehung Eingetrichtertes: der uralte Jehova, ,,der alte Gott" lebt noch.

Ja, wenn der Wunsch des individualistischen Schleiermacher erfüllt wäre, wenn die Religionen nicht vorwiegend das

*) Über die Religion. Halle bei Hendel.

Gepräge autoritären Drills trügen, sondern selbstgeschaffene Ausdrücke individueller Eigenart, freie Weltanschauungen und Lebensauffassungen wären! Nicht unreine Mittel, sondern schlimmsten Falles Verirrungen des Intellekts würde ich dann in ihnen erblicken. Als individuelle Wertungen würde ich sie jedenfalls betrachten und keiner einzigen eine gewisse Achtung versagen, wäre das religiöse Leben in jener Verfassung, auf welche Schleiermacher hinweist mit den Worten: „Bedenkt, dass jeder, der Religion sucht, sie unter der bestimmten Form antreffen muss, die seinen Anlagen und seinem Standpunkte angemessen ist, wenn die seinige dadurch wirklich aufgeregt werden soll... Dann ist jedes Leben praktisch und beschaulich zugleich; über keinem hebt sich der Stecken des Treibers, und jeder hat Ruhe und Musse, in sich die Welt zu betrachten." Ja, dann haben wir ein freies Menschentum, und das ist nicht fern vom freien Vernunftmenschentum.

10. Wirtschaftliche Ausbeutung.

,,Das Verharren auf einer veralteten sozialen, mit den modernen Arbeitsbedingungen in Widerspruch geratenen Ordnung ist es . . . was die moderne Menschheit hindert, vollen Gebrauch von den erlangten produktiven Fähigkeiten zu machen und dadurch alle ihre Angehörigen zu Kulturmenschen im höchsten Sinne des Wortes umzugestalten; sie ist aus einer zwar traurigen, aber unvermeidlichen Kulturnotwendigkeit, was sie Jahrtausende hindurch gewesen, zu einem verderblichen Kulturhindernisse geworden, und deshalb soll sie nicht nur, sondern muss und wird sie mit Naturnotwendigkeit beseitigt werden."

Theodor Hertzka.

Um frei sein zu können, muss man zunächst sein können, also die Lebensmittel besitzen, deren man dringlich bedarf, ferner die Möglichkeit haben, das Leben auch angenehm, den eigenen Wünschen entsprechend zu gestalten.

Da nun die Lebensmittel Wohnung, Kleidung, Nahrung und viele Genüsse nicht von der Natur in Hülle und Fülle geschenkt werden, so sind die Menschen darauf angewiesen, sie durch Thätigkeit zu erwerben. Das thuen sie, indem sie entweder selber arbeiten oder die Arbeit anderer ausbeuten.

In der wirtschaftlichen Ausbeutung erblicke ich nun ein unreines Mittel, d. h. ich bin der Meinung, dass sie das Menschengeschlecht von Freiheit und Vernunft zurückhält, womit allerdings nicht geleugnet sein soll, dass sie andrerseits als gewaltiger Antrieb zum Fortschritt gewirkt hat, wie denn

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