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gegenwärtigen Grössen der Partei, ein Bebel, Liebknecht, Singer, finden bei den Wählermassen eine abergläubische Verehrung, wie eine Ausstellung sozialdemokratischer Fetische" beweist, die im Sommer 1893 im Depeschensaal des Pariser „Figaro" zu sehen war*).

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den Fanatismus beseelt? Weil die Lehre Lasalles eine unfehlbare ist, und weil die Lassalleaner, wenn sie dieselbe verkündigen, in dieser Hinsicht sich selbst für unfehlbar halten müssen. Die Lehre Lassalles ist die einzig wahre; sie ist unfehlbar, und der Glaube daran versetzt Berge. Ohne festen Glauben an ihre Lehre hätten die ersten Christen nicht geblutet für dieselbe; ohne die Unfehlbarkeit jener Religion wäre sie gar nicht als Religion bekannt geworden. Und ohne den Lassalleschen Glauben wird nimmermehr der Sozialismus diejenigen Wurzeln unter den deutschen Arbeitern schlagen, welche einst den Baum der glückseligen Menschen tragen sollen." Nach dem Tode Lassalles so erzählt,,Der Sozialist" hofften viele rheinische Arbeiter auf die Wiederkunft des Messias. Die erste Todesfeier Lassalles begingen die sozialdemokratischen Gläubigen in einer wahrhaft religiösen Stimmung. Zu den umflorten Bildnissen ihres Herrn und Heilands strömten sie in hellen Scharen heran. Auf ihren Bannern standen häufig die Worte: „Die Arbeiter sind der Fels, auf dem die Kirche der Gegenwart gebaut werden soll." In Augsburg sprach es ein Festredner offen aus, dass die Erlösung des Volkes einem Manne aus dem Stamme Juda vorbehalten gewesen sei. In Bremen lenkte ein Redner die Aufmerksamkeit seiner Hörer auf den Ausspruch Heinrich Heines, der in dem 19 jährigen Berliner Studiosen den,,Messias des Jahrhunderts" sah. In Hagen erklärte der Redner mit dürren Worten: die grosse Masse der Menschheit sei nun einmal von Jugend auf so sehr an,,Götzendienst" gewöhnt, dass auch die sozialdemokratische Partei vorläufig noch eines ähnlichen ,,Bindemittels" unabweisbar bedürfe. (Nach dem ,,Sozial-Demokrat“ von Joerg,,,Geschichte der sozialpolitischen Parteien", zitiert.) Dann wieder priesen die Redner das Martyrium Ferdinand Lassalles, der sich selbst entäussert habe, zum Volke herabgestiegen sei und Spott, Verleumdung und Verfolgung auf sich genommen habe.

*) Hier prangte unter anderm ein Hut aus der Fabrik von August Heine (Façon: „Auf zur Wahl") mit dem Bildnis des ,,berühmten Volksmannes" Bebel, gestickte Pantoffeln mit dem Bildnis von Liebknecht,,,Volksseife" mit Bebel, Singer, sozialdemokratische Haussegen, Pfeifen, Cigarrenspitzen, Cigarrenschachtelhülsen, Glückwunschkarten mit den üblichen Bildern und Sprüchen, Schnapsflaschen mit Parteimännern und Parteisprüchen. „Damit die Propaganda niemals ihre Wirksamkeit verliere bemerkt ein erläuternder Aufsatz im „Figaro" - selbst nicht bei den Trunkenbolden, hat

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Solche Unterthänigkeit macht es dem Führer ziemlich leicht, die Masse in den Dienst seines persönlichen Vorteils oder Ehrgeizes zu stellen. Was ihn nach dieser Richtung oft mit besonderer Stärke treibt, ist die materielle Mittellosigkeit, wie sie gerade den proletarischen Vertretern ursprünglich eigen zu sein pflegt. Ist er nun erst auf den Geschmack seiner begünstigten Stellung gekommen, so sucht er, um ein Zurücksinken in das proletarische Dasein zu vermeiden, diese immer mehr zu einer dauernden Versorgungsanstalt auszubilden. Das natürliche Bündnis mit seinen Amtsgenossen, welches seinen Einfluss vervielfältigt, kommt ihm dabei zu statten. So wird dem Volksvertretertum, falls nicht besondere Uneigennützigkeit vorliegt, etwas von dem Charakter eines wirtschaftlichen Geschäftes beigebracht. Wenn nun auch diese Züge bei proletarischen Parlamentariern weit weniger ausgeprägt und bewusst, als bei denen der Bourgeosie, übrigens bei den Deutschen überhaupt minder krass, als etwa bei den Amerikanern, sind. so kann sie ein unparteiischer Beobachter unserer Sozialdemokratie doch hier und dort wahrnehmen. Innerhalb der Partei freilich wird diese Wahrnehmung sehr erschwert, weil der Parteigenosse gewöhnlich günstig für seine Vertreter voreingenommen ist und sie, überredet durch idealistische Redensarten, als organische, untrennbare Teile der heiligen Sache betrachtet. Ein Verleumder drum, ein Parteiverbrecher, wer sich zu meiner Kritik versteigt! Ja freilich; denn die Partei, soweit sie herrschaftlich ist, wird ziemlich gebrochen, wenn mein Ketzertum Anklang beim Volke findet. Es wird sich dann hüten, seine Befreiung Leuten anzuvertrauen, die als vorwiegende Egoisten vor allem interessiert sind, un

ein erfinderischer sozialistischer Glasgiesser Schnapsflaschen in Umsatz gebracht, die mit Inschriften aus dem Evangelium der Sozialdemokraten, den Schriften von Marx versehen sind. Die unserige trägt die beiden folgenden Devisen: Ihr habt die Macht in Händen, wenn ihr nur einig seid" und ,,Proletarier aller Länder vereinigt euch". . . Andere Flaschen tragen die Relief bilder von Bebel und Liebknecht mit darüber befindlichen verschlungenen Händen..."

gestört von riskanten Gewerkschaftskämpfen oder gar Revolutionen*), ihre politische Pfründe zu geniessen. „Der Satte hat eben Zeit". Dies Wort, welches Bebel seinem begüterten Kollegen Vollmar entgegenschleuderte, hätte er lieber als Motto für sein ganzes Parlament verwenden sollen.

Ihre Herrschaftlichkeit verleiht den Volksvertretern nicht selten etwas von Bureaukraten oder Pfaffen und der Partei Eigenschaften des Staates und der Kirche. Sich gehorsam leithammeln lassen, das ist die oberste Pflicht des Partei-Unterthanen. Er ist verbunden, das ihm bereitete Programm, wenn auch nicht verständnisvoll, so doch gläubig, wie das Dogma einer allein seligmachenden, unfehlbaren Kirche hinzunehmen und die Beschlüsse der Partei-Konzile, mag er sie auch missbilligen, zur Durchführung zu bringen.**)

Mit solcher Disziplin, die an Hierarchie und Soldatentum ***) gemahnt, suchten die Beherrscher der deutschen Sozialdemokratie, als der Fall des Sozialistengesetzes ihnen Bewegungsfreiheit gab, ihre Partei zu durchdringen und zu rege

*) Wie cft haben proletarische Parlamentarier bei Streiks und Putschen die Rolle des Krähwinkler Landsturms gespielt! Ich erinnere an den Plan einer allgemeinen Arbeitsruhe am 1. Mai, an die Unruhen der Arbeitslosen zu Berlin 1892 und an den italienischen Aufstand 1893/94.

**) Einem Vertrauensmann der Friedrichshagener Sozialdemokraten, welcher nicht alle Beschlüsse des Erfurter Parteitages zu billigen vermochte, widmete Herr Auer, Mitglied des Parteivorstandes, ein amtliches Schreiben, (abge. druckt im „,Sozialist" vom 24. Dez. 1892), in dem es heisst:,,... verbindlich bleiben die Beschlüsse für jeden Genossen bis zu ihrer Wiederaufhebung auch dann, wenn man sie persönlich für falsch hält."

***) Als der Kanzler v. Caprivi im deutschen Reichstage anerkannte, dass die Sozialdemokraten mit Eifer ihrer Militärpflicht genügt hätten, sagte Bebel: ,,Das wundert mich gar nicht und beweist nur, dass die Herren von der Rechten und von der Regierung von der Tüchtigkeit der Sozialdemokraten eine ganz falsche Anschauung haben. Ich glaube sogar, dass die Bereitwilligkeit, mit der gerade meine Parteigenossen sich der vorschriftsmässigen Disziplin gefügt haben, ein Ausfluss der Disziplin ist, die ihnen das Leben beibringt. Die Sozialdemokratie ist also gewissermassen eine Vorschule für den Militarismus."

nerieren. Dem widersetzten sich die Jung-Sozialisten. welche die freie Selbstbestimmung und die Individualisierung der Masse betonten, bis eine offene Spaltung in Partei-Angehörige und „Unabhängige eintrat. Als die Plänkelei begann (1590 schrieb das leitende Organ der Partei*: „Wer da glaubt. sich als Franktireur ausserhalb des Parteiwillens stellen zu können, der legt hinaus. das weiss jeder von uns. vom ersten bis zum letzten, und darum handelt jeder danach.Um diese Worte völlig zu verstehen. muss man bederken. dass jemand. der hinausfliegt, nicht nur seines Eindusses auf die Anhänger der Partei beraubt, sondern auch an Ehre **). ja nicht selten an Einkommen geschädigt wird. wofern er nämlich in materieller Hinsicht abhängig ist von den Parteigenossen. etwa als Händler, Gastwirt. Buchdrucker oder Journalist. So erinnert der Ausschluss aus der Partei an gewisse Strafen, mit denen die Kirche ihre Ketzer einzuschüchtern sucht. Zu unreinen Mitteln werden solche Massregeln. wenn sie was oft vorkommt einer abweichenden Meinung wegen Anwendung finden, folglich der Gedankenfreiheit. dem freien Vernunftmenschentum entgegen arbeiten. Korrumpiert wird die Bewegung, wo solche Mittel wirksam sind: denn Korruption ist es, sich durch angedrohte Schädigungen zum Verleugnen von Überzeugungen bestimmen zu lassen.

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Zur Erläuterung meiner Kritik will ich einen Fall aus

"),,Berliner Volksblatt."

**),,Anständige Leute selbst, seine Freunde, seine Waffengenossen von früheren Kämpfen her, würden ihm, sofern sie höflich und duldsam, zum mindesten erwidern: Du machst dich einer schlechten Handlung schuldig, du lieferst unsern Feinden Waffen, du zersplitterst uns. Seine Partei zersplittern das heisst die Führer tadeln und einer Strömung entgegen arbeiten, die man für verderblich hält, ist aber ein Verbrechen, auf das der Strang steht. Es giebt Fälle, da Äusserungen von Vernunft und Vorbedacht als gleichbedeutend mit Desertion ohne Milderungsgrund gelten. Ungelegene Ratgeber werden gründlicher verabscheut wie Feinde: sie werden als Überläufer betrachtet." So bemerkt das ,,Handbuch des Demagogen".

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meinen Erfahrungen im Parteileben vorführen. Im Jahre 1890 hatte ich mit ein paar Freunden einen Selbstverlag organisiert und in dieser „Freien Verlagsanstalt" mein Gedichtbuch Einsiedler und Genosse" sowie „Die Jugend, eine Schrift zur Belehrung und Unterhaltung für Söhne und Töchter des arbeitenden Volkes" erscheinen lassen. Die Jugendschrift war verfasst, um eine von Parteiführern und Parteitagen konstatierte Lücke auszufüllen, und von Leuten wie Liebknecht günstig beurteilt worden: Den Generalvertrieb dieser Bücher hatte die Volksbuchhandlung des „,Vorwärts" gegen die übliche Provision übernommen. Als nun auf dem Erfurter Parteitage eine Anzahl Sozialisten formell als „Verleumder", thatsächlich aber wegen abweichender Meinungen aus der sozialdemokratischen Partei ausgeschlossen worden waren, protestierte ich in einer Volksversammlung zu Berlin dagegen und sprach in einer Resolution den Gedanken aus: Der Sozialismus sei eine geistige Bewegung und Gemeinschaft, aus der niemand wegen taktischer oder persönlicher Differenzen ausgeschlossen werden könne; deshalb möge man die ausgeschlossenen Sozialisten nach wie vor als Genossen betrachten. Ausserdem nahm ich die Wahl in eine Kommission zur Vorbereitung weiterer Protest-Schritte an. Gleich darauf schickte die Buchhandlung des ,,Vorwärts" die von mir herausgegebenen Bücher der Verlags-Firma *) mit folgenden Zeilen zurück:

,,Durch Beschluss des Partei-Vorstandes ist der Vertrieb der von Herrn Dr. Bruno Wille herausgegebenen, in Ihrem Verlage erschienenen Schriften Die Jugend' und Einsiedler und Genosse' durch uns inhibiert worden."**)

Auf mein Ersuchen beim Partei-Vorstand, mir wenigstens die Gründe mitzuteilen, die ihn zu diesem Vorgehen bestimmt hätten, erhielt ich vom Sekretär der Partei die Antwort:

*) Druckerei Maurer & Dimmick zu Berlin.

**) Das gleiche Schicksal fanden die Schriften des „unabhängigen Sozialisten" Albert Auerbach.

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