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nach dem Sinn des Papstes, ausgelegt werde.85) Bei dieser Deutung der Schrift nach dem Sinn der heiligen Mutter Kirche", resp. des Papstes, kommt die römische Partei dahin, daß sie die Zentrallehre der christlichen Religion, die Rechtfertigung des Menschen aus dem Glauben an das Gnadenevangelium ohne des Ge. sebes Werke, ausdrücklich und sehr entschieden mit dem Fluch belegt.86) Daß es troßdem innerhalb der römischen Partei noch Christen gibt, kommt daher, daß immer einzelne Seelen wider der „Kirche" Verbot, namentlich in der Anfechtung, das Vertrauen auf eigene Werke fahren lassen und ihre Zuversicht vor Gott allein auf die Gnade Gottes in Christo sezen.87) Aber dabei bleibt die Tatsache bestehen: Daß die römische Kirche als solche in der äußeren Christenheit eine besondere Partei bildet, ist erstlich darin begründet, daß sie Christi Wort, das Wort der Propheten und Apostel, die Heilige Schrift, nicht zur Geltung kommen läßt, sondern an die Stelle des christlichen Erkenntnisprinzips tatsächlich die Lehrbestimmungen der sancta mater ecclesia, das ist, des Papstes, setzt. Oder wie Luther es in den Schmalkaldischen Artikeln adäquat ausdrückt: 88) Der Papst rühmet, alle Rechte sind im Schrein seines Herzens (in scrinio sui pectoris), und was er mit seiner Kirche urteilt und heißt, das soll Geist und Recht sein, wenn's gleich über und wider die Schrift oder das mündliche Wort ist." Mit der tatsächlichen Beiseitesezung der Schrift ist dann auch die Proskription der christlichen Gnadenlehre gegeben. Die ganze große Maschinerie der römischen Partei ist auf Werklehre und die Autorität des Papstes eingestellt. Den Fall gesezt, daß diese beiden Faktoren aufgegeben würden, so würde die römische Partei aus der äußeren Christenheit verschwinden.

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Die reformierten Kirchengemeinschaften geben in thesi ebenfalls die göttliche Autorität der Schrift zu, und zwar mit starker Betonung der Inspiration der Schrift, namentlich bei den älteren, aber auch bei neueren Reformierten.89) Es ist weithin Mode

85) So das Tridentinum. Sess. IV, Decretum de editione et usu sacrorum librorum. Smets, S. 15.

86) Tridentinum, Sess. VI, can. 11. 12. 20. Die weitere Darlegung unter dem Abschnitt „Die Papstkirche und die Lehre von der Rechtfertigung“, II, 667 ff. 87) Apologie, 151, 271: Etiamsi in ecclesia pontifices aut nonnulli theologi ac monachi docuerunt, remissionem peccatorum, gratiam et iustitiam per nostra opera et novos cultus quaerere, . . . mansit tamen apud aliquos pios semper cognitio Christi.

88) M. 321, 4.

89) Gaußen, Kuyper, Böhl, Shedd, Hodge.

geworden, den Unterschied zwischen der reformierten und der lutherischen Kirche dahin zu bestimmen, daß die reformierte Kirche „mehr ausschließlich“ die Schrift Quelle der christlichen Lehre sein lasse, während die lutherische Kirche, weil mehr historisch“ und „konservativ" geartet, neben der Schrift auch die Tradition zur Geltung kommen lasse.99) Diese dogmengeschichtliche Auffassung ist sachlich unzutreffend. Die Sachlage ist klar erkennbar diese: Die reformierte Kirche, sofern sie in Zwinglis und Calvins Bahnen wandelt, segt in den Lehren, durch welche sie sich von der lutherischen Kirche unterscheidet und als selbständige Partei in der äußeren Christenheit sich etabliert hat, das Schriftprinzip beiseite und setzt an dessen Stelle klar ausgesprochene und sehr nachdrücklich festgehaltene rationalistische Axiome.

Es geschieht dies 1. in bezug auf die von Gott geordneten Gnadenmittel. Obwohl die Aussagen der Heiligen Schrift dahin Lauten, daß die göttliche Darbietung der von Christo erworbenen Vergebung der Sünden und die Hervorbringung und Stärkung des Glaubens durch die von Gott geordneten äußeren Mittel (durch das Wort des Evangeliums und durch die Taufe und das heilige Abendmahl) sich vollzieht,91) so behaupten doch Zwingli und Calvin und auch neuere Reformierte, es sei für den Heiligen Geist nicht anständig, seine Gnadenoffenbarung und seine Gnadenwirksamkeit an die äußeren, von Gott geordneten Mittel zu binden, und tatsächlich bediene sich auch der Heilige Geist, wo er zur Seligkeit wirke, nicht dieser äußeren Mittel.92) Es war dieser von den Gnadenmitteln losgelöste „Heilige Geist“, der zur Zeit der Reformation im protestantischen Lager Trennung anrichtete und die Beschuldigung erhob, daß Luther das Evangelium nicht recht erkannt habe, sondern im „Fleisch“ - darunter wurde. Luthers Festhalten

90) Eine Zusammenstellung von Aussagen über den Charakter der lutherischen und der reformierten Kirche bei Luthardt, Dogmatit 11, S. 26 f.

91) Siehe die Abschnitte „Die Gnadenmittel im allgemeinen“ und „Alle Gnadenmittel haben denselben Zweck und dieselbe Wirkung", III, 122 ff.

92) So Zwingli, Fidei Ratio. Niemeyer, S. 24: Dux vel vehiculum Spiritui non est necessarium, ipse enim est virtus et latio, qua cuncta feruntur, non qui ferri opus habeat. Ebenso Calvin, Inst. IV, 14, 17. Der Genfer Katechismus (Niemeyer, S. 161) schärft ein: Non esse visibilibus signis inhaerendum, ut salutem inde petamus. Charles Hodge, Syst. Theol., II, 684: "Efficacious grace acts immediately." So beschränkt auch Böhl, Dogmatik, S. 447 f., die Geltung und Wirkung des Wortes auf die vorher und unmittelbar Wiedergebornen.

an den Gnadenmitteln verstanden stecken geblieben sei.93) Die praktische Folge dieser Trennung der Gnadenoffenbarung und Gnadenwirksamkeit von den Gnadenmitteln ist der Rückfall in die römische eingegossene Gnade" (gratia infusa) und somit ein Abfall von der christlichen Lehre von der Rechtfertigung. Denn alle Menschen, die sich von den äußeren Gnadenmitteln hinwegweisen lassen, gründen ihre Zuversicht zu Gott nicht auf die Vergebung der Sünden oder die gnädige Gesinnung Gottes (favor Dei propter Christum), die durch Christi satisfactio vicaria vorhanden ist, in der evangelischen Verheißung der Gnadenmittel dargeboten wird und auf Grund dieser objektiven Darbietung und Zusage geglaubt werden. soll, sondern auf eine angeblich unmittelbar bewirkte innere Umwandlung, Erleuchtung und Erneurung, also auf eine Gnade, die als eine dem Menschen inhärierende gute Qualität gefaßt wird. Da aber der Heilige Geist erklärtermaßen mit einer solchen unmittelbaren Gnadenoffenbarung und Gnadenwirkung sich nicht abgibt,94) so sezen alle, die wirklich nach Zwinglis und Calvins Anweisung um die unmittelbare Erleuchtung und Erneu rung sich bemühen, notgedrungen an die Stelle der wirklichen Geisteswirkung eigenes menschliches Produkt. Luthers öfter ausgesprochenes Urteil, daß „Papist und Schwärmer ein Ding" sind, entstammt nicht der übertreibenden Polemik des 16. Jahrhunderts", sondern ist ein vollkommen sachliches Urteil. Daß es troß der offi ziellen Ableugnung der Gnadenmittel dennoch viele Kinder Gottes in den reformierten Gemeinschaften gibt, kommt von einer Inkonsequenz her, auf die Luther oft und sonderlich auch in den Schmalkaldischen Artikeln hingewiesen hat. Würden nämlich die offiziellen Leugner der Gnadenmittel ihre Theorie in die Praxis umsetzen, so müßten sie auch ihrerseits vom Evangelium in äußerlich geredetem und in äußerlich geschriebenem Wort schweigen, um nicht des Heiligen Geistes angeblich unmittelbare Wirksamkeit zu stören. Aber statt zu schweigen, sind sie in Wort und Schrift sehr geschäftig, und sofern sie dann das Evangelium von dem für die Sünden der Welt gekreuzigten Christus lehren, geben sie dem Heiligen Geist Gelegenheit,

93) 3 winglis Antwort auf Luthers Schrift „Daß diese Worte" ust., abgedruckt in der St. Louiser Ausgabe von Luthers Werken, XX, 1131 f.: "Ich [Zwingli] will dir [Luther] vor die Augen stellen, daß du den weiten, herrlichen Schein des Evangelii nicht erkannt hast, du habest denn desselben wiederum vergessen."

94) Vgl. III, 170 ff., 175 ff.

nicht ohne Wort und neben dem Wort, sondern gerade durch das Wort, also mittelbar, den Glauben an Christum zu wirken und zu erhalten.95)

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2. Eine weitere Beiseitesetzung des Schriftworts auf Grund eines rationalistischen Arioms liegt auch der reformierten Leugnung der Realpräsenz des Leibes und Blutes Christi im Abendmahl zugrunde. Daß die Schriftworte vom Abendmahl prima facie nicht auf die Abwesenheit, sondern auf die Anwesenheit des Leibes und Blutes Christi lauten, wird direkt und indirekt zugegeben. Nur müßten die Abendmahlsworte so gedeutet werden, daß sie sich mit dem Glauben" reimen. Auf die Frage nach dem Inhalt des Glaubens", nach dem die Abendmahlsworte zu deuten seien, bringen die alten und die neuen reformierten Lehrer nicht Schriftaussagen, sondern ein menschliches Dekret des Inhalts, daß Christi menschlicher Natur, wenn sie nicht zerstört werden solle, immer nur eine sichtbare und lokale Gegenwart (visibilis et localis praesentia) zukommen könne. Christo nach seiner menschlichen Natur soll, wie Calvin uns sehr nachdrücklich belehrt, immer nur eine Gegenwart zukommen, die über die natürliche Größe des Leibes Christi (dimensio corporis, mensura corporis) nicht hinausreiche, also nur über etwa sechs Fuß sich erstrecke und daher für die gleichzeitige Abendmahlsfeier an vielen Orten in der Welt jedenfalls nicht zureiche. Nicht nur Carlstadt und Zwingli, sondern gerade auch Calvin gründet seine Bekämpfung der Realpräsenz, auf die die Abendmahlsworte lauten, auf den Kanon, daß Christi Leib, wo er sei, notwendig stets räumliche Ausdehnung haben und sichtbar sein müsse.96) Auch in den Joh. 20, 19 erwähnten geschlossenen Türen sei notwendig eine Öffnung hinzuzudenken, und Luk. 24, 31 sei so auszulegen, daß nicht Christus selbst nach seiner menschlichen Natur unsichtbar geworden sei, sondern der Emmausjünger Augen zugehalten wurden.97) Kurz, der reformierten Leugnung der Realpräsenz des Leibes und Blutes Christi im Abendmahl liegt klar erkennbar die Tatsache zugrunde, daß ein menschliches Ariom gegen die Schriftaussagen geltend

95) über die reformierte Selbsttäuschung III, 188 ff.

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96) Inst. IV, 17, 19 besteht C alvin auf einer Gegenwart des Leibes Christi, quae nec mensuram illi suam auferat vel pluribus simul locis distrahat vel in pluribus simul locis ponitur. Inst. IV, 17, 29: Haec est propria corporis veritas, ut spatio contineatur, ut suis dimensionibus constet, ut suam faciem habeat.

97) Inst. IV, 17, 29, am Ende.

gemacht wird. Calvin akzeptiert Luthers Feststellung des status controversiae: All ihr Ding steht darauf, daß Christus' Leib müsse allein an einem Ort sein, leiblicher und begreiflicherweise." 98)

3. Die Frage, ob die Gnade Gottes in Christo allgemein sei (gratia universalis) oder partikular (gratia particularis), meinen die calvinistischen Reformierten nicht aus den Schriftaussagen, die auf die universale Gnade lauten,99) sondern aus dem geschichtlichen „Erfolg“ oder der geschichtlichen „Erfahrung“ beantworten zu sollen. "We must assume that the result is the interpretation of the purposes of God." 100) Das reformierte Argument, wodurch die auf die allgemeine Gnade lautenden Schriftaussagen beseitigt werden, verläuft bekanntlich so: Weil tatsächlich nicht alle Menschen selig werden, so ist der Schluß geboten, daß Christi Verdienst und Gottes Gnadenwille nicht auf alle Menschen sich erstrecke. Die Annahme eines allgemeinen Gnadenwillens bei einem partikularen Resultat wäre eine Beleidigung der göttlichen Weisheit, Macht und Majestät.101) Die stärkste Verwerfung des Schriftprinzips

98) Ausführliche Darlegung des Motivs für die reformierte Absenzlehre III, 376 ff.

99) Joh. 1, 29; 3, 16 ff.; 1 Joh. 1, 2; 1 Tim. 2, 4-6 usw. Die ausführliche Darlegung II, 21 ff.

100) Charles Hodge, Systematic Theol. II, 323. Ebenso Calvin, Inst. III, 24, 17. 15: Quamlibet enim universales sint salutis promissiones, nihil tamen a reproborum praedestinatione discrepant, modo in carum effectum mentem dirigamus. — Experientia docet, ita [Deum] velle resipiscere quos ad se invitat, ut non tangat omnium corda.

101) Calvin beruft sich Inst. III, 24, 16 zur Widerlegung des allgemeinen Gnadenwillens auf Gottes Allmacht: Si tenacius urgeant, quod dicitur [Deum] velle misereri omnium, ego contra excipiam, quod alibi scribitur, Deum nostrum esse in coelo, ubi faciat quaecunque velit, Ps. 115, 3. Hodge, a. a. D.: "It cannot be supposed that God intends what is never accomplished that He adopts means for an end which is never to be attained. This cannot be affirmed of any rational being who has the wisdom and power to secure the execution of his purposes. Much less can it be said of Him whose power and wisdom are infinite.” übrigens hat sich Calvin bei Anführung von Pf. 115, 3 eine Änderung im Wortlaut erlaubt. Die Worte: „Aber unser Gott ist im Himmel; alles, was ihm beliebt (D), macht er", find nur eine Beschreibung der Allmacht Gottes im Gegensak zur Ohnmacht der Gößen der Heiden, wie sofort hervorgehoben wird, V. 4: „Jener Gößen find Silber und Gold, von Menschenhänden gemacht." Durch Einschiebung eines ubi: Unser Gott ift im Himmel, „ubi faciat quaecunque velit“, verkehrt Calvin den Gedanken dahin, daß Gott im Himmel anders wolle und handle als auf Erden.

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