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unterricht geben müssen; und ziehen Sie auch hierin eigenen und fremden Nugen Ihrem Privatgeschmack vor, weil Früchte besser als Blüten sind.“

18. Mai. Sie sind jezt also, mein lieber Herder, der einzige Freund, den ich in Riga habe. Wandeln Sie Ihrem Berufe würdiglich . . Denken Sie weniger und leben Sie mehr. Ueberlassen Sie sich nicht der Menge ihrer Lieblings-Ideen zu viel. Glauben Sie es mir zu Gefallen, daß es keine so allgemeine und nüßliche Philosophie zum Besten des Volkes gibt, und keinen so glücklichen Anfang der Weisheit, als die Furcht des Herrn; denn sie hat die Verheißung dieses und eines künftigen Lebens." Dann folgen allerlei literarische Dinge, Urtheile über französische und deutsche Bücher 2.

Aber was lesen wir gleichzeitig in diesen und andern Briefen über den Schreiber selbst? Im erstgenannten vom Januar: „Daß ich zu nichts auf der Welt Gottes mehr tauge, wissen Sie. Ich schicke mich, so gut ich kann, in dieses kleine Unglück, das mir wenigstens dazu dienen kann, Andere durch meinen Schaden zu warnen und, wo es möglich ist, auf Kleinigkeiten aufmerksam zu machen. Ich habe der armen Schwaben gespottet und werde ihre Epoche [des „Klugwerdens" mit vierzig Jahren, nach dem Sprichwort] vielleicht zu meiner eigenen Krisis erleben müssen ..“ An I. G. Lindner, im März:,,Daß ich wenig Lust habe, lange so zu leben, daran ist wohl mein gegenwärtiger vegetabilischer oder animalischer Zustand schuld. Ich erwarte nächstens Vorschläge aus der Nähe, und werde mir auch Zeit nehmen, Sie um Rath zu fragen." An Mendelssohn, Anfangs April: „Mein Ueberdruß ist auf's höchste gestiegen und benimmt mir alle Fähigkeit und Lust, zu denken und zu leben. Mit desto größerer Sehnsucht erwarte ich gegen den Mai meinen alten Freund Lindner, dessen Umgang meine Frühlingskur sein wird." Endlich an Herder in demselben Monat: „Ich werde vielleicht bloß meinen Freund Lindner abwarten, um gleichfalls nach Ihren Gegenden aufzubrechen.

Das Leben wird mir sehr sauer und ich weiß nicht, wozu ich auf der Welt bin. Ich will wieder mit Hofmeistern anfangen und in Curland einen neuen Versuch dazu machen."

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Das also war das Ende des kurzen Freiheitsgenusses, wo nicht Freiheitsrausches, das der innere Lohn des übereifrigen, nicht minder genußsüchtigen Studiums mit der Feder in der Hand", von welchem letteren jeder der beregten Briefe voll ist! Sollte der selbstquälerische und doch so einsichtige Hamann hieran nicht gelernt haben, einmal, daß der Mensch von Natur einer auch äußern Pflichtarbeit bedarf, um nicht zu verkommen und, wenn er keine andere Last hat, sich selbst zu desto schwererer Last zu werden? zum Andern, daß nichts, keine noch so ideale oder auch reale Wissenschaft, Kunst, Philosophie oder auch Theologie das Herz ausfüllen und ihm Frieden geben kann, wenn das Eine fehlt: die Uebergabe des Herzens und des Willens, mit allem was es ist, hat, hofft und wünscht, an den Einen, der es allein stillen kann. Bewährt sich hier nicht neu das alte Wort des Kirchenvaters: Zu Dir hast Du uns geschaffen, und unser Herz ist unruhig, bis es ruhet in dir ?" Das geht aber nicht ohne Streit und Verleugnung!

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Hamann trug freilich Etwas in sich, das ihn niemals ganz versinken ließ. Er schrieb damals auch: Weil ich diese Versuchung gewissermaßen vorausgesehen und Hoffnung habe, selbige mit Gottes Hülfe zu überstehen, so beruhigt mich dies und erhält meine Geduld. Es gibt eine ebenso hohe als tiefe Erfahrung von der Wahrheit: Ohne mich könnt ihr nichts thun, und ich vermag Alles.“ Aber dieses ins Leben zu überseßen, war noch seine Sache nicht so ganz.

Er suchte nun immer dringender nach Beschäftigung, einzig um Ruhe im Innern zu finden, nicht aus Liebe zum Geschäft irgend einer Art. Hatte er doch in diesem März noch an Lindner geschrieben: „Die einzige Glückseligkeit meines Lebens besteht in einer unthätigen Sorglosigkeit." Freilich ging mit dieser Stimmung

die entgegengesette Hand in Hand: ein ungestümer, unersättlicher Drang nach geistiger Geschäftigkeit, nach Gedankenbewegung, Gedankenäußerung. Andrerseits machte sich immer lauter jene, ebenfalls sehr natürliche Stimme in seinem Innern bemerkbar, welche zn ihm sagte: Schaffe dein Brod für die Zukunft; sorge, daß du zu leben habest! Daß der Mensch nicht vom Brod allein, sondern von dem lebenschaffenden und lebenerhaltenden „Worte Gottes" im Brode lebt, und daß dieses Wort der Gnaden auch Brod schaffen kann, wo keines ist, und solches auch wirklich und gewiß thut dem, der in den Wegen und nach dem Willen des allmächtigen Gebers wandelt: dieser Glaube verdunkelte sich in Hamann in eben dem Maße, als sein Gewissen ihm vorhielt, daß er doch im Grunde nicht auf jenem Wege des Gehorsams gegen Den wandele, welchen er so tief in seinem Herzen kennen gelernt hatte, und den er Andern zu verkündigen so wohl verstand.

Am 1. Mai desselben Jahres reichte er eine „allerunterthänigste Bittschrift an die kön. preuß. Regierung“ zu Königsberg ein, worin es mit bekannter originaler Offenheit hieß: „Der Segen meines mütterlichen Erbes hat durch Mittel der Vorsehung nicht nur neun Jahre zu meinem nothdürftigen Unterhalte hingereicht, sondern auch von 1756 bis 1758 zu einer Reise über Berlin, Hamburg, Amsterdam nach London, wozu ich durch Vorschuß und Beisteuer großmüthiger Handelsleute in Liefland unterstüßt wurde; endlich noch zu einer andern Ausflucht nach Deutschland, Elsaß und Basel, die aber nicht länger als 16 Wochen gewährt, und von der ich am Michaelistage des verflossenen Jahres wieder heimgekommen bin.

,,Ew. Kön. Maj. werden aus copeylichen Beilagen zu ersehen geruhen, daß weder Uebermuth noch Faulheit, sondern ein bloßes Ungeschick meiner Neigungen und Fähigkeiten mich bisher von einem öffentlichen Amte ausgeschlossen haben. Ich hätte auch gern die Fruchtlosigkeit meiner Probedienste bei E. hiesigen Kammer-Kanzley länger als sechs volle Monate verschmerzt, falls es nicht dem

barmherzigen Gott gefallen, meinen alten Vater den 25. Januar v. I. durch einen Schlagfluß an der rechten Seite zu lähmen, und hierauf zugleich mich selbst von dem mühseligen Joche meiner Kanzley-Proben zu erlösen. ... Es erscheint mir keine unzeitige. Pflicht, nunmehr [nach ziemlicher Versorgung des Vaters durch einen Anverwandten] auch für die künftige Sicherheit meines eigenen Unterhalts selbst Sorge zu tragen, weil mir von meinem nothdürftigen Vermögen nach Bezahlung meiner jährlichen Pension und etwa einiger Schulden nicht mehr übrig bleiben wird, als höchstens eine einzige Actie in Ew. Kön. Maj. allerhöchst privilegirter Bank zu erkaufen. Ich werde dieses Opfer von dem Ueberrest meines ganzen Glücks mit willigem Herzen thun, und erflehe von Ew. Kön. Maj. jezt keine größere Belohnung meiner obwohl vergeblichen doch freiwilligen Probedienste, als die gnädige Freiheit, mein Vaterland verlassen zu können. Da ich keinen ausdrücklichen Befehl vom Hofe vermuthen darf, der mich verbinden sollte, in meiner Heimath zu verhungern oder betteln zu gehen, unterdessen ich die außerordentlichsten und vortheihaftesten Anerbietungen auswärtiger Gönner mit einer patriotischen stupidité und eben so lebhaftem Gefühl meiner Unwürdigkeit ausgeschlagen habe; da es ferner den merklichen Beispielen von Landeskindern gar nicht fehlt, die ihrer Verlegenheit, hier aus- und unterzukommen, durch gesuchte und erhaltene Erlaubniß, sich zu expatriiren, abhelfen müssen; so wird Eine Erlauchte Kön. Regierung mit gleicher Gnade geruhen, mir einen Reisepaß nach Curland zu ertheilen, weil ich daselbst die nächste Hoffnung habe, mir durch Vorschub gut gesinnter Freunde vor der Hand eine anständige Subsistenz zu vermitteln. Ich werde niemals die Treue eines Preußen für das Interesse und die Befehle seines unsterblichen Monarchen in dieser Brust erkalten laffen, und auch in fernen Landen nicht vergessen, den Ruhm Preußischer Helden und die noch weit glücklichere Ruhe Preußischer Invaliden bis an mein Ende zu verkündigen. Sollte aber dem Gemeinen Wesen jemals an meiner Asche und übrigem Nachlaß

etwas gelegen sein, so werde ich keinen Augenblick versäumen, mich unter den Schatten der heiligsten Eiche dieses Königreichs zu verpflanzen, und daselbst mit der Devotion eines aufrichtigen Druiden ersterben als Em. königl. Maj. allerunterthänigster Knecht I. G. Hamann.

Dachte der Druide bei dem vorlegten Saße vielleicht im innersten Mark seines Eichenherzens daran, daß wer kennt die Geheimnisse der Zukunft? - dem unsterblichen Monarchen in empfänglicher Stunde vielleicht gefallen könnte, den wirklich bisher so sehr verkannten, hochbegabten Druiden und Magus für diese Verborgenheit und freiwillige wie durch die Umstände zugleich abgenöthigte Erniedrigung seiner selbst durch eine desto glänzendere Stelle zu entschädigen? und wäre die so außergewöhulich freimüthige Begründung seines Gesuches zum Theil auf jenen verborgenen Herzensgedanken zurückzuführen? Wer kennt die Geheimnisse eines menschlichen, und nun gar eines Hamannischen Herzens! Doch weg mit aller Ironie: welches andere natürliche Herz wollte, und welches dürfte ihm jene Wünsche und Gedanken verargen?

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Genug, die Erlaubniß außer Landes zu gehen wurde ihm ertheilt. Noch bevor er sie erhielt, verlautete er über seine Lage an Herder (18 Mai): Sie können leicht erachten, liebster Freund, daß ich jetzt zerstreuter lebe, aber eben nicht zufriedener, sondern Königsberg wird mir immer enger. Aus einer guten Ahndung, die mich noch nicht ganz verläßt, bin ich den 1. Mai bei der hiesigen Regierung mit einer allerunterthänigsten Bittschrift eingekommen, mir die Wohlthat des Ostracismi [des Verbannungsurtheils] und einen Reisepaß nach Curland angedeihen zu lassen. Sie werden mich in Ferien auf diesem Gottesacker meiner Ruhe besuchen können. Ich warte also auf die Stunde meiner Erlösung, Verpflanzung, und Ihrer Umarmung .“

Der gute Freund war der Advokat und Hofrath Tottien in Mitau, welcher, aus früherer Zeit mit Hamann bekannt, ihn

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