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Februar):,,Meine philosophische Neugierde, den Mann zu sehen und zu genießen, dem ich die große Herzenserleichterung von Sorge und Kummer verdanke, ist noch mehr durch Ihre Nachricht als durch Herders und Lavaters Empfehlungen und meine eigene Sympathie der Empfindungen gereizt. Ich finde mich aber in einer Verlegenheit, mich selbst gegen ihn auszuschütten, weil alles den Schein eines bestochenen Urtheils und einer parteiischen Leidenschaft in beider Augen haben muß. Lachen Sie, liebster Jacobi, so viel Sie wollen. Bei meinem großen Glück an Freunden, mit denen ich mich gar nicht vergleichen darf, habe ich immer eine Leere in meiner Seele nach einem Alcibiades [dem jugendlichen Lieblingsschüler des alten Sokrates] gefühlt, und am letzten Jänner lag mir immer im Sinne:,,Ich habs gefunden, habs gefunden!" Unter Tausenden habe ich einen Menschen funden, einen Jüngling, der sich nicht schämt, ein Christ zu sein.“ An Buchholz selbst Anfangs April:,,Vorgestern erhielt ich Ihre erwartete Zu-= schrift vom 18. v. M. Die eingeschlossene Silhouette war das erste, was mir entgegenfiel und meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Wie Sie allen meinen Wünschen zuvorkommen und selbige errathen können! dachte ich oder rief ich aus. So sehr mich der Kopf interessirt und mich für sich einnahm, fand ich doch bei allem meinem Mangel eines physiognomischen und überhaupt irgend eines Kunst-Sinnes einen Widerspruch in mir, Ihren Schattenriß darin zu erkennen. . . Und mit wie viel getäuschter Sehnsucht habe ich wie ein anderer Diogenes einen Menschen oder vielmehr einen Nächsten gesucht, dem ich mich ganz anvertrauen und auf dessen herzliche An- und Aufnahme ich mich verlassen könnte, und der eben die Neigung hätte, Experimente mit mir zu machen, welche ich so oft gleich einem Arzte, der sich nicht selbst zu helfen weiß, mit jedem der mir in den Wurf kam versuchte, indem ich bloß die Erfahrung meines eigenen Elends anzuwenden und mitzutheilen suchte. Mit eben der Wahrheit, womit sich St. Paulus

eine unzeitige Geburt nannte, sah ich mich selbst als eine große

Windelpuppe an, die noch immer auf ein, ich weiß nicht was für ein Wunder seiner Entwickelung, Ausbildung und lebenerweckender Liebe seines Pygmalion [Bildners] ohne Hoffnung gehofft. Sollten Sie der Jüngling sein, den Gott dazu ausgerüstet, mich alten versteinerten Sofrates Wenigstens wollen wir uns bei unsrer leiblichen und persönlichen Zusammenkunft weder heucheln noch schmeicheln, sondern Wahrheit soll unsre Freiheit oder die Rechte des Eigenthums untereinander entscheiden." An Jacobi aber schrieb der Nämliche über den Nämlichen: „Die Bescheidenheit, sich selbst so gleichgültig und unbedeutend aufzuführen, ist für mich der größte und bedeutendste Zug seines Charakters.“ Und Freude machte es Hamann noch besonders, des Jüngeren Namen als Verfasser eines Aufsaßes in einem Münsterschen Blatte zu lesen, das ein Anderer ihm zugeschickt hatte.

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Das Erste, was indeß eine Reise zu verbieten schien, war ein ernsterer Krankheitsfall, welcher Hamann Ende Februar befiel und fast den ganzen März anhielt ,,eine Art Kolik mit fieberhaften Krämpfen", wie er dem Freunde Dr. Lindner, damals in Halle, meldete. An Jacobi brachte dieser Fall folgende Aeußerung Ende März zuwege. „Was die Beschwerlichkeiten meiner Reise betrifft, so hat sich die Gährung meines Gemüths während meiner Krankheit ein wenig gelegt. Es ist weder Leichtsinn noch Wankelmuth. Wie sonst, schreib' ich auch jetzt aus der Fülle meines Herzens. Mein ernster Wunsch und Vorsatz ist unverändert, so der Herr will, und wir leben. Erlauben Sie mir aber alles dasjenige wieder zurückzunehmen, was meine lästige Art in meinen Briefen Ihnen vorgeschäumt. Zum Laufen hilft nicht schnell sein. Ich will das Spiel der Vorsehung durch keinen übereilten Schritt verderben. Wer es angefangen hat (nicht ich), mag es auch vollenden. Mein deutsches Ja! und herzliches Amen! soll von keiner wetterwendigen Elster meiner Lüsternheit oder guten Willens, sondern von männlichen Grundsäßen der Freundschaft und Pflicht, und von näheren Umständen und Gegebenheiten Hamann's Dienst- und Ruhejahre.

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der Vorsehung und ihrer Mittelsperson abhangen, deren Entwicklung und Aufklärung ich täglich erwarte. Ich bin noch bis auf diese Stunde in der Hauptsache völlig im Dunkeln. Wer aber des Nachts wandelt, der stößt sich, denn es ist kein Licht in ihm. Joh. 11, 10."

Aber dann wieder, Anfangs April an denselben: „Mein geerbter Schwindel macht mir bisweilen den Kopf so leer, stumpf und wüste, daß alles in mir und um mich herum zur Wüste, Einöde und fürchterlichem Chaos wird." Vierzehn Tage später: Sie können sich meinen trostlosen Zustand nicht vorstellen, und wie ich an mir selbst verzage, weil ich keines gesunden vernünftigen Gedankens mir bewußt und gänzlich thierisch bin.“ 1. Juni: „Wie leicht ein Wald von Grillen in meinem Gemüthe aufschießt durch die Furie meiner dithyrambischen Einbildungskraft, ist mir noch unbegreiflicher. Außer der hypochondrischen Furcht wegen meines Reisepasses quälte ich mich mit der getäuschten Erwartung bei der wirklichen Erscheinung meiner lächerlichen Gestalt und leeren Figur, daß ich mich selbst nicht auszustehen und zu leiden im Stande bin, und je mehr man mir zuvorkommt, desto verstockter und ärgerlicher über mich selbst werde, und an Allem irre, was mich umgibt. Ist noch einige Erleichterung von diesem RadicalUebel möglich, so bin ich auch der einhelligen Meinung, daß nichts in der Welt mir so zuträglich sein wird, als der Vor- und Nachschmack einer solchen Wallfahrt und heiligen Kreuzzuges, der seit so vielen Jahren wie eine unreife Frucht in meinem Gemüthe die tollsten Beschwerden und Sprünge gemacht hat."

Von der andern Seite hatte ihm Jacobi geschrieben im Namen der Freunde (im Mai): „Die Hauptfrage ist, ob Ihnen die Reise zuträglich sein wird. Buchholz fürchtet, Sie möchten aus Liebe manches, was Ihnen den Entschluß zur Reise schwer macht, verschweigen, und aus Großmuth zu viel unternehmen. Wir wollen ihn fragen, sagte ich, Hamann ist aufrichtig wie ein Kind. In allen Stücken, antwortete Buchholz, nur in diesem nicht; ich

glaube fast, daß er aus Liebe gar zu lügen fähig wäre. Dem sei wie ihm wolle, ich will fragen, und auch meine eigene Meinung nicht verschweigen. Claudius, Herder, Ihre Freunde, so viel ich deren kenne, sind der einhelligen Meinung, daß nichts in der Welt Ihnen so zuträglich sein würde als eine Reise. Es ist der Fürstin Gallişin auf deren Verwendung von Berlin geschrieben worden, daß wenn Sie ein anderes Amt zu haben wünschten, man Ihnen leicht würde dazu verhelfen können. Es käme darauf an, daß Sie etwas Schickliches anzugeben wüßten.“

Auf den letzten Satz indeß antwortete Hamann: „Daß ich mich weder zu einem Amte noch zum gesellschaftlichen Leben schicke, werden Sie selbst bald beurtheilen können. Unter allen möglichen Posten ist mein gegenwärtiger der einzige und beste, dem ich mit gutem Gewissen vorstehen kann."

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,Daß alles zu Münster nach Wunsch geht", so schließt die Antwort, „vermehrt meine Ungeduld, da zu sein, als Augenzeuge und Mitgenosse. Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott, denn ich werde ihm noch danken. (Ps. `42.). Vielleicht ist meine ungezogene ohumächtige Ungeduld selbst ein stotternder Dank. Gottes Segen über Sie, Ihr ganzes Haus und Alles, was Ihnen lieb und werth ist. Daß dies der lette Brief sei in gegenwärtiger Lage von Ihrem alten Freund und Diener Hamann, der alles Schreiben für das schmalste, leerste, elendjämmerlichste Ding des menschlichen Lebens hält nicht mehr Liebhaber dieser Furie weiland Muse!"

Doch über diesen letzten wichtigen Punkt an anderm Orte. Zunächst galt es, die Ungeduld des Reisewunsches zu besiegen, und weil Hamann, der Mensch, das aus sich nicht im Stande war, kam ihm Gott darin zu Hülfe: was das Innere nicht ver= mochte, that ein Aeußeres.

Zu einer Reise bedurfte es eines Urlaubes seitens der General-Zolldirection, zur Reise außer Landes Münster war damals noch nicht preußisch außerdem einer unmittelbaren Erlaubniß

des Königs. Wegen des ersteren hatte sich Hamann 1. Juni an den ihm befreundeten nächsten Vorgesetzten gewendet mit einem Urlaubsgesuch auf drei Monate, als zur Herstellung seiner Gesundheit, welches Gesuch jener mit warmer Befürwortung nach Berlin sandte. Hier antwortete man indessen zehn Tage später: ,,Der Urlaub könne nicht bewilligt werden, da der Bittsteller in einer so bedeutenden Stadt wie Königsberg wohl ebenso geschickte Aerzte finden werde als in Halle," wohin letterer sich wenden. zu wollen erklärt hatte, weil der Freund Dr. Lindner sich dort aufhielt.

Wie nahm der also Beschiedene diese Antwort auf? Er schrieb noch am nämlichen Tage an Jacobi:,,Aus meiner Reise für dieses Jahr wird nichts, wie ich immer die Ahndung davon gehabt, so sehr auch meine Freunde das Gegentheil behauptet. Kaum hatte ich den ersten Löffel Suppe zu mir genommen, als ein Sekretär von der Direction diesen Mittag mir die Antwort überbrachte, wovon ich die Abschrift beilegen werde. Ohngeachtet ich auf diese abschlägige Antwort im Herzen völlig zubereitet war, so rächte ich mich doch mit einem beinahe wüthenden Hunger an meiner Schüssel mit grauen Erbsen, um dann mit meinem Johann Michel aus dem Hause zu laufen und Luft zu schöpfen. In dieser ganzen Sache ist also weiter nichts anzufangen. Buchholz hat mir alle die Nachrichten mitgetheilt, welche er von der großmüthigen Fürstin erhalten. Es thut mir leid um ihre verlorne Fürsprache, die ohne mein Wissen und Willen geschehen. Danken Sie in meinem Namen, aber bitten Sie zugleich um Gottes Willen, der mir heiliger ist als Menschenliebe, weder ihren eigenen Einfluß noch ihres Herrn Bruders (des Grafen von Schmettau, eines höheren Beamten in Berlin] in einer so unbedeutenden und eklen Angelegenheit zu verschwenden und zu mißbrauchen. Ich habe alles vorausgesehen und auf ein Haar, getroffen; dem ohngeachtet kann ich meinen alten Esel nicht bändigen noch ihm das Ausschlagen verwehren, so weh ihm auch der Stachel thut.

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