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Dann kommt der Schreibende auf Lindners Bruder in Grünhof und seinen eigenen Bruder, der noch an des Rectors Schule angestellt war. Meine entfernte Absicht für Ihren Herrn Bruder ist nicht ganz fruchtlos gewesen. Das nicht ganz fruchtlos kann ich aus seiner Denkungs- und Schreibart sehr gut erklären. Aber daß dieses eine entfernte Absicht von mir gewesen, darin muß ich Ihnen widersprechen. . Homo sum, nil humani a me alienum puto [3ch bin ein Mensch und achte nichts Menschliches mir fremd. Altrömisches Wort]. Ihres Herrn Bruders Gemüthsverfassung, damals und jeßt, seine Lage in dem Hause, worein ich ihn (als Nachfolger in Grünhof] gebracht, sein fünftig Glück, sein künftig Gewissen, zu dem seine gegenwärtige Einsicht und Treue eine Stufe ist, sind keine fremden Händel für mich. Wenn Sie dies an Ihrem leiblichen Bruder für fremde Händel ansehen, wie kann ich Ihnen meinen leiblichen Bruder, und Ihren Urtheilen und unverhohlenen und liebreichen Ermahnungen vertrauen? Gott hat mir Gnade gegeben, den Gößen in seinem Herzen anzugreifen, dem Sie nicht das Herz haben nahe zu kommen, weil er Ihr eigener Abgott ist. . . Ich habe Sie darum gefleht: Thun Sie an meinem Bruder, was ich an Ihrem gethan. Sie haben mehr Recht zu meinem Bruder, als Untergebenem, wie ich zu Ihrem als bloßem Freunde und Nachfolger. Gott ist in den Schwachen mächtig; das sind aber keine schwachen Leute, die ihre Nächsten so lieblos beurtheilen, und anstatt als Hirten lebendiger Lämmer sich anzusehen, sich für Pygmalions halten, für große Bildhauer, deren liebreiches Herz den Odem des Lebens ihnen mittheilen wird,,,wenn es den Göttern gefällt“ [Anspielung auf eine alt-griechische Sage]. Treue ist da [hatte Lindner von Hamanns Bruder gesagt]; ich sage: nein; und leugne rund heraus, daß sie so wenig im Tummeln und Herumschmeißen, als lassen Händen und schlaffen Knieen besteht. Was Sie Treue nennen, ist für mich ein unbekanntes Wort, ein Gebilde Ihrer Vernunft und Ihres guten Herzens.

Wo Treue ist, da hört nicht nur eine gewisse, sondern auch alle Lässigkeit, Schlendrian und Vergessenheit auf. Der Geist der Wahrheit erinnert uns an Alles. . .

,,Sie verderben ihn durch Ihre Gefälligkeit; laffen Sie ihn selbst für sein Examen und meine Grammatik sorgen. Wir müssen nicht in allem dienen, sondern das als unnüße Knechte thun, was uns befohlen ist." Endlich: „Daß unsre Urtheile nicht übereinkommen, ist sehr gut und daran kehre ich mich auch nicht. Ich prophezeie Ihnen aber, daß sie am Ende unsers Briefwechsels und unsrer Reise übereinkommen werden." [!?]

Am 11. Septbr., wo Hamann ihm den Inhalt der eben fertig gewordenen Sokratischen Denkwürdigkeiten mittheilt: „Alles, was ich Ihnen schreibe, fließt aus einem Vertrauen auf Ihre Freundschaft, an deren Stärke ich nicht verzweifle." 28. Septbr.: ,,Was unsre Controverse, alter wahrer Freund, betrifft, so sehe ich selbige nicht als einen Anhang meiner Briefe an. Glauben wir an einen Gott im Himmel und am Kreuz, eine unsterbliche Seele und ein ewig Gericht, so hat die Controverse mit allen den Dingen den genauesten Zusammenhang. Da ich heute sterben, und Sie morgen mir nachfolgen können, so will ich nicht mehr durch Gleichnisse mit Ihnen reden. Paulus ermahnte seine lieben Brüder bei den Barmherzigkeiten Gottes, sich nicht dieser Welt gleichzustellen, und zu prüfen, welches da sei der gute, der wohlgefällige und der vollkommene Wille Gottes.

,,Meine Angelegenheiten mit jenen (Berens) gehen Sie im strengen Verstande nichts an, oder höchstens nur soweit, als es Ihnen wie einem alten Freunde beliebt, sich selbiger anzunehmen. Und dieses wie weit? dürfen Sie sich weder von mir noch von der Gegenpartei vorschreiben lassen. Es bleibt also immer von beiden Theilen ein Mißbrauch der Freundschaft, wenn wir Ihnen den geringsten Nothzwang darin anthun; und wenn ich an Ihrer Stelle wäre, so hätte ich mir darin von keinem zu nahe kommen lassen. Ungeachtet dieser Grundsäße, die ich mich

immer bestrebt, nicht aus dem Gesichte zu verlieren, bin ich doch derjenige, welcher selbige am meisten übertreten hat oder zu haben. scheint. Meine Verdammung würde daher im Gerichte der Vernunft größer als jener ihre sein, die sich nicht diese Gesetze der Vernunft und Billigkeit vorgeschrieben. . . Ich bin Ihnen deswegen wider mein Gewissen und Gefühl so überlästig in unsrer Privatsache gewesen, weil ich gehofft und gewünscht, daß Sie mehr Anwendung davon auf sich selbst machen würden, und nicht bei mir und meinen Gegnern stehen bleiben. Wie oft bin ich aber an das Leiden unsers Erlösers erinnert worden [!], da seine Nächsten, seine Tischfreunde der keines vernahmen, und nicht wußten, was er redete und was er ihnen zu verstehen geben wollte.

,,Man hat mich hart beschuldigt, daß ich Mittel verachtete, und von Gott, ich weiß nicht auf was für eine unmittelbare Art, geholfen zu werden suchte. Verachtete ich Mittel, so wäre ich ein Verächter göttlicher Ordnung. Wenn ich Mittel verachtete, so würde ich keine Briefe schreiben und kein Wort mehr verlieren. Ich will ruhig, aber nicht unthätig sein; ich will wuchern, aber nicht in die Erde graben. Wer ist aber ein Verächter der Mittel? Braucht Gott kein Mittel, uns zu bekehren? . . Was für ein besser Mittel hätten sich meine Freunde von Gott selbst erbitten können, als mich, den man für einen alten, wahren Freund ansieht und immer angesehen hat, wenn er in eigenem Namen kommt? Weil man aber Den nicht kennt, der mich gesandt hat, so bin ich auch verworfen, sobald ich in seinem Namen komme.. Wer ist also ein Verächter der Mittel? Ich setze etwas an den Mitteln aus, die sie zu ihren irdischen Absichten wählen; und sie verwerfen den, den Gott versiegelt hat zum Dienst ihrer Seelen.

,,Mein erster Brief, den ich aus England schrieb, war mit der fröhlichen Botschaft angefüllt: Ich habe Den funden, von welchem Mose im Gesetz und die Propheten geschrieben haben. Des Menschen Sohn ist der Schöpfer, Regierer und Wiederbringer

aller Dinge, der Erlöser und Richter des menschlichen Geschlechts. Ich bin also nicht wie ein Mörder oder Dieb, sondern durch die rechte Thür eingegangen.

,,Ich bin meinem Freunde mit meinen Religionsgrillen lange nicht so beschwerlich gewesen in meinem Umgange, als ich von seinen Handlungs- und Staatsideen aushalten mußte, da ich noch keinen Begriff von diesen Schwarzkünfteleien hatte, bis ich auch diese Geheimnisse und ihre Eitelkeit ihm zu Gefallen kennen lernte, und vielleicht ebenso weit in der Theorie davon als er hätte kommen können, wenn ich Lust und Liebe zur Praktik gehabt hätte.

,,Ich weiß, daß meinen Freunden ekelt vor der losen Speise, die sie in meinen Briefen finden. Was lese ich aber in ihren? nichts als die Schlüsse meines eigenen Fleisches und Blutes, das verderbter ist als ihr eigenes, nichts als das Murren und die Heuchelei meines eigenen alten Adams, den ich mit meinen eigenen Satiren geißle, und die Striemen davon eher als sie selbst fühle, länger als sie selbst behalte und mehr darunter brumme und girre als sie, weil ich mehr Leben, mehr Affect, mehr Leidenschaft besize, nach ihrem eigenen Geständniß. . . . Der Schaden, den ich mir durch meine Heftigkeit zuziehe, ist ein bloß sinnlicher Betrug; ich gewinne dabei. Die Vortheile, die Sie durch Ihre Menschenfurcht und Leutseligkeit zu ziehen glauben, sind Scheingüter, die aber für Sie Schaden zur Folge haben.

,,Ueberlegen Sie selbst, ob es mir nicht gleichgültig, daß ich menschlich rede, sein kann, man mag mein Zeugniß von Christo oder mein Christenthum für Schwärmerei, einen Deckmantel des Stolzes, und ich weiß nicht wofür halten. Richten die aber nicht und lästern, die so urtheilen und auf dieses gefährliche Urtheil trauen? Ist denn die Bibel ein Pasquill, die das menschliche Herz als unergründlich böse beschreibt, und ist diese Wahrheit eine Satire auf das menschliche Geschlecht?

Habe ich irrige Grundsäte, so will ich aus der Schrift

belehrt sein, und sehr gerne von Ihnen. Daß man aber ins Gelag hineinschreit: er geht in allem zu weit, ist für mich nichts geredet. Soll ich den Krebsgang gehen? Davor wird mich Gott behüten. Was nennt ihr denn zu weit? Soll mir eure Vernunft die Grenzen meiner Pflichten setzen? Das leide ich nicht von meiner eigenen, und die ist mir doch immer die nächste. Wenn ich der nicht glaube, wie könnte ich einer fremden glauben? Fehlt es mir denn an Licht auf meinem Wege? Es brennt wie die Sonne, und es liegt an Euch, daß ihr die Augen nicht muthwillig verschließt, oder Gott so lange anrufet, bis er Euch sehend macht. Einem Sehenden wird es aber nicht so leicht fallen, Gott um erleuchtete Augen zu bitten, und die Gesunden brauchen keinen Arzt..."

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Endlich im letzten der Briefe aus dieser Zeit, vom 12. Octbr.: Hüten Sie sich vor den Klippen, vor denen Sie mich so treuherzig gewarnt. Es fehlt nicht viel, so fallen Sie in Offenbarungen. Sie wissen nicht, warum Sie schreiben und wozu? aber Sie sollen es schreiben ? und was denn? daß ich in Armenschulen auftreten soll. Sie kommen mit diesem Einfalle zu spät, aufrichtig zu sagen. In der Abschiedspredigt, die mir ein Knecht des Herrn in England halten mußte, hieß es: Iß dein Brod mit Freuden, und trink deinen Wein mit gutem Muthe. Mein Vater gibt mir alles reichlich, was zur Leibes Nahrung und Nothdurft gehört, und hat mich nicht hergerufen, mich in die Armenschulen zu verpflanzen, sondern zu seiner Handreichung. Wer frei ist und sein kann, soll nicht ein Knecht werden, und wem Gott ein Erbtheil unter den Häuptern seines Volkes und Eigenthums zugedacht, soll nicht ein Gibeoniter aus Demuth werden. David verließ nicht seinen Thron bei seinem Thürhüterdienst im Tempel [vgl. Ps. 84, 11.]. Daß mich Gott in ein Feld getrieben, das Disteln und Dornen trägt, erkenne ich mit Dank und Demuth.

„Ob es eitle Schulweisheit ist, in Gleichnissen und SprichHamann's Dienst- und Ruhejahre.

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