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2. „Das Geheimniß unsers Wesens, als aus Natürlichem und Geistigem zusammengesetzt und mit seinem Urquell verbunden, kann nicht bewiesen, sondern muß geglaubt werden. Jede Philosophie, welche ohne den Glauben an die Offenbarung Gottes über Gott und Welt zu speculiren unternimmt, ist mehr oder weniger eine Wiederholung des Versuchs jenes ersten Selbstmörders, welcher wähnte, er werde das Leben in sich selber haben, wenn er sich von der Quelle losgerissen, aus welcher ihm das Leben zuströmt.

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3. Natur und Geschichte sind die Offenbarungsorgane Gottes. Die Natur verkündigt seine Herrlichkeit und die Geschichte seine Führungen. Wie aber der Geist, welcher die Schrift eingegeben, die Natur deutet, so haben wir in der Geschichte des Bundesvolkes, wie in der Leitung der Einzelnen, deren die hl. Urkunde Meldung thut, Beispiele und geheime Fingerzeige zu erkennen, wonach wir das Walten Gottes im Großen der Geschichte sowohl, als in Beziehung auf den Lebensgang des Einzelnen beurtheilen mögen.

4. Die Philosophen haben getrennt, was Gott zusammenfügte (Vernunft und Sinn, Geist und Wort, Leben und Lehre, Religion und Sittlichkeit, Idealismus und Realismus u. s. w.) und zu paaren gesucht, was die Natur trennte; sie haben aus der menschlichen Sprache ein wahres Babel gemacht. Daher versteht einer nicht mehr den Andern, was er sich unter Gott, Vernunft, Glaube, Empfindung u. s. w. denkt. Sie haben aus Gott einen abstracten Begriff, aus der Vernunft ein lebendiges Wesen gemacht. Vernunft soll gewiffe, Glauben ungewisse Erkenntniß geben, obwohl Vernunft so wenig ohne Glauben, als Glaube ohne Vernunft denkbar ist. Und wie jede vernünftige Erkenntniß auf Glauben beruhen muß, so geben sie` davon auch selber Zeugniß, denn Glaube liegt, wenn auch ihnen unbewußt, allen verschiedenen Systemen zu Grunde. Nur daß sie sich eines ungöttlichen Glaubens bedienen, indem derselbe sich in Unglauben

an lebendige Realitäten und in Aberglauben an nackte Begriffe und todte Gedankendinge, an abstracte logische Formeln und Zeichen verwandelt hat."

Genug. Wenn aber zu Hamanns Zeit die Philosophen, wider die er stritt, mehr als heute einem leeren Formalismus oder dürren Kriticismus huldigten wir denken an Wolff und die sogenannte Berliner Schule eines Moses Mendelssohn, aber auch an die Philosophie Spinoza's und zum Theil selbst Kant's, — während unsre heutige Philosophie, die Hegel'sche etwa ausgenommen, weit mehr dem Wirklichen dieser Welt Rechnung zu tragen sich bemüht, zumal seit dem Aufschwunge der Naturwissenschaften: so leugneten doch jene wie diese die Realität und ewige Wesenheit einer überund unterirdischen Welt, eines Reiches des Lichts und der Finsterniß in und jenseits diesem zeiträumlichen Weltwesen, und vor allem das Dasein und Walten eines persönlichen, über wie innerweltlichen Gottes in Christo. Und so gilt in allen Hauptsachen Hamanns Wüstenpredigt noch heute wie damals, ja heute mehr als je unserm Geschlecht. Wer sie vernehmen, wer beherzigen mag! Es ist diese, und das ist das Ende zugleich seiner ganzen Philosophie: „Die ursprüngliche Gottverwandtschaft des Menschen, sein Fall, seine Sehnsucht nach Wiederherstellung, seine Anlage dazu, welcher Gottes innigste Zuthätigkeit entspricht. Es ist das schreiendste Bedürfniß unsrer Natur, ihr dunkles Wünschen und Sehnen: Versöhnung." Diese ist gegeben in Christo und dem Glauben an ihn, der von der Liebe unzertrennlich ist.

In einer großen Anzahl von kleineren, vielfach nur wenige Blätter haltenden Schriften, welche öfters durch jahrelange Zwischenräume unterbrochen, dann wieder rascher sich folgten, erhob Hamann, ohne seinen Namen zu nennen, seine gewaltige Stimme in dieser Richtung. Wir nennen als die allerbedeutendsten, außer den in den vorigen Bändchen verarbeiteten Gedanken über meinen Lebenslauf“, „Biblischen Betrachtungen“ („sammt Brocken“), von denen übrigens Einzelnes hier nochmals in anderm Zusammenhange ge

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geben ist, und den Briefen" mit ihrem Schaße von praktischer Weisheit, hier ebenfalls von uns verwerthet, nur noch folgende drei Hauptwerke:

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„Sokratische Denkwürdigkeiten" (1759), mit einem „Nachspiel“, den „Wolken“, und einer „Beilage“ aus späterer Zeit. Erstere sind das grundlegende Hauptwerk, bald nach Hamanns Bekehrung wider die verkehrte Tagesphilosophie geschrieben; sie gründeten seinen Ruf. „Aesthetica in nuce" [Aesthetik in einer Nußl, eine Rhapsodie in kabbalistischer Prosa" (1761), welche den höchsten Dichter und Schöpfer vor Allem preist. Golgatha und Scheblimini [,,Seße dich zu meiner Rechten", nach Pf. 110.] von einem Prediger in der Wüste" (1784), worin Christus und das wahre, biblische Christenthum seine herrlichste Vertheidigung und göttlich- menschliche Verklärung findet. Mit dem daran sich schließenden Fliegenden Brief" schloß Hamann seine gesammte Autorschaft. Ueber Hamanns eigenthümliche Denk- und Schreibweise wollen wir Andere hören. Poël bemerkt: An der H. Schrift hatte er seinen Sinn für Wahrheit, Natur und Schönheit wie für vielsagende Kürze des Ausdrucks, fügen wir hinzu geweckt; aus ihr nährte er ihn stets, ihre Geschichten und Bilder hatten sich ganz mit seinem Sinn verwoben. Aber auch das klasfische Alterthum hatte er von früh an geliebt, wußte jeden einzelnen Autor nach seinem Maße zu messen, aus Bekanntem auf Unbekanntes zu schließen und lichtbringend wie lebenweckend aller Orten einzudringen, wo eine todte Gelehrsamkeit nur Gräber gefunden und sich um Gerippe bemüht hatte. Er war belesen in alter und neuer Literatur des Morgen- und Abendlandes, und beherrschte dieses ungeheure Material mit seinem Gedächtniß und mit einer Sicherheit des Urtheils, welches überall Aechtes und Unächtes zu unterscheiden weiß mit divinatorischem Blick, ohne der Autoritäten zu bedürfen." "Hamann", sagt ferner Gildemeister, sein ausführlichster Biograph, „hatte eine ausgezeichnete Combinationsgabe. Er verstand auf überraschende Art die dem Anschein nach wesensfremdesten Gegen

stände unter einen gemeinschaftlichen Gesichtspunkt zu bringen nicht willkürlich verknüpfend, sondern ein wesentliches, aber vorher unsern Augen verborgen gebliebenes Band wie durch einen Zauberschlag fichtbar machend. Andrerseits eine eben so feine Unterscheidungsgabe, vermöge deren er manche der verborgensten Sophistereien ans Licht brachte. Er wußte die philosophischen Systeme sehr scharf aufzufassen und ihre Irrthümer [in der Hauptsache!] genau und bestimmt nachzuweisen, ihre Schwächen aufzufinden und treffend darzuthun. Außer dem größten Bilderreichthum, der theils aus seiner eigenen Phantasie entsprang, theils ihm durch seine ungeheure Belesenheit zugeführt wurde, find in seinen Schriften Ironie, Satire, Wiß und Humor mit vollen Händen ausgestreut, und oft in so überraschender Abwechselung mit Ernstem und Erhabenem wie in den Dramen Shakspeare's. Wenn er nach seiner Bekehrung an seinen Bruder bemerkt, daß er früher „an der Läusesucht des satirischen Wizes siech gelegen“, und ihn davor warnt, wußte er doch einen heilsamen Gebrauch des letteren auch nachher immer zu schäßen. Besonders liebte er den Humor [ohne doch daraus je, wie eigentliche Humoristen thun, einen Selbstzweck zu machen, stets ihn nur als Mittel und Rüstzeug der ernstesten Wahrheit gebrauchend, weshalb das Urtheil Vilmars über Hamann durchaus nicht zutreffend genannt werden kann]. In seinen Schriften [deren hochoriginale Titel immer den ganzen Inhalt verblümt in sich faffen] erscheint er jedesmal unter anderer Maske: bald als „Liebhaber der langen Weile", bald als „kreuzfahrender Philologe", als „Schulmeister Aristobulus“, als „Oberzöllner Zachäus", als „Prediger in der Wüste“, als „Geistlicher aus Schwaben", als „Sibylle“ u. s. w., am liebsten aber als „Magus im Norden“, nachdem Moser ihm diesen Titel gegeben."

Letzterer Beiname deutet zugleich auf einen vielgerügten und in der That, nur nicht in seinen „,biblischen Betrachtungen“ und seinen Briefen, und hoffentlich nicht in unsern folgenden Auszügen erkenn= baren Mangel in Hamann's Schreibart: die Dunkelheit, wonach

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er selbst seine Autorschaft wohl einmal eine stumme Mimik nannte. Dieselbe hatte doppelten Grund, einen äußern und einen innern. Einmal waren so ziemlich alle seine Auffäße Gelegenheitsschriften, geboren aus einer bestimmten Situation, beruhend auf einer Wallung seiner Seele, angeregt durch augenblickliche Lebensbezüge, Gespräche, Lectüre, Briefe u. s. w. Es würde also eine genaue Kenntniß seiner jeweiligen Erlebnisse und alles dessen, was ihn und die Zeit bewegte, dazu gehören, um alle seine Anspielungen, Bilder u. s. w. zu verstehen" (M. Petri). Er selbst verstand vieles von dem, was er geschrieben, aus diesem Grunde hinterher nicht mehr, und klagte genug darüber. Ein anderer Theil der Dunkelheit gründet aber in Hamann's feurig andringender, alle Vermittelungen überspringender Persönlichkeit und Geistesart; andrerseits freilich auch in dem Mangel an rechtzeitiger Uebung der Feder in jugendlich-bildsamem Alter, und zuletzt in seinem Streben, kurz zu sein. Und doch liegt wieder gerade in der Kürze und Gedrungenheit, der Concentration und Concretion seiner Gedanken die Kraft derselben.“ Ein damaliger Philosoph, Thomas Abbt, schrieb nicht mit Unrecht an einen andern:,,In einem Briefe Hamann's liegen Ideen zu wenigstens zehn Briefen.“ Würde nur von dieser Art Dunkelheit, aus der das wahre Licht geboren werden muß, heute mehr Gebrauch gemacht! womit jener wirkliche Mangel, der sich bei Hamann damit verband, nicht zur Norm gemacht werden soll. Bezeichnend ist übrigens das Urtheil Kant's, des Philosophen. Er äußerte einst, wie der Beiden befreundete Hippel berichtet,,,der verstorbene Hamann habe eine große Gabe gehabt, sich die Sachen im Allgemeinen zu denken, nur hätte er es nicht in seiner Gewalt gehabt, ihre Prinzipien selbst deutlich anzuzeigen, am wenigsten aus diesem Engros-Handel etwas zu detailliren."

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Dies Alles erhält tieferes Licht durch Worte des letzten Hamannschriftstellers, H. Delff. Hamann ist der deutsche Heraklit. Er bietet die reine Erscheinung eines Genies dar, das noch keusch,

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