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gehoben und auf Pfosten gesetzt worden sei. Diese Pfosten, so meint man, verrotten allmählich und werden, wenn die Menschen nicht auf der Hut sind, sie nicht rechtzeitig erneuern, eines Tages zusammenstürzen, der Himmel auf die Erde fallen und alles Leben vernichten 300. Die Idee von einem ähnlichen, schon einmal erfolgten Ende einer Erdperiode, das man natürlich auch ferner wieder für möglich hält, habe ich bei den afrikanischen Hirten erwähnt 301. Ähnliches findet sich in Polynesien 302, daneben aber der Gedanke an ein freundlicheres Ende der jetzigen Weltperiode. Auf Rarotonga hielt man J. Cooks Schiff für das erwartete Schiff des Tangaloa, in Hawai für das des Rono, der eine neue Zeit heraufführen würde 303. Und eine ähnliche, freilich ängstliche Erwartung war auf Neuseeland vorhanden; das Schiff, meinte man, werde alle Eingeborenen hinwegführen 304. Wie sich der Gedanke eines Weltendes mit dem Ausblick auf eine glücklichere Zukunft bei den Germanen, besonders in Skandinavien, gestaltet hat, ist bekannt.

In dem Bestreben, dem noch so ausgeweiteten Weltganzen doch eine irgendwie abgeschlossene äußere Form zu geben, äußert sich ein bestimmtes ästhetisches Streben, das mit der eigenartigen Kunstgestaltung der gleichen Kulturen in Zusammenhang steht. Ihre Kunst ist im wesentlichen bildlos. Der im Totenkult der mutterrechtlichen Völker liegende Antrieb zu figürlichen Bildungen ist den vaterrechtlichen Kulturen, wie erwähnt, ursprünglich fremd. Die Naturgötter werden bei afrikanischen Hirten wie Indogermanen in Steinen, Bäumen und anderen Naturgegenständen, auch in Stäben verehrt. Bei Polynesiern findet sich eine persönliche Bildkunst zumeist in den Gebieten, in denen auch sonst mutterrechtliche Kultur einen stärkeren Einschlag bildet, Ostpolynesien und Neuseeland; und sie steht dann in nahem Zusammenhange mit dem Ahnenkult, dem Kulte der Tiki. In anderen Teilen, in Zentralpolynesien und Mikronesien, sind figürliche Bildungen sehr selten. Eine besondere Form von Bildkunst ist augenscheinlich der totemistischen Kultur eigen und steht eben mit dem totemistischen Interesse in Zusammenhang. Es handelt sich um eine angewandte Tierplastik, die Ausgestaltung von Geräten, besonders etwa Holzschüsseln und Kopfbänken, deren Form die Tiergestalt suggeriert, in

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dieser Tiergestalt. Aber selbst die Ornamentik hat in den vaterrechtlichen Kulturen längst nicht die große, selbständige Bedeutung wie in den mutterrechtlichen. Für die totemistische Kultur typisch ist ein einfaches, in geraden Linien oder einfachsten Bogenformen arbeitendes Ornamentband, das sich langgestreckten Geräteformen, den Rändern von Gefäßen usw. in ausgesprochen dienender Zierform anschließt. Und den jüngeren vaterrechtlichen Kulturen eigen ist die Kerbschnittornamentik, die, in ähnlichen Formen wie die totemistische Zierkunst sich bewegend, aber noch weniger selbständig die Flächen der Waffen und Geräte überzieht, ihnen gewissermaßen eine Art Patina verleiht. Wie die vaterrechtliche Kultur im ganzen die intensive Entwickelung vernachlässigt, sich nach außen gestaltet, so wird auch in der Kunst die Gesamtgestalt der Kulturdinge, das Kunstgewerbe die Hauptsache. Die Geräte, etwa die Gefäße der vaterrechtlichen Kulturen, sind an Form, an Schönheit denen anderer Kulturen weit überlegen, obwohl sie vielfach einer äußeren Ausschmükkung gänzlich ermangeln 305.

Den mutterrechtlichen Kulturen überlegen erweisen sich die vaterrechtlichen zunächst durch ihre Großzügigkeit. Diese erlaubt ihnen aber ferner, in ihren weiten Räumen allerhand Bestandteile der anderen aufzunehmen, ohne ihren eigenen Charakter wesentlich zu verändern. So sind die Polynesier im Osten und in Neuseeland Plastiker geworden, haben die Neuseeländer die ausgeprägte Spiralornamentik 306 und selbst wesentliche Teile des Mutterrechtes übernommen 307. So ist denn auch, wie erwähnt, die polynesische Weltanschauung stark animistisch durchsetzt, ohne doch dabei ihren dynamisch-magischen Grundcharakter einzubüßen. Den animistischen Einfluß haben vaterrechtliche Kulturen anscheinend schon sehr früh erfahren. Denn die beiden schon in Zentralaustralien auftretenden Theorien der Seelenwanderung und der Herkunft von Kindern aus Bäumen, Felsen u. a. 308 sind natürlich einerseits animistisch, anderseits wohl kaum sekundäre, rein lokale Bildungen, weil sie ja bekanntlich auch sonst auf der Erde vorkommen. Möglicherweise ist das animistische Gewand der Seelenwanderungsidee nur eine leichte Verhüllung assoziativer Beziehungsvorstellungen, wie sie in den Tatsachen der Familienähnlichkeit usw. begründet sind.

Der Gedankengang ist ganz verwandt dem im zentralaustralischen Totemismus aufweisbaren, nach dem der Zusammenhang des Menschen mit seinem Totemtier auf eine Inkorporation des Tieres in den Menschen zurückgeführt wird 309.

Bemerkenswert ist, daß die Einflüsse mutterrechtlicher Kultur auf die vaterrechtliche nun doch keine unlösbare Verbindung ergeben. So haben die arischen Inder im Buddhismus bekanntlich den Versuch gemacht, gerade die Seelenwanderungslehre ihres animistischen Gewandes zu entkleiden, indem sie die Existenz der Seele leugneten. Ähnlich ist unsere eigene Ethik aufs engste mit dem Jenseitsgedanken verbunden. So schon bei den alten Germanen und erst recht unter christlichem Einflusse. Diese Verbindung ist nun mindestens seit Kant, obwohl dieser selbst sie nicht zerrissen hat, keine Notwendigkeit mehr. Überhaupt ist die Existenz der Seele bei uns ganz ernsthaft wieder Gegenstand der Diskussion geworden. Es liegt damit ähnlich wie mit dem bildhaften Wesen unserer Kunst, das ja in unsere Kultur hauptsächlich von außen hereingetragen ist und das neuerdings (im Expressionismus) stark abgelehnt wird, ohne daß sich die Künstler freilich des kulturgeschichtlichen Sinnes ihrer Ablehnung bewußt wären. Es scheint doch, daß kernhafte Tendenzen der Kultur selbst nach langen Zeiträumen wieder zum Durchbruch kommen könnten. So ist es denn ganz wohl denkbar, daß auch der politische Streit unserer Tage hier und da in uralten Kulturgegensätzen wurzelt 310.

IV. WELTANSCHAUUNGEN UND SPRACHEN

Daß der Gegensatz älterer und jüngerer Sprachformen einem Unterschiede der Denkart entspricht, ist allgemein anerkannt 811. Der Gehalt an abstrakten Sprachbildungen nimmt zweifellos im Laufe der Geschichte ganz wesentlich zu; der größte Teil davon ist erst in die Geschichte der Hochkultur, hauptsächlich in unsere europäische Entwickelung seit dem klassischen Altertum zu setzen. Die Geschichte unserer eigenen deutschen Sprache zeigt das immer stärkere Eindringen abstrakter Begriffe. Zwei Namen, Notker und Wolff, bilden Marksteine für die Umdeutung deutscher Wortbildungen auf diese abstrakten Begriffe, während anderseits die Aufnahme von Fremdwörtern dem Bedürfnisse der Abstraktion mehr und mehr gedient hat. Alte, besonders natürlich die primitiven Sprachen sind V konkret. Dem Wortschatze nach enthalten sie etwa reiche Benennungen für die verschiedenen Formen, besonders Gebrauchsformen derselben Pflanzengattung oder ihrer Teile, wie des Jam, der Kokosnuß usw. 312, während die einfachsten Abstraktionen, Worte für Tier, Pflanze im allgemeinen, fehlen. Selbst in den oft erwähnten Fällen, wo ein Volk sich selbst mit dem Allgemeinnamen Mensch nennt, liegt die Sache sicherlich vielfach umgekehrt. Erst ist das Wort für die engere Daseinsform, Menschen des eigenen Stammes, sind andere Worte für fremde Stämme vorhanden, und dann erst, als das Bedürfnis nach einem gemeinsamen Worte für Mensch" auftauchte, hat man das Wort für sich selbst zur Bezeichnung für den allgemeineren Begriff, für den Menschen als solchen, genommen. Viele grammatische Formen haben sich augenscheinlich erst ganz allmählich ausgebildet. Über das grammatische Geschlecht und ähnliche Gliederungen spreche ich noch. Der Plural wird oft nur dann ausgedrückt, wenn die Anschauung ihn ausdrücklich erfordert, und dann vielfach rein anschauungsmäßig durch Reduplikation, die auch

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sonst zur Darstellung der Intensität, eines Dauerzustandes, daher zur Adjektivbildung usw. dient 313. In der Buschmannsprache etwa wird oft der Inhalt eines ganzen Satzes gewissermaßen redupliziert, mehrfach wiederholt, um seine Bedeutung, seine Dauer u. dgl. zu betonen, allgemein genommen, ihn recht deutlich dem Hörenden zu Gehör zu

bringen 314. Satzverbindungen, besonders Konjunktionen rein formaler oder logischer Bedeutung, fehlen oder sind sehr selten. Sie nehmen ihren Ursprung, wie in unseren Worten,,daher" und ,,weil", aus anschaulichen, räumlichen oder zeitlichen Begriffen. Anderseits muß vieles, was wir im Laufe der Rede als unwichtig auslassen, Zahlwörter, Possessivausdrücke, hinweisende Ausdrücke, ob etwas hier oder dort, eine Bewegung hierher oder dorthin gerichtet ist, ausgedrückt werden. Ähnlich z. B. werden von den Buschmännern so Schritt für Schritt geht die Rede dahin sogar geistige oder Gemütsvorgänge, die zwei Satzinhalte verbinden, zum Ausdrucke gebracht: Ein alter Pavian gibt Anweisungen, nicht weil er alt ist, sondern weil er fühlt, daß er alt ist. Die Hyäne rächt sich an dem Löwen nicht einfach, weil er sie übervorteilt hat, sondern weil sie fühlt, daß er sie übervorteilt hat; und sie tut das mit List, weil sie fühlt, daß es so in ihrer Natur liegt 315.

Ich habe früher erwähnt, daß im Denken der Primitiven die Substanzialität der Dinge zurücktritt gegenüber den Eigenschaften und Wirkungen. Das spiegelt sich sprachlich etwa in der Tatsache, daß die Dinge in ihren ältesten Bezeichnungen häufig durch bestimmte charakteristische Eigenschaften gekennzeichnet werden ohne Betonung eines Gattungsbegriffes. Weißling, Gründling, Stichling, Rotkehlchen oder Einhorn sind ältere Formen der Benennung als Weißfisch, Langhornrind u. dgl. 316. In dieselbe Richtung weist es, daß in primitiven Sprachen Substantivund Verbalformen gar nicht oder sehr wenig geschieden sind 317. Das beruht zunächst natürlich darauf, daß dort jeder Sinneninhalt, gleichgültig, ob Ding oder Vorgang, irgendwie benannt wird. Aber die unterschiedlose Behandlung ist doch eben nur deshalb möglich, weil zwischen einem mehr oder weniger unveränderlichen Dinge, das eine Wirkung ausübt, und der Wirkung, dem Vorgange selbst, kein grundsätzlicher Unterschied gemacht wird.

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