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Statue an das Ende des V. Jahrhunderts oder in den Anfang des IV., vielleicht noch tiefer, da das Leben des Gorgias bis ca. 376 gedauert hat (geboren war er etwa 483).

Hippokrates war gut zwei Dezennien jünger, geboren 460 (Soran). Als sein Lehrer in der Rhetorik wird Gorgias genannt (Westerm. Biogr. 449), was von Christ 15 595 mit Recht dahin rationalisiert wird, daß Hippokrates mit Gorgias, der daneben auch Arzt war1), persönliche Beziehungen unterhalten habe. Denn auf eine sehr enge freundschaftliche Verbindung Beider, die wohl durch Heiraten unter anderen Familienmitgliedern (Gorgias blieb unvermählt) zur Verwandtschaft ward, weist der m. W. noch nicht bemerkte Umstand, daß des Gorgias Schwester ihren Sohn Hippokrates nannte, wogegen Thessalos seinen Erstgeborenen Gorgias hieß2). Hinzukommt, daß auch der Bruder des Sophisten ein berühmter Arzt war (Herodikos), dem jener in der Praxis half, ferner daß Gorgias sein letztes oder seine letzten Dezennien, Hippokrates die zweite Hälfte seines Lebens in Thessalien zubrachten --- wo ersterer u. a. von Iason von Pherae geehrt wird, während der nach dem Adoptivvaterland benannte Thessalos später von dort aus als Leibarzt an den Hof Archelaos III. von Makedonien geht, und daß Beide in. bezw. bei Larissa gestorben sind, wo noch lange hernach des Hippokrates Grab an der Straße nach Gyrton gezeigt wurde 3).

Bei solcher Sachlage wäre der Schluß berechtigt, daß in direkter Anlehnung an des Gorgias Vorgang Hippokrates selbst seine Statue in Delphi aufgestellt habe, aber die olympische Statue des ersteren ist geeignet, die Beweiskraft dieser Parallele abzuschwächen (I. v. Olymp. nr. 293). Sie ist bekanntlich von dem Zögling und Großneffen des Gorgias Εύμολπος Ιπποκράτους errichtet und mit 4 Distichen geschmückt, deren dritter Pentameter (s. oben S. 310) odric лo drytov xa22iov' noge Tέpryr sich wörtlich mit unserem Fragment berührt. Daher würde man bei dem anscheinend schlichten Sinn des Hippokrates eher zu schließen haben, daß die Parallele vielmehr darin bestehe, daß bald nach des Gorgias Tode von Eumolpos ihm die olympische, nach dem des Hippokrates von Thessalos dessen delphische Statue geweiht sei. Es könnten jedoch beide, - und das schien mir lange das Wahrscheinlichste

1) Vgl. Diels, Empedokles u. Gorgias p. 344. M. Wellmann, Fragm. griech. Ärzte I 68.

2) Vgl. das Epigramm auf des Gorgias olympischer Statue 1. v. Olymp. Nr. 293 und die Thessalos-Vita Westerm. Biogr. 458 (Suidas). Da der Name Gorgias in dem älteren Asklepiadenstemma völlig fehlt, aber später auf Kos wieder l'oggias und Imrozodang Tiuoros vorkommen (Paton-Hicks, Inser. Kos 10o, 55f., vgl. Paton p. 360), ist die Benennung dieses Thessalossohnes nach dem Rhetor unzweifelhaft.

3) Über Herodikos von Leontinoi (der homonyme Hippokrateslehrer war aus Selymbria; Vita Hipp. 453′, 6) und Gorgias s. Plato Gorg. 448b, 456b. Gorgias in Thessalien und Larissa Plat. Menon 70b (RE VII 1599), von Iason geehrt Paus. VI 17, 9. Uber Hippokrates s. RE VIII 1803 (Thessalos am makedon. Hofe ebda. Z. 18), in Thessalien Westerm. Biogr. 450, 21, Grab in Larissa ebda. 454, 13.

gleichzeitig, in direkter Rücksichtnahme auf einander errichtet sein, etwa um 370. Jedenfalls halte ich daran fest, daß Hippokrates mit 90 Jahren starb (überliefert sind 85, 90, 104, 109), was probabler ist, als mit 104 oder 109: denn dieser bei Gorgias verbürgte Altersrekord verliert durch Wiederholung an Glaubwürdigkeit.

Bei dieser dritten Möglichkeit, der Errichtung durch Thessalos würde man für unser Gedicht etwa folgende Ergänzung vorschlagen können. (vs. 3 ist von Hiller ergänzt):

[Θεσσ]αλος Ιπποκράτους, Κόιος γένος, εἰκόνα τήνδε]
[οὐκ] ἀπὸ δαιμονίου [ήκε θεῶν πατέρος],

[εἰ γάρ των τὰ νοσοῦς[τα βροτῶν ἐξῆν ἀκέσασθαι],
[τους]δε μόνοις θνητῶν δώκε τέχνη στεφάνους].

Endlich für die zweite Möglichkeit, daß nämlich Hippokrates selbst seine Statue weihte, dachte Hiller an:

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[Θεσσ]αλὸς Ιπποκράτης, Κόιος γένος, οὗτος ἐκεῖνος]
[οὐκ] ἀπὸ δαιμονίου, οὐδὲ βροτοῖς ἄχαρις].

[εἰ γάρ των τὰ νοσοῦντα βροτῶν τύχοι εξακέσασθαι],
[τοῖς]δε μόνοις θνητ[ῶν δόξ ̓ ἕπετ ̓ ἀθάνατος],

να τῶν τοῖσδε in Ζ. 3/4 κατὰ σύνεση zu verstehen sei.

Wer die drei Ergänzungen vergleicht, wird finden, daß nur bei der ersten Fassung die Hinzufügung des zweiten Distichons mit si (bez. o) 7do To hinreichend motiviert sei und sich im ganzen ein passender Gedankenfortschritt zeige, wogegen die zwei anderen, besonders die letzte, an bedenklichen Gedankenhiaten leiden würden.

Man braucht die Hoffnung nicht aufzugeben, daß in Delphi noch ein oder das andere noch so kleine Fragment zu Tage kommen kann, das die Nebenlösungen, die jetzt noch möglich sind, ausschaltet.]

C. Die Rekonstruktion des Denkmals.

Konnten wir so das verstümmelte Gedicht ungefähr wiederherstellen, so gewinnen wir damit auch für die Rekonstruktion des Weihgeschenks selbst einen wichtigen Anhaltspunkt in der Größe der Basis. Die Zeilenlänge der Verse beträgt z. B. in Z. 3 bei 40 Buchstaben etwa 85 cm; denn 5 Buchstaben sind in dem ganz regelmäßigen GTоrydór gut 10 cm lang. Da die Zeilen nicht dicht an den Seitenrändern des Steins zu beginnen oder zu schließen pflegen, wird man beiderseits 5-71/2 cm Abstand annehmen können, also die Basisbreite auf wenigstens 95-100 cm veranschlagen. Das wäre für ein gewöhnliches, selbst lebensgroßes Standbild unwahrscheinlich viel: denn die meisten Breiten von Einzelstatuen bewegen sich von ca. 58--80. Sobald wir jedoch eine Sitzstatue annehmen, stimmt alles aufs beste, da die Sessel etwa 60-70 cm breit gewesen sind. Wenn darnach im vorliegenden Fall die Basis seitlich um je 15-20 cm über die Sesselfüße überstand, so muß das als angemessen bezeichnet werden. Daß eine solche Sitzstatue sehr für unsere Ansicht spricht, der Abgemagerte selbst habe sich in effigie

Klio, Beiträge zur alten Geschichte XV 3/4.

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auf dieser Basis befunden, geht aus der oben angeführten Statuette deutlich hervor1). Sie bedarf einer kurzen Beschreibung. Vgl. Abb. 11.

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Abb. 11. Bronzestatuette eines Phthisikers, (etwa 23 der natürl. Größe).

Im Jahre 1844 wurde bei Soissons in der Aisne ein kleines, 111, cm hohes Bronzefigürchen gefunden, das damals in die Sammlung Jessaint kam, sich jetzt aber in der Coll. Cook in Richmond befindet (Michaelis, Anc. Marbl. in Gr. Britain 629, 29). Es wurde von Longpérier Rev. archéol. I p. 458ff. u. Taf. 13 ediert (wiederholt auch in seinen Oeuvres II, pl. 2), der die sorgfältige Arbeit rühmt - die Augen sind aus Silber eingesetzt und darauf verweist, daß es jedenfalls über Rom nach Gallien importiert sei; der Stil deute wegen der völligen Gleichheit der Haartracht mit den Augustusstatuen auf die Zeit kurz vor Chr. Geburt. Die Füße des Sessels oder Hockers, auf dem die Statue sitzt, fehlen, sollen jedoch hinten durch die rechts und links bis zum Boden reichenden, weitabstehenden Gewandenden maskiert erscheinen, während sie vorn bei Vorderansicht durch die Beine des Sitzenden verdeckt wurden.

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1) Allerdings ist diese Berechnung nur richtig, wenn das Fragment zu der Standplatte der Basis gehört hat, nicht etwa zu einer der Unterstufen, die breiter als jene zu sein pflegen. Im J. 1884 und 1887 haben wir auf solche Dinge wie glatte oder charrierte oder gekrönelte Oberseite noch nicht geachtet und später habe ich das Bruchstück nicht wiedergefunden. Jedoch ist es durchaus wahrscheinlich, daß die Weihinschrift normaler Weise auch hier an der Standplatte eingehauen war, daß sich aber andererseits aus dem kleinen, nur 19 cm tief erhaltenen Stück der Oberseite nichts Wesentliches für die Fußlöcher des Sessels oder dergl. ergeben wird.

Kranke ist so abgemagert, daß alle Rippen heraustreten und an Armen, Kopf und Körper fast nur noch Haut und Knochen übrig sind, der Körper selbst ist aus Schwäche vornüber geneigt, - das Pathologische des Ganzen in starker Realistik zum Ausdruck gebracht. Zweifellos haben wir die Votivgabe eines (von der Phthisis) Genesenden zu erkennen1). Auf dem Gewand ist von Knie zu Knic der Name Evdauidas, über dem unteren Gewandsaum das Patronymikon IIɛodiz(za) einpunktiert, zu ergänzen ist natürlich áré9yze. Diese Inschrift (IG XIV 2536) gehört wegen des runden epsilon und sigma, des verlängerten delta usw. bald nach Chr. Geb. Der seltene Name Perdikkas führt nach Makedonien, woher auch ein Eudamidas stammte, der a. 279 Phrurarch Kassanders war (Polyaen II 29). Und bekanntlich soll Hippokrates dort den König Perdikkas von seiner angeblichen Schwindsucht ebenso geheilt haben (Soran, bei Westerm. Biogr. 450, 2), wie wir das bei der delphischen Statue annehmen mußten und in der Versergänzung ausführten, und wie offenbar der Phthisiker unserer Statuette auch Heilung fand.

Bedenkt man nun, wie außerordentlich selten solche skelettartigen Darstellungen waren, die Statuette bildet das einzige Beispiel, das auf uns gekommen ist, und daß die griechische Kunst eine einmal gelungene Ausführung nur mit geringen, von Fall zu Fall eintretenden Modifikationen typisch wiederholte, so ergibt sich zunächst, daß das späte Figürchen keine Originalerfindung ist, sondern nach einem größeren statuarischen Vorbild kopiert sein muß; sodann daß, da ersteres wahrscheinlich von einem von der Phthisis genesenen Makedonen als Votivgabe geweiht war, man auch das Original in Makedonien oder Mittelgriechenland zu suchen berechtigt ist. Wußten wir andererseits aus Pausanias, daß eine solche Statue als Weihgeschenk des berühmten Arztes in Delphi stand, und stimmt die Beschreibung des Periegeten zu unserer Abbildung 11 so genau, daß die bisherigen Mißverständnisse ('Skelett'), zu denen sie Anlaß gab, erst durch diese anschauliche Illustration beseitigt werden), und hat endlich das delphische Original bis in die spätesten Zeiten bestanden, da wir seine Basis besitzen, und war es ein so außergewöhnliches, realistisches Kunstwerk, daß es z. B. dem phokischen Machthaber (Phayllos) im Traum erschien, so dürfen wir mit Sicherheit schließen, daß die einzige erhaltene Kopie direkt (oder indirekt) auf das einzige Original zurückgeht, von dem wir Kunde haben, d. h. auf das Hippokrates-Anathem in Delphi. Denn eins stützt hier immer

1) Abgebildet auch bei Reinach, Rép. Stat. II 691 und nach neuer Zeichnung (mehr von rechts vorn) ebda IV 440.

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2) Bronze-Nachbildung (uiunua) eines seit längerer Zeit Kranken, von dessen Körper das Fleisch schon geschwunden ist, so daß nur noch die (Haut und) Knochen übrig blieben", s. oben, Paus. X 2, 6. Und den Ausdruck ulunua findet man ähnlich in der schon von Longpérier zitierten Stelle Herod. II 78, wo bei den Gastmälern der reichen Ägypter gigigei drio rezgòr Er goog Sizvor xoquévor, uzurunuivor iz tù péniste zai yongi za Foro, μiyatos ὅσον τε πηχυαῖον ἢ δίπηχυν, δεικνὺς δὲ ἑκάστῳ κτλ.

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das andere: das Basisfragment enthält den Namen des rettenden Arztes und die Verslänge weist auf eine Sitzstatue; Pausanias nennt denselben Stifter (Hippokrates) und gibt die Anathembeschreibung; letztere läßt uns die Verse richtig ergänzen und die vorhandene Bronzestatuette als Analogon erkennen; diese Sitzstatuette selbst führt zurück auf ein berühmtes mittelgriechisches Original, d. h. auf unsere Basis und die delphische Hippokratesstiftung1). Die Zeit des Anathems in Delphi bestimmte sich nach dem Schriftcharakter auf 400-370, liegt aber wahrscheinlich der ersteren Zahl näher als der letzteren, so daß man annehmen darf, Hippokrates habe als etwa 65 jähriger diese Statue als лideyua Tέrns geweiht. Wenn in der kleinen Nachbildung anatomische Verstöße auffallen, es fehlen nach Longpérier das Brustbein und die falschen Rippen so wird man sie dem osteologisch unzureichend gebildeten, flüchtigen Kopisten zur Last legen (der auch die Stuhlbeine wegließ, s. oben), sei es dem Verfertiger der Statuette selbst, sei es dem einer Zwischenkopie nach dem delphischen Original. Denn daß Hippokrates dem von ihm beauftragten Künstler solche Nachlässigkeiten nicht hätte hingehen lassen, lehrt die übrige, außerordentlich naturgetreue Darstellung des abgemagerten Oberkörpers, die, wie seine absichtliche Entblößung beweist, gewissermaßen Hauptzweck war. Sie geht so weit, daß der genaue Beobachter in den eingefallenen Weichteilen des Gesichts, den spitzgewordenen Backenknochen, in Nase und Kinn, in dem scharf heraustretenden Unterkiefer, den tief eingesunkenen Augen usw. die charakteristischen Merkmale der berühmten, im Hooyrootizór I beschriebenen facies Hippocratica erkennt, die nicht bloß kurz vor dem Tode eintritt, sondern auch wie hier durch große Entkräftung, nach langem Fasten, oder auch durch starken Blutverlust hervorgerufen werden kann.

3. Die delphischen Proxenieen der Asklepiaden (Nebriden) und des Hippokrates-Thessalos.

Nachdem durch die epigraphischen Nachweise des selinuntischen Asklepiaden und des Hippokrates selbst für Delphi sicherer Boden gewonnen ist, können wir zu den älteren Asklepiaden emporsteigen, für die nur literarische Quellen dritten Ranges vorzuliegen schienen. Diese sind erhalten am Schluß der unechten Briefe der hippokratischen Sammlung, wo dem gefälschten δόγμα Αθηναίων der kurze Επιβώμιος (die an

1) Wer die Geschichte von der Heilung des Königs Perdikkas für glaubwürdig hält, könnte für das erste Original noch weiter zurückgehen und eine makedonische Statue vermuten, die sich zu der delphischen ähnlich verhalten hätte, wie der (freilich marmorne) Agias der Daochosgruppe zu dem Originale Lysipps in Pharsalos. Dann hätte Hippokrates die von ihm oder dem König in Makedonien aufgestellte Krankenstatue desselben später, nach einer anderen Heilung, modificiert in Delphi wiederholt. Denn daß das delphische Bild etwa den König selbst dargestellt hätte, wäre eine zu weitgehende Hypothese, die in der Überlieferung (Theopomp-Pausanias) keine Stütze findet und nur aus dem allerdings merkwürdigen Vorkommen des Perdik kasnamens auf dem Figürchen abgeleitet wäre.

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