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züge Petrarcas zu besonderer Zierde gereichen. Für den Handgebrauch ließ sich Petrarca im Jahr 1356 zu Verona, als er selbst in Mailand lebte, den jetzigen Parisinus Lat. 5816 nach dem P kopieren, was ebenfalls de Nolhac erwies. Von da ab bediente er sich für sein weiteres Studium der Kaiserbiographien des neuen Exemplars.

Schon de Nolhac machte darauf aufmerksam, daß die Noten Petrarcas im P von denen im Paris. sich durch ihren Charakter unterscheiden. Während sich nämlich im P die Eindrücke seiner ersten Lektüre auf dem Rand niederschlugen, bezeugen die Einträge und Korrekturen in der von ihm bestellten Kopie sein fortgesetztes und vertieftes Eindringen in den Text. Obwohl Ballou diese Beobachtung des französischen Gelehrten anzunehmen scheint1), ist sie doch eifrig bemüht, den Anteil Petrarcas an den Noten des P weit über das bisher zugestandene Maß hinaus auszudehnen.

Denn, abgesehen von der formal book-hand, der Schrift eben der unzweifelhaften Noten von Petrarcas eigener Hand im Sinn de Nolhacs, will Ballou nicht weniger als drei weitere Gruppen von Noten mit ganz abweichender graphischer Physiognomie gleichfalls auf Petrarca selbst zurückführen, nämlich noch a archaizing style, a cursive style und endlich, als Mittelglied zwischen Buchschrift und Kursive, eine Art Übergangsstil. Mit diesen drei Gruppen hat jedoch Petrarca nichts zu tun: sie waren aber freilich im P bereits vorhanden, als er den Kodex für sich in Verona abschreiben ließ.

So groß auch die von mir selbst unterstrichene Wandlungsfähigkeit) von Petrarcas 'book-hand' ist, daß der Philologe in ihm jemals einen Klassikertext in trügerischer „Archaisierung“, gefälscht, der Bibliophile seine eifersüchtig gehüteten und gehegten Bücherschätze durch Einträge in Kursive oder Übergangsstil entstellt habe3), dafür wäre der Beweis erst noch zu erbringen; denn diese Schlüsse müßten allerdings aus Ballous Behauptung gezogen werden. Natürlich hat Petrarca bei anderen Anlässen eine ausgebildete Kursive geschrieben: daß er sich für seine Gedichtentwürfe oder seinen Briefwechsel der 'book-hand' hätte bedienen sollen, können wir ihm nicht zumuten. Aber ich sehe nicht, wie aus diesen besonderen Fällen irgend etwas für seine Praxis in den Klassikerhandschriften gefolgert werden kann. Durch die von Ballou beigegebenen Proben seiner Briefkursive wird der voreilige Schluß nicht stichhaltiger. Man darf nicht vergessen, daß gerade der Paris. trotz aller Schattierung

1) Vgl. Ballou a. a. O. S. 14.

2) Siehe Klio a. a. O. S. 266, Anm. 3.

3) Nach Ballou a. a. O. S. 15 hätte es Petrarca später nicht mehr so schwer genommen, das gute Aussehen des P zu beeinträchtigen (later he became less careful of marring the appearance of the coder). Der Paris. 5816 lehrt es anders.

im einzelnen stets nur die sorgfältige Buchschrift Petrarcas aufweist. Und auch de Nolhac scheint bei seinen ausgedehnten Forschungen über die Handschriften aus Petrarcas Bibliothek keiner Verletzung dieser Regel begegnet zu sein.

Doch schwerer als diese allgemeine Erwägung fallen die schon angedeuteten befremdlichen Folgen ins Gewicht, die Ballous überraschende Aufstellung nach sich zieht.

Zunächst zur „archaisierenden“ Gruppe. Hier macht Ballou ohne Wimperzucken für die viel erörterte Interpolation der v. Cc.1) keinen anderen als Petrarca verantwortlich. Welch' ein unsympathischer Zug damit in das einheitliche Bild des pioneer humanist' 2) hineingetragen wird, brauche ich nicht erst auszuführen. Petrarca, der so viel auf sorgfältige Texte hielt, der das besaß, was man philologisches Gewissen" nennen möchte, entlarvt als Fälscher, als Urheber der „dreisten Interpolation", über die sich ein Mommsen entrüstete. Denn nicht einmal der Ausweg ist gangbar, daß Petrarca sich in gutem Glauben durch die Fälschung einer weiteren Handschrift, in der sie bereits verübt gewesen wäre, täuschen ließ, also fremdem Betrug unschuldig zum Opfer fiel3).

Aber wie kommt Ballou nur zu einer so sensationellen Entdeckung? Wenn sie den paläographischen Charakter der betreffenden Fälschung unter Berufung auf Vattasso als à hand of the 14th century, which attempts to imitate a ductus of the 9th century, but succeeds only in reproducing a hand of the 12th bestimmt1), so kann ich mich zwar bei dieser Definition beruhigen, nicht aber bei der Identifikation mit Petrarca, obwohl auch hierin Vattasso beipflichtet. Sicher ist jedenfalls, daß die in Rede stehende Einschwärzung vor dem Jahr 1356 begangen ist, sonst hätte sie nicht in die damals für Petrarca gefertigte Abschrift des P, den Paris. 5816, übergehen können.

Wäre nun die Prämisse Ballous richtig, daß zwischen P und Petrarca überhaupt keine einzige weitere Hand ihre Spuren im P hinterlassen habe, dann allerdings besäße ihr Schluß, daß nur Petrarca der Übeltäter sein könne, da P gar nicht in Frage kommt, jene logische Notwendigkeit, die jeden Einspruch erbarmungslos zum Schweigen bringt. So schwer es auch fallen müßte, man hätte sich mit dem fait accompli eines Fehltritts des großen Humanisten, in dessen Dankesschuld wir alle stehen, abzufinden. Auf der Basis jener Prämisse, aber auch allein auf ihr, wird auch Vattassos Sanktion begreiflich.

1) Vgl. Klio a. a. O. S. 273 f.

2) So Ballou a. a. O. S. 13; vgl. S. 25, wo Petrarca als der first redactor gefeiert wird. Aber Ballou sollte nicht vergessen, daß Petrarca nach ihr auch der erste Interpolator des P wäre.

3) Denn er kennt keine weitere Handschrift der Historia Augusta.
4) Ballou a. a. O. S. 16 und Anm. 2.

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Wie aber, wenn die Prämisse falsch ist, wenn sie bereits ein Stück des Beweises vorwegnimmt? Die Erklärung Ballous nämlich, daß im 14. Jahrhundert nur P3 und P4, also gemäß ihrer Ansicht Petrarca und nach diesem Coluccio Salutati, ihre Hand im Spiel hatten, wirkt wie ein Schulbeispiel einer regelrechten petitio principii. Daß vielmehr der P selbst im 14. Jahrhundert schon vor Petrarca nicht nur gelesen, sondern auch mit Noten versehen wurde, läßt sich zum guten Glück, wenn nicht zwingend beweisen, so doch höchst wahrscheinlich machen.

Nach einer von Ballou1) beifällig begrüßten Vermutung Sabbadinis befand sich ja unser P um die Wende des 13. zum 14. Jahrhundert in Verona, wo er einem literarisch interessierten und tätigen Kreis von Vorläufern und Anhängern der humanistischen Bewegung die Bekanntschaft mit der Historia Augusta vermittelte. Wenn auf diese rege Benutzung des P in der Handschrift selbst keine einzige Fährte mehr hinwiese, so wäre dies sehr viel verwunderlicher als das Gegenteil. Und in der Tat gibt es denn auch eine Spur, die in diese Richtung führt.

Mit Nachdruck habe ich den Anfang philologischer Bemühung um den Text der Historia Augusta im P, abgesehen von P2, bereits für die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts, vor Petrarcas Lektüre der Handschrift, in Anspruch genommen"); der zerrüttete Zustand, auf den schon P2 den Finger gelegt hatte, mußte eine solche Tätigkeit geradezu herausfordern. Sabbadinis wichtige Entdeckung, daß der Kodex um jene Zeit in Verona benutzt wurde, kannte ich noch nicht. Nun war schon Dessau3) die Feststellung geglückt, daß der im P zu v. Max. 32, 4 eigenmächtig beigefügte Name des Prätorianerpräfekten, Anolinus, den Acta Sanctorum Firmi et Rustici entlehnt sei. So heiße nämlich dort der consiliarius, der die beiden Heiligen in Verona hinrichten läßt, und wieder in Verona befänden sich zwei ältere Handschriften dieser Märtyrerakten. Man braucht nur die beiden schönen, voneinander unabhängigen Feststellungen Dessaus und Sabbadinis in Zusammenhang zu bringen, um es sehr einleuchtend zu finden, daß der Zusatz des Namens Anolinus im P dem Veroneser Lokalpatriotismus damals entsprang, als sich diese Handschrift noch in Verona befand. Vor dem Jahr 1356 ist er auf jeden Fall gemacht, weil er sich schon im Paris. 5816 im Text wiederfindet1). Die übereilte

1) A. a. O. S. 38 f.

2) Klio a. a. O. S. 266, Anm. 1.

3) Hermes 29 (1894) S. 411 ff.

4) Nach Ballou stammt auch diese Glosse von Petrarca (s. S. 53*, Anm. 2); ja sie erblickt darin sogar eine Bestätigung ihrer Identifikation von P3 mit Petrarca, der mit dem Veroneser Kodex der Märtyrerakten bekannt gewesen sein möge. Für Veroneser Heiligenleben wird sich aber Petrarca (im Jahr 1345) bei seinem Aufenthalt in Verona, den er ganz anderen Zwecken dienstbar machte (vgl. Ballou S. 39), zuletzt interessiert haben, vollends nicht mit dem

Prämisse Ballous, daß nach P erst wieder Petrarca in den P Noten eintrug, ist auf jeden Fall höchst bedenklich und ein aus solcher Voraussetzung gezogener Schluß steht auf allzu schwachen Füßen.

Von dem schlimmen Verdacht, ein Interpolator zu sein, wird man also Petrarca wieder reinigen dürfen. Zu allem Überfluß will ich noch erwähnen, daß seine Urheberschaft der v. Cc.-Fälschung schon allein dadurch so gut wie unmöglich wird. daß in der für seinen Gebrauch gemachten Kopie der ominöse Zusatz nicht nur an einen andern. als den ursprünglich gewählten Platz geraten ist, was freilich durch die äußeren Umstände erklärt wird'), sondern auch von Petrarca an dieser Stelle belassen sein müßte. Es wäre aber doch zu erwarten, daß Petrarca in diesem seinem fleißig durchgearbeiteten Handexemplar den Irrtum des Schreibers berichtigt hätte.

Doch auch die weitere Zuweisung der Gruppen des kursiven und des Übergangsstils im P an Petrarca, wie sie Ballou mit großer Entschlossenheit vornimmt. ruht genau auf derselben Voraussetzung, daß Petrarca der erste Korrektor der Handschrift aus dem 14. Jahrhundert gewesen sei; wie höchst unsicher diese Basis ist, haben wir soeben gesehen.

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Was den kursiven Stil" anbelangt, so sind in ihm die Umstellungsangaben der von mir so genannten „ersten Schicht“ 2) niedergelegt. Indes auch durch diese Vindizierung erweist Ballou dem Andenken Petrarcas einen schlechten Dienst. Um ganz davon zu schweigen. daß der schwülstige Wortlaut des einen Vorschlags3) nicht recht zu Petrarca passen will, gleitet Ballou über die tatsächliche Verschlimmbesserung, die das Übel nicht an der Wurzel faßt, allzu leicht hinweg. Es scheint ihr nicht zu genügen, Petrarca zum Fälscher gestempelt zu haben, sie macht ihn auch noch zum Dummkopf. Bei einer ersten Lektüre, wie sie de Nolhac mit gutem Grund annimmt, mochte Petrarca die Verkehrtheit jenes Winks4) immerhin übersehen; auf jeden Fall hatte er selbst so rasch keinen besseren Vorschlag zu machen und so blieb die Note noch in Geltung und wurde im Paris. befolgt; aber die Versicherung Ballous, daß die Torheit von ihm selbst ausgehe, ist höchst mißlich und ich kann mich

Erfolg einer derartigen Interpolation. Einem Veroneser Bürger dagegen billige ich gern mildernde Umstände zu.

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2) Vgl. Klio a. a. O. S. 270. Da Ballou (a. a. O. S. 43) mich irgendwie mißverstanden hat, so wiederhole ich, daß ich unter der ersten Schicht" der Umstellungsangaben des P heute wie vor einem Jahr auch denjenigen Zustand des P verstehe, den der Paris. 5816 wiederspiegelt. Was Ballou daran zu „eliminieren" hat, ist mir rätselhaft.

3) Vgl. Ballou a. a. O. S. 44.

4) Wenn ein solcher damals (1345) schon gegeben war,

nicht entschließen, ihm diesen Fehlgriff zuzumuten, so lange es noch eine andere, für Petrarca weniger kompromittierende Erklärung gibt. Übrigens hat sogar der mißlungene Versuch, Ordnung zu schaffen, noch immer eine eindringlichere Beschäftigung mit dem verwirrten Text zur Vorbedingung, als sie die sicheren Glossen Petrarcas, die Zeugen einer „ersten Lektüre", verraten.

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So sind denn auch die Umstellungsangaben jener ersten Schicht des P, wie sie sich im Zustand des Paris. spiegelt, ohne Petrarcas Mitwirkung entstanden. Ihr Urheber ist un lecteur du XIVe siècle, ein Anonymus, wie schon de Nolhac sagte. Wie sich dagegen Petrarca selbst einem analogen Fall, der Zerrüttung der v. Car. im P, gegenüber verhielt, das habe ich schon früher erörtert: er begnügt sich im P --- selbstverständlich, wie sonst auch, in der allein von ihm für dergleichen Anmerkungen gewählten book-hand mit der Konstatierung des Anstoßes; behoben hat er die Schwierigkeit, wenigstens teilweise, erst nachträglich auf dem Rand des Paris. auf Grund einer genaueren Prüfung des Sachverhalts. Wie schon angedeutet, kann ich auch dem „Übergangsstil" Petrarcas kein Vertrauen entgegenbringen1): nach meiner festen Überzeugung stammen ausschließlich diejenigen Noten des P, die in der „Buchschrift“ geschrieben sind und deren Charakter de Nolhac, bzw. dessen Gewährsmann Léon Dorez, bestimmt hat, wirklich von Petrarcas Hand 2). Mit dem Befund des Paris., in dem außer dem Schreiber nur Petrarcas eigene Feder sich betätigte, stimmt das graphische Bild dieser echten Noten vollkommen überein.

Von den vier Gruppen Ballous gehört also einzig und allein ihre erste, der 'book-hand style', dem großen Humanisten zu und ihrer braucht er sich wahrlich nicht zu schämen. Ich freue mich, auf diese Weise das von Ballou für Petrarca eröffnete Schuldkonto annullieren zu können: weder die Fälschungen der „archaisierenden" Hand, noch der plumpe Fehlgriff der Kursive oder die entbehrlichen Zusätze des Übergangsstils dürfen ihm weiter belastet werden.

Auf die Frage übrigens, die Ballou aufwirft"), wie viele Hände ich mir eigentlich vor Petrarca und nach P2 im P an der Arbeit denke, 1) In ihm scheint mir der Name des Anolinus beigefügt zu sein; vgl. oben Anm. 1.

2) Ballou gibt ihrem Buch drei Tafeln mit Schriftproben bei, leider in ganz verschiedenem Maßstab, wodurch für den uneingeweihten Leser die Benutzung außerordentlich erschwert wird. Sicher von Petrarca sind nach meiner Auffassung auf Tafel I die Randglossen der Nummern 7, 9 und 17. (Die letzte Nummer ist dem Paris. 5816 entnommen und ist also für Petrarca unbedingt gesichert.) Die anderen Fälle sind höchst zweifelhaft oder rühren bestimmt nicht von Petrarca her.

3) A. a. O. S. 55.

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