ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

in der alten biblisch-theologischen Art, die aus allen Bibelstellen, wo er vorkommt, einen womöglich auf alle passenden Universalbegriff zu abstrahieren suchte, sondern so, daß von vornherein die Entwicklung ins Auge gefaßt wird, nicht nur auf dem Gebiet der alt und neutestamentlichen, sondern auf dem der allgemeinen Religionsgeschichte. Es sind ungeheure Längsschnitte, die auf Schritt und Tritt durch die ganze Geschichte menschlicher Kulturund Religionsentwicklung gelegt werden. Die Gefahr besteht, daß diese sehr notwendige Vorarbeit zur Hauptsache wird. Die alten. Kommentare Meyerschen Stils mit ihrer glossatorischen Manier, mit dem scheinbar zusammenhangslosen Vielerlei, aus dem sie das Verständnis des Einzelnen und dadurch des Ganzen zu gewinnen suchten, gelten als langweilig. Man will auf das Ganze, aber wie es so leicht geschieht - man kommt dabei grade auf das Einzelne. Ich fürchte, ein künftiger Normalkommentar würde sich in Inhaltsübersichten mit eingestreuten religionsgeschichtlichen Exkursen über Einzelbegriffe auflösen. Das wäre gewiß sehr interessant

schon weil es den Reiz der Neuheit hat; es würde uns auch mit der Mehrung unserer Kenntnisse den Blick schärfen. Aber das Ideal ist es doch nicht1).

Doch ich breche hier ab, habe ich doch hier nicht eine Kritik der modernen Exegese zu geben, sondern eine Charakteristik zu versuchen. Ich hebe hier noch einmal zusammenfassend hervor, daß zwar alle drei Eigentümlichkeiten Gefahren in sich bergen (das

1) Zur Entschuldigung dieser „Uebergriffe“ der Eregese in das Gebiet der fremden Religionen ist darauf hinzuweisen, daß eben die Wissenschaft der Religionsgeschichte selbst noch in den Anfängen steht. Keinem Exegeten fällt es ein, die Etymologie z. B. des Wortes dess in sprachvergleichender Detailuntersuchung bis auf ihre leßten Ursprünge zurück zu verfolgen. Hier übernehmen wir einfach Resultate und setzen mit der eigenen Forschung höchstens bei dem Sprachgebrauch der für uns in Betracht kommenden Zeit ein. So müßte uns die Religionsgeschichte Entstehung und Entwicklung der religiösen Bilder, z. B. des Drachenmythus, derart liefern, daß wir nur die neutestamentliche Anwendung zu untersuchen hätten. So lange sie selbst aber noch im Zeitalter der Entdeckungsfahrten steht, sind wir gezwungen, auf eigene Hand solche zu machen. So lange sie uns Hypothesen statt Resultate darbietet, müssen wir in der Lage sein, sie scharf zu kontrollieren.

Historisieren kann zum Archaisieren werden, die Realistik in Materialisierung umschlagen, die Isolierung zum Preisgeben der Zusammenhänge führen), daß aber diese Exegese im ganzen, zumal die konsequente Durchführung des historischen Prinzips einen großen, dankbar zu begrüßenden Fortschritt bedeutet, den wir nicht wieder preisgeben können.

II.

Wie steht nun aber die Praxis dazu? Klafft hier nicht eine schier unüberbrückbare Kluft zwischen den Ergebnissen der rein wissenschaftlichen Exegese und den Bedürfnissen der praktischen Auslegung? Machen die zünftigen Schriftgelehrten dem Pfarrer, dem Verkünder des Wortes an die Gemeinde, nicht sein ohnehin schweres Amt noch viel schwerer? Wir verhehlen uns die Schwierigkeiten durchaus nicht, die aus dieser neuen exegetischen Schriftbehandlung erwachsen; wir haben sie übrigens nicht geschaffen; die Verhältnisse sind stärker als die Menschen; die Methoden werden durch den geistigen Zustand der Gesamtheit be= stimmt. Aber wir wollen gerne mithelfen zu ihrer Ueberwindung, zunächst indem wir die Schwierigkeiten selbst klar stellen.

1. Die scharfe Unterscheidung von Einst und Jezt bringt zu einem guten Teil dessen, was wir gewissenhaft als Schriftinhalt erweisen, das Urteil hinzu, daß es zu unserer Zeit nicht mehr passe, daß es unterwertig sei. Das ist, um es noch einmal zu sagen, das eigenartig Neue der heutigen Exegese, daß sie, während sie selbst das Sakramentale als etwas dem Evangelium Jesu fremdes, darum außer und unter-christliches beurteilt, doch unerbittlich sakramentale Gedankenreihen bei Paulus und Johannes feststellt, mit welchem Recht bleibe hier dahingestellt '). Paulus wird uns als Ekstatiker gezeichnet 2) — ja selbst auf Jesus hat man dies Wort, freilich in unklarer, mißbräuchlicher Weise angewendet3), und doch erscheint uns Ekstase als etwas frank

1) Vgl. meinen Auffah: Sakrament und Symbol im Urchristentum Theol. Stud. u. Krit. 1905, 1-10.

2) Weinel, Paulus 88 ff., Wrede, Paulus 15 ff.
3) D. Holzmann, War Jesus Ekstatiker? 1903.

haftes. Als Prediger habe ich der Gemeinde Werte, volle, höchste Werte zu bieten. Kann mir da noch ein Text dienen, der unterwertiges enthält? Muß nicht überhaupt die Schriftautorität, das Ansehen Jesu und der Apostel hinfallen, wenn so offen eine tiefe Kluft zwischen ihnen und uns aufgedeckt wird; wenn das, was sie für wirklich ansahen, für unwirklich erklärt, was jenen für ihr frommes Denken als wesentlich erschien, als unwesentlich und wertlos abgelehnt wird?

Man hat sich zeitweilig über die Schwierigkeit hinweggetäuscht durch die Unterscheidung von vergänglicher Schale und bleibendem Kern. Die religionsgeschichtliche Eregese besteht aber mit Nachdruck darauf, daß jene von dem modernen Empfinden als unterwertig abgelehnten Vorstellungen zum Kern der urchristlichen Frömmigkeit gehören, oder um es anders auszudrücken, daß es nicht Bilder sind für die höheren geistigen und sittlichen Gedanken, die wir damit zu verbinden, dahinter zu suchen gewohnt sind, sondern Residua einer älteren superstitiösen Religionsanschauung, deren Kultuszauber nur mühsam durch die sittlichen Gedanken des Evangeliums Jesu balanziert wird; daß vielfach auch sittliche Anschauungen im N. T. vorliegen, die wir mit unserem sittlichen Empfinden nicht mehr vereinigen können. Nimmt eine solche Exegese nicht dem Prediger das gute Gewissen, mit dem er bisher in echt evangelischem Geiste auch über solche Texte predigte, die er unwillkürlich wenn auch unklar als fremdartig empfand?

2. Wenn nun gar diese Eregese mit ihrer Realistik an die schönsten Stellen herangreift, die wir evangelischen Christen meinen unmittelbar nachfühlen zu können, wo uns das Herz unwillkürlich aufgeht und der Mund überfließt! Ich denke an Worte des Apostels Paulus wie Rö. 8, 15 von dem Kindschaftsgeist, in dem wir Abba lieber Vater schreien -nun soll dies schreien" auf ekstatische Zustände hindeuten, bei denen der Geist sich stoßweise in unbewußten, unklaren Lauten äußert, die dann nachträglich als Anrede an Gott den Vater gedeutet werden 1)! Oder wir kommen weiterlesend zu V. 38 f.: Ich bin gewiß, daß weder Tod

2

1) Gunkel, Wirkungen 36. 49, Weinel, Wirkungen 78.

noch Leben, weder Engel noch Herrschaften, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Kräfte, weder Hohes noch Tiefes, noch irgend eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes in Christo Jesu unserem Herrn -da läßt die religionsgeschicht= liche Exegese mit dem Zauberstab ihrer Realistik einen ganzen Aeonenreigen vor unserem erschrockenen Blicke auftanzen. Wie die Engel, Herrschaften, Kräfte aus den Anschauungen über eine zwischen Gott und Menschen sich feindlich einschiebende Geisterwelt zu verstehen sind 1), so ist auch der Tod ein konkretes Wesen (vgl. I K. 15, 26; Apc. 20, 14; wie mit jenen das Gesetz und sie selbst wieder mit der Sternenwelt zusammenhängen (vgl. Gal. 3, 19 f., 4, 9), so gehören öpwpa und ßádos der Astralreligion an: sie bezeichnen den Kulminationspunkt eines Sterns und seines astrologisch-magischen Einflusses auf das Menschengeschick 2).

Was fangen wir in der Predigt damit an? Muß nicht solche Exegese als ein mutwilliges Zerstören der schönsten Blüten echt christlicher paulinischer Frömmigkeit erscheinen, das die Freudigkeit uns benimmt?

3. Und was nußen uns schließlich diese interessanten religionsgeschichtlichen Längsschnitte der Begriffsvergleichung für die praktische Auslegung? Wie gefährlich ist andrerseits diese Isolierung? Oeffnet sie doch der Willkür wieder das Tor, aus einem Text alles zu machen was beliebt, was bequem ist! Wie viel Mißbrauch ist nicht mit einem Wort wie II K. 3, 6: „Der Buchstabe tötet, der Geist macht lebendig" getrieben worden, seit man es aus dem paulinischen Zusammenhang (Altes und Neues Testament, Gesetz und Evangelium) herauslösend auf wörtliche und allegorische Deutung bezog und zum Freibrief jeglicher Umdeutung machte! Nun wird durch diese geschichtliche Eregese selbst mit ihrem Prinzip der Isolierung ein solches Verfahren scheinbar legitimiert; dabei aber nicht zum Nutzen der Praxis in modernisierender Richtung angewandt, sondern umgekehrt, um die einzelnen Stellen recht archaisierend unserem Verständnis fern zu rücken!

1) Weinel, Paulus 24. Everling, Paulinische Angelologie und Dämonologie 1888.

2) Reizenstein, Poimandres 80 A. 3.

Soll man einer solchen Exegese nicht einfach den Abschied geben? Es gibt ihrer viele, die so sprechen, sei es, daß sie sich bescheiden, den Exegeten ihre wunderliche Einfälle zu belassen, wenn nur sie selbst sich nicht darum kümmern müssen, sei es, daß sie aggressiver gestimmt, einstimmen in den Schlachtruf: fort mit dieser religionsgeschichtlichen Exegese.

Jene werden sich selbst schädigen, diese werden nichts erreichen. Ich glaube gezeigt zu haben, daß ich keineswegs blind bin für die Schwächen dieser Eregese. Aber das steht fest: sie ist eine notwendige Stufe in der Geschichte der Exegese, und nicht durch Geschrei noch durch Gewalt, sondern nur durch bessere Exegese kann man sie beseitigen, überwinden. Eine solche aber kann, nach einem in der Geschichte der Wissenschaft immer zu beobachtenden Gesetz, nur aus ihr selbst hervorgehen: nicht die Gegner haben Baurs Schule gestürzt, sondern die aus ihr selbst hervorgegangen waren, ihre Affiliierten haben sie überwunden. Nur durch Selbstkorrektion schreitet die Wissenschaft voran. Darum nicht zurück, sondern vorwärts! Es genügt auch nicht, sich durch einzelne Konzessionen mit der neuen Methode abzufinden, im ganzen aber sie als bedeutungslos abzulehnen 1). Statt die mit Gewalt hervorgebrochene, mächtig sprudelnde Quelle ängstlich abzudämmen, soll man sie lieber fassen und auf die eignen Mühlen leiten.

III.

Führen wir nur die Prinzipien der religionsgeschichtlichen Exegese einmal konsequent durch, so wird sich schon der Weg zeigen, den wir zu gehen haben.

1. Das oberste Prinzip heißt: rein geschichtliches Verständnis, ohne alle Eintragungen, ohne alle Rücksicht auf die Gegenwart.

1) So gelangt Baljon in seinem Aufsatz: Die Früchte des Studiums der Religionsgeschichte für die Betrachtung des NT.3, Stud. u. Krit. 1906, 50-85, nach einem Ueberblick über die neueren Forschungen, bei dem er einzelne Einwirkungen von außen zugesteht, doch zu dem Resultat, „daß die Einwirkung fremder Religionen auf das Urchristentum nicht hoch anzuschlagen ist. Wer das Christentum erklären will, kann auskommen mit dem Alten Testament, dem Spätjudentum und der hellenistischen Philosophie.“ Er gehe also „den alten und bewährten Weg“.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »