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Malerei und Zeichnung.

Von Theodor Lipps.

lle Kunst ist in ihrem Grundwesen eine Kunst; alle künstlerische Tätigkeit hat leßten Endes ein und dasselbe Ziel. Dies Ziel ist: Leben, positives Leben, das in seinen einzelnen Zügen nur aus meinem eigenen Leben entnommen sein kann, in eine sinnliche Erscheinung zu bannen, und mich in dieser sinnlichen Erscheinung unmittelbar erleben, fühlen und genießen zu lassen.

Aber es gibt zugleich innerhalb dieser einen Kunst viele Künste. Und jede dieser Künste zielt wiederum auf anderes. Auf was kann und soll die einzelne Kunst zielen? Darauf gibt uns die Antwort nicht irgend welcher willkürlich zurecht gemachte oder traditionell überkommene Begriff der einzelnen Kunst, etwa der Malerei, der Plastik u. s. w.; auch nicht eine „Idee“ dieser Künste, die irgendwo in einer übersinnlichen Welt thronte; sondern einzig die tatsächliche und greifbare Eigenart der Künste.

Diese aber ist gegeben durch die ihr eigentümlichen Darstellungsmittel. Jede Kunst soll jene allgemeine Aufgabe der Kunst erfüllen, soweit sie es mit ihren Mitteln vermag. Die Mittel der Darstellung sind dasjenige, was die Künste von einander scheidet. Nach ihnen bestimmt sich die Ästhetik der einzelnen Künste.

Unter den Mitteln der Darstellung verstehe ich das Darstellungsmaterial und die Weise seiner Verwendung, die Technik. Jedes neue Material und jede neue Technik schließt andere Bedingungen für die Erfüllung jener allgemeinen Aufgabe der Kunst in sich. Die Darstellungsmittel schaffen, wie ich in einem anderen Zusammenhange gelegentlich mich ausgedrückt habe, eine bestimmte „Spielregel"; dieser Spielregel muß sich fügen, wer mitspielen will. Mar Klinger drückt dies in seiner Schrift über „Malerei und Zeichnung" so aus: Jedem Material wohnt durch seine Erscheinung und seine Bearbeitungsfähigkeit ein eigener Geist und eine eigene Poesie inne; die bei der künstlerischen Behandlung den Charakter der Darstellung fordern, und die durch nichts zu ersehen sind.

Nun verwendet aber auch die Malerei, und ebenso die Plastik, wiederum hier dies, dort jenes Darstellungsmittel. Vor allem gibt es in der „Malerei“, d. h. der Flächenkunst, die beiden Möglichkeiten der farbigen und der farblosen Darstellung; genauer, der Darstellung, die auch die Farbe der darzustellenden Objekte wiedergibt, und derjenigen, die auf diese Wiedergabe verzichtet. Damit zerfällt die Malerei wiederum in verschiedene Künste.

Wir wollen mit Klinger die Kunst, die auch die Farbe der darzustellenden Gegenstände auf der Fläche wiedergibt, als Malerei im engeren Sinne bezeichnen, und derjenigen Flächenkunst, die die Wiedergabe der Farbe der Gegenstände unterläßt, den Namen Griffelkunst geben.

Dann leuchtet ein, daß jede dieser beiden Künste ihre besondere „Ästhetik“ hat; und dies heißt zunächst: Die Kunst der farbigen Wiedergabe auf der Fläche oder die Malerei, und die Griffelkunst, haben eine verschiedene Aufgabe. Wiefern dies der Fall ist, und worin diese verschiedene Aufgabe besteht, dies festzustellen ist der wesentliche Zweck der bezeichneten Schrift Klingers.

Fragen wir erst: Welches ist die spezifische Aufgabe der Malerei oder der farbigen Flächenkunst? Hier unterscheidet Klinger mit Recht wiederum zwei Arten; die Malerei als Bildkunst einerseits, und die Malerei als Dekoration und als Raumkunst anderseits. Jede dieser Künste hat wiederum ihre besondere Ästhetik. Die Kunst aber, von der Klinger in seiner Schrift speziell reden will, ist die farbige „Bildkunst“. Gemeint ist damit die Kunst, die eine für sich abgeschlossene, zu keiner weiteren Umgebung in Beziehung stehende Welt darstellt.

Von den Bestimmungen, durch welche Klinger diese Kunst charakterisiert, hebe ich drei hervor. Einmal: Die Welt der Malerei, d. h. der farbigen Flächenbildkunst ist die Welt der Körper. Klinger geht so weit zu sagen, diese Kunst stelle jeden Körper dar nur als solchen, als ein positives Individuum, als abgerundetes, vollendetes Ganze, ohne Beziehung nach außen, nur für sich existierend.

Und zweitens: Die Welt der Malerei ist die Welt des Schönen. Alles ordnet in ihr der Harmonie sich unter. Sie ist der vollkommenste Ausdruck der Freude an der Welt; die Verherrlichung und der Triumph der Welt.

Und drittens:

Diese farbige Bildkunst bedarf, eben als Bildkunst, nicht des Namens, der Idee, der gedanklichen oder Dies alles gehört bei ihr nicht zum Kunst

novellistischen Zutat.

werk. Der Künstler bildet eine Gestalt und wirkt durch ihre Schönheit, durch ihre Lage im Raum, durch die Weise, wie das Licht darüber hingleitet. Das ist für ihn die „Idee“; „dagegen ist es dem Künstler vollkommen gleichgiltig, ob dies Peter oder Endymion ist“.

Im Gegensatz zu dieser farbigen Flächenbildkunst überwiegt nach Klinger in jener „Raumkunst“ der Rhythmus der Bewegungen. Es tritt hinzu die gedankliche Beziehung auf den Raum, also die gedankliche Zutat; insbesondere gesteht hier Klinger der Allegorie ein Recht zu.

Hiermit haben wir einen klaren Gegensatz. Ich wiederhole, in der farbigen Bildkunst gehört die Idee oder die gedankliche Zutat nicht zum Kunstwerk. In der farbigen Raumkunst dagegen hat der Name, die Idee, die gedankliche Zutat ihr Recht.

Ebenso unterscheidet dann Klinger weiterhin in der zeichnenden Kunst verschiedene Möglichkeiten. Er versteht unter der „Griffelkunst“ nur die auf Wiedergabe der Farbe verzichtende selbständige Bildkunst. Er versteht darunter nicht die Handzeichnung, oder die Illustration, oder die auf Reproduktion eines andern Kunstwerkes abzielende Zeichnung.

Dieser Griffelkunst nun weist Klinger im Gegensaß zur Malerei eine doppelte Aufgabe zu. Einmal: Ihr besonderes Gebiet ist die Darstellung der Nachtseite des Lebens, des Widerspruches zwischen den Forderungen der Schönheit und der Furchtbarkeit des Daseins. „Auch aus den Nachtseiten des Lebens ergeben sich dem Künstler Bilder; diese wiederzugeben ist eine neue Kunst erforderlich. Diese Kunst ist die Griffelkunst.“

Zum andern erklärt Klinger: In der Griffelkunst tritt an die Stelle der verlassenen Körperhaftigkeit die Idee; die Griffelkunst gibt also Gedanken wieder; sie greift ein in das Reich der Poesie. Betrachten wir diese Säße etwas genauer. Bleiben wir zunächst bei dieser letteren Bestimmung: An die Stelle der verlassenen Körperhaftigkeit tritt in der Griffelkunst die Idee.

Indem wir diesen Sah hören, erinnern wir uns an das, was kurz vorher über die farbige Raumkunst gesagt wurde. Offenbar steht hiermit diese Erklärung über die Aufgabe der Griffelkunst in einem Widerspruch.

In der farbigen „Raumkunst“, so wird gesagt, herrscht der Rhythmus der Bewegungen. Hinter diesem Rhythmus, so fügt Klinger hinzu, treten Form und Farbe zurück.

Hierzu ist zu bemerken: Vielleicht ist es so. Vielleicht auch

nicht. Vielleicht hat man ein Recht, zu bestreiten, daß in der Raumkunft, etwa der Fresko-Malerei, die Form zurücktrete. Vielleicht ist es auch nichts mit dem Zurücktreten der Farbe. Zum mindesten müßte dies alles näher bestimmt werden.

In jedem Falle aber tritt in der farbigen Raumkunst die Körperhaftigkeit nicht zurück. Die Raumkunst ist in Wahrheit Kunst der Körperhaftigkeit in besonderem Sinne. Man denke etwa an die gewaltigen Körper der sirtinischen Decke.

Und es leuchtet auch deutlich genug ein, warum es so sein muß. Das Kunstwerk der farbigen Raumkunst stellt wohl auch eine abgeschlossene Welt dar, aber wir betrachten diese Welt nicht durchaus für sich, sondern wir ordnen sie ein, oder das in ihm dargestellte Leben ordnet sich ein und muß sich einordnen, in den Rhythmus des architektonischen Lebens. Es ist ein Teil desselben. Dieses Leben aber ist körperliches Leben. Und so muß auch das Leben, das uns durch das Werk der Raumkunst versinnlicht wird, in erster Linie körperliches Leben sein.

In dieser Kunst der Körperhaftigkeit nun hat nach Klinger die „Idee“ ein Daseinsrecht. Wie kann dann, so frage ich, in der Griffelkunst die Idee ein Daseinsrecht haben, weil in ihr die Körperhaftigkeit fehlt? Die Idee soll hier an die Stelle der Körperhaftigkeit treten? Aber wie kann die Idee das eine Mal zur Kunst der Körperhaftigkeit gehören, das andere Mal für sie Ersatz bieten?

Im Gegensatz zur Raumkunst hat nach Klinger die farbige Bildkunst mit Ideen, mit gedankenhaften oder novellistischen Zutaten nichts zu tun. Hier ist es gleichgiltig, „ob es Peter oder Endymion ist.“

So nun wird es in der Tat sein. Aber warum? Ich antworte: Gewiß nicht darum, weil diese Bildkunst das Schöne darstellt, am allerwenigsten darum, weil sie die Körperwelt darstellt, sondern einfach darum, weil sie künstlerisch darstellt. Weil es, wie ich schon eingangs zu verstehen gab, die einzigartige, durch nichts in der Welt zu ersehende Aufgabe aller Kunst, oder aller künstlerischen „Darstellung“ ist, uns Leben in einer sinnlichen Erscheinung unmittelbar erleben, fühlen, genießen zu lassen; negativ gesagt, weil es schlechterdings nicht die Aufgabe einer Kunst ist, uns zur Ausspinnung unserer eigenen Gedanken Gelegenheit zu geben. Kurz, was hier Klinger vom farbigen Flächenbild sagt, gilt von jeder Kunst überhaupt.

So ist es in Schillers Maria Stuart vollkommen gleichgiltig,

ob die Heldin die historische Maria Stuart ist, oder irgend eine sonstige Frau, die das erlebt hat und erlebt, was Schillers Maria Stuart im Drama erlebt hat und erlebt, und die so denkt und handelt, wie diese es tut. Ebenso ist es vollkommen gleichgiltig, ob ich in Beethovens Pastoralsymphonie an ein lustiges Zusammensein der Landleute am Bache oder an irgend welches sonstige fröhliche Dasein denke. Am besten ist es, ich denke an nichts dergleichen, sondern erlebe einfach in mir das fröhliche Leben, das in der Musik unmittelbar sich ausspricht. Und darin steckt ja nichts, weder von Landleuten, noch von einem Bache, noch von irgend etwas dergleichen.

Und genau so, wie hier, ist es überall in der Kunst. Niemals gehört irgend etwas von dem, was ich zum Kunstwerk hinzudenke oder hinzudenken kann, zum Kunstwerk. Überall steht der Name, die Idee, die Phantasie- oder Gedankenzutat außerhalb des Kunstwerkes. Immer ist es „gleichgiltig, ob dies Peter oder Endymion ist“.

Und warum hat dennoch die gedankliche Beziehung, warum hat die Allegorie in jener Raumkunst ihr Recht? Hier sieht Klinger der Hauptsache nach das Rechte. Wir sind, so sagte ich schon, bei der Betrachtung des Freskogemäldes nicht so ausschließlich in der Welt des Kunstwerkes, sondern unser Blick geht zugleich auf das Ganze des Raumes und des in ihm verkörperten Lebens.

Und da mag dann auch die Allegorie ihr Wesen oder Unwesen treiben. Wir gewinnen durch sie freilich ästhetisch oder künstlerisch nichts. Die Gestalt an der Wand eines Gerichtssaales, die den Namen Justitia trägt, wird nicht künstlerisch wertvoller durch diese Taufe. Ihre ganze Schönheit liegt in ihrer Gestalt und ihren Bewegungen, ev. in ihren Farben. Und nicht darum handelt es sich für den künstlerischen oder ästhetischen Standpunkt, was die Wage, die sie in der Hand trägt, bedeutet, sondern ob Arm und Hand gut gemalt sind; ob die Haltung und Bewegung natürlich, frei und ungezwungen ist; ob die Wage den Gesamteindruck des bewegten Lebens nicht stört, ob sie ihn vielleicht gar unterstüßt.

Erst indem ich aus der ästhetischen Betrachtung heraustrete, und an die praktische Bestimmung des Saales denke, gewinnt die Allegorie eine Art von positiver Bedeutung. Sie stimmt zu diesem praktischen Zweck. Die außerästhetische, also die außerhalb des Kunstwerkes stehende Betrachtung des Saales einerseits, und der Gestalt anderseits, treffen in einem einzigen Gedanken.

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