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Bedingungen unserer Arbeit ein leises Abweichen von diesem Standpunkt gestatten und fordern.

So werden wir, von ein paar Verbindungswörtern und Partikeln abgesehn, eigentlich nur an zwei Stellen Worte verändern müssen; Zusätze zum Text sind selbstverständlich überhaupt ganz zu vermeiden. Und so selten wie nur möglich wir wollen besonders darauf achten! werden wir der Notwendigkeit nachgeben, die Reimpaare zu zerstören.

Wir werden ohne weiteres die Reihenfolge der Schauplätze bis auf zwei geringwertige Ausnahmen übernehmen und ihre Veränderung bis auf einen ebenso wohlbegründeten kleineren Fall unterlassen können. Ihre Zusammenlegung aber aus den berühmten,,technischen Gründen", zwecks Ersparung eines Szenenwechsels, erklären wir für unzulässig, weil äußerer Schauplatz auch innerer Schauplatz ist; dagegen werden wir in einem Fall, wo sich,,die Dekoration wandelt", die Szene teilen, um das dramatische Motiv der veränderten Landschaft zu bewahren.

Ein kleines Abweichen vom Original bedeutet es, wenn wir für wünschenswert erachten, die Rolle des Astrologen an Mephisto übergehn zu lassen. Im übrigen ist der einzige Strich, der in das Gefüge Goethes einschneidet, der Fortfall des schwer oder gar nicht darstellbaren Zwittergeschöpfes Homunkulus, aus dessen Reden einiges dem Faust und hauptsächlich dem Mephisto in den Mund gelegt ist, um in einer neuzuschaffenden monologisierenden Szene so den Übergang von der Beschwörung der Helena in die klassische Walpurgisnacht zu finden. Es ist selbstverständlich, daß wir unseren Bemühungen, nicht nur aus künstlerischen Gründen, den Fausttext in der Form zugrunde legen müssen, die ihm Goethe zuletzt und endgültig gegeben hat und wie er im allgemein verbreiteten Buche wie von der Bühne herab allein beanspruchen darf, volkstümlich zu sein oder gemacht zu werden. Nur zweimal wollen wir im vorliegenden Spiel-Text uns verlocken lassen, diesen Grundsatz ein wenig zu verletzen, indem wir in einem sehr bekannten Gretchenmonolog ein Wort, in einer andern weniger bekannten Szene dieses Umkreises einen Satz mit der Fassung des Urfaustes vertauschen. Entschuldigen kann uns, daß wir mit dem ursprünglichen Ausdruck auch den so viel kräftigeren und für die Bühne wirkungsvolleren wieder hervorholen, wobei wir gestehen müssen, daß diese kleinen Veränderungen beide mit dem besonderen Ziel unserer Arbeit nicht eigentlich verknüpft sind.

Der Text, den wir nach alledem, mit einer zweiten äußeren Einteilung in sechs Akte, für unseren Einen Abend erhalten, wird ungefähr ein Drittel von den rund 12000 Versen des Originals und mehr als die Hälfte seiner Schauplätze umfassen. Seine Aufführungsdauer wird nach Erfahrung einschließlich

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einer Großen Pause von 20 bis 30 Minuten, die zwischen den dritten und vierten Akt, also genau in die Mitte zu legen ist, fünf Stunden betragen. Diese Zeit haben wir uns nicht im voraus irgendwie als Maßstab und als Maximum gesetzt, sie ergibt sich, wenn wir unsere Arbeit, die von anderen Motiven bestimmt wird, zu Ende geführt haben, als Dauer der Aufführung eben von selbst. Für ein festliches Spiel wie,,Faust" bedeutet sie eine völlig normale Zeit und wird auch das hat die Erfahrung bewiesen vom Publikum, das einem besonderen in besonderer Form gebotenen Gegenstand in besonderer Stimmung gegenüber sitzt, nicht einen Augenblick als zu lang empfunden werden. Wir wollen uns doch auch daran erinnern, daß schon der Erste Teil in den üblichen Aufführungen meistens nicht viel weniger, ja manchmal sogar noch mehr Zeit in Anspruch nimmt, wie denn überhaupt große Klassiker-Abende oft die hier für das Faustspiel verlangte Zeit erreichen oder überschreiten, ohne mit ihm an innerer dramatischer Spannung und Fülle auch nur im entferntesten wetteifern zu können oder seine besondere Geltung zu besitzen.

s würde im Rahmen dieser Vorrede zu weit führen und dürfte sich wohl

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Kürzungen im einzelnen, Tempo- und Tonveränderungen und vieles und alles andere, woraus sich die kompositionelle Arbeit an dieser Einrichtung zusammensetzt, in einer Wiederholung etwa ihres Entstehungsprozesses, Wort für Wort, Satz für Satz, Szene für Szene begründend verfolgen zu wollen. Alles geht aus dem,,Ganzen“ und seiner Forderung nach bestimmter szenischer Wirksamkeit hervor. Alles ist auf das sorgfältigste und immer wieder erwogen, jeder nur mögliche Einwand oder Vorschlag kritisch berücksichtigt worden.

Der Leser wird für jede Entscheidung die Gründe, wenn er sie braucht, leicht selber finden und prüfen können.

Selbstverständlich ergeben sich bei einem so umfangreichen und vielspältigen Werk, was Kürzungen im einzelnen angeht, hier und da kleinere Stellen, Worte oder Sätze, wo man sich vielleicht ebensogut auch anders hätte entscheiden können. So wird gelegentlich erst die Eigenart des betreffenden Darstellers, der diese Stelle zu sprechen oder zu spielen hat, ihre für den betreffenden Fall endgültige Fassung ermöglichen. Insofern muß diese Einrichtung, wie jede andere ihrer Art, im Kleinen etwas Fließendes behalten. Wir haben dieser Eigenschaft Rechnung getragen und zum Beispiel an einigen Punkten von Gesprächen und Monologen, die wohl noch Kürzungen zulassen würden, diese letzte Entscheidung der tatsächlichen Aufführung überlassen.

Was im übrigen gerade unsere Behandlung der ausgewähltenSzenen im einzelnen betrifft, ist darauf aufmerksam zu machen, daß sie sich an manchen Stellen nicht sonderlich von dem neueren Bühnengebrauch unterscheidet, an vielen anderen indes gegenüber dem gewohnten Text der Teilaufführungen Vermehrungen oder bedeutsame Veränderungen zum Wesentlichen vorzuweisen hat.

Mag in einem flüchtigen Durchblick durch die Akte noch auf ein paar dramaturgische Einzelheiten, auf ein paar schauspielerische Ausdeutungen etwas genauer eingegangen werden.

Im Himmel beginnen wir, im Himmel enden wir. Das irdische Geschehen wird in den Rahmen der Ewigen Chöre gespannt. Die Vorgänge des menschlichen Einzelfalles bekommen das Siegel ihrer ungewöhnlichen Bedeutung. Dies ist die Melodie des Vorspiels:

,,In die Welt weit

Aus der Einsamkeit,

Wo Sinnen und Säfte stocken,

Wollen sie Dich locken!"

Und dies ist der Takt dazu: Zweimal versucht der Eingekerkerte die Wände seines Kerkers zu durchbrechen. Das erste Mal auf falscher Fährte, als er, dem Hohn des Erdgeistes begegnend, mit dem Todesbecher den hölle-umflammten Durchgang zum Nichts oder zum All sich erschließen will. Das zweite stärkere und entscheidende Mal, als, nach einer vorbereitenden Atempause, mit Hilfe des Bösen, den ihm Gott geschickt und der im Scherzo einer dämonischen Antrittsvisite sich zu ihm gesellt, seine Kräfte für die rechte Bahn des Lebens im Ausbruch und Zusammenprall der Temperamente gelöst werden! Hier, wo nach unterschriebenem Kontrakt das faustische Programm verkündet wird, liegt für uns der Höhepunkt des Aktes. In dem dreimal zu unterstreichenden „,ich will“ gipfeln wir Faustens Charakter; mit diesem „,ich will" beginnt, von ihm aus entwickelt sich uns das Stück.

Faust tritt auf die Stufe des Teufels. Ihm gleich an Kleidung. Ihm gleich — auf Augenblicke scheint es so an Wesen und Wollen. Doch sofort und

fortgesetzt ergeben sich die Differenzen.

In jener viergeteilten Gartenszene, in die wir, mit Weglassung des Requisits, Gretchens Monolog am Spinnrad einbeziehen dürfen, weil für uns hier vier Szenen Gretchens eine Szene, eine Station Faustens sind - in dieser viergeteilten Szene, in der ihm sein erstes Begehren erfüllt wird, macht der sinnlich - übersinnliche Freier bereits sein faustisches Fragezeichen, versucht er— am Schluß!mit schärfster Verachtung und stolzester Ablehnung das Tuch der Gemeinsamkeit zwischen sich und dem nichts erfassenden Armen Teufel zu zerschneiden! Hier,

in kurzem Wort und Gegenwort, wetterleuchtet das Katz- und Mausspiel. In diesem gespanntesten Abschluß des Aktes erklingt das Thema des Stückes.

Der dritte Akt, zu dem der zweite fast exponierend nur sich verhält, ist der eigentliche Gretchenakt des Faustdramas. Die Begebenheiten des kleinen bürgerlichen Schicksals sind in die drei großen Naturvorgänge - Anfang, Mitte und Ende eingebettet, die die Gefäße bilden des elementaren Erlebens der faustischen Brust. Wir beginnen ihn dort, wo Faust aus seiner durch Gretchens Besitz geschaffenen inneren Situation heraus Ausweg und Fortgang des Abenteuers sucht, in,,Wald und Höhle". Diese Stellung der mehrfach gewanderten, viel umhergeschobenen, ganz unentbehrlichen Szene nach der Verführung, mit einer Kürzung, Tempo- und Tonveränderung des einleitenden Monologes, widerspricht in keiner Beziehung mehr dem Gang des originalen Geschehens.

Mephisto hat seine gefährdete Führung vorläufig wiedergewonnen und verstärkt. Auf der Höhe des Aktes, auf der Höhe der Romantischen Walpurgisnacht, will Faust des Rätsels Lösung auch hier gierig ergreifen, hält ihn der Andere zurück auf der Ebene platten Genusses. Unverhüllt und ungezügelt gebärdet sich entfesselte Sinnlichkeit. Hier, wo Faust am tiefsten, Mephistos Chancen am höchsten stehn, bedeutet Gretchens Erscheinung die Krisis im Verhältnis der Beiden, d. h. also in unserer gesamten Handlung.

Parallel zu Wald und Höhle" stehen am,,Trüben Tag" Faust und Mephisto gegeneinander: jener diesmal fordernd, dieser höhnisch triumphierend, wütend verweigernd, nur widerwillig nachgebend. Die Zauberpferde tragen sie zum entscheidenden Messen ihrer Kräfte: zu Gretchens schmerzensvoller Erlösung.

Mit gebundenen Händen und aufgerissenen Augen erlebt der Teufelspaktierer vor sich den rastlos zuckenden, tappenden, taumelnden, tanzenden Irrweg der gekreuzigten Seele, bis er gewaltig seine Anklage in das Drüben stößt: „,0 wär ich nie geboren!" Herrisch erklingt im „Her zu mir!" der Jubel des höllischen Genossen, der nicht weiß, was wir wissen, daß er diesen Gang verloren hat, daß ihm die Führung für alle Folge alsbald endgültig entgleiten soll.

Erst wenn der Flüchtling in der „Anmutigen Gegend" geheilt zu den Stimmen des heiligen Lichtes erwacht, schließen wir das Gretchen-Erlebnis ab. Weil wir hier seinen faustischen Abschluß erst zu hören vermögen. Weil wir von hier aus erst, nach rückwärts und vorwärts, die geistige Linie unseres faustischen Geschehens erkennen. Ähnlich erleben wir später,,Helena“ abschließend erst im ,,Hochgebirg", das ebenfalls die erreichte höhere Stufe der Handlung anzeigt und das ebenfalls dient der äußeren dramatisch einordnenden Komposition.

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Das,,Hochgebirg" schließt den Helena-Umkreis und schließt ihn gleichzeitig an an den voraufgegangenen Umkreis,,Margarete" und bietet, resultierend und vorwärts weisend, beide dar als Grundlage des dritten und letzten Kreises, der die andern beiden und das ganze Stück alsdann zu deuten und zu überhöhen imstande sein wird.

Die Große Welt Faustens basiert auf dem,,Kaiserhof" Mephistos. Zweimal, als maître de plaisir zuerst und dann als Feldherr, begibt sich Faust in die Abhängigkeit dieses neuen Großen Lebens. Zweimal ist, entgegen dem Plan Mephistos, diese Abhängigkeit ihm Mittel, sein besonderes Leben, köstliches faustisches Genießen zu gewinnen.

Das erste Mal läßt ihn, dessen Wille im Fegefeuer des Kerkers geläutert ist, dessen Auge aber noch irrend sucht, der,,Kaiserhof" das Ziel erst entdecken! Das zweite Mal sieht Faust, an klaren Tagen über Land und Meer geführt, den großen Sinn entflohenen flüchtigen Erlebens und ergreift in jener Abhängigkeit nur noch die Möglichkeit, das geschaute und voraus erklärte Ziel ohne langen Aufenthalt zu verwirklichen.

So wird auch uns diese Große Welt nur soweit interessieren als sie nötig ist, um die dramatische Situation als Basis und Ausgangspunkt der zusammenhängend fortgeführten faustischen Handlung zu klären. Wenn Faust zu den Müttern gestiegen ist, wenn der priesterliche Künstler die ihm bisher verborgenen und nun aufgeweckten Gesichte seines Innern an das Licht steigen sieht, wenn er alsdann über das nichtsahnende Parkettgespräch der profanen und banalen Menge hinweg zu sich selber gefunden hat, entfliehen wir mit ihm aus festlichem Alltag in die hohe Feier eines anderen unalltäglichen grenzunbewußten Reiches. Wenn später! Mephisto seine dämonischen Gesellen hat aufmarschieren lassen und seinen Kriegsplan entwickelt hat, weiß unsere Kenntnis des Vertrages, unser Vertrauen auf den zwingenden Willen des Herrn und die gehorchenden Zauberkräfte des Dieners, daß wir am Anfang des letzten Aktes alles in Erfüllung gegangen finden werden, was am Ende des vorletzten verheißen worden war. Wir gönnen uns dort also die Pause und denken nicht daran, Freuden und Leiden des Kaiserhofs, die nichts mit Faust mehr zu schaffen haben, auch uns noch weiter irgendwie etwas angehn zu lassen.

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Einen Augenblick mag uns hier noch die Erwägung beschäftigen, wie sich, innerhalb des Helenakreises, der Zuschauer im Theater zu jener berüchtigten „Lücke“ verhalten wird, die Goethe gelassen, indem er die geplante Audienz Faustens vor Persephoneia nicht ausgeführt und auch sonst keinerlei orientierenden Bericht über Hergang und Resultat dieser Audienz irgendwo eingefügt hat. Wir dürfen auf das bestimmteste annehmen, daß unsere notwendige Absicht, allen

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