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Inhalt.

Heft 1.

Wilhelm Bahnsen, Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes nach Johannes Weiss.
Rudolf Ehlers, Zum evangelischen Konfirmanden-Unterricht
Th. Achelis, Religion und Wissenschaft. .

Literatur.

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Martin Rade, Die Wahrheit der christlichen Religion (Johannes Schmeidler) 27
Raffaele Mariano, Cristo e Budda (Karl Nessler).

Johann Hinrich Wichern's Briefe und Tagebuchblätter L. (August Werner)
Immanuel Heyn, Der Herr ist der Geist, Predigten (August Werner). . . .
Hermann Lüdemann, Individualität und Persönlichkeit, Rektoratsrede (J. Websky)
Holtzmann-Krüger, Theologischer Jahresbericht, 19. Band (J. Websky).

Aus anderen Zeitschriften.

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Die Protestantischen Monatshefte werden von diesem 1. Hefte des neuen Jahr

ganges an auf den dringenden Wunsch nichtdeutscher Leser nicht mehr in Fraktur, sondern in Antiqua gedruckt.

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Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes nach

Johannes Weiss.

Von

D. Wilhelm Bahnsen in Coburg.

Wie verhalten sich die uns überlieferten Aussprüche Jesu, in denen er vom Reiche Gottes als einem zukünftigen redet, zu denen, in welchen es als ein bereits daseiendes vorausgesetzt wird? Diese Streitfrage wird in der Schrift von Prof. D. Johannes Weiss') so behandelt, dass kein evangelischer Theologe, der mit der Wissenschaft in Zusammenhang zu bleiben wünscht, umhin kann, zu ihr Stellung zu nehmen. Handelt es sich doch um eine wissenschaftliche Leistung von hervorragender Bedeutung. Der Verfasser hat sich in der Schule Albrecht Ritschl's von der ungemeinen Bedeutung des systematischen Gedankens vom Reiche Gottes, welcher den organischen Mittelpunkt seiner Theologie bildet, überzeugt". Aber schon früher hat die deutliche Empfindung ihn beunruhigt, dass Ritschl's Gedanke vom Reiche Gottes und die gleichnamige Idee in der Verkündigung Jesu zwei sehr verschiedene Dinge seien. So erschien schon 1892 die erste Auflage seiner Schrift, von der wir nunmehr die zweite in völlig veränderter Gestalt vor uns haben. Suchen wir die Gedanken des Verfassers kurz zu skizzieren.

In der Verkündigung Jesu vom Reiche Gottes ist ein stark eschatologisches Moment, eine noch ungelöste Spannung vorhanden, so dass der ganze Schwerpunkt auf die Zukunft gelegt wird. Ebenso ist auch der Messiasglaube Jesu nur zum Teil Gegenwartsbesitz, zum andern Teil aber auch Glaube an die Zukunft. Jesus hat sich getrieben gefühlt, der Welt das Heil und das Gericht anzusagen, weil er die Nähe des Reiches Gottes mit Sicherheit voraus empfand, und weil er sich in besonderer Weise als der Vertraute und Beauftragte Gottes wusste. Aber wie er doch nur auf einzelnen vorübergehenden Höhepunkten der Stimmung die Herrschaft Gottes bereits angebrochen schaute, im übrigen aber auf das zukünftige Eingreifen Gottes hoffte, so hat er auch in Bezug auf die Erhöhung zum Messias das letzte entscheidende Wort seinem Vater im Himmel überlassen. Er wird an ihm thun, was er verheissen hat (S. 176). Schon das älteste Christentum hat hier eine Umbiegung und Verschiebung eintreten lassen. Neben die aus der Verkündigung Jesu übernommene eschatologische Vorstellung vom Reiche Gottes trat schon bei Paulus die Idee des Reiches Christi, welches in der Gemeinde verwirklicht ist. Auch bei den Evangelisten haben wir Keime der Anschauung, dass das Reich Gottes nicht bloss etwas Zukünftiges ist, sondern in gewisser Weise schon von Christus begründet

1) Johannes Weiss, Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes. 2. völlig neubearbeitete Auflage. Göttingen 1900. Vandenhoeck und Ruprecht. Preis 5 M. Protestantische Monatshefte. 5. Jahrg. Heft 1.

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ist, in der Kirche. Wer will es der modernen Theologie verdenken, wenn sie auf den Spuren dieser Interpretation das nachträgliche Werturteil zur Grundlage ihres Systems macht, dass durch die Thätigkeit Jesu das Reich Gottes in die Welt eingeführt sei als eine Gemeinschaft der Menschen, die an Gott als Vater und König glauben und in Liebe untereinander verbunden sind? Gegen diese Betrachtungsweise ist nichts einzuwenden, solange sie sich in ihren Schranken hält und als eine religiöse Schätzung des Lebenswerkes Christi auftritt. Protestieren müssen wir nur dagegen, dass man diese nachträglich gewonnene Anschauung auch in die Worte und in den Glauben Jesu hineininterpretiert (S. 177).

Um diese seine Anschauung zu motivieren, gibt W. zunächst S. 1—35 eine Uebersicht über die alttestamentlichen und jüdischen Vorbilder des Reiches Gottes, die reiches Material verarbeitet. Im weiteren Verlauf wird dann gezeigt, wie da, wo die direkten Aussprüche Jesu über die Zukunft uns verlassen, diese, ergänzt durch die vorhandenen Anschauungen des Judentums und durch die Anschauungen der Urgemeinde resp. der paulinischen und apokalyptischen Darstellung, uns erst ein Gesamtbild von der Anschauung Jesu geben. Der Verfasser rekurriert dabei mit Vorliebe auf die auch bei Jesus nachweisbare heroische Stimmung (S. 51). An den Reden Jesu ist geschichtlich erkennbar das gewaltige, ungestüme, leidenschaftliche und daher oft einseitige religiöse Gefühl, das sich in ihnen einen gewaltigen Durchbruch schaffte. Die in zufälligen und unzusammenhängenden Resten erhaltenen Ergüsse einer kampf- und sturmbewegten Seele wollen mit anderem Mass gemessen werden, als das harmonisch abgeklärte System eines friedlichen Ethikers (S. 53). Darum kommt aber W. auch zu dem Schluss, dass die systematische Umdeutung der messianisch-eschatologischen Ideen, die Jesus bereits vollzogen haben solle, ihm thatsächlich lediglich von den modernen Forschern aufgedrängt sei (S. 60). Stellen, die darauf schliessen lassen, dass die Jünger bereits alle Freuden der messianischen Zeit schmecken (Mc. 2, 19), dass Jesus selbst die Herrschaft Gottes in seinen Werken bereits angebrochen sieht (Mt. 12, 28), sind vereinzelte, gelegentliche Worte, gesprochen auf seltenen Höhepunkten der Stimmung. Sie zeigen uns Ahnungen eines Neuen, kühne Anticipationen der Vollendung. Es sind hingeworfene Fragmente, die zum Weiterspinnen des Gedankens reizen, aber sie enthalten nichts Fertiges, Geschlossenes, und vor allem sind sie nicht Ausdruck der beherrschenden Grundstimmung (S. 63). Die Bewegung, die Jesus entfacht, hat er selbst als eine messianische im vollen Sinne des Wortes verstanden. Er hat sich für den specifisch Auserwählten, der mehr war, als ein Prophet, gehalten (S. 64). Seine messianische Verkündigung setzt ebenso, wie die des Täufers, einen religiösen Aufschwung der Seele voraus, der über das Mass der Alltäglichkeit hinausgeht (S. 68). Mit derselben Sicherheit, mit der wir auf den regelmässigen Wechsel der Jahreszeiten vertrauen würden, glauben diese Männer, dass der Tag des Herrn vor der Thür steht, denn Gott hat es ihnen offenbart (S. 60). Aber das von Jesus gebrauchte

xev in Bezug auf die ẞastλeía to deo charakterisiert diese zwar als etwas, das demnächst kommt, aber ebenso als etwas, was noch nicht da ist. Es ist deshalb nur eine Steigerung der allgemeinen Gewissheit, wenn Jesus hier und da in prophetischer, freudiger Begeisterung die kurze Spanne des Wartens überspringt, als ob er bereits am Ziele sei (S. 70). Das Merkmal eines Jüngers ist nicht der gegenwärtige Besitz, sondern das προσδέχεσθαι τὴν βασιλείαν τοῦ θεοῦ (Me. 15, 43 vergl. Mt. 27, 57) S. 72. Nach Jesus hat das Reich Gottes zwar menschliches Thun zur Voraussetzung, aber nimmermehr kann es durch menschliches Thun verwirklicht werden, es bleibt eine Gabe Gottes (S. 77) und zwar eine, die Gott am Ende geben wird, am Ende, das lediglich in seinem Willen ruht.

Es ist natürlich, dass W. unter diesen Umständen scharf Front macht gegen diejenigen, welche die Idee eines bereits in den Erdentagen Jesu vorhandenen Reiches Gottes Jesu selbst vindicieren. Nach W. merken diese Exegeten nicht, dass sie damit Anschauungen der Aufklärungszeit oder von Kant mit den synoptischen Gedanken in eine wunderliche Gemeinschaft bringen (S. 79). Namentlich ist es Wellhausen, dessen Darstellung Weiss unter diesem Gesichtspunkt bekämpft. Er spricht von ihm zwar mit grosser Hochachtung. S. 56 sagt er wörtlich: Es wird für alle Zeiten ein Genuss und eine Erbauung sein, zu sehen, wie diese einzige Persönlichkeit (Jesus) sich in der Seele eines unserer bedeutendsten Gelehrten gespiegelt hat, der in seinen Forschungen zugleich als ein wahrhaft, ursprünglich und gesund empfindender Mensch hervortritt. Als menschliches Zeugnis für den Eindruck der Person Jesu ist die Darstellung klassisch. Aber Weiss knüpft daran die Frage: Ist sie es auch als wissenschaftliche Leistung? (S. 56). Für Weiss steht es fest, dass nach der Wellhausen'schen Darstellung die eschatologische Predigt in einem viel zu losen äusserlichen Verhältnis zur übrigen Verkündigung steht (S. 58). Wellhausen's Darstellung leidet daran, dass sie viel zu sehr betont, was uns als das Bleibende und Bedeutsamste erscheint, während sie mehr fragen sollte, ob dies auch für Jesus als das Bedeutsamste galt (S. 57). Unsere heutige evangelische Frömmigkeit ist nach Weiss gar nicht eschatologisch gestimmt und neigt deshalb dazu, das höchste religiöse Gut als ein gegenwärtiges geistiges Besitztum der einzelnen Gläubigen aufzufassen (S. 77).

Wenigstens in der ersten Zeit seines Auftretens muss Jesus an einen baldigen, glänzenden Sieg der Sache Gottes geglaubt haben (S. 100). Die ganze Stimmung der ersten Verkündigung Jesu, seine freudig begeisterte Art im Unterschiede vom Pessimismus des Täufers, macht nicht den Eindruck, als sei er von vorn herein mit Resignation in die Arbeit eingetreten (S. 99). Unter dem Eindruck trüber Erfahrungen ist indes im Bewusstsein Jesu eine Hinausschiebung des Termins eingetreten. Das Reich Gottes gegen den Willen Gottes herbeizwingen zu wollen, die Sichel anzusetzen, ohne dass die Ernte reif ist das musste ihm bei aller Sehnsucht nach der Erfüllung aufs tiefste widerstreben. Entsprang es doch einer ungebärdigen,

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ungeduldigen und daher unfrommen Gemütsstimmung, die seinem demütigen Vertrauen auf Gott so entgegengesetzt war. Auch Jesus hat den Anbruch des jungen Gottesfrühlings an gewissen Merkmalen schon erkannt und das hat ihm seinen Glauben gestärkt. Aber er hat auch den ganzen, ungeheuren, passiven Widerstand gegen seine Werke aufs bitterste empfunden, und so folgte ein tiefer Pessimismus der ursprünglichen Freudigkeit (S. 101). So droht er den Untergang Jerusalems und der Theokratie, aber, wie es scheint, gibt er doch sein Volk nicht auf. Nach Mc. 10, 45 dürfen wir vermuten, dass er in seinem Tode das specifische Rettungsmittel für sein Volk erkannt hat. Das Ende kommt, aber wann? Nach Weiss hat Jesus die Ansicht gehabt, dass es im Zeitraum der nächsten 10, 20 oder 30 Jahre geschehe, genauere Angaben fehlen (S. 104). Ueber das wie?" lehnt natürlich W. jede Vorstellung einer Entwicklung des Reiches Gottes bei Jesus ab. Wenn Gott seine Herrschaft errichtet, so geht der Gang der Dinge von oben nach unten. Auf den Wolken des Himmels schwebt die ewige Bastλsía herab (S. 105). Es fällt zusammen mit der Wunderkraft und Offenbarung des Messias (S. 106). Die messianische Epoche ist nicht eine organische Weiterentwicklung des Früheren, etwa die Vollendung und edelste Blüte der Menschheitsgeschichte, sondern eine völlig neue Epoche, die von der vorhergehenden total wesensverschieden ist (S. 107). Auch Jesus setzt voraus, dass auf den Zusammenbruch der alten Welt eine neue Welt folgen werde (S. 108). In ihr wird die Menschennatur verwandelt und erneuert sein. Wer an der göttlichen Freudentafel soll sitzen können, der kann nicht sein altes Wesen, Fleisch und Blut behalten (S. 109). Die Frage nach dem Heil des Reiches Gottes beantwortet W. dahin, dass Jesus seinen Hörern vollauf die Möglichkeit gelassen haben muss, unter dem Begriff des Reiches Gottes sich alles das zu denken, wonach ihre Hoffnung sich sehnte (S. 116). Das Reich Gottes ist der Stand der Dinge, bei welchem Gott wirklich die Herrschaft in vollem Sinne aufnimmt und ausübt, oder, wie Paulus es ausdrückt, Gott alles in allem ist (S. 116). Der Tod wird dann aufhören. Wie die Engel im Besitz des ewigen Lebens sind, so werden auch die Erwählten im Reiche Gottes nicht sterben, sondern, wie Gott selbst, adaptot sein (S. 118). Fragt man, wo das Reich Gottes, wenn es zur Erde herabkommt, sein wird, so lautet nach Weiss die Antwort: „im lieblichen Lande" (Henoch 90, 20) wo sollte es denn sonst sein? (S. 121.) Wo ist aber nach dem Kommen des Gottesreiches noch Raum für das römische Weltreich? Weggefegt wird es sein in der grossen Krisis. An der Abneigung gegen diese Idee ist allerdings, nach Weiss, etwas Richtiges. Man möchte von Jesus alles das fernhalten, was man an Rachsucht, Herrschaftsgelüsten und Römerhass in diese politischenIdeale der Juden hineinzulegen pflegt. Und das ist ja selbstverständlich, dass sich Jesus mit solchen Stimmungen an dieser Hoffnung nicht beteiligt hat. Ihm ist es vor allem um die vollendete Gottesgemeinschaft zu thun. Echt religiös richtet er seinen Blick lediglich auf diesen Endpunkt des Weges (S. 125). Dass unter dem

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