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bittersten Hohnes ausgegossen.

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In diesem Falle mit Recht: Strauss versündigte sich gegen sein Bestes, als er im neuen Glauben" sich zum Anwalt der Vielen machte, die gerade Einen gebraucht hätten, der ihnen zeigte, dass er mehr war, wie sie. Wie Knox sagte: Einer und Gott, das ist die Majorität. Oder wie Kierkegaard sagt: Der Einzelne ist die Wahrheit und die Menge ist die Unwahrheit. Dennoch ist es erquickend und fördernd, wie K. überall zeigt, dass die verachtete und so leicht missbräuchlich verflachte sociale Idee siegreich ihre Feinde überdauert. In der Sprache soll nach N. nur der Stil, nicht die trockne Grammatik gelten, wie er denn selbst vielleicht der grösste Stilist Deutschlands ist. Aber wäre er, fragt K., dieser grosse Stilist geworden ohne und gegen die Grammatik? und hätte er Bewunderer und Jünger gefunden, wenn niemand ihn verstanden hätte? Gerade die Sprache verweist auf die Gemeinschaft. Sie ist Unterredung. Sie beruht auf einem Gemeinsam-Menschlichen. In der Sprache wird der Einzelne unerbittlich Nachbar. Kein Ich ohne Du. Der sociale Charakter der Sprache ist die radikalste Widerlegung eines den Altruismus ausschliessenden Egoismus.

Desgleichen der Intellekt und der Bestand einer allgemeingültigen Wahrheit zeugt wider N. Er ist sich zwar in seiner Stellung zu dem Problem der Wahrheit nicht gleich geblieben. Anfangs rechnete er die Verzweiflung an der Wahrheit noch zu den Gefahren. Und der Wille zur Wahrheit war insofern stets in ihm mächtig, als er der grosse Kritiker war, der unerschrocken schädliche Irrtümer zerschlug und sehnend nach einer Wahrheit suchte, mit der er leben, sich ausleben konnte. Aber das war nicht die theoretische, logische Wahrheit. Das war nicht eine Wahrheit des reinen Intellektes. Den basste er, erstens weil in ihm wiederum die Menschen eines ihnen Gemeinsamen, für alle Geltenden bewusst werden. Dagegen revoltiert sein anarchischer Aristokratismus. Dass es etwas geben soll, was allen zukommt, das ist weiter nichts wie eine Form des Kommunismus. So ist die behauptete Allgemeingültigkeit der Naturgesetze eine Konzession an den plebejischen Geschmack. „Ein Naturgesetz für alle, das ist eine demokratische Erfindung. Ueberall Gleichheit vor dem Gesetz die Natur hat es darin nicht anders, nicht besser als wir! ein artiger Hintergedanke, in dem noch einmal die pöbelmännische Feindschaft gegen alles Bevorrechtete und Selbstherrliche verkleidet liegt.“ Aber der Intellekt liefert thatsächlich es hilft nichts, dagegen anzukämpfen den Beweis für die Wesensgleichheit der Menschen. Sogar die Zuverlässigkeit der Sinne beruht auf der Societät der Menschen, einem Gemeinsamen. Wahrnehmungen des Einzelnen können lügen; dass sie mehr waren, wie Illusion, beweist der Nachbar, der sie auch gesehen hat. Im Menschen entstehend, braucht die Wahrheit doch nicht allein durch den Menschen zu werden; vielmehr ein Objektives wird in ihr subjektive Gestalt und Wirkung gewinnen. Und wenn das Unlogische älter ist als das Logische in der Geschichte, so ist doch das Unlogische nicht dasselbe wie das Widerlogische, und wenn nützliche Irrtümer nach N. besser sind, als schädliche Wahrheiten, so sind doch auch schädliche

Wahrheiten eben Wahrheiten, für die wohl auch noch einmal die Zeit der Nützlichkeit oder des Segens kommen wird.

Anderseits verstehe ich die Leidenschaft N.'s gegen das, was er ganz allgemein Wahrheit nennt, und was doch im Grunde nur die Alleinherrschaft der logischen Wahrheit bedeutet. Er sagt: Die Wahrheit ist die unkräftigste Form der Erkenntnis, und die Wahrheit saugt das Leben aus. Ja, er hat recht, wenn die logische Formel gemeint ist nicht in ihrer Wahrheit, aber in ihrem Hochmut. Mit der absoluten Logik als höchster Lebensmacht lässt sich wirklich kein Lebensenthusiasmus aufbringen. Aber wenn Jesus sagt: ich bin die Wahrheit, so meint er ja damit nicht die reine Wissenschaft, sondern eine persönliche Wesenswahrheit und eine stärkende, glückverheissende Glaubenswahrheit. Die Wahrheit ist reicher als unsere theoretische Erkenntnis. Die Glaubenswahrheit fängt da erst recht an, wo die Logik der Logiker aufhört, geschweige denn die Logik eines armen Christen, der mit seiner Hoffnung den ganzen Himmel umfasst und mit seinem Hirn ein allerwinzigstes Stück Erde. In diesem Sinne meine ich die Bemerkungen K.'s verstehen zu dürfen, wenn er der These N.'s zustimmt, Religion gebe keine Erkenntnis, und erläuternd hinzufügt: „Die Theologen reden noch immer von einer Wahrheit der Religion, statt von ihrem Leben, ihrer Kraft zu reden, und sich klarzumachen, dass Wahrheit erst in der Reflexion des Verstandes entsteht, also immer etwas Abgeleitetes, nicht etwas Ursprüngliches bedeutet." Das ist natürlich sehr missverständlich ausgedrückt. Das klingt so, als wollte auch K., was er dem N. vorwirft: er will nicht die Wahrheit als Kraft, sondern die Kraft als Wahrheit" während doch eben in der Wahrheit eines Gedankens seine Kraft liegt, wie K. an der Stelle hinzufügt. Thatsächlich soll hier, wie ich annehme, die grosse umfassende Lebenswahrheit, die der Glaube ahnt und ergreift, vor ihrer Verkümmerung in blosse Verstandeskategorieen bewahrt werden. Denn die logische Wahrheit entsteht allerdings in der Reflexion des Verstandes, genauer: tritt in den Formen des reflektierenden Verstandes ins Bewusstsein aber damit ist der Begriff „Wahrheit" nicht erschöpft. Die göttliche Wahrheit ist nicht einfach die göttliche Intelligenz (oder gar die menschliche!), sondern das grosse Allleben, in dem wir leben, weben und sind, die grosse schöpferische Liebe, von der wir nehmen Gnade um Gnade. Trotzdem ist und bleibt dies Leben doch eben die rechte, beseligende Wahrheit, und deshalb sollten wir, statt Leben und Wahrheit in falschen, für diese despektierlichen Gegensatz zu bringen, von der engeren Wahrheit appellieren an eine weitere, grössere, von der unschöpferischen formalen an eine schöpferische reale, aber doch immer nicht an Lüge und Irrtum und Schein, sondern an Wahrheit.

Ganz ähnlich bei der Moral. Ueberall, in dem Streit z. B. über das Verhältnis von Politik und Ethik, sollten wir nicht von einem moralischen an ein moralfreies Leben, sondern von einer schlechten, ungenügend fundamentierten an eine bessere, kräftigere Moral, aber jedenfalls immer wieder an Moral appellieren. Des

gleichen sollten wir nicht sagen: es gibt keine Willensfreiheit, wie mit N. auch K. thut, sondern sollten einen falschen Freiheitsbegriff durch einen besseren Freiheitsbegriff ersetzen, denn Determination und geistige Freiheit schliessen sich nicht aus, sondern ein. Gerade in dem Ringen um eine bessere Herausarbeitung des Moralischen kann N. sonst gute Dienste thun. Er hat, wie K. auseinandersetzt, mit seiner Kritik hier vieles Faule getroffen und den Dogmatismus verbreiteter, im Fahrwasser des Christentums segelnder sittlicher Anschauungen gründlich zerstört. Erquickend ist sein Kampf gegen Sentimentalität, gegen Erfolgsduselei, gegen alle Versklavung des persönlichen Lebens. Jedem lebenshungrigen Gemüte thut wohl der starke Glaube an eine höhere Möglichkeit des Menschtums, an eine Zukunft, die noch tausend ungegangene Pfade zeigt. In der That kann man mit N. in der Erzeugung des grossen, starken Menschen das Ziel der Kultur sehen, zumal in dem Sinne, wie er anfangs unter Genie nur das unter Furchtsamkeit und Faulheit versteckte Selbst jedes Menschen, die produktive Einzigkeit des Ich verstand. Aber er hat nach K. je länger je mehr den Begriff des grossen Menschen seiner humanen Würde und Wirkung entkleidet. Der von ihm verherrlichte Wille zur Macht wurde brutal, der Ausdruck einer Zeit, die die schrankenloseste Konkurrenz heilig gesprochen, die philosophische Verbrämung der wirtschaftlichen Ausbeutung des Schwächeren durch den Stärkeren. Und diese Brutalität ist gar nicht einmal wirkliche Kraft. Da die Persönlichkeit nur eine wechselnde Funktion des Leibes ist, der selber wieder eine Laune des Zufalls darstellt, so zerstört diese aphoristische Zerreissung der persönlichen Einheit alle Stetigkeit. Da ferner alles Wirken nach aussen in den Zusammenhang der gemeinen Geschichte hinein abgelehnt wird, verpufft sich das Schaffen des Uebermenschen in einer blossen Umbildung von Vorstellungen, die ihm das berauschende Bewusstsein gewähren, ganz anders zu sein, als die Andern. In hochmütiger Abschliessung schwächt sich die Kraft sowohl durch ein mangelndes Verständnis für fremde Art und Kraft, als auch durch ein falsches Persönlichnehmen des eigenen Lebens im Erleiden und Handeln, im Empfangen und Geben, was sich rächt durch ein Ausbleiben alles Humors und seinen Ersatz durch Grobheit und Hohn. Es ist nun einmal unmöglich, schlechthin ohne und gegen die Gemeinschaft stark zu sein. Einsicht und Gemeinschaft, sagt K., sind die Mächte, die den Willen stärken, dieselben Mächte, die ihn zugleich ethisieren. Napoleon hat die Waffen strecken müşsen vor den sittlichen Kräften des Volksgeistes. Ja, dies verachtete Volk ganz unberühmter kleiner Leute was wäre der grösste Einzelne ohne den Zusammenhang mit ihm? Muss doch selbst er essen, trinken und schlafen, wäre er doch eine Lächerlichkeit ohne diese erwerbenden, politischen, formellen, gelehrten Leute, die, so gewiss sie nicht die höchsten oder alleinigen Träger der Kultur sind, doch ihr die notwendigen, unentbehrlichen Bedingungen schaffen und also gerade zu den Wurzeln des Baumes gehören, dessen Gipfel die auserwählten Helden sind. Daher die Kulturpflege der Masse, eine gerechte Lösung der verhöhnten soci

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alen Frage die Aufgabe bleibt, die im Interesse der Gesundheit des Ganzen und folglich auch der Genies uns aufs Gewissen gelegt ist, damit nicht zahllose Menschenkeime Dies und mit ihnen tausend schöpferische Möglichkeiten verderben. alles in Ehrerbietung vor den geschichtlichen Gesetzen und Erfahrungen. Denn es gibt trotz N. einen geschichtlichen Zusammenhang, wirkliche Historie, nicht nur Histörchen, und eine edle Geschichtswissenschaft, die mit nichten das Leben zu schwächen braucht, sondern im Gegenteil durch das Lebendigmachen der Vergangenheit die Gegenwart bereichert, ihr eine Fülle von Perspektiven nach rückwärts und nach vorwärts schafft. Es gibt endlich einen Zusammenhang mit der Ewigkeit. N. will ihn in seiner Art bestehen lassen. Die psychologischen Voraussetzungen der Religion sind in ihm stark lebendig und begeistern ihn zu herrlichen religiösen Gesängen und Sprüchen. In der Lehre von der ewigen Wiederkehr nimmt der Ewigkeitsgehalt seines Gemütes sogar absurde Formen an. Aber er ist ein Hasser des Christentums bis zum Ende geblieben. Gott ist ihm tot. Was könnte N. anfangen mit dem alles und alle umfassenden Gottesgedanken? mit der Lehre der Gleichheit aller Menschen vor Gott? In Wahrheit sind die Menschen nur gleich vor dem Nichts d. h. vor Gott, gleich in der Seele d. h. wieder in dem Nichts, gleich in der Abstraktion, und Abstraktionen sind alle mit einander nichts." Der Antichrist scheint in solchen Worten zu sprechen. Gerade hier fällt es einem Menschen, der die Kirche liebt, schwer, bei dem Gegner noch eine Reinheit der Motive anzuerkennen. Ich selbst habe lange Zeit gebraucht, um ruhig so etwas lesen zu können. Aber ich stimme K. bei, wenn er darlegt, dass wir aus N.'s Angriffen Vieles lernen können. Wir haben wohl doch nicht selten die Erde ungebührlich verleumdet und noch dazu als Ersatz einen Gott und einen Himmel der Abstraktion, so eine Art Ding an sich" geboten. Mag N. in seiner Masslosigkeit unsere besten Gefühle verletzen, mag er als Verführer der Jugend für Tausende einen Fluch bedeuten und die Verantwortung dieses Fluches tragen: auch wir sind schuld an dem Fluche eines schlechten Christentums. das den schlimmsten Missverständnissen Vorschub leistet, und wir machen die Sache nicht dadurch besser, dass wir zetern und schimpfen, sondern dass wir uns demütigen unter das Wahre der gegen die Kirche geschleuderten Anklagen. Ich schliesse mit den Worten Kalthoff's: „N. will als Feind geliebt werden, als der grosse Versucher, dem wir danken müssen, dass er uns alle die versucherischen Fragen stellt, damit wir unsere Antworten auf dieselben vertiefen und klären können. Aber nicht ihm zu folgen und nachzubeten, sondern mit ihm zu ringen ruft N. seine Zeitgenossen auf... Wenn N. diejenigen als die wahren Erzieher betrachtet, die die Befreier des Menschen werden auf dem Wege zu seinem wahren Selbst, dann missverstehen ihn sicher diejenigen am gründlichsten, die sich nun in die blinde Gefolgschaft seiner Meinungen begeben. Vielleicht dürfen wir denjenigen den besten Jünger N.'s nennen, der sich durch N. am meisten von N. frei machen lässt. . . Auch er ist etwas, das überwunden werden muss freilich überwunden, nicht übersprungen!"

Möge das schöne, vom Geist einer edlen Gerechtigkeit getragene Buch Kalthoff's, dessen Inhalt wir angedeutet haben, viele aufmerksame Leser finden!

Berlin.

Graue.

Bibliographia Calviniana. Catalogus chronologicus operum Calvini. Catalogus systematicus operum quae sunt de Calvino cum indice auctorum alphabetico. Edidit D. Alfredus Erichson apud C. A. Schwetschke et filium, Berolini MCM. 161 pag.

Diese fleissige und verdienstliche Arbeit des Strassburger Studien-Direktors ist eine Separat-Ausgabe von einem Teile des 59. Bandes der Werke Calvin's, mit dem Alfred Erichson im Herbst 1900 die von Wilhelm Baum, Eduard Cunitz und Eduard Reuss 1863 begonnene Publikation im Corpus Reformatorum abschliessen konnte. Zuerst bietet ein catalogus operum Calvini chronologicus das genaue Verzeichnis der Werke Calvin's (von 1532 an) in ihren verschiedenen Auflagen und Uebersetzungen bis zum Jahre 1899. Ein beigefügtes Sternchen macht die 364 Schriften kenntlich, die sich in der von jenen drei Strassburger Theologen gesammelten „Calvinischen" Bibliothek finden, welche dem Thomasstift zu Strassburg gehört und in der dortigen Universitäts- und Landes-Bibliothek steht. Der darauf folgende catalogus 'systematicus führt in 880 Nummern grössere und kleinere Schriften, Abhandlungen, Reden, Dramen und Romane auf, die sich mit Calvin beschäftigen. Beiden Katalogen darf mit Rücksicht auf die Vollständigkeit wohl nachgerühmt werden: „es ist erreicht!" Ein index auctorum alphabeticus macht den Beschluss; bedeutsamere Arbeiten über Calvin, wie z. B. die von Baum, Beza, Bonnet, Bungener, Cornelius, Cunitz, Dardier, Doumergue, Gaberel, Galiffe, Heiz, Henry, Kampschulte, A. Lang, Lobstein, Merle d'Aubigné, Pierson, Reuss, Ph. Schaff, Max Scheibe, Stähelin, sind mit einem Sternchen bezeichnet.

D. Alfred Erichson hat sich durch die sorgfältig gearbeiteten umfangreichen bibliographischen Repertorien den Dank Aller gesichert, die Leben und Lehre des grossen theokratischen Reformators studieren wollen. Möchte ihre Zahl im Volke Luther's und insbesondere unter den deutschen protestantischen Theologen zunehmen! J. W.

Adalbert Falk, Preussens einstiger Kultusminister. Blätter aus der Einsamkeit von Hans R. Fischer. Hamm 1901, Verlag von Griebsch; 87 S.

Die pietätvolle Schrift bietet zumeist Erinnerungen an Falk aus seinem Leben in Westfalenlande von 1882 bis zum Todestage, 7. Juli 1900. Die Eingangskapitel gedenken kurz des Abschieds des „Kulturkampfministers", dem pfäffische Gegner sogar die Mordanschläge auf das ehrwürdige Oberhaupt des deutschen Volkes in die Schuhe geschoben

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