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der ganzen Fülle der Lebensverhältnisse hat unser Gottesglaube seine nähere Bestimmung zu empfangen, nicht aus der Scholastik der jetzt geltenden Lehrgesetze“. Wir dürfen nicht mehr im Widerspruch mit Jesus selbst die göttliche Wirksamkeit auf drei göttliche Personen verteilen; solche Abschwächung der Allwirksamkeit des Einen ist der Weg zum Atheismus.

Auch die aus der katholischen Dogmatik stammende Trennung der Gotteserkenntnis in eine natürliche und eine offenbarte ist endlich aufzugeben, aber nicht in der Weise der Aufklärung, welche die sog. offenbarte, d. h. die auf geschichtlichem Wege zustande gekommene, einfach strich und dadurch religiös verarmte, vielmehr so, dass wir die naturgemässe, d. h. zum Bewusstsein unserer Bestimmung zur sittlichen Persönlichkeit notwendig hinzugehörende, Gotteserkenntnis zugleich als die von Gott offenbarte betrachten.

Recht aber hatte die Aufklärung darin, dass sie zunächst in der Religion zu erweisen suchte, was über den Verlauf der Geschichte erhaben ist . . .: Gott und sein Reich" (26), ewige Verhältnisse, die freilich Gott erst in der Geschichte vollkommen durch Christus uns offenbar gemacht“ hat (27). Der erste Teil der Glaubenslehre muss in der That von Gott und seinem Reiche handeln; „nur von hier aus ist das rechte Verständnis der Geschichte, das Verständnis der Person und des Werkes Jesu, zu erreichen“ (27).

3. Suchen wir Christus in der Geschichte, so ruht sein Leben in Gott wie das ihre. Aber er ist nicht ein Bestandteil der Gottheit, und nicht ein Teil von ihr ist in ihm in unsere Mitte getreten, sondern der Vater im Himmel hat sich in ihm offenbart, der ganze Gott in einer unverletzten menschlichen Person'). Gott und Mensch sind in ihm eins, wie sie überhaupt nach religiöser Anschauung eins werden, durch persönliche Lebensgemeinschaft" (28). Als unvereinbar mit dieser treffend formulierten These wird u. a. auch „die Unterscheidung zwischen dem idealen und dem geschichtlichen Christus, zwischen dem christlichen Princip und dem Christus der Geschichte" abgewiesen und dem gegenüber gesagt: „Der geschichtliche Christus ist der ideale, weil Gott in ihm lebt“ (29).

Doch wird das, was Christus von uns unterscheidet, „nicht in der Qualität seiner Person", sondern in seinem einzigartigen Berufe gefunden. Dieser bestand darin, in einer Zeit, in der den Völkern der alten Welt nach Erfüllung ihrer geschichtlichen Aufgabe nichts geblieben war als Welt und Ich", „die Religion der Propheten und Psalmisten aber hierarchisch erstarrt" war, „die besten Ahnungen der alten Welt zu voller Klarheit zu erheben, ihnen die Kraft des vollkommensten per

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1) Vgl. Harnack, Das Wesen des Christentums, S. 91f.: Nicht wie ein Bestandteil gehört er in das Evangelium hinein, sondern er ist die persönliche Verwirklichung und die Kraft des Evangeliums gewesen und wird noch immer als solche empfunden." Und kurz vorher: Nicht der Sohn, sondern allein der Vater gehört in das Evangelium, wie es Jesus verkündigt hat, hinein."

sönlichen Lebens, treu bis in den Tod, zu geben, zum Inhalt des Weltreichs das Gottesreich und die Liebe zum Vater im Himmel zu machen“. Und das ist der höchste Beruf gewesen, der jemals königliche Gewalt einem Menschenleben verliehen hat. Wer diesen Beruf empfangen und erfüllt hat, der ist für alle da und für alle Zeit. Er ist der Retter unseres ganzen Geschlechts" (30).

Sofern nun die geschichtliche Auffassung der Person Christi auch das Interesse für die zeitgeschichtlich bedingten Züge seines Bildes, seiner Vorstellungswelt, belebt, ist vielen bange geworden, dass damit das Bewusstsein von seiner religiösen und sittlichen Bedeutung für uns erschüttert werden könnte. Sulze teilt diese Befürchtung keineswegs. Denn im religiösen und sittlichen Leben entscheidet das Leben, die Person, nicht Gedanken und Worte" (32).

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Auf der andern Seite wendet sich S. rückhaltlos gegen das Bestreben, Jesus als Wunderthäter von der übrigen Menschheit zu trennen, statt sich des Wunders seiner aus Gott geborenen inneren Persönlichkeit ehrfurchtsvoll zu erfreuen, das freilich der Art nach von der inneren Erneuerung anderer Menschen durch Gott nicht verschieden ist. Sehr energisch erklärt S.: Wir haben die Gemeinde zum Vertrauen auf die geordnete Wirksamkeit Gottes und zur Unterwerfung unter sie zu erziehen. Nur so können wir sittliche Charaktere bilden" (33). Für die Romantik des Mirakelglaubens sind die Verhältnisse unserer Zeit zu ernst“. Die Wundererzählungen der Bibel dienen der Erbauung nur, wenn sie als Gleichnisse für die Wirksamkeit Gottes und Christi in unserem inneren Leben" verwertet werden.

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4. So sehr nun S. betont, dass der Glaube ein unmittelbares Werk Gottes in uns ist, so dass er unter Umständen auch ohne die Vermittlung der Bekanntschaft mit Christus und der Kirche entstehen kann, so wäre es doch ein ungeheuerer Verlust für den Einzelnen, wenn er nicht durch die Geschichte und ihre bahnbrechenden Persönlichkeiten sich fördern und seiner Sache gewiss machen liesse. Wie ein deutscher Staatsmann, „der nicht an Stein und Bismarck sich gebildet hätte, ein armseliger Anfänger bleiben müsste" (34), so ist für die Klärung und Befestigung unseres Glaubens „die Person jedes Gotteskindes für uns ein Gnadenmittel in Gottes Hand", Christus aber ist und bleibt durch seinen einzigartigen Beruf . . das vollkommen einzigartige Gnadenmittel für uns" (35).

Dem Katholicismus nun ist die Kirche, d. h. die Hierarchie, und das Gottesreich eins; der Protestantismus dagegen unterscheidet das ewige Gottesreich und die von Christus zwar nicht ausdrücklich gestiftete, aber erst unter dem Eindruck seiner Persönlichkeit entstandene Kirche als die Pflegerin des Sinnes für Gott und sein Reich. Sie hat ihre Glieder weder durch die Hierarchie zusammenzuhalten, denn die entfaltet das Leben nicht, sondern sie erdrückt es“ (36), noch durch ein Lehrgesetz, das nur Zweifel und Streit weckt, sondern durch die erzieherisch wirkende Liebe der in freier Vereinigung um Christus schon gescharten Kinder Gottes. Sie hat die Verantwortung auf sich zu nehmen, die unser Erlöser zuerst auf sich

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genommen hat, die, dafür einzustehen, dass niemand, der sich zu Christus bekennt, anders untergehen darf, als durch seine eigene Schuld" (37).

Wie der Protestantismus Gottesreich und Kirche zu unterscheiden weiss, so auch Wort Gottes und heilige Schrift. Diese ist die geschichtlich aufzufassende Urkunde der wachsenden Offenbarung Gottes und seines Reiches, die uns befähigt, der Gemeinde der Propheten und Apostel anzugehören und ihrem Haupte Christus" (36f.). Er aber wird mehr Nachfolger haben, wenn er von Gott unterschieden und als menschliche Verkörperung der vollendeten Gotteskindschaft erkannt, als wenn er zum Gott gemacht wird. Wort und Sakrament sowie die Feste der Kirche dienen den persönlichen Gnadenmitteln, Christus und der Gemeinde", - hinter denen ja Gott und sein Reich steht, „den Reichtum ihres inneren Lebens darzustellen und den gläubigen Herzen ihn darzubieten“ (37f.).

Die protestantische Glaubenslehre hat nun vollen Ernst mit der Unterscheidung des Uebergeschichtlichen und des Geschichtlichen zu machen und sie doch wieder nicht auseinanderzureissen. Sie „hat das über die Geschichte Erhabene, Gott und sein Reich, mit voller Klarheit in seiner ewigen Herrlichkeit, das Geschichtliche, Christus und die Kirche, in seiner geschichtlichen Eigentümlichkeit, beide aber in ihrer lebendigen Wechselwirkung darzustellen" (39). Schon die ernstere katholische Theologie erblickt unser edler Ireniker auf dem Wege zu diesem Ziele: sie formt nach seinem Urteil die katholische Zweiteilung der Gotteserkenntnis in eine natürliche und eine geoffenbarte in einem dem oben dargelegten verwandten Sinne um. Aber wir müssen alle Reste des alten katholischen Sauerteigs vollends ausfegen und auch unsern kirchlichen Sprachgebrauch nach diesem Gesichtspunkt berichtigen, so dass alles Aeusserliche, bloss Sachliche deutlich nur als Darstellungs- und Weckungsmittel des persönlichen Lebens erscheint. So ist z. B. die Berufstreue unser wirklicher Gottesdienst; „der Gottesdienst in der Kirche ist nur eine Stärkung zu ihr. Nicht Wort, nicht Wasser, Brot und Wein sind unsere Sakramente, sondern Christus und die Gemeinde"“ (39).

Gerade in der Gegenwart, die uns die Pflicht eines so ernsthaften Kampfes gegen den Atheismus wie gegen den Ultramontanismus, diesen „Atheismus im kirchlichen Gewande" (40), auferlegt, müssen wir uns darüber völlig klar werden: „die Frage nach den kirchlichen Gnadenmitteln, deren höchstes Christus ist, steht nicht an der ersten, sondern an der zweiten Stelle. An der ersten steht von Anfang an nur die Frage, ob ich Gott angehören will oder nicht. Indem die Christen über sie eins sind, sind sie überhaupt eins. Die kirchlichen Gnadenmittel brauche ein jeder, mit hingebender Liebe; aber niemand streite über sie. Der Streit bleibt der Wissenschaft überlassen. Auf diesem Wege hat Gott selbst als Herr und Lenker der Geschichte uns geführt; wir müssen ihn bis zu Ende gehen“ (40). Einst ,,nach fünfzig oder hundert Jahren wird. man über die Streitchristologen sagen:

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diese Thoren konnten nicht begreifen, dass

Christus liebhaben, werden wie er und durch ihn zu Gott kommen, die einzig wahre Christologie ist" (41). Im übrigen ist jedem friedlichen Lehrer der Kirche für seinen Christusglauben der Ausdruck zu gönnen, dessen er fähig ist“ (47). Aber dabei bleibt es: Christus ist nicht der Schöpfer des Heils, das ist nur Gott selbst; aber er ist schon für den einzelnen Christen das höchste, vollkommen einzigartige Mittel des Heils" (53).

Dies eine kurze, natürlich immer noch unvollständige, Wiedergabe des reichen Inhalts der Schrift Sulze's, der übrigens das vorher in ausführlicherer Darlegung Gebotene auf S. 44-56 selbst nochmals kürzer zusammenfasst.

Ich brauche dem verehrten Verfasser meinen herzlichen Dank auch für diese mit grosser innerer Wärme, mit charaktervollem Ernst und Freimut geschriebene Arbeit nicht erst zu versichern und kann ihm in der Hauptsache nur freudig zustimmen. Aber er wil gewiss nicht bloss allgemein gehaltene, dithyrambische Zustimmungserklärungen; gerade für eine Neubearbeitung seiner „Hauptpunkte der christlichen Glaubenslehre" wird er einige Fragezeichen in Bezug auf Einzelnes gewiss gern in Erwägung ziehen.

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Bei den geistvollen geschichtlichen Skizzen Sulze's steigt wohl im Leser die Frage auf, ob nicht hie und da natürlich optima fide Geschichte konstruiert wird. Sollte nicht der Einfluss dogmatischer Anschauungen auf politische Machtverschiebungen überschätzt, wenigstens einseitig betont sein, wenn es S. 12 heisst: ,,Als das byzantinische Reich dem Ansturm des Muhamedanismus erlag, da hatte Gott selbst gezeigt, dass der pantheistische Dreieinigkeitsglaube und die Umwandlung der Religion in Vertrauen auf die Magie der Sakramente der Pfad des Todes sei“? Ist es nachweisbar, dass den Völkern der alten Welt zur Zeit Jesu wirklich nichts geblieben war als Welt und Ich? (S. 30). Oder wenn man dies Urteil auf den Durchschnitt beschränkt, sollte es in den heutigen, christlichen Völkern thatsächlich so stehen, dass man einen ganz scharfen Gegensatz zwischen ihnen und den Alten markieren könnte? Es handelt sich doch wohl um relative Unterschiede, wenn auch Christus den Anstoss zu einer absoluten Ueberwindung von Welt und Ich gegeben hat.

Wenn ich ferner den Wunsch nach kirchlichem Frieden bei freier wissenschaftlicher Fortbewegung von Herzen mit S. teile, so scheint mir seine Friedenshoffnung schon in Bezug auf die evangelische Kirche zu lebhaft zu sein, die Zeit der Erfüllung zu nahe gedacht, und ich fürchte, dass vollends die Arbeit der wissenschaftlicher gearteten katholischen Dogmatiker zu günstig beurteilt ist, obgleich ich auf diesem Gebiete mich auf keine eingehende Literaturkenntnis berufen kann. (Vgl. S. 20. 33. 40f.)

Nicht ganz richtig, mindestens im Ausdruck übertrieben, dürften die folgenden Sätze sein: Es steht absolut fest, dass die Macht Jesu keine geringere

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war als die Macht Gottes" (S. 30; selbst betreffs der Erzeugung sittlichen Lebens ist hier doch zu viel behauptet); „alle Gedanken und Gesetze erwecken den Zweifel; eine Person ist nicht zu bezweifeln“ (S. 35; ihre persönliche Vollkommenheit ist dem Zweifel doch ausgesetzt); es darf in der Kirche „keine Lehrwillkür geben" (S. 42; Sulze beschränkt den Grundsatz selbst sogleich auf die Forderung des Glaubens an Gott, unsern Vater, Schöpfer, Richter und Erlöser). Auch die Bezeichnung der sittlichen Freiheit als der Allmacht des Geschöpfes (S. 22 und 48) ist wohl nur rhetorisch, nicht streng wissenschaftlich. Desgleichen fordert die Bezeichnung der Entstehung des neuen Menschen als „absolutes Wunder" (S. 22) zunächst den Widerspruch heraus, wenngleich später (S. 47) darauf hingewiesen wird, dass Unmittelbarkeit und Vermittelung miteinander wohlvereinbar sind. S. 37 wendet sich S. gegen die Auffassung der Aufklärung, dass die Sakramente bloss Zeichen und Sinnbilder" seien. Aber das, was Sulze retten will, dass diese Sinnbilder eine Wirkung auf das religiöse Gemüt ausüben sollen, hat wohl auch die Aufklärung nicht bestritten, sondern ebenso wie die reformierte Kirche als selbstverständlich betrachtet und mit dem bloss" nur den Gegensatz gegen jede magische Auffassung zum Ausdruck bringen wollen.

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Bedauerlich ist mir jedesmal die Polemik eines wissenschaftlichen Theologen gegen die Unterscheidung von christlichem Princip und Person Christi. Auch Sulze beteiligt sich S. 29 an dieser Polemik. Ich bin aber überzeugt, namentlich nach dem, was er S. 31f. sagt, wo er die Möglichkeit irrtümlicher Zeitvorstellungen für das Bewusstsein Jesu zugibt und doch die bleibende Bedeutung seines inneren Lebens festhält, dass es sich zwischen ihm und mir nur um einen Wortstreit handelt. Er versteht unter Princip etwas Doktrinäres, ich denke mit Biedermann (Christl. Dogm.', I, 331 ff.) an die in Jesu für die Menschheit real aufgeschlossene Gotteskindschaft", die zwar den Kern seiner religiösen Persönlichkeit ausmacht, aber nicht mit seiner gesamten empirischen Person gleichzusetzen ist.

Endlich darf ich wohl annehmen, dass es Sulze nicht sowohl darauf ankommt, dass in jeder Glaubenslehre die Lehre von Christus zeitlich nach der Lehre von Gott und seinem Reiche behandelt wird, sondern dass sie ihrer religiösen Bedeutung nach und in Bezug auf die friedliche Verständigung der Richtungen in der Kirche erst in zweiter Linie stehen soll (vgl. S. 27 und 40), dass die Erkenntnis zum klaren Ausdruck gebracht werden muss: Christus ist nicht Heilsschöpfer, aber höchstes Heilsmittel. Jedenfalls wird Sulze es nicht verwerfen, wenn im Unterricht von dem geschichtlichen Christus ausgegangen, vom Konkreten zum Abstrakten fortgegangen wird.

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