ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

sich die Ritschl'sche Abneigung gegen Mystik genügend kundthut. Den Juden gegenüber hat Paulus das Gesetz abgeschafft, an dem Jesus noch im Widerspruch mit sich festgehalten habe. (Und doch ist seine Moral absolut, Offenbarung!) Aber er hat damit doch nur Jesus zu seiner Konsequenz geführt und wenn er ihn in seiner Gnosis auch leider zum Mittelpunkt des „Weltverständnisses" macht und die Grundlage des christologischen Dogmas gelegt, Sakrament und Dogma, damit auch Abhängigkeit von der Kirche eingeführt hat, Urheber der ,, fanatischen Kirchenidee" ist, so hat er doch den geschichtlichen Jesus als den Erlöser gefasst, der Gotteskindschaft und rechtes Handeln gebe. Freilich fügt er wieder hinzu, Paulus sei auch das Vorbild der Mystiker, seine Religion sei Stimmungsreligion, wogegen Jesu Religion nicht mystisch, nicht Gefühlsreligion, sondern praktische Willensreligion sei, die nicht durch Gefühlskontraste hindurchgehe, sondern das Gefühl nur als Begleiterscheinung habe. Kurz, Paulus hat zwar die Religion Jesu universalisiert und vom Judentum gelöst, aber er hat aus ihr eine kirchliche, gnostische, mystische Religion gemacht und hieran hat sich das weitere Verderben angeschlossen, während er mit Recht doch andererseits den historischen Christus als Erlöser, als den Bringer der Gotteskindschaft und der rechten Ethik verkündet habe. Es ist nicht nötig, die Wernle'sche Schrift weiter zu verfolgen. Sie zeigt den allgemeinen Ritschl'schen Typus: Von Jesus ab ist die reine Religion in falsche Bahnen gekommen. Jesus ist Erlöser, indem er die Kindschaft verkündet, von Furcht befreit, die rechte Moral lehrt und lebt, das Reich Gottes verkündet. Aber freilich in unvollkommener Form, noch nicht mit völliger Ueberwindung jüdischer Gesetzlichkeit und jüdischer Messianität, nicht mit Ueberwindung allgemeiner Zeitvorurteile in Bezug auf Wunder-, Dämonen- und Geisterglauben. Und nun soll doch zu diesem widerspruchsvollen, auch in seiner Entwickelung widerspruchsvollen Christus immer wieder zurückgegangen werden als der religiösen Autorität, zu diesem Uebermenschen" und Heros".

,,

[ocr errors]

Ich meine, es genügt dies neueste Beispiel, um zu zeigen, dass dieser historische Rationalismus der Ritschl'schen Schule völlig sich selbst widerspricht. Was schliesslich für Jesus übrig bleibt, ist das, was der betreffende Theologe sich heraussucht, und das sind im Grunde ein paar einfache ethisch-praktische Ideen, die der alte Rationalismus ebenso hatte. Diese aber als übernatürliche Offenbarung zu bezeichnen, ist gewiss ein opus supererogatorium.

Der moderne Agnosticismus ist allein schuld, dass die Ritschlianer nicht dem Rationalismus völlig zufallen, sondern sich auf Offenbarung und zwar nicht innere sondern äussere historische stützen, und so zugleich das Glück haben, „positiv“ zu erscheinen, das sie freilich wieder in dem Masse verscherzen, als sie sich der historischen Kritik zugänglich zeigen.

Sieht man auf das Wesentliche der Ritschl'schen Schule, so ist sie ein schillerndes Gebilde, halb rational praktisch, halb supernatural. Mystik und Erkenntnis als theoretische sind ausgeschlossen. Ein mehr oder weniger stark hervor

tretender Dualismus zwischen Natur und Geist soll die supernaturale Offenbarung nötig machen, die aber doch wieder gerade durch den Inhalt der Offenbarung überflüssig wird, weil diese schliesslich enthält, dass dieser Dualismus in Gottes Macht überwunden sei, also doch nur Schein sein kann, wie ja auch die Furcht vor Gott nur auf der falschen Vorstellung von seinem Zorn beruht, der sich durch Christi Verkündigung ebenfalls als Schein offenbart. Die Religion wird einseitig psychologisch-praktisch bestimmt; sie ist entweder für unsere Seligkeit oder für die Ergänzung unserer sittlichen Mängel notwendig, beide male im Interesse des Subjekts. Gott ist nicht anders mit dem Menschen verbunden als in dem Beiden gemeinsamen Willensinhalt. Das Problem des Christentums und seine Eigentümlichkeit, die ethische Gottmenschheit wird hier nur als Gottesnähe, als wie Gott" sein verstanden. Die Differenz zwischen dem theoretischen und praktischen Interesse ist willkürlich erweitert und das theoretische Interesse wie das ästhetische und mystische aus der Religion willkürlich entfernt. Allein solange der Agnosticismus anhält, wird immer der Ritschlianismus noch Aussicht auf Anhänger haben, zumal er dem Prakticismus der Zeit entgegenkommt.

Freilich ist nicht einzusehen, wenn die Metaphysik gänzlich wegfällt, wie man dem Schicksal entgehen will, dass die Religion schliesslich. nur als ein psychologisches Phänomen betrachtet, und dass die Ethik sensualistisch begründet wird. Herrmann stellt sich dem mit aller Macht entgegen; er kann es aber doch nur dann mit Fug und Recht, wenn er sich dazu bequemt, die praktische Vernunft als eine metaphysische Realität anzuerkennen. Denn sonst fällt das ethische Bewusstsein ebenfalls nur unter die psychologischen Phänomene und man kann seinen unbedingten Charakter nicht verstehen, den er festhalten will. Auch die blosse Erfahrung, dass die Gottesvorstellung unseren Willen stärke oder das Gefühl der Seligkeit erhöhe, beweist noch nichts für die Realität des Inhalts dieser Vorstellung. Man kann sich vielmehr nicht wundern, wenn von anderer Seite der Versuch gemacht wird, diese psychologischen Phänomene auch rein psychologisch zu erklären, sobald man die Erkennbarkeit einer übersinnlichen Realität, die eben metaphysisch ist, in Abrede stellt. Wenn aber Herrmann Metaphysik anerkennen würde, so müsste der Dualismus, den er konstatiert, auf den er die Offenbarung baut, ebenfalls metaphysischer Art sein und dann ist nicht zu sehen, wie er überwunden werden kann. Bei ihm freilich scheint es immer wieder, als ob nur unsere falsche dualistische Vorstellungsweise von Natur und Geist gehoben werden müsste und wir durch die Offenbarung eine andere Vorstellungsweise gewinnen, dass nämlich der überweltliche Gott doch die Natur zum Schauplatz geistiger Thätigkeit bestimmt hat. Ist das letztere aber wirklich wahr, so ist dann der ganze Dualismus nur ein falscher Schein, der nur in unserer Vorstellung besteht, und das ganze Christentum läuft darauf hinaus, uns von verkehrten Vorstellungen zu befreien. Indes diese tieferen Probleme darf man eben nicht weiter verfolgen; der Agnostiker lässt immer im rechten Moment den Vorhang fallen und flüchtet sich in das Geheimnis.

478

A. Dorner, Die Herrschaft der Ritschl'schen Schule in der Theologie.

Aber wenn es nun offenbar wird, dass die Berufung auf geschichtliche Offenbarung in der Ritschl'schen Weise, die autoritativ sein soll, und doch wieder rational ihrem Inhalt nach ist, eine Halbheit ist? Wenn der Widerspruch zwischen der geschichtlichen Offenbarungsautorität und der auf sie gerichteten Kritik einmal auch den blöderen Augen durch die mystischen Verschleierungen hindurchscheint? Wenn man auch auf die Geschichte des Christentums die Idee der Entwickelung anwendet statt eines Schemas, das absolut nicht mehr in die moderne Wissenschaft passt? Wenn endlich, sei es die Metaphysik, sei es die psychologische Forschung die Isolierzelle sprengt, in welche die Ritschl'sche Schule die Ethik und Religion gebracht hat? Dann wird die Ritschl'sche Position selbst der Geschichte zur Aufbewahrung übergeben werden, und es muss eine Ansicht vom Christentum versucht werden, welche das gesamte Christentum in all seinen Erscheinungsformen aus dem christlichen Princip versteht, und es muss ihr eine Spekulation zur Seite treten, welche uns in den Stand setzt, Gott und Mensch nicht bloss als Phänomene der Psychologie zu begreifen, sondern als Realitäten, d. h. eine Metaphysik, welche nicht bloss physisch bestimmt ist, sondern welche den Ansprüchen der Physik und des ethisch bestimmten Geisteslebens in gleicher Weise genügt, und es allein möglich macht, das christliche Grundproblem der Gottmenschheit oder der Christologie fruchtbar und allseitig, nicht bloss für den einfachsten praktischen Hausbedarf zu erörtern.

Literatur.

Karl König, Gott. Warum wir bei ihm bleiben müssen. Freiburg und Leipzig 1901, Waetzel.

154 S.

Unter dem Titel: „Im Kampfe um Gott und um das eigene Ich" hat König, Pfarrer in Urspringen bei Sondheim, die Energie seines Gottesglaubens dargelegt. Dietrich Graue hat darüber in den „Prot. Monatsheften" (5, S. 86, 87) berichtet. Die neue Schrift unseres Verf. ist die erste einer grösseren Reihe, in der Gerstung über die Welt, Neumärker über den Menschen, Neumann und Alfred König über Jesus, Dietrich Graue über Geist und ewiges Leben, Ragaz über „Du sollst“, Wohlfahrt über „Beten und moderner Mensch sein", Hering über persönliches Christentum sich aussprechen und „Achtung und Ehrfurcht begründen sollen vor den Mächten unseres Geistes, die unser Wesen und unsere Art begründen". Denn diese ,,haben es gründlich satt bekommen, sich ihrer Hoheitsrechte berauben oder durch naturpäpstliche Machtsprüche sich wegdiktieren zu lassen". König's Schrift ist ganz in diesem Sinne, im Gefühl der Sicherheit und der Erhabenheit dem Materialismus und dem Zweifel gegenüber geschrieben. Nicht durch Machtsprüche werden von ihm die Feinde des religiösen und des sittlichen Lebens abgethan. Es wird ihnen auch nicht erst ein Kompliment gemacht, wie es von wissenschaftlichen Gegnern des

Materialismus gern geschieht. Mit den Mitteln der modernen Philosophie, die der Verf. frei und geistvoll handhabt, wird gezeigt, dass die armselige skeptische Stellung zu dem idealen Geistesleben weder der Wissenschaft, noch dem wirklichen Leben entspricht. Dabei ist nichts in König's Schrift doktrinär; ihr Ton ist frisch und lebendig, die Sprache anschaulich, im wesentlichen frei von den zuweilen barocken. Wendungen der ersten Schrift. Die Grundgedanken von Kant, Lipsius, auch wohl von Ritschl verwendet König originell und selbständig. Seine Schrift zerfällt in drei Teile: Ich glaube, Ich glaube an Gott, Ich glaube an Gott den Vater.

[ocr errors]

Im ersten Teile bekämpft er siegesgewiss die Meinung, der Glaube sei das Gegenteil des Wissens, die Zufluchtstätte unwissender Leute. Liebe, Hoffnung, Kunst, Gewissen sind Lebensmächte in uns, die mit dem Verstande, dem Wissen nichts zu thun haben. Sie ruhen auf dem Glauben. Und doch, wer sie streichen wollte, der striche drei Viertel unseres Lebens aus. Ja, sind denn die Gesetze der Erkenntnis (Identität, Kausalität) nicht selbst Mächte, die der Glaube auf die Welt ausser uns anwendet, um sie zu beherrschen? Subjektiv sind auch sie zunächst; wie könnte sonst die Welt unsere Welt, uns unterthan werden? Freilich, dass diese verstandesmässige, die eigentlich wissenschaftliche, Erkenntnis zutreffend ist, das wird durch die Möglichkeit des Experiments bewiesen, durch die vollzogene Zurückverwandlung dieser Denkfolge in die ihr entsprechende Erscheinungsfolge". Im idealen Leben dagegen, in der Kunst, der Sittlichkeit, der Religion, sind wir ganz subjektiv. Das Licht der Herrlichkeit, die in uns ist, giessen wir aus über die uns umgebende Welt. Aber warum sollte die ästhetische, die sittliche, die religiöse Weltbetrachtung von geringerem Werte sein als die logische? Und jene Art der Erkenntnis muss eine andere sein als diese, wenn wir in uns etwas sein sollen, dem Kausalmechanismus entnommen. Wenn aber auch jene Stellung zur Welt im Leben sich bewährt, obwohl in ihr das Experiment der eigentlichen Wissenschaft nicht möglich ist, sollten dann nicht die Hypothesen, die Ideen der Vernunft ebenso wertvoll sein wie die Erkenntnisse des Verstandes? Und wenn endlich die umgebende Welt uns dazu erweckt, dass Kunst, Sittlichkeit, Religion die Augen in uns aufschlagen wer zweifelt dann noch daran, dass die Welt und wir selbst in dem den Ursprung haben, dessen Offenbarung alles ideale Leben ist?

Im zweiten Teile seiner Schrift will König nur darlegen, was Gott uns ist; denn unerreichbar ist es uns, zu erkennen, was er an sich ist. Er ist in uns die Macht, die alle Funktionen unseres Lebens beherrscht und eint und ihnen die rechte Bethätigung gibt. Nur in der Gemeinschaft mit Gott ist der Mensch der normale Mensch. Die Religion ist eine ursprüngliche, die centrale Lebenskraft in der menschlichen Seele. An den Heroen der Religion erkennt man, was sie ist. Ihnen gegenüber wagt es niemand, ihre Herrlichkeit durch die Dürftigkeit der anderen zu widerlegen, die alle Religion als das Produkt äusserer Veranstaltungen nachzuweisen bemüht sind. Jeder solche Versuch lässt seine Absichtlichkeit empfinden.

Im Menschenleben tritt ein ergreifender Dualismus zu Tage, der den alles in Mechanismus umwandelnden Monismus vernichtet. Es ist der Kampf zwischen Geist und Fleisch, dem das Bewusstsein von Gott, dem einzigen Retter, der allein wahre Monismus, entspringt. Geweckt wird dies Bewusstsein durch die ganze uns umgebende Welt. Weil sie das vermag, darum sagt mir die Vernunft, obwohl der Verstand das nicht beweisen kann, dass die Welt ein einheitliches Werk dessen ist, der in ihr lebt, um alles zu seinem Ziel zu leiten und sich an mich dahinzugeben. Wäre dem nicht so, dann wäre mein Leben, mein inneres Leben vor allem, nur ein Fauxpas des Mechanismus. Diese ganze Weltanschauung ist ja subjektiv, bedingt durch das, was ich bin. Aber damit ich etwas, damit ich Persönlichkeit sein kann, darum hat es Gott mir überlassen, diese Lebensanschauung mir zu bilden. Man darf also der Vernunft vertrauen. Die nur scheuen sich vor ihr, deren Glaube mehr ein Stück Kirchengeschichte als quellendes Leben ist. So kann die Vernunft Gehülfin der Religion werden; nur freilich Religion selbst ist sie nicht. Sie kann auch die Religion nicht schaffen. Diese quilt in mir empor als die selige Gewissheit des Ewigen in dem Vergänglichen, als die Dankbarkeit, in der demütig die Stärksten ihre Kraft finden, als die Kraft der Erlösung im Schmerz der Reue. Ein' feste Burg ist unser Gott All diese Regungen des inneren Lebens sind überall und zu allen Zeiten das Wesen der Religion gewesen. In Christus ist sie, nicht in gebrochenen Strahlen, sondern in der ganzen Fülle ihres Lichtes offenbar geworden.

-

das ist ihr treffendster Ausdruck.

[ocr errors]

Als Christus uns lehrte, dass Gott unser Vater sei und wir seine Kinderso sagt König im letzten Teile seiner Schrift da war das Höchste ausgesagt, was über die Religion zu sagen ist. Was nicht daraus quillt, das stammt nicht aus der Religion Jesu. Aber nur das Experiment, dass man es versucht, was man an dieser Religion hat, kann uns für sie gewinnen. Bald aber erfährt man, dass jedes Abweichen von ihr ein innerer Verlust ist. Freilich scheinen alle Uebel in der Welt und alle Sünden diesen Glauben zu widerlegen; und man wird wohl veranlasst, durch den Blick auf das Jenseits die Lösung dieser Rätsel zu suchen. Indes man erkennt bald, dass in einer Welt ohne Rätsel das Leben seine Energie und Kraft verlieren, dass es in ihr keinen Heroismus geben würde. Man bleibe also bei dem Bild vom Vater. Jedes andere Wort ist kalt; nur negativ ist selbst der Ausdruck Geist". In diesem Einen Wort Vater" mündet unser ganzes Sehnen und Suchen immer wieder friedevoll ein, von dort aus strömt alle Lebenszuversicht und Lebenskraft uns immer wieder zu.

[ocr errors]

"

Ich teile die Kantische Erkenntnistheorie unseres Verf., seine Scheidung zwischen Verstand und Vernunft, nicht. Sie führt ihn dazu, erst die eigentliche Wissenschaft für die höheren Lebensgebiete abzulehnen, dann aber doch eine Vernunfterkenntnis (die ohne Mitarbeit des Verstandes unmöglich ist) zuzulassen. Sie führt dazu, dass er fürerst das Experiment für jene Gebiete des Lebens ablehnt, dann

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »