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aber gleichwohl auch für sie es fordert. Für apologetische Zwecke aber kann diese Trennung zwischen Wissen und Glauben, zunächst wenigstens, recht wirksam sein, gerade naturalistischen Gegnern gegenüber die Parrhesie des Glaubens mit Erfolg stärken. Möge denn König's Schrift sowie das ganze Unternehmen, dem sie angehört, den besten Erfolg haben. Geistliche können aus ihr lernen, welche Fülle von Gedanken dem Redner zuströmen, wenn er aus der Fülle des Lebens schöpft, nicht aus dem Herbarium der Dogmatik. An Geist, Leben und Ernst fehlt es unserem Verf. in keiner Weise.

Dresden.

Sulze.

Dr. A. Kalthoff, Pastor an St. Martini in Bremen, Die religiösen Probleme in Goethe's Faust. Ernste Antworten auf ernste Fragen. Berlin 1901, C. A. Schwetschke und Sohn.

Allem, was der Verf. von Goethe's Faust schreibt, stimmen wir von Herzen zu. Wir können Goethe und die Bedeutung seines unsterblichen Gedichtes nicht leicht hoch genug werten. Mit Recht ist oft vom Faust gesagt worden, dass er nur mit dem Buche Hiob und mit Dante's göttlicher Komödie verglichen werden könne und dass er mit diesen Geistes werken eine ganz eigenartige Dreiheit bilde. Wir sind überzeugt, dass nach einem Jahrhundert Goethe auch als religiöser Genius ebenso wird gefeiert werden, wie er jetzt schon als Bahnbrecher, als Prophet von den Naturwissenschaften geehrt wird. Aber Predigten über Faust? Und Predigten sind es doch, welche uns in dem vorliegenden Buche angeboten werden? Der Verf. wolle es verzeihen, dazu bin ich zu altmodisch! Ja, in einer Sonntagabendversammlung, im Gemeindehause, vor einer literarisch und künstlerisch hochgebildeten Zuhörerschaft da wollte ich mich gern selbst unter die Schar der aufmerksam Lauschenden mischen und dem geistvollen Redner seine begeisterten, heilig ernsten, bald tief erschütternden, bald wundersam erhebenden Worte von den Lippen nehmen, bescheidene Zweifel und Bedenken vorbringen, um nähere Erläuterung bitten, gewiss nicht disputieren, wie die Schriftgelehrten thun, denn er ist, obwohl von der Schrift unterwiesen, doch kein Schriftgelehrter und ich bin es auch nicht und Goethe ist es am allerwenigsten aber wir sehnen uns alle nach des Lebens Bächen, nach des Lebens Quellen uns verlangt nach Offenbarung, und wir wissen, dass der Mensch nicht sowohl denkend, grübelnd, spekulierend Eins wird mit Gott, sondern durch That.

Aber in der Kirche, im christlichen Gemeinde-Gottesdienst, da dürfte doch der Goethe'sche Faust nicht am rechten Ort sein, da finden sich wenigstens nach meiner Erfahrung nur sehr wenige, welche jenem schwindsüchtigen Soldaten im Lazaret gleich imstande wären, auch nach häufigem Hören die Dichtung mit wahrer Innigkeit in sich aufzunehmen. Und unwillkürlich trägt die Beschäftigung mit dem edelsten

Werk des grossen Dichters den Redner zu Höhen hinauf, zu welchen ihm die andächtige Zuhörerschaft kaum zu folgen vermag. Und wenn sie es könnte, würde sie nicht doch noch viel mehr haben, wenn ihr Prediger der Interpret Jesu und seiner Apostel würde? Ja, aber heute haben wir moderne Menschen vor uns! Ich gestehe, dass ich vor diesem modernen Menschen als solchem keinen Respekt habe. Er stammt aus der Zeit, in welcher das von Kopernikus entdeckte Weltbild auf das Denken und Streben der Menschheit Einfluss gewann. Es ist eine neue Zeit, wie Luther sie fröhlich geahnt hat, im Unterschied von dem ängstlichen Melanchthon. Der verzweifelte am Christentum, wenn des Kopernikus Weltauffassung Recht behielte. Luther aber sagt: wir sind jetzt in der Morgenröte des künftigen Lebens, denn wir fangen an wiederum zu erlangen die Erkenntnis der Kreaturen, die wir verloren hatten. Wer bewundert nicht den Riesenfleiss, mit welchem der Mensch seine Naturerkenntnisse erweitert und seine Naturbeherrschung ausgedehnt hat! Aber mit allen seinen Fortschritten gehört auch dieser moderne Mensch, wie mir scheint, zu dem Geschlecht des natürlichen Menschen: ist er freier vom Aberglauben, obwohl ihm auch der nicht fehlt, so ist er um so tiefer in Unglauben geraten und von dem Menschen, der da sagen kann: ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur, ist er ebenso unterschieden, wie der natürliche Mensch des Mittelalters. Das 20. Jahrhundert bedarf des Erlösers und der Erlösung geradeso, wie die vergangenen Jahrhunderte seiner auch bedurft haben und wenn Goethe und seinem Faust erlösende Kräfte innewohnen, so schöpfen auch sie aus der Fülle Christi; heben sie die Menschen der Alltäglichkeit über sich selbst hinaus, machen sie sie heimisch in einer höheren Welt, so thun sie das, weil sich in ihnen ein Strahl spiegelt aus jener Welt, welche Jesus entdeckt und seinen Menschenbrüdern erschlossen hat.

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Müssen wir die vom Verf. beliebte Predigtform, den von ihm versuchten Predigtersatz durchaus ablehnen, so hindert uns das nicht, dankbar auszusprechen, dass wir mit hohem Genuss und wachsender Freude seine Abhandlungen gelesen haben, dass wir von seiner Begeisterung uns auf das wohlthuendste angesprochen fühlen, dass wir seine Kunst aufrichtig bewundern. Wir wünschen seinem Büchlein zahlreiche Leser es kann vielen ein Wegweiser zu Christus werden, wie nach unserer Ueberzeugung Goethe es auch seinem Volke werden wird. Auch die Prediger werden dem Verfasser reiche Anregung verdanken, sie können viel von ihm lernen. Wie ergreifend ist, was er über den Marienkultus sagt so hat auch Novalis zarteste Lieder gedichtet zur Ehre der heiligen Mutter. Sie können sich beide berufen auf prophetisches Wort: Ich will euch trösten, wie Einen seine Mutter tröstet; und: Kann auch ein Weib ihres Kindleins vergessen? u. s. w. Die Rede über den Dienst des grossen Götzen (S. 85) dürfte zu den besten Busspredigten gehören, welche die neuere homiletische Literatur aufzuweisen hat. Zu tiefem Nachdenken reizen die Ausführungen über Sünde und Schuld. Wo das Schuldgefühl in einem Menschen erwacht, da hat er schon den ersten Schritt aus der Machtsphäre des

Bösen heraus gethan, da winkt ihm der Sieg. Der Mensch dagegen, der ganz in Böses verstrickt ist, der im Bösen lebt, hat kein Schuldgefühl. Besonders gelungen, von feinem Urteil und heiligem Ernst scheinen uns auch die Ausführungen über pharisäische Frömmigkeit zu sein (S. 109 ff.).

Doch wir dürfen nicht auf einzelnes eingehen; wir wiederholen, dass wir dem Verf. dankbar sind und bleiben, wie für sein früher von uns empfohlenes Schleiermacher-Vermächtnis und die Predigten über sociale Fragen, so auch für seine neueste Gabe, dass wir ihnen allen weiteste Verbreitung wünschen, dass wir aber die Darbietung solcher Gedanken in dem für alle ohne Unterschied der Bildung bestimmten Gemeindegottesdienst nicht zur Nachahmung empfehlen können, sie vielmehr für ganz unzulässig halten. Auch für die modernen Gebildeten fürchten wir, sie kommen so erst recht von der Bibel los und schlagen ihre Zelte ausserhalb der Kirche auf und verlieren mehr, als sie gewinnen. Was Dr. Kalthoff seinen Bremer Hörern zumuten konnte, das dürfte der Mehrzahl unserer Kirchenbesucher unverständlich oder doch an diesem Orte mehr als befremdlich sein. Verzeihung dem unmodernen Manne!

Frankfurt a. Main.

R. Ehlers.

D. Johann Hinrich Wichern's Gesammelte Schriften. II. Briefe und Tagebuchblätter. 2. Band 1849-1857. Herausgegeben von D. J. Wichern. Mit Bild. Hamburg 1901, Agentur des Rauhen Hauses. 508 S. Preis broch. M. 6,60, geb. M. 7,80.

Seit langer Zeit ist mir kein Buch in die Hand gekommen, das durchgehend mein Interesse in so hohem Masse erweckt hätte, als diese Briefsammlung Wichern's aus der bewegtesten und fruchtbarsten Zeit vom ersten Wittenberger Kirchentage an bis zur Anstellung im preussischen Staats- und Kirchendienst. Es sind fast ausschliesslich Briefe an die Gattin und an die Hausgemeinde, Mitteilungen von Erlebnissen, Berichte über Arbeiten, Sorgen und Freuden in Berlin und auf der Reise, Urteile über Zustände in Kirche und Staat, Schilderungen von Land und Leuten, vertrauliche Ergüsse von Gedanken und Empfindungen, die ihn bei Hofe, in den Ministerzimmern, auf Konferenzen, während der Besichtigung von Anstalten, Gefängnissen, Kirchen, Städten und im Verkehr mit Gesinnungsgenossen und Gegnern bewegt haben. Panoramenartig ziehen vor dem Auge des Lesers die Zustände jener Tage, die kirchlichen, socialen, politischen, wirtschaftlichen, vorüber; man sieht eine Fülle von bedeutenden Persönlichkeiten, mit denen W. in Beziehung getreten ist, Könige, Fürsten, Staats- und Kirchenmänner, Beamte und Gelehrte, Bürger und Handwerker, Seelsorger, Anstaltsleiter u. s. w. charakterisiert; vor allem aber freut man sich an dem tüchtigen, unermüdlichen, für seine Ideale begeisterten, zielbewussten Mann, der unbeirrt durch alle Schwierigkeiten Schritt für Schritt vorwärts dringt und im Be

wusstsein seiner guten Sache unbedenklich Hülfe, Mitarbeit, Unterstützung, von woher sie auch kommen mag, in Anspruch nimmt. Es ist deutlich zu erkennen, dass der Reformgedanke, wie er Wichern's eigenstes Eigentum, lediglich durch eine so grosse und reine Persönlichkeit in das Leben eingeführt werden und zu sieghaft fortschreitender Entwickelung gebracht werden konnte. Dieser Gedanke erfüllte ihn so ganz und gar, dass nichts anderes daneben Raum hatte. Die kirchlichen Streitigkeiten und die politischen Gegensätze kümmerten ihn sehr wenig, Theologie und konfessionelle Kirchenfragen umging er, er betrachtete Menschen und Dinge lediglich unter dem Gesichtspunkt, wie sie sich seinen Bestrebungen gegenüber zeigten und verfolgte ausschliesslich das Ziel, alles der Aufgabe der innern Mission dienstbar zu machen, d. h. der Erneuerung des christlichen Volkslebens durch den Geist des Glaubens und der Liebe. Der Herausgeber hat vor jedem Zeitabschnitt eine kurze geschichtliche Uebersicht, am Schluss die Hauptereignisse aus Wichern's Leben und unter dem Text vereinzelt Anmerkungen und Erläuterungen1), endlich ein Personenregister hinzugefügt. Leider genügt das Personenregister nicht durchaus. Noch mehr ist der Mangel eines Orts- und Sachregisters zu bedauern. Diese Briefsammlung ist für die neuere Geschichte der Kirche und Theologie nicht bloss, sondern auch für die Kultur- und Sittengeschichte von so grossem Wert, dass die Historiker gewiss oft darauf zurückkommen werden. Die Nutzbarkeit des Buches leidet aber entschieden, wenn das Zurechtfinden darin nicht soweit als möglich erleichtert wird.

Auf

Im Vordergrunde des Interesses stehen natürlich die Berichte über die Bildung und Arbeiten des Centralausschusses und die Kirchentage, deren Seele doch recht eigentlich Wichern und seine Innere Mission gewesen ist. Sodann erwecken neben den Informations- und Agitationsfahrten die Besichtigungen der Gefängnisse, Zuchthäuser, Besserungs-, Rettungs- und Armenanstalten im preussischen Staat, in den Königreichen Sachsen und Bayern, sowie in Baden die lebendigste Teilnahme. diesen Reisen hat Wichern nebenbei eine Fülle interessanter Beobachtungen, persönliche Bekanntschaften mit hervorragenden Staats- und Kirchenmännern, Gelehrten, Bürgern und Beamten gemacht und Eindrücke der verschiedensten Art gesammelt, deren meisterhafte Schilderung uns fort und fort in Spannung erhält. Vor allem aber wird die Aufmerksamkeit durch die Aufzeichnungen aus dem Berliner Aufenthalt und Verkehr in Anspruch genommen. Mit rückhaltlosem Freimut erzählt Wichern über König und Königin, Hof und Regierung, Gegner und Förderer seiner Unternehmungen, aus Konferenzen und Ministerberatungen, von den massgebenden Persönlichkeiten, Zuständen auf kirchlichem und politischem Gebiet, und es fehlt nicht an feinen Bemerkungen und selbständigen Urteilen.

W. fand bekanntlich bei Friedrich Wilhelm IV. Gunst und Verständnis wie

1) Die Anmerkung auf S. 410 ist dahin zu berichtigen, dass nicht V. F. v. Strauss, sondern Oberhofprediger G. Fr. A. Strauss († 1863) der Verfasser der „Glockentöne“ ist und Vater der beiden Söhne Fr. A. Strauss und Otto Strauss.

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kaum wo anders, Schutz und Beistand und wirksame Förderung aller seiner Bestrebungen gegenüber der zögernden Bureaukratie und der bedenklich gewordenen Orthodoxie, auf welche beiden Berliner Grossmächte Wichern oft recht schlecht zu sprechen ist. Es war eine merkwürdige innere Uebereinstimmung zwischen dem König und dem Leiter des Rauhen Hauses in allen Grundfragen, ja selbst in der religiösen und politischen Grundstimmung vorhanden. Bei allem Widerstand gegen Rationalismus und Liberalismus verwarfen beide gleichmässig die konfessionelle Engherzigkeit, dogmatische Schärfe, politische Reaktion und den Feudalismus der Kreuzzeitungspartei, und bei allem Eifer für die Aufrichtung und Kräftigung der evangelischen Kirche teilten beide eine gewisse Schwärmerei für gewisse Einrichtungen und Sitten der katholischen. Frömmigkeit und Kirche. Beide glaubten, dass dem Protestantismus durch Einführung evangelischer Orden, evangelischer Bischöfe, alter Liturgien und Zurückholung so mancher anderen Dinge, welche die Reformation voreilig aufgegeben, gründlich und innerlich zu helfen sei. Es ist als ob man den König selbst hörte, wenn Wichern schreibt: „Die Bureaukratie ist ein Teufel, der alles Leben würgt und kein Herz hat." Gegenüber der allmächtigen Partei, die alles in ihren Händen hat, sagt er, ist der König sehr schlimm daran; sie will in Summa nichts anderes als Wiederherstellung der vorrevolutionären Zustände, womit nichts gewonnen, aber viel verloren wäre. Wichern sieht die Lage im Jahre 1851 als einen Veitstanz unvereinbarer Widersprüche an und schreibt von England aus, er danke Gott, dass er nicht berufsmässig und nicht als Preusse mit den politischen Dingen in Berlin etwas zu thun habe; denn seine Aufgabe würde nur die sein können, die Unlauterkeit und Vorurteile der Konservativen wie der Liberalen aufzudecken und zu bekämpfen, wobei er mit allen in den Krieg geraten würde; ihm scheine die Wahrheit geteilt, ja gevierteilt. Ich sehe keine Partei, der ich angehören möchte, und ich halte es für Pflicht, denen, die da meinen, dass man zu ihrer Partei steht, zu sagen, dass und warum sie sich irren. Die christliche Politik, die Mutter unserer Zukunft, muss erst ihre Kinder gebären." 66 „An den Kopf der Kreuzzeitung hängt sich ein ungeheurer Schwarm beschränkter Menschen, denen jene eine Ergänzung der Bibel zur Politik geworden, dazu eine Herde politischer Frauen und jüngerer Damen, so dass es ein Wespennest ist, das ausgenommen werden muss." Auch die Evangelische Kirchenzeitung mit ihrem Hengstenberg erregt Wichern's Unwillen. Hengstenberg, schreibt er, ist ein kantiger Mensch, der sehr weiss, dass er obenauf ist. Man will ihn (1855) in das Kultusministerium bringen, da er nun doch einmal den Minister gänzlich leitet." Mit Stahl kann sich Wichern verständigen, auf Mühler und Hoffmann hält er grosse Stücke, mit Bethmann-Hollweg ist er ein Herz und eine Seele. Beachtung verdienen die Aeusserungen über den Generalsuperintendenten Hoffmann: Fern von aller Bureaukratie ist er ein grossartiger, freier, weitherziger, innerlich festaufgebauter süddeutscher Charakter, wie er Preussen notthut, den starren Lutheranern ein gefährlicher und siegreicher Gegner, klug und wahr, und lutherischer Protestantische Monatshefte. 5. Jahrg. Heft 12.

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