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werden, nicht nach der üblichen Verhüllungs- und Abschwächungsmethode als notwendige Entwicklung aus inneren Trieben und Bedingungen heraus, nicht als ein innerlich notwendiges Wollen aus Einsicht und Selbstbewusstsein ansehen, sondern dass sie den Mut des Irrationalismus besitzen und Verantwortung und Moralität nur auf Grundlage einer Freiheit, die ganz ernsthaft das Freisein von aller Notwendigkeit, auch von innerer Gebundenheit bedeutet, für möglich halten. . . . Für mich gehört die Freiheit des Willens zu den Fällen, wo ich lieber sage: „ich weiss nicht, wie die Schwierigkeiten zu beseitigen sind, die durch sie in Hinblick auf Naturwissenschaft und Philosophie entstehen", als dass ich die metaphysische Nötigung, die mich von moralischen Thatsachen aus zu ihr führt, für grundlos erklärte. . . Schopenhauer hat die Einsicht gehabt, dass eine bloss empirische, unmetaphysische Ethik die Fragen nur bis zu gewissen Grenzen und unter gewissen unerledigt bleibenden Vorbehalten entscheiden könne". Im XXV. Abschnitt, der die Lehren von der Moral des Mitleids, vom Recht und vom Staat behandelt, bezeichnet Volkelt die Moralphilosophie Schopenhauer's zusammenfassend als eine metaphysisch gegründete einseitige Gefühlsethik" und weist darauf hin, dass keiner der grossen modernen Ethiker so nahe Beziehungen zum ursprünglichen Christentum habe als er. Auch im folgenden Abschnitt (XXVI) betont er diese Beziehung; hier hebt er im Gegensatz zu Pfleiderer hervor, dass die erlösende Verneinung des Willens" nicht endgültige Vernichtung bedeute, sondern in eine Feier der höchsten Lebensbejahung auslaufe, eine Behauptung, die allerdings durch den XXVII. Abschnitt, der von der Bedeutung des Individuums und der von Schopenhauer geglaubten „Unzerstörbarkeit“ unseres Wesens handelt, besonders gerechtfertigt erscheint.

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Gelegentlich jener Hervorhebung von Beziehungen, die zwischen Schopenhauer'schen Lehren und dem „echten alten" Christentum oder auch Stücken der christlichen Dogmatik bestehen, scheint Volkelt auch den harten Urteilen Schopenhauer's über den Protestantismus zuzustimmen. Er spricht von dem lauen Protestantismus der gebildeten, harmoniebedürftigen Kulturfreunde," von Bestrebungen, „welche die Religion oberflächlich und schwächlich rationalisieren, sie um jeden Preis kulturfreundlich und weltklug machen und zu einem bequemen Sonntagsumhängsel des braven Kulturmenschen herabdrücken wollen.“ Treffen will er mit diesen Worten vor allem das, was man so gewöhnlich,liberale' Theologie nennt". Er will zwar nicht behaupten, dass der Schopenhauer' sche Massstab ausreiche, „um über die gewaltigen freigeistigen religiösen Bewegungen der Gegenwart und die gesamte fortschrittliche protestantische Theologie ein richtiges und umfassendes Urteil zu fällen". Aber er findet kein Wort für die Berechtigung eines Strebens nach innerlicher Versöhnung von Kultur und christlichem Geiste, bei der es sich nicht darum handelt, die asketischen und weltabgewandten Züge des Urchristentums zu verwischen, der Verf. übertreibt übrigens m. E. mit Schopenhauer den pessimistisch-asketischen Geist des N. T. ebenso wie den optimistischen des A. T. (vgl. nur auf der einen Seite die

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Anklage Jesu als des Fressers und Weinsäufers, auf der andern den Prediger Salomo!) auch nicht darum, irgend eine Ueberschätzung kultureller Errungenschaften mit Bezug auf ihren Wert für das innere Leben zu unterstützen, sondern darum, eine gegenseitige Durchdringung von Religion und Kultur herbeizuführen. Eine individuelle Asketik soll dabei immer als Erziehungsmittel gepredigt, eine Stimmung glaubensstarker Erhebung über die Dinge dieser Welt in allen Kampfesnöten behauptet, aber auch der Segen der Kulturfortschritte (und wären sie auch nur technischer und wirtschaftlicher Art) nicht in steifer und undankbarer Uebergeistigkeit verkannt werden. Der Verf. ist ja freilich weit davon entfernt, sich persönlich auf die einseitige Stimmung der Weltabkehr und Weltverwerfung zu versteifen; er rühmt es auch an Schopenhauer und verwandten Geistern, dass sie beide Weltstimmungen," nämlich die der feurigen Lebensbejahung und die der hoheitsvollen Verneinung, in sich zu energischer Entwicklung kommen liessen, warum sollen denn nun gerade wir liberalen Theologen auf das Recht verzichten, an einer wahren inneren Verarbeitung beider Stimmungen mitzuwirken? Sind wir nicht gerade als Söhne der Reformation dazu berufen? Oder wird diese auch von Volkelt nicht als eine fortschreitende Lebensbewegung des christlichen Geistes angesehen? Und wären wir also eigentlich verpflichtet, uns unbedingt auf den Status quo des apostolischen Zeitalters zurückund festzuschrauben? Doch natürlich, der Verf. will das nicht sagen. Wünscht er doch im Geiste Schopenhauer's, dass das Allegorische und Mythische in der Religion eine Gestalt annehme, durch die sie möglichst wenig in Widerspruch und Feindschaft zur Philosophie tritt," und dass ein möglichst reicher und tiefer Wahrheitsgehalt möglichst unentstellt und eindringlich zum Volke spreche". Und wenn er weiterhin die Bedeutung Schopenhauer's für die religiöse Entwicklung (Abschnitt XXVIII) auch darin sieht, dass er ähnlich gestimmte Gemüter auf eine Ergänzung der philosophischen Erkenntnisse durch das religiöse Gefühl hindränge, so wird er doch die Entwicklung dieses Gefühls und jener Wahrheitserkenntnis nicht bloss „ausserhalb der kirchlichen Religionen, sondern auch in Predigt und Unterricht der Kirche selbst gefördert wünschen, und zwar durch Lehrer, die auch auf eine philosophische Fundierung ihrer Weltanschauung Wert gelegt haben, d. h. durch liberale" Theologen.

Eine Schlusserwiderung.')

Von

Dr. Arno Neumann in Schwabsdorf bei Weimar.

Weil es feststeht, dass ein geistiger Zweikampf, wie in der Debatte, so auch im Drucke, leicht zur Ermüdung des Publikums und zum Verbeissen in die eigenen Gedanken führt, so will ich mich Friedrich Lipsius gegenüber auf einige Sätze beschränken, die im wesentlichen faktischer Berichtigung dienen. Denn einmal sind die Gegensätze der Methode nunmehr sattsam geklärt, so dass man pro et contra sich entscheiden kann, und dann dürfen wir ja beide hoffen, unsere Ansichten noch anderweitig ohne polemische Form zur Verhandlung zu bringen.

1. Es muss einfach missdeutet werden, wenn Lipsius S. 439 schreibt, ich hätte auch gegen seinen Vater den Vorwurf erhoben, dass er zuviel als wissenschaftlich sicher gelten lasse. Gerade das Gegenteil ist richtig, wie S. 72 und 73 meiner einschlägigen Schrift beweisen. Gerade das unverschleierte Bedürfnis nach einer wenn auch nur hypothetischen Metaphysik treibt mich über R. A. Lipsius hinaus, mehr in die Nähe der Spekulativen. S. 448 erkennt das der Antikritiker auch ausdrücklich an. Die Stelle meiner Grundlagen“, auf der er fusst (S. 23), handelt ja nur von einer Einzelfrage der Erkenntniskritik, nämlich vom Wege in die transsubjektive Wirklichkeit auf kantischer Grundlage. Zudem wird die erkenntnistheoretische Gesamtstellung hierdurch überhaupt nicht getroffen. Denn ein vernünftiger Glaube" oder ein gesundes Weltvertrauen" sind nichts weniger als Vermuten und

Meinen".

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2. Kant bloss als den grossen Empiristen zu feiern, ist zweifelsohne zu wenig. Da würde ich doch lieber Locke heranholen! Kant's Meisterleistung bleibt vielmehr die transscendentale Aesthetik, wie immer sie sich dem heutigen Denken im einzelnen modificiere. Denn sie vernichtet den Vulgärbegriff der Materie. Dagegen hilft es gar nichts, wenn der Antikritiker die gesunden Gefühle des naiven Realismus abermals darlegt. Auf den geprüften Wahrnehmungsinhalt kommt es an, sonst bleiben auch Farben und Töne objektive Realitäten. Freilich für den einfachen Erkennenden bedarf es keiner irgendwelchen Operationen, um vom Subjekte zum Objekte erst mühsam hinauszugelangen" (hinaus" bereits falsche Raumbetrachtung!), aber wohl für die erkenntniserklärende Reflexion. Allein das Selbstbewusstsein geht doch auch in der erfahrungsgemässen Kindesentwickelung dem Weltbewusstsein relativ vor

1) Vgl. Prot. Monatshefte 1900 H. 7 S. 281-290 und H. 11 S. 438-448. Zwischen beiden Veröffentlichungen lag eine mündliche Verständigung vor der Evangelischprotestantischen Vereinigung" in Weimar. Nebenher stelle ich mit Freuden fest, dass die Antikritik von Lipsius fast durchweg meiner Kritik halbwegs entgegenkommt.

aus; ja die Ich-Form macht überhaupt Wahrnehmungen zu meinen Wahrnehmungen. Inwiefern deshalb das Selbstbewusstsein (inhaltlich) „eine von vorn herein fertig gegebene Grösse“ sein sollte, weiss ich nicht. Lipsius hat den Drachen, gegen den

er kämpft, selber erst geschaffen. Indem ich Lipsius hier antworte, arbeitet in mir diese Urkraft der Synthesis.

3. Ich wollte von Lipsius nicht nur den psychologischen, sondern den naturphilosophischen und metaphysischen „Voluntarismus“ abgeleitet haben. In der Psychologie ist er ja gar nicht einseitiger Voluntarist.

4. In unserem Bewusstsein unterscheiden wir eine zufällige und eine notwendige Vorstellungsverknüpfung. Die Vorstellungen von diesen Mauern, Thüren, Fenstern, Dach u. s. f. müssen sich zur Vorstellung dieses Hauses verbinden, ob ich es will oder nicht. Aber die Abfolge dieser Vorstellungen in meinem Bewusstsein und ihre Vermengung mit anderen hängt ab von individuellen Regeln und Bestimmtheiten. Es muss also ein principium individuationis geben. Nun könnte auch dieses im Subjekte liegen, was Lipsius übersieht. Aber plausibler ist die Hypothese,

dass es einer nichtsubjektiven Quelle entstamme. Damit werden die vielen Worte bei Lipsius unnötig.

5. Dass es auch Kantianer unter den namhaftesten Naturforschern gibt, richtet die Lipsius'schen Ausführungen auf S. 442 alinea 1.

6. S. 443 meint der Antikritiker, dass ich „das plötzliche Auftreten eines vorempirischen Bewusstseins" erwarte. Ich meinte aber vielmehr, dass er auch Raumlosigkeit nicht ausschliessen könne, während uns Kantianern das Raumauge inhäriert. (Allgemeinheit und Notwendigkeit Kant's!)

7. Der Raum eine Funktion realer Seinselemente! Dieser Satz ist nur eine

Umkleidung des andern Satzes: der Raum eine Eigenschaft, wie man sich auch drehe. Und dieser hat Kant zum Erbfeinde. Meine Lokal- und TemporalzeichenHypothese widerlegt aber Lipsius nie, wenn er mich daran erinnert, was andere unter diesen Worten vortragen. Ich meine darunter Relationsgrundlagen in der Transsubjektivität. Vielleicht weiss er dafür einen besseren Namen. Wir kommen uns also nach seinen neuesten Darlegungen bedenklich nahe. Ich sage: bedenklich, und meine: erfreulich!

Literatur.

Der Christus des Glaubens. Der alte Glaube des Evangeliums in der Sprache der Gegenwart. Von Heinrich Ziegler. Liegnitz 1900, H. Krumbhaar.

V u. 121 S.

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Was ist der „Christus des Glaubens"? so werden sich vielleicht viele fragen und nicht bloss solche, die des Verfassers „geschichtlichen Christus" kennen im Verhältnis zu diesem? Ist der Christus des Glaubens" ein anderer als der „geschichtliche Christus"? Antwort: nein, es ist derselbe! Denn es handelt sich, kurz gesagt, für unsern Glauben gar nicht um irgend ein Bild, das sich etwa frühere Zeiten mit Hülfe ihrer Denk- und Vorstellungsformen von Christus gemacht haben, sondern ganz einfach um den wirklichen, geschichtlichen Christus selbst, um den Menschen Jesus, der als der Anfänger zugleich die geschichtliche Quelle unsers Glaubens ist, als welche ihn gerade der (I.) Hauptteil unsers Büchleins uns verständlich machen will.

In der Einleitung geht der Verf. von einer Besprechung der Natur des Glaubens selber aus. Voraussetzt er, was allerdings leider noch immer und immer wieder zu sagen sein wird, dass Glauben im christlichen Sinne nicht Meinen oder Fürwahrhalten ist. Dann wäre ja der Leichtgläubigste, der zur Prüfung Unfähigste auch der Frömmste; aber ein solcher allgemeiner" Glaube ist ein Erzeugnis der Unmündigkeit und inneren Leerheit". Christlicher Glaube ist überhaupt nicht irgend ein verstandesmässiges Erkennen. Solchem Irrtum gegenüber wird der Glaube in mannigfaltiger Weise als etwas durchaus Persönliches, Innerliches, auf eigenster Erfahrung und objektivem Erleben (nicht etwa auf subjektiver Einbildung) beruhendes inneres Leben, Gemeinschaftsleben mit Gott beschrieben und dem gleichgesetzt, was man persönliche Frömmigkeit, Religiosität zu nennen pflegt; wobei nicht zu übersehen ist, dass der Verf. ausdrücklich nur von christlichem Glauben redet und am allerwenigsten an irgend eine sog. natürliche Religion denkt. Dieser Glaube hat an sich nichts mit irgend welcher heilig erklärten menschlichen Autorität zu thun (sondern nur eben mit Gott), wie er überhaupt jedes menschlichen Macht- und Autoritätbedürfnisses entbehrt. Vielmehr ist der Glaube allen kirchlichen Herrschaftsinteressen und Uniformitätsbestrebungen gegenüber einiges, seiner selbst über alles gewisses, innerliches Leben, wie er sich auch allen anderen, äusseren und inneren Erfahrungen, die ihm widersprechen wollen, und allem Wechsel der Weltanschauung und Geschichtsbetrachtung gegenüber als in sich feststehend, selbständig erweist, erweisen muss und wird. Hier ist also voller Ernst gemacht mit der Innerlichkeit des Glaubens, der nur einen Grund, nur ein Festes" hat, auf dem er aber auch wirklich fest steht und ruht, ja fester als auf der

in sich selber

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