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P. W. Schmiedel, Nestle's griechisches Neues Testament etc. aber sprechen sie die Vermutung aus, „Tafeln" möge an der zweiten Stelle durch Irrtum eines Schreibers hineingekommen sein, sodass der Urtext wäre: „nicht in Tafeln von Stein, sondern in Herzen von Fleisch". So liest aber keine einzige Handschrift; und Weiss verwirft alle nicht durch irgend eine Handschrift gestützten Vermutungen grundsätzlich, ist also hierin gleich Tischendorf viel weniger weitherzig als Westcott und Hort. Andererseits vermeidet er es aber, etwas Sinnloses, und wenn es noch so gut bezeugt wäre, in den Text zu setzen. So bleibt ihm hier nichts anderes übrig, als die einzige überhaupt noch existierende Lesart, d. h. die des textus receptus, für ursprünglich zu halten: „nicht in Tafeln von Stein, sondern in Tafeln des Herzens von Fleisch“.

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Allein, wenn dies von Anfang an dastand, wie wurde es so verderbt? Und wenn man das aus grober Nachlässigkeit erklären will: nach dem Abschreiben wurde eine Handschrift doch meist, sei es mit ihrer eigenen Vorlage, sei es mit einer anderen Handschrift, verglichen, und da hätte der Fehler doch wohl entdeckt werden müssen und nicht in alle guten Abschriften eindringen können. Dagegen begreift es sich sehr leicht, dass ein verständiger Leser oder Abschreiber durch Weglassung eines einzigen Buchstabens (xapdías statt xapdías) aus der sinnlosen Lesart, die er als die einzige vorfand, eine leidlich sinnvolle machte: Tafeln des Herzens von Fleisch". Dass er aber damit diesmal das Ursprüngliche getroffen habe, ist eben nicht wahrscheinlich. Westcott und Hort waren dem Richtigen jedenfalls näher, als sie ein Wort strichen. Nur strichen sie schwerlich das rechte. Der Gegensatz zwischen Tafeln von Stein und Herzen von Fleisch ist kein besonders guter; „von Fleisch" ist dabei jedenfalls überflüssig. Wirklich scharf wird aber der Gegensatz sofort, wenn man als Urtext ansieht: „nicht in Tafeln von Stein, sondern in Tafeln von Fleisch". Und zugleich wird verständlich, dass ein Leser ältester Zeit es nötig fand, als Erklärung des Ausdrucks „Tafeln von Fleisch" an den Rand zu schreiben: „Herzen". Der nächste Abschreiber glaubte dann, sein Vorgänger habe dieses Wort beim Abschreiben aus Versehen ausgelassen und dann am Rande nachgetragen; er war also in der besten Meinung, etwas Richtiges zu thun, wenn er es in den Text einfügte.

Ist dies richtig, so hat an dieser Stelle, obgleich alle denkbaren Mittel angewendet worden sind, keine von unseren berühmtesten Ausgaben, und folglich auch der auf sie angewiesene Nestle nicht, das Ursprüngliche; und auch das, was diesem am nächsten kommt, wird in keinem Text, sondern nur in Westcott-Hort's Anhang vorgeführt, und auf diesen Anhang wird nur in deren grosser Ausgabe verwiesen, während in der kleinen kein Mensch der Stelle ansehen kann, dass die Herausgeber etwas an ihr nicht in Ordnung finden. Es ist ein weiteres, von uns im bisherigen noch nicht erwähntes Verdienst von Nestle, dass er diesen Anhang so bequem zugänglich gemacht hat, wie es selbst die Verfasser nicht gethan. Der Stolz aber, mit dem manche Leute auf die Errungenschaften unserer Textkritik blicken, wird angesichts

der zuletzt erwähnten drei Beispiele doch vielleicht als nicht recht angebracht erscheinen. Es gibt noch sehr viel zu thun, insbesondere noch sehr oft verständigere Grundsätze anzuwenden, wenn er Berechtigung gewinnen soll; und zur Ermittlung des Richtigen kann auch der textus receptus seinen bescheidenen Beitrag liefern.

Literatur.

D. Konrad Furrer, Vorträge über das Leben Jesu Christi. Zürich 1902, Druck und Verlag von Müller, Werder & Co. 264 S.

D. Konrad Furrer in Zürich hat im Winter 1899/1900 vor einer zahlreichen Zuhörerschaft, welche sich aus Männern und Frauen der verschiedensten Stände zusammensetzte, eine Reihe von Vorträgen über das Leben Jesu gehalten. Er hat die Vorträge einer neuen Durcharbeitung unterzogen und sie einem grösseren Leserkreise durch den Druck zugänglich gemacht. Sein Buch kann und soll nicht zu den streng wissenschaftlichen Werken gezählt werden; die Darstellung aber, die es von dem Leben Jesu gibt, beruht, wie es bei einem Manne von der Bedeutung und Stellung Furrer's nicht anders sein kann, auf ernster wissenschaftlicher Arbeit. Er ist bemüht, auf Grund langjährigen Suchens und Forschens und mit sorgfältiger Berücksichtigung aller gesicherten Ergebnisse der theologischen Forschung ein in sich geschlossenes Bild Jesu Christi zu entwerfen. Dabei will er nicht die gelehrte Arbeit, die vor ihm gethan ist, weder ergänzen noch berichtigen, sondern der grossen Gemeinde dienen, welche sich ernst und tief mit dem schwierigen Thema beschäftigt. Zu dem Ende geht er seinen besonderen Weg; er benutzt die neutestamentlichen Schriften nicht als Offenbarungen Gottes, sondern als Urkunden der Offenbarung Gottes in Jesu Christo; die Gestalt Jesu Christi ist erst aus der rechten Durchforschung der Urkunden zu gewinnen; dazu aber gehört nicht bloss philosophisches, kritisches Verständnis der biblischen Bücher, und deren Uebersetzung in unsere Sprache; es genügt auch nicht, dass man das Bild, welches die Evangelien zeichnen, Strich für Strich einfach nachzeichnet; es bedarf vielmehr der Intuition. Der Erzähler muss sich in das Ahnen, Denken, Fühlen der ersten Berichterstatter hineinleben; dann hat er bei seiner Reproduktion zu unterscheiden zwischen der Form des geistigen Lebens und diesem geistigen Leben selbst, zwischen Zeitlichem und Ewigem; es gilt, zu dem geschichtlichen Jesus Christus durchzudringen, welcher die Voraussetzung der evangelischen Ueberlieferung ist und welcher nur von kongenialen Menschen begriffen wird (Fleisch und Blut können ihn nicht offenbaren; der Vater im Himmel muss es thun), welcher aber heute noch als Erlöser sich bewährt und als die Kraft der Wiedergeburt, der ein neues Leben entstammt.

Was der Erzählung des Verf. besondere Anschaulichkeit verleiht, das ist einmal seine genaue Kenntnis der allgemeinen Religionsgeschichte, sodann seine Be

kanntschaft mit Land und Leuten von Palästina: er hat die Stätten gesehen, auf welchen das Leben des Unvergleichlichen sich abgespielt hat. Der Kundige weiss, dass es keine schwierigere Aufgabe gibt, als Jesus Christus den Gekreuzigten in seiner Knechtsgestalt voll innerer Hoheit und Herrlichkeit den Menschen vor die Augen zu malen; nicht deshalb, weil die Quellen zu spärlich fliessen, sondern weil bei den Menschen das Divinationsvermögen so selten ist, welches nötig ist, wenn Einer aus den Umrissen einer Skizze ein in sich vollendetes Bild gestalten will, und weil auch die Frommsten und Erleuchtetsten immer nur von fern das Herz Jesu und seinen Sinn zu ergründen im stande sind. Es gibt viele, die Jahr aus Jahr ein sonntäglich ihn verkündigen und auch sonst viel von ihm reden und seinen Namen im Munde führen und doch seines Geistes nicht einen Hauch haben; die sind nicht gesinnt, wie er gesinnt war, sie trachten durchaus nach dem was auf Erden ist, (dazu gehört auch Buchstabenglaube, Lehrkorrektheit, Gunst der Grossen, Beifall der Menge) und sie warten nicht der kommenden Zeit, da er wird offenbar werden.

Wir können, ohne auf Einzelnes einzugehen, die Ausführungen Furrer's der deutschen Lesewelt, welche sich für die von ihm gestellten und beantworteten Fragen interessiert, angelegentlich empfehlen; wer sich in seine Darstellung vertieft, wird sich erfreuen an der Pietät des Erzählers, an seiner Aufrichtigkeit und Wahrheitsliebe, an der Wärme seiner Sprache; er wird eine Fülle von Anregung empfangen, dem Leben Jesu nachzusinnen und nachzuforschen. Etliche, namentlich schon kundige Leser würden hier und dort die Darstellung knapper wünschen; es wird ihnen scheinen, als ginge sie an etlichen Stellen zu sehr aus dem Ton populärer Betrachtungsweise, welcher mehr der Predigt eignet und ihr auch wohlanstebt; zuweilen werden sie eine eingehende Begründung der vorgetragenen Urteile vermissen. Aber viel grösser wird die Zahl derer sein, welche sich angesprochen fühlen gerade von dieser Art, das Geheimnis in dem Herzen und Leben Jesu zu deuten und zu offenbaren.

Möchten Viele sich der kundigen Führung Furrer's anvertrauen; sie werden reichen Gewinn davontragen. Um nur auf Eins hinzuweisen: es scheinen uns die Ausführungen Furrer's über die Wunderfrage besonders gelungen zu sein. Er unterscheidet Wunder im religiösen Sinn und Wunder im theologischen Sinn. Jene sieht der Glaube täglich allenthalben: er lebt in einer Welt der Wunder; diese sind die Erzeugnisse einer beschränkten Vorstellung von dem Wirken Gottes, als ob der natürliche gesetzmässige Verlauf der Erscheinungen nicht auch gottgewollt und gottgewirkt sei; als ob Gott mehr dabei sei, wo Wunder geschehen, als wo alles natürlich zugeht. Doch wir können dem an dieser Stelle nicht weiter nachgehen, nur wiederholt dem Wunsche Ausdruck geben, es möchten unsere Zeitgenossen alle sich von dem Christus der Dogmatik zu dem Jesus der Geschichte führen lassen. Sie finden einen überreichen Ersatz für das, was sie von liebgewordenen, tief gewurzelten, doch unhaltbaren dogmatischen Vorstellungen aufgeben müssen, wenn sie vor ihren Augen

die Person Jesu im Lichte der Geschichte aufleuchten sehen, zuerst nur ein Rätsel, ein unergründliches Geheimnis, aber je aufmerksamer sie schauen und je mehr sie dem Zuge folgen, mit welchem ihr Herz sie zu diesem Jesus zieht, je inniger sie mit ihm verkehren, je fleissiger sie werden, seine Worte nicht bloss zu hören, sondern zu thun, und seine Erscheinung nicht bloss von fern anzustaunen, sondern in ihrem Licht zu leben und zu wandeln, um so mehr werden sie ihn sehen, wie er in allen Stücken uns gleich gewesen, ausgenommen die Sünde, wie er aber durch seine Stellung zu Gott, durch seinen Verkehr mit dem Vater, durch seine Gotteinigkeit in Dankbarkeit, in Gehorsam, in kindlichem Vertrauen die anderen alle nicht bloss überragt, sondern von ihnen sich unterscheidet; er ist der Bürger einer höheren Welt, höher, nicht räumlich, sondern der ethischen Beschaffenheit nach, ein neuer Adam wie sie es ausdrücken mögen, sie fühlen es alle, ohne ihn wäre das Leben Tod; das Leben des Lebens ist Er Jesus Christus.

Frankfurt a. M.

R. Ehlers.

Philipp Melanchthon. Ein Lebensbild von Georg Ellinger. Berlin 1902, R. Gärtner's Verlag; 624 S.

Das Bedürfnis einer Biographie Melanchthon's, die das seit Karl Schmidt's trefflichem Werke neu erschlossene Material verwertet, wird nicht bestritten werden können. Auch das ist bekannt, dass dieses Material sich namentlich auf Melanchthon's Bedeutung als Humanist bezieht, der der so früh von uns geschiedene Karl Hartfelder seine Arbeiten widmete. Mit grossem Fleiss und anerkennenswerter Umsicht hat der Verfasser des vorliegenden Buches diese Aufgabe der Ergänzung des überkommenen Melanchthonbildes in Angriff genommen. Nachdem er die Jugendgeschichte Melanchthon's schlecht und recht erzählt hat, sind namentlich die Verhältnisse an den Universitäten Tübingen und Heidelberg in ausführlicherer Weise als in den früheren Biographien dargelegt, wobei Hartfelder's Arbeiten über die Heidelberger Humanisten die verdiente Berücksichtigung gefunden haben. Insbesondere tritt auch der Pennalismus der deutschen Humanisten, die mit gewaltigem Selbstgefühl sich als die Träger der neuen Zeit fühlen, und von dem der junge Magister stark angesteckt war, deutlicher in der Schilderung Ellinger's, als bei Karl Schmidt hervor. Man bekommt den Eindruck, dass nach seiner innersten Natur Melanchthon weit mehr auf Philologie als auf Theologie angelegt war, wie ja auch in den Briefen an Camerarius das Heimweh nach dieser schönen Zeit, in der er nur Humanist war, deutlich genug durchklingt. Auch die Erneuerung der Kirche erwartet er von seiten des besseren Studiums der alten Sprachen.

Was Ellinger über die Rückwirkung von Melanchthon's Richtung auf Luther sagt, ist durchaus überzeugend. Lässt sich doch sofort nach Melanchthon's Eintritt in Wittenberg bis zur babylonischen Gefangenschaft hin eine ganz neue Art des

Arbeitens und eine viel methodischere Begründung seiner Aufstellungen als vordem bei Luther verfolgen. Der Fortschritt von dem Latein des heiligen Bernhard, wie Luther es in den Wittenberger und Heidelberger Thesen noch schreibt, zu dem humanistischen in der Schrift gegen Erasmus ist ohne Zweifel auch auf Melanchthon's Einfluss zurückzuführen. Mit Recht weist Ellinger darauf hin, dass schon der Kommentar an die Galater, an dem Luther in den ersten Monaten des Jahres 1519, nach Melanchthon's Eintritt in Wittenberg, arbeitete, eine Sorgfalt in der Beobachtung des Wortgebrauchs und in der Erklärung des Wortsinns zeigt, wie sie sich in den früheren Schriften Luther's nicht nachweisen lässt. Auch die bessere Würdigung des Hieronymus und die eingestreuten Komplimente für Erasmus dürfen auf Melanchthon zurückgeführt werden, dessen Unterstützung bei seiner Arbeit Luther selbst erwähnt. Dem Einfluss Melanchthon's auf Luther steht nun auf der anderen Seite der Luther's auf Melanchthon gegenüber und Ellinger hat gut nachgewiesen, wie der von dem Tone der Leipziger Disputation noch wenig erbaute Magister Philippus namentlich durch Eck's plumpe Angriffe und grobe Provokationen in den Streit, den er eigentlich vermeiden wollte, und in Luther's Partei förmlich hineingestossen wurde. Gleichzeitig, im Sommer 1519 begann er über den Römerbrief zu lesen, der nun auf die Umgestaltung seiner Glaubensvorstellungen einen ähnlichen Einfluss übte wie auf Luther. Wie aus diesen Studien Melanchthon's Glaubenslehre herauswuchs, ist von Ellinger gut entwickelt, wobei er zuerst darauf hinweist, wie er auch in diesen Materien noch immer von Erasmus beeinflusst ist. Das Urteil über Melanchthon's Auftreten in Augsburg ist bei Ellinger milder, als wir es zu lesen gewohnt sind, indem er ganz mit Recht geltend macht, dass Magister Philippus dogmatisch und kirchenpolitisch eben anders stand als Luther und seine eifrigen Kampfgenossen, also auch ein moralisches Recht hatte, grössere Konzessionen zu machen.

Von diesem Standpunkte aus werden auch die späteren Kämpfe Melanchthon's mit den strengen Lutheranern behandelt. Das Tragische an des schwächeren Freundes Schicksal liegt in den Worten Iphigeniens: „Zum Knecht zu gross und zum Genossen des grossen Donnerers nur ein Mensch." Man hatte kein Recht, von dem Gelehrten die Härte des Staatsmanns und den Mut des Landsknechts zu erwarten. Und so werden die Leser gern dem milden Urteile Ellinger's zustimmen: Kann auch kein Zweifel daran sein, dass Flacius und seine Freunde geschichtlich Melanchthon gegenüber im Rechte waren, so stellt sich doch die Beurteilung wesentlich anders, wenn man anstatt des geschichtlichen den aus einer rein menschlichen Betrachtung der Dinge sich ergebenden Maassstab anlegt. Dann wird Melanchthon zu einer Duldergestalt, der man das tiefste Mitleid nicht versagen kann." Comprendre c'est pardonner.

Heidelberg..

Hausrath.

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