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Inhalt.

Heft 3.

Paul Wilh. Schmiedel, Jungfraugeburt und Taufbefehl nach neuesten Textfunden
Heinrich Holtzmann, Ein Palästinareisender als Prediger in der Wüste .
Hermann Meltzer, Das Alte Testament im Neuen Testament .
Johannes Hanne, Cornelis Petrus Tiele ..

Literatur.

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Georg Graue, Die Begrenztheit des religiösen Erkennens (Gottwalt Karo)
F. Horn, Gottes Wort im Alten Testamente (Emil Sulze)
Kirchliche Andachten, herausgegeben von H. Kaiser (Emil Sulze)
Gnade und Freiheit, herausgegeben von Curt Stage (August Werner) . . 121
Theologischer Jahresbericht, herausgegeben von Gustav Krüger (J. Websky) 123
Theobald Ziegler, Allgemeine Pädagogik (J. Websky).

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Jungfraugeburt und Taufbefehl nach neuesten Text

funden.

Von

Prof. D. Paul Wilh. Schmiedel in Zürich.

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Die kritische Theologie hat schon immer behauptet, der Stammbaum Jesu bei Matth. 1, 1-16 habe, wie er beginnt: „Abraham zeugte den Isaak, Isaak aber zeugte den Jakob", und weitergeht bis Matthan aber zeugte den Jakob, Jakob aber zeugte den Joseph", so ursprünglich auch geschlossen: „Joseph aber zeugte Jesum". Was wir jetzt in unserer Bibel V. 16 lesen: „Jakob aber zeugte den Joseph, den Mann der Maria, aus der Jesus gezeugt wurde, welcher Messias genannt wird", macht den ganzen Stammbaum überflüssig, ja zweck widrig. Was soll in der Geschichte Jesu ein Stammbaun Josephs, wenn Joseph doch gar nicht Jesu Vater ist? Denn der, durch welchen aus Maria Jesus gezeugt wird, ist laut V. 18 und 20 der heilige Geist. Ebenso steht es mit dem Stammbaum bei Luc. 3, 23-38. Man hat längst gesehen, dass er begonnen haben muss: „Jesus der ein Sohn Josephs war", und dass die dabei stehenden Worte: wie man glaubte" ein späterer Zusatz sind; denn dieser Glaube soll nach der Meinung des Evangelisten natürlich als ein irriger gelten, da auch nach ihm (1,35) Jesus vom heiligen Geiste gezeugt ist.

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Man nimmt also an, dass die Stammbäume nicht erst von den Evangelisten entworfen wurden, sondern schon vorher schriftlich existierten, ja, dass auch ihre Einverleibung in die Evangelien nicht erst durch die Verfasser erfolgte, welche von der Entstehung Jesu durch den heiligen Geist überzeugt waren, sondern durch Vorgänger derselben, die hierüber noch anders dachten. Es lässt sich nämlich deutlich beobachten, dass die Zeugung Jesu durch den heiligen Geist im heutigen Matthäusevangelium zwar 1, 18-25 vorausgesetzt wird, aber nicht im 2. Kapitel; und noch deutlicher ist, dass diese Voraussetzung im Lucasevangelium nur 1, 34f. (und 2, 21b?) vorliegt, während sogar die Verkündigung des Engels an Maria (1, 30-33. 36f.) sich weit besser beim Gedanken an einen menschlichen Vater ihres Sohnes erklärt und in Kap. 2 eine ganze Reihe von Stellen, insbesondere die Verse 33 und 48 (Jesu „Vater und Mutter") nebst 27, 41 und 43 (Jesu „Aeltern“) ihn direkt aussprechen. Die Aenderungen an den Stammbäumen sind hiernach als ein Werk letzter Hand zu betrachten, durch das diese mit der in die Evangelien neu eingeführten Vorstellung von der Entstehung Jesu in Einklang gebracht wurden, so gut es eben ging.

Dass die beiden Stammbäume nicht einmal übereinstimmen, oder vielmehr, dass sie trotz Verschiedenheit der meisten Namen zwischen David und Protestantische Monatshefte. 6. Jahrg. Heft 3.

Joseph, dem Vater Jesu, doch mitten in der Reihe zwei Namen, Salathiel und Serubbabel, übereinstimmend zeigen (Matth. 1, 12 = Luc. 3, 27), was die Sache nur schlimmer macht, dürfen wir hier beiseite lassen, wie wir denn überhaupt aus der ganzen Frage nur einen kleinen Ausschnitt zu besprechen gedenken. Man hat wegen der Verschiedenheit der beiden Stammbäume den einen für den der Maria gehalten. Allein ganz abgesehen davon, dass dies dem Wortlaut direkt widerspricht, wonach beide ausdrücklich auf Joseph lauten, würde doch selbst bei dieser falschen Annahme immer noch einer der Stammbäume der Stammbaum Josephs bleiben.

Indessen ist es nur zu begreiflich, dass kritische Gründe in einer Sache, die so eng mit dem Glauben an ein verehrungswürdiges Geheimnis verbunden ist, wenig Eindruck machen. Die konservative Theologie erschöpft ihren Scharfsinn in einer Fülle von Auskünften, und wenn sie schliesslich alle scheitern, beruhigt sie sich dabei, dass Matthäus oder Lucas oder beide den Stammbaum Josephs bieten, obgleich sie diesen gar nicht für Jesu Vater halten.

Etwas anderes wäre es schon, wenn die Vermutung der kritischen Theologie über den ursprünglichen Wortlaut der Stammbäume durch ein Dokument zweifellosen Alters bestätigt würde. Es ging in der That eine Bewegung durch die Theologie, als 1892 im Kloster der heiligen Katharina auf dem Sinai, dem wir schon den durch Tischendorf entdeckten griechischen codex Sinaiticus des alten und neuen Testaments verdanken, durch zwei schottische Damen, Frau Agnes Smith Lewis und ihre Schwester, Margaret Dunlop Gibson, eine syrische Uebersetzung der Evangelien, jetzt codex syrus Sinaiticus (leider auch in weit weniger orientierender Weise codex Lewisianus) genannt, gefunden wurde, in der Matth. 1, 16 lautet: „Joseph, dem die Jungfrau Maria verlobt war, zeugte Jesum, welcher Messias genannt wird". Wir könnten einen Universitätslehrer der Theologie nennen, der erklärt hat, man müsse daraufhin über die Geburt Jesu anders denken als bisher.

Ein hohes Alter dieser Uebersetzung steht ausser Frage. Zwar enthält sie sehr viele zweifellos jüngere Lesarten, und man würde sehr irren, wenn man aus dem Titel der deutschen Uebersetzung, durch die sie Merx in höchst dankenswerter Weise allgemein zugänglich gemacht hat: „Die vier kanonischen Evangelien nach ihrem ältesten bekannten Texte" (Berlin, Reimer 1897), entnehmen wollte, ihr Text sei an allen Stellen auch nur im Vergleich mit anderen Texten der ursprünglichere, was auch Merx nicht behauptet, geschweige denn der wirklich ursprüngliche, den die Evangelisten niederschrieben. Indessen neben unseren ältesten griechischen Handschriften, die aus dem vierten Jahrhundert stammen, kommt diese syrische Uebersetzung allerdings sehr ernstlich in Betracht.

Freilich bietet sie nun keineswegs das, was die kritische Theologie als ursprünglichen Text von Matth. 1, 16 vermutet hat. Gewiss, sie enthält den Satz: „Joseph... zeugte Jesum", aber eben nicht ohne einen Zwischen

satz, durch den er völlig sinnlos wird: „dem die Jungfrau Maria verlobt war“. Gewiss enthält sie noch weitere, für Altertümlichkeit sprechende Abweichungen von unserm heutigen Texte. In V. 21 lässt sie den Engel zu Joseph nicht einfach sagen: „sie (d. h. Maria) wird aber einen Sohn gebären", sondern: ,sie wird dir aber einen Sohn gebären", und V. 24f. nicht: „und er nahm sein Weib zu sich und erkannte sie nicht, bis sie einen Sohn gebar", sondern zugleich kürzer und ausführlicher: und er nahm sein Weib zu sich und sie gebar ihm einen Sohn". Aber neben diesen höchst bemerkenswerten Abweichungen enthält sie nun eben unsern ganzen gewöhnlichen Text von V. 18 bis 20 ohne jede sachlich bedeutsame Abweichung: Die Geburt des Messias aber war so: als Maria, seine Mutter, dem Joseph verlobt war, als sie sich. einander nicht genaht hatten, wurde sie schwanger gefunden vom heiligen Geiste. Joseph aber, ihr Gatte, weil er rechtschaffen war, wollte die Maria nicht blosstellen und gedachte sie in der Stille zu entlassen. Als er dies. aber erwog, erschien ihm der Engel des Herrn im Gesicht und sprach zu ihm: Joseph, Sohn David's, fürchte dich nicht, Maria, dein Weib, zu dir zu nehmen; denn der von ihr geboren wird, ist vom heiligen Geiste."

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Als Ganzes genommen bietet also diese syrische Uebersetzung nichts als einen vollkommenen Widerspruch. Ein kritisches Auge sieht leicht, dass sie aus zwei völlig verschiedenen Quellen zusammengeflossen ist. Die eine bildet unser kanonischer Text, die andere enthielt den Satz: „Joseph zeugte Jesum und die Angabe, dass ihm als Vater der Sohn der Maria geboren. worden sei. Was zwischen die Worte: „Joseph... zeugte Jesum" eingeschoben ist, findet sich der Sache nach im kanonischen Text, wie er oben aus V. 18 wiedergegeben ist; in seiner genauen Form aber: „welchem die Jungfrau Maria verlobt war" wird es sich weiter unten (S. 91. 92, Nr. 4d und 5b) als Glied einer dritten Textgestalt erweisen.

Allein wenn es erst kritischer Ausscheidungen bedarf, um aus einem widerspruchsvollen Texte einen widerspruchsfreien Urtext herauszuerkennen, darf man bei solchen, die aus Gründen eines frommen Bedürfnisses an der hergebrachten Vorstellung festhalten, ebenso wenig Eindruck zu machen hoffen wie mit den eingangs erwähnten kritischen Erwägungen, die noch nicht auf eine abweichende Textgestalt gestützt waren. In der That hat die an der kanonischen Fassung festhaltende Theologie aus den Widersprüchen des syrischen Textes ganz andere Schlüsse gezogen. In England wusste man z. B. sofort zu sagen, das Wort „er zeugte“ habe, obgleich es auch im Syrischen dasselbe ist wie in den vorhergehenden Versen, in V. 16 einen anderen Sinn als in den übrigen Teilen des Stammbaums; es bezeichne nämlich Joseph als Vater Jesu nur insofern, als er vor dem Gesetz als solcher gelten müsse. Oder man erklärte das, was in der syrischen Uebersetzung vom kanonischen Texte abweicht, einfach für eine Fälschung des Textes durch Ketzer. Vielleicht die allerkühnste Vermutung aber wird in Deutschland vertreten. Th. Zahn nimmt an, der syrische Uebersetzer habe den unten (S. 91, Nr. 4b)

zu besprechenden griechischen Text der Ferrar-Gruppe vor sich gehabt: „Jakob aber zeugte den Joseph, dem verlobt die Jungfrau Maria Jesum zeugte“. Diesen ungefügen Satz habe er dadurch flüssiger zu machen gesucht, dass er hinter dem Accusativ „den Joseph" ein zweitesmal das Wort „Joseph" setzte, um ein Subjekt zu dem Verbum „zeugte" zu schaffen, das er nicht anders. übersetzen mochte als in allen vorhergehenden Sätzen, wo es ein männliches Subjekt hat, und doch anders hätte übersetzen müssen, wenn er Maria, wie im Griechischen, als Subjekt beibehielt. Also nur durch eine „Ungeschicklichkeit" des syrischen Uebersetzers, wie Zahn dieses in Wirklichkeit gar nicht denkbare Verfahren nennt, ist Joseph zum leiblichen Vater Jesu geworden.

Diese kurzen Angaben mögen zur Kennzeichnung der Versuche genügen, die syrische Uebersetzung als unschädlich für die kirchliche Lehre von der Geburt Jesu zu erweisen. Einer Kritik dieser Versuche bedarf es nicht; denn wir sind über den Text, um dessen Zurechtrückung sie sich bemühen, bereits hinaus. Conybeare hat in den Anecdota Oxoniensia, classical series VIII von 1898 einen griechischen Dialog zwischen einem Christen Timotheus und einem Juden Aquila zum erstenmal herausgegeben, in dem auch über Matth. 1, 16 verhandelt wird. In Deutschlaud haben unseres Wissens nur Krüger im Literarischen Centralblatt 1899, Sp. 155, und Nestle, Einführung in das griechische Neue Testament, 2. Aufl. 1899, S. 80 und 210, auf die Wichtigkeit der Sache aufmerksam gemacht, jedoch ohne sie näher zu erörtern. Eine Besprechung dürfte um so mehr am Platze sein, als Conybeare, der einzige, von dem uns ein Urteil über die Sache in englischer Sprache (S. XIX-XXII der Anecdota) bekannt ist, die Bedeutung seines Fundes unseres Erachtens noch gar nicht erkannt hat.

Es heisst bei Conybeare S. 76 fol. 93 r. des Codex 1): „Jakob zeugte den Joseph, den Mann der Maria, aus der Jesus gezeugt wurde, welcher Messias genannt wird, und Joseph zeugte Jesum, welcher Messias genannt wird" (Ἰακὼβ ἐγέννησεν τὸν Ἰωσήφ, τὸν ἄνδρα Μαρίας, ἐξ ἧς ἐγεννήθη Ἰησοῦς ὁ λεγόμενος Χριστός, καὶ Ἰωσὴφ ἐγέννησεν τὸν Ἰησοῦν τὸν λεγόμενον Χριστόν). In der ersten Hälfte erkennen wir Buchstabe für Buchstabe den Text unseres kanonischen Matthäus wieder; die zweite ist neu. Allein der Jude erklärt im Dialog ausdrücklich, er citiere mit sämtlichen angeführten Worten das Evangelium des Matthäus, und da der Christ unmittelbar darnach betont, es entgehe ihm nicht, wenn der Jude irgend etwas zu verhüllen suche, so muss man in der That mit Conybeare annehmen, dass wirklich der ganze obige Text in dem Matthäusevangelium stand, das der Verfasser des Dialogs benutzte. Das hohe Alter des Dialogs ist schon dadurch gesichert, dass ausser dieser noch zwei andere unkanonische Formen von Matth. 1, 16 in ihm vorkommen (s. unten

1) Zur bequemeren Vergleichung mit den notwendigerweise ins Deutsche übersetzten syrischen Texten, und um weiterhin die oft unscheinbaren Abweichungen der verschiedenen Fassungen durch den Druck hervorheben zu können, geben wir alle Texte zunächst deutsch.

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