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Uncultur, neben der erhabensten Aufklärung der bösartigste Aberglauben, neben einer geforderten Sittlichkeit unergründliche Schlammströme der Unsittlichkeit in die Erscheinung treten.

Zu allen Zeiten gab es nur eine Cultur, sie ist unwandelbar und wird sich immer gleich bleiben; denn sie ist nichts anderes als die reine Menschlichkeit. Stets sind es jedoch nur wenige Einzelwesen, die sich in den verschiedenen hinter uns liegenden Perioden zur wahren Humanität aufzuschwingen vermochten. Der übergrosse Rest der sprachbegabten Wesen, welche mit eitler Selbstüberhebung so gerne und so laut von sich behaupten, dass sie Vernunft besitzen, diese gewaltige Masse kennt jene Cultur nur vom Hörensagen und wenn sie sie auch gerne im Munde führt, so trägt sie sie doch keineswegs im Herzen. Die gesammte Geschichte lehrt uns in ihren flammenden und blutigen Zügen, dass Unmenschlichkeit die treibende Feder für die grösste Zahl der Handlungen abgab, welche man später mit schönem Wortgeklingel als culturelle Errungenschaften bezeichnete.

Das Sittliche hat überhaupt kein System; denn es bleibt immer von den Forderungen einer Zeit abhängig und umfasst niemals das gesammte menschliche Handeln. Die Ansichten über das Sittliche verändern sich fortdauernd und sind zudem bei den verschiedenen Völkern, ja selbst in ihren einzelnen Klassen und Ständen niemals genau die nämlichen. Es giebt keine natürliche Moral; denn diese kann schon aus dem Grunde nicht existiren, weil alles Sittliche seinem Inhalte nach positiv erscheint und weil sie schliesslich nur von Leuten verkündet wird,

die immer unter dem Einflusse bestimmter Ansichten stehen.

Die Empfänglichkeit für sittliche Gefühle wohnt wohl in allen Menschen, aber sie macht sich in sehr verschiedener Stärke bemerkbar. Sittliche Affecte und Leidenschaften treten gewöhnlich in solch ausgeprägter Einseitigkeit auf, dass die aus verschiedenen sonst in einander klingenden sittlichen Gefühlen zusammengesetzte Gesammtheit der Sittlichkeit zur Unsittlichkeit wird.

Die Moralisten rechneten von jeher die Heuchelei zu den Aeusserungen der Unsittlichkeit; thatsächlich schützt die heuchelnde Menschheit stets einen sittlichen Affect vor, wenn sie über die Immoralität der Welt die Hände ringt und die Augen verdreht. Jene schmutzigen Asketiker der lybischen Wüste, welche ihren Leib allen nur denkbaren Kasteiungen unterzogen, um das Fleisch abzutödten«, waren ebenso unsittliche Menschen wie die bekannten indischen Büsser. Die Volkssage hat sich denn auch in dichterischer Form über diese SittlichkeitsFanatiker recht herzlich lustig gemacht. Man erinnere sich u. A. nur an die indische Legende vom heiligen Kandus und der Nymphe Pramnotschà (im >>Brahmawaiwarta - Puranam«), an die vielen Beziehungen der Wüstenheiligen zu den schönen Teufelinnen und an die entsprechenden Novellen des Boccaccio.

Wahre Sittlichkeit ohne Anerkennung der Gebote unermesslicher Mächte ist für den Menschen undenkbar. Für den Inhalt des Sittlichen kann demnach kein sachliches Princip aufgestellt werden. Die göttliche Autorität, welche der Menschheit durch den Mund ihrer irdischen Stell

mag man diese nun als

vertreter, der Priester, die sittlichen Gebote verkündet, wandelt sich eben dadurch in eine von allgemeinen, von persönlichen und zeitlichen Anschauungen abhängige Macht um. Der einzelne denkende Mensch bildet sich gerne selbst seine sittliche Autorität und unwillkürlich verschmilzt er sein »Ich mit derselben; er gelangt also im sittlichen Handeln zur Selbstachtung und zur Ataraxie, in welcher die antike Philosophie das höchste Glück erkannte. Dieser von Kant als die » Autonomie der Vernunft<< bezeichnete Zustand wird jedoch nur von sehr wenigen, wenn überhaupt zu erreichen sein. Die Menschheit bleibt ihrer überwiegenden Mehrzahl nach sittlich unmündig und bedarf deshalb zu ihrer moralischen Stütze heteronomer Autoritäten Religion, als Sittengesetz oder als Erziehung bezeichnen. Die öffentliche Moral beruht durchaus nicht auf der Autonomie der Vernunft, sondern wesentlich auf praktischsozialen Forderungen. Und nicht weil die Sittlichkeit der Masse der sogenannten civilisirten Menschheit in Fleisch und Blut überging, sondern weil die Energie Einzelner diese oder jene Moralgesetze verkündet und so lange es eben geht, aufrecht erhält, und weil die wenig oder gar nicht thatkräftige Menge vor den Strafen zittert, welche auf der Uebertretung der Gebote ruhen, werden diese gehalten. Die Lust sie zu verletzen ist bei dem Einzelnen in irgend einem Zeitpunkte seines Lebens stets vorhanden. Kommt es nun dazu, dass bei vielen Individuen aus diesem oder jenem äusseren Grunde, das Streben sich bemerkbar macht, ein beliebiges im Staate giltiges Moralgesetz zu übertreten und in der

Folge aufzuheben, so wird sich ein Kampf mit den Mächten entspinnen, die aus praktischen Rücksichten das betreffende Gebot aufrecht erhalten wissen wollen. Im Verlaufe dieses Streites beschuldigen sich die Gegner wechselseitig der »>Unsittlichkeit und der Sieger endlich verkündet urbi et orbi mit klangvollen Posaunenstössen, dass er die >> Sittlichkeit wieder einmal gerettet habe. Man erinnere sich nur an die parlamentarischen Schlachten, welche in den verschiedenen europäischen Ländern allein um die Civilehe und die Ehescheidung geführt worden sind und noch geführt werden.

Es fehlt nicht an Stimmen, welche dem Manne allein Selbständigkeit auf sittlichem Gebiete zuweisen wollen, aber ihre Behauptungen schiessen dabei über's Ziel hinaus.

So sagt Eduard von Hartmann: 1) »Der Mangel an Rechtlichkeit und Gerechtigkeit macht das weibliche Geschlecht als Ganzes zu einem moralischen Parasiten des männlichen. Erst die männliche autonome Sittlichkeit ist der Grundstock, an dem die weibliche sich entfalten kann, und ohne die erstere würde es mit der autonomen Sittlichkeit in der Welt überhaupt schlimm bestellt sein. Auf der Grundlage der autonomen Vernunftmoral, die es dem männlichen Geschlecht entlehnt, entfaltet nun aber das weibliche den Blätter- und Blüthenschmuck seiner Gefühls- und Geschmacksmoral, und eilt in diesen beiden dem Manne fast ebenso weit vorauf, als es in der Vernunftmoral hinter ihm zurück bleibt. . . Das

1) Ed. v. Hartmann, Phänomenologie des sittlichen Bewusstseins. S. 526 ff.

Grundgerüst der Sittlichkeit ist beim Weibe viel mangelhafter entwickelt als beim Manne, wird aber durch reichere Entfaltung des sittlichen Gefühls- und Geschmackslebens ausgeglichen«.

>> Der Mann hat die autonome sittliche Selbständigkeit der Vernunftmoral voraus, aber sie bleibt wegen mangelhafter Auskleidung durch Gefühls- und Geschmacksmoral meist hart und ungefällig stehen, das Weib besitzt, was dem Manne fehlt, aber das Gerippe ist grösstentheils gefälscht (d. h. Pseudomoral). Es ist entweder nicht sein eigen, sondern entliehenes Gebein, d. h. Heteronomie, oder es ist moralisch übertünchter Egoismus. Das vollendete Menschenthum ist nicht auf der Seite eines Geschlechtes zu suchen, nur in der Vereinigung, polarischen Ergänzung und innigen Wechselwirkung zweier Individuen verschiedenen Geschlechtes wird durch dauerndes Ineinanderleben erstens eine Abschleifung der entgegengesetzten Einseitigkeiten und zweitens eine zusammengehörige Totalität erzeugt, aus welcher das Bild des vollendeten Menschenthums freilich nicht als individuelle Einzelexistenz, sondern als ideales Bild der sich ergänzenden Zusammengehörigkeit gegensätzlicher Typen hervorleuchtet. Da dieses völlige Ineinanderleben aber nur bei dauernder, unzertrennlicher Vereinigung möglich ist, so ist auch die Ehe die Vorbedingung für die gemeinsame Verwirklichung der Sittlichkeit in ihrer vollendeten Gestalt, und schon aus diesem Grunde würde die Beseitigung der Ehe die Realisirung der sittlichen Idee in nicht wieder gut zu machender Weise schädigen. Das weibliche Geschlecht würde, als der sittlich unselbständigere Theil

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