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des ganzen Volkes und Einzelner, Tapferkeit und Gerechtigkeit, Kunst und Wissenschaft, Geschlechts- und Freundesliebe und der ganze weite Inhalt des Privatlebens. Aus der wirklichen Gegenwart des Volkes- und Menschenlebens nahm die Phantasie den Inhalt und Stoff für die lebensund charaktervolle Anschauung der Götter, die als Vorsteher, Ordner und Lenker der Natur- und Menschenwelt erscheinen und diese nach ihren Hauptrichtungen vollständig repräsentiren.

Indem die olympischen Götter nicht mehr als personificirte Naturmächte erscheinen, sondern sich als die Genien des von ihnen beherrschten sittlichen Menschenlebens erweisen, sind die alten pelasgischen Götter durch die späteren olympischen besiegt, überwunden, ihrer Herrschaft über die Menschen beraubt. Die hellenische Mythe spricht ausdrücklich von einem Kampfe der alten und neuen Götter, der mit der Unterwerfung jener endigt; die neuen Götter sind nicht bloß der Zeit nach als die Späteren vorgestellt, sondern ihr Dasein und ihre Herrschaft ist ihre eigne That; Zeus hat die alten Götter besiegt und vom Throne gestürzt, und zwischen die alten und jüngeren Götter stellt die religiöse Anschauung in sinniger Weise die Heroen, die den neuen Göttern die alten Naturmächte besiegen helfen. Durch die That der Heroen tritt die neue Götterwelt hervor, aus dem Wesen der Heroen entwickelt sich das Wesen der olympischen Götter.

Der Kreis dieser olympischen Götter gruppirt sich nun aber in folgender übersichtlicher Ordnung: den Mittelpunkt bilden Zeus und Hera, als Drdner der Natur- und Menschenwelt; das allgemeine Wesen des Zeus spaltet sich nach drei besonderen Richtungen, indem die allgemeine Individualität des hellenischen Volksgeistes, gewissermaaßen der Genius des Volkes, in Apollo und Artemis gegenständlich angeschaut wird, das bürgerliche Gemeinwesen in Hestia, Demeter, Hephästos und Athene, und das Einzelleben der Menschen in Ares, Aphrodite und Dionysos zur Erschei

nung kommt, während Naturleben und Unterwelt einen besonderen Kreis für sich bilden, welchen Poseidon mit den Meeresgöttern, sowie Hades mit Persephone und Hermes be herrschen.

§. 101.

Der olympische Zeus mit Hera.

In dem olympischen Zeus schaute das religiöse Bewußtsein der Hellenen das göttliche Wesen als allgemeine, selbstbewußte Persönlichkeit, als freie und nach bestimmten Zwecken handelnde Macht an, als Vater der Götter und Menschen, der die übrigen olympischen Götter in ihre Aemter und Wirkungskreise eingewiesen hat, und dem als Gemahlin Hera zur Seite steht. Der altpelasgische Zeus ist, auf Kreta wiedergeboren, im Kreis der hellenischen Götterwelt zum olympischen Zeus verklärt; und die olympische Hera ist die, nach der gewöhnlichen Sage, auf der Insel Samos, dem Hauptorte des Heradienstes, wiedergeborene und seitdem in geistiger Verklärung auftretende große Mutter Erde, die jezt als das zur wohnlichen Heimath des Geistes gestaltete Erdenleben erscheint.

Im göttlichen Wesen und mythologischen Begriffe des Zeus und seiner Ehe mit Hera unterscheiden sich aber hauptsächlich drei besondere Lebensrichtungen. Er erscheint zunächst als freier Herr über die in geordneter Regelmäßigkeit auftretende Natur. In dieser Beziehung werden ihm die Attribute des Blizes und Donners, als Zeichen seiner Macht und seines göttlichen Waltens, beigelegt und ihm die Litanengötter der Vorzeit, die personificirten Naturmächte, dienend und helfend, als die ihm seine Waffen fertigten, zur Seite gestellt. Das ewige Gesetz der Welt zu vollziehen, die Ordnung und Regelmäßigkeit des Lebens aufrecht zu halten, ist das Amt und die Würde des Herr schers im Donnergewölk. Ihm gegenüber repräsentirte Hera die äußere Pracht des durch menschliche Zweckthätig

keit geordneten Erdenlebens, weßhalb der stolze Pfau ihr finnbildliches Attribut ist.

Sofern die Naturordnung die Grundlage und Bedingung des geordneten sittlichen Menschenlebens ist, waltet Zeus zweitens mit Hera, deren Vermählungsfest jährlich auf den Inseln Samos, Kreta und an anderen Orten Griechenlands gefeiert wurde, über dem Familienleben und Hauswesen. In dieser Beziehung heißt Zeus Herkeios und wird als der Vater der Chariten oder Grazien Thalia, Euphrosyne und Aglaja bezeichnet. Hera dagegen tritt in der Mythe als Hausfrau, nicht als Geliebte, auf und gilt als Muster griechischer Hausfrauen, als zänkisch und eifersüchtig auf ihre Rechte; wie denn die Ehe des Zeus und der Hera eben nur die griechische Anschauung von der Ehe, ihre rechtliche und bürgerliche Seite, nicht ihr tieferes ideales Wesen, darstellte.

Wie nun das Familienleben die bleibende Grundlage des sittlichen Lebens im Staat ist, so walten Zeus und Hera weiterhin auch über dem geordneten bürgerlichen Gemeinwesen, als dessen Gründerin und Vorsteherin Hera vorzüglich von den Argivern als Schußgöttin verehrt und mit Schild und Lanze bewaffnet vorgestellt wurde, während Zeus in dieser Beziehung als über dem Städteleben, über dem Rechte der Könige, über der Heiligkeit der Gastfreundschaft, des Eides und über der Wahrung der Gerech= tigkeit waltend gedacht wurde. Darum zeugt, nach der Mythe, Zeus mit der Litanin Themis (§. 95 und 99) die Schicksalsgöttinnen oder Moiren Klotho, Lachesis und Atropos, welche den Lebensfaden der Menschen spinnen, so daß Klotho beginnet, Lachesis spinnet, Atropos den Faden entzwei schneidet. Ferner zeugte Zeus in diesem Zusammenhange mit der Themis, der Göttin der Gerechtigkeit, die Horen, die die Thore des Himmels öffnen und schließen, nämlich Dike, die Göttin des strengen Rechtes, Eunomia, die Göttin der geseßlichen Ordnung, und Eirene, die Göttin des bürgerlichen Friedens.

§. 102.

Die Götter des hellenischen Volksgeistes.

An Bedeutung stehen dem Zeus und der Hera zunächst die Kinder des Zeus und der Latona oder Leto, das Geschwisterpaar Apollo und Artemis zur Seite, deren Mythen sich vorwaltend auf die geschichtliche Entwickelung des zum Ideale der Schönheit aufstrebenden hellenischen Volkslebens beziehen. Sie sind die eigentlichen göttlichen Repräsentanten des hellenischen Volksgeistes in seiner höchsten und schönsten Ausbildung, der frischen Jugendkraft und Schönheit des ganzen griechischen Lebens.

Die jungfräuliche, stets jugendliche Schwester Apollo's, die olympische Artemis, trägt das Bild des Mondes, der stillen, sanften Mondscheinnacht auf der Stirne; sie steht dem aus ehelicher Keuschheit und Reinheit erwachsenden fruchtbaren Kindersegen der Ehe vor und macht die Jugend gedeihen, indem sie dem Staate und der Geschichte des Volkes Männer erzieht. Darum ist sie die Freundin der Jagd, als die jugendliche Kraft darstellend und den Körper stärkend; sie tödtet das Wild, zum Zeichen, daß der Mensch die Natur sich unterthan macht. Aber die Kraft und Schönheit der Jugend ist vergänglich, nur die Gattung blüht in ewiger Jugend; darum bringen die Pfeile der Artemis heiteren und sanften Tod den Frauen, wie die Pfeile ihres göttlichen Bruders den Männern, und es senden die Kinder der Latona den Menschen auch Krankheit und Tod.

Aber Apollo gibt dem Hellenen auch Heilkraft, nicht bloß für den leiblichen Tod und leibliche Krankheit, sondern auch für den geistigen Tod durch Tugend, Vaterlandsliebe und sittliche That, die in der Geschichte fortlebt. Und wegen dieser seiner reinen und heiligenden Kraft heißt er auch Phoibos, und als seinen Sohn bezeichnet die Mythe den Gott der Heilkunde, Asklepios. Auf der Insel Delos, wo Latona, von der rachsüchtigen und eifersüchtigen Hera verfolgt, Ruhe gefunden hatte, um ihre Kinder zu gebären,

Das Buch der Religion. I.

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wobei ihr als Geburtshelferin Eileithyia zu Hülfe kam, baute Apollo zuerst einen Tempel, der seitdem der Hauptmittelpunkt des Apollodienstes ward, indem auch hier zwischen den benachbarten Inseln eine Amphiktyonie zum Schuße des apollinischen Heiligthumes und zur Sicherheit des friedlichen Handelsverkehrs und der Schiffahrt bestand.

Durch das delphische Drakel und dessen mächtigen Einfluß auf ganz Griechenland wurde Apollo der Genius und göttliche Lenker des hellenischen Staatenlebens, dessen Wesen sich auf das zu seinem weltgeschichtlichen Ideale sich entwickelnde hellenische Volksleben bezog. Er erscheint zugleich eben deßhalb als der wissende Gott; die in dem Wesen seiner Mutter Latona mythisch angeschaute dunkle Verbor genheit des natürlichen Erdenlebens unter den Griechen der vorhellenischen Zeit entfaltet sich durch den Geist Apollo's zum hellen Tageslichte des Bewußtseins. Die von Zeus dem göttlichen Sohne verliehene Weissagung rührt nicht aus der allgemeinen Naturmacht her, sondern aus dem in dividuellen Aufschwunge des geistigen Lebens. Darum hängt auch die Poesie mit dem Wesen Apollo's zusammen und es treten die Musen mit Apollo in Verbindung, denen es oblag, im Dienste des delphischen Gottes das Gedächtniß der Götter- und Menschenthaten auf die Nachwelt zu bringen und dem hellenischen Volksgeist seine Unsterblichkeit und ewige Jugend in der Geschichte zu sichern.

Die Musen werden aber als Töchter des Zeus und der Mnemosyne, d. h. des Gedächtnisses, bezeichnet. Es sind ihrer neun, deren Namen bereits Homer und Hesiod kennen, nämlich: Klio, Euterpe, Thalia, Melpomene, Terpsichore, Erato, Polymnia, Urania, Kalliope. Die Vertheilung der bestimmten Aemter unter die Musen ist dagegen erst in der alexandrinischen Zeit entstanden.

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