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die Länder ziehenden und den Weinbau lehrenden Dionysos auf, worin sich die Bedeutung seines Wesens charakteristisch wiederspiegelt. Er ist die Verherrlichung der üppigen Kraft und Fülle des Naturlebens, dessen Reichthum über das menschliche Gemüth eine begeisternde und fortreißende Gewalt ausübt.

§. 105.

Die Götter des Naturlebens und der Unterwelt.

Schon in ältester pelasgischer Zeit erscheint mit der Erdmutter Gäa Poseidon als Mitverwalter des delphischen Orakels. Auch als Beherrscher der Wassermacht ge= hört er seinem Wesen nach in den Kreis des Erdenlebens. Der Bruder des olympischen Zeus, Vater Poseidon, erscheint in der mythischen Vorstellung der Hellenen als MeerZeus, als der das Meer und die Gewässer mit freier Macht beherrschende Gott. Er hält die Erde zusammen, daß sie fest und sicher ruht, und erschüttert sie zugleich durch Erdbeben. Dazu dient ihm der Dreizack, das Sinnbild seiner Macht. Auf der corinthischen Landenge hatte er seinen berühmtesten Tempel, wo ihm zu Ehren die isthmischen Festspiele gefeiert wurden.

Die Mythe erzählt von einem Streite des Poseidon mit Athena um den Besitz und die Schußherrlichkeit der Landschaft Attika und ihrer Hauptstadt Athen, worin wahrscheinlich das Schwanken des athenischen Lebens zwischen See- und Ackerbauleben in mythischer Vorstellung angedeutet ist. Die attische Mythe macht Poseidon zum Schöpfer und Bändiger des Rosses, um die ihm zustehende und durch ihn repräsentirte Herrschaft des selbstbewußten Geistes über das wilde Naturelement anzudeuten. Auch als Gott der Fruchtbarkeit von Weideplähen und Saatfeldern, weil diese durch Bewässerung befördert wird, gilt Poseidon und beziehen sich darauf viele seiner Beinamen.

Seine Gemahlin ist Amphitrite, die Tochter des großen

Stromes Okeanos, der nach der mythischen Vorstellung der Griechen rings die Erde umgibt. Mit ihr und anderen Geliebten hatte Poseidon viele Kinder, welche aber alle als wilde und ruchlose Wesen erscheinen und so den Charakter des wilden und wüsten Elementes an sich tragen. Die zahllosen Töchter des Okeanos, der die ungeordneten Gewässer bezeichnet, und. die Löchter des Nereus stehen als niedere Meeresgottheiten unter der Herrschaft Poseidon's.

Während das Meer als der Wohnsit des Poseidon und die Höhen des thessalischen Berges Olympos oberhalb der bewohnten Erde als der Sit und die Wohnung der das sichtbare Menschenleben beherrschenden olympischen Götter im einfach - kindlichen Bewußtsein der Griechen galt, erscheint in ihrer Vorstellung als der unter der Erdoberfläche, im unterirdischen Reiche oder im Tartaros, dem Lodtenreiche waltende Gott, Aides oder Hades, der unterirdische Zeus, des Olympiers Bruder, der auch Pluton genannt wird, d. h. der Reiche, der Alles in sich aufnimmt, Alles zu sich zieht. Er herrscht über die Schatten und fordert den verstorbenen Menschen mit harter, unbeugsamer Strenge Rechenschaft über ihr Thun während ihres irdischen Lebens, ab, wobei ihm die drei Todtenrichter Minos, Aeakus und Rhadamanthus zur Seite stehen.

In den Hades oder das Reich der Schatten, die Unterwelt, versette das mythische Bewußtsein der Griechen auch die Wohnung der Erinnyen, nämlich der Alekto, Lisiphone und Megära, welche von der Moira, dem allwaltenden Schicksal, ihr Amt hatten, als rächende und strafende Gottheiten, Fluch und Verderben bringend, überall da aufzutreten, wo ihre Rechte, d. h. die von der Natur und dem Schicksal eingeseßte allgemeine Ordnung des Lebens, verlegt war, insbesondere bei Vater, Mutter- oder Verwandtenmord; wie sie z. B. den Muttermörder Orestes verfolgten, bis die Versöhnung seines Frevels durch die Götter selbst ausgesprochen ward. Dagegen spenden sie Heil und Segen, wenn sie versöhnt sind. In ihrer ursprüng

lichen Gestalt, als titanische Gottheiten, entweder von der Erde oder von der Nacht oder vom Tartaros geboren vorgestellt, waren sie die gespensterhaften Rachegeister der in den Hades hinabgestiegenen Gemordeten selbst, in personificirter Anschauung als besondere jenseitige Wesen heraus, gestellt, die in der hellenischen Zeit zu lebensvolleren Gestalten ausgebildet wurden.

Die Tochter der Demeter und des Poseidon, nach anderen Sagen des Zeus, war Persephone, auch Persephassa, Kora, Despoina genannt. Sie bezieht sich in ihrem göttlichen Wesen und Leben nicht, wie ihre Mutter, auf das auf der Erdoberfläche waltende göttliche Leben der Natur, sondern auf das Dunkle und Verborgene der Erde, woran sich ihre weitere und zwar Hauptbeziehung zum Tod und zur Unterwelt knüpft, in welcher sie als Gemahlin des Pluto, der sie einst als Mädchen von der Oberwelt weggeführt hatte, herrscht und ein Drittheil des Jahres, die Winterszeit, bei ihrem unterirdischen Gemahle zubringen mußte, während sie im Frühling auf die Oberwelt zurückkehrte. Als Beherr scherin des Todtenreichs mildert sie das Schreckliche und Furchtbare des Todes, indem sie den Zusammenhang zwischen Demeter und Hades, d. h. zwischen Ober- und Unterwelt, Leben und Tod im Bewußtsein des griechischen Volkes darstellt.

Derjenige Gott, welcher sie im Frühling zur Oberwelt abholt und beim Beginne des Winters wieder zurückbringt, ist Hermes, der immer gerüstete Bote der Götter, der überhaupt den Verkehr der Götter untereinander und mit den Menschen vermittelt. Dieses allgemeine göttliche Wesen des Hermes hat sich dann nach zwei Seiten weiter entwickelt, indem derselbe einmal als der Vorsteher des indi viduellen Menschenverkehrs gilt und in dieser Rücksicht namentlich als der Gott der liftigen und nöthigenfalls auch betrügerisch - schlauen Klugheit, der Gott der Lüge und des Betrugs, des Handels und Wandels, der Geber des Gewinnes erscheint. Doch ist Hermes in dieser Gestalt in

der mythischen Anschauung der Hellenen eine mehr untergeordnete Gestalt.

Sein Hauptgeschäft ist, daß er als Todesgott und Seelenführer der Menschen auftritt, als solcher mit seinem einschläfernden Stabe den Sterblichen die Augen schließt und die Gestorbenen zum Tode geleitet. In dieser Eigenschaft als der die Oberwelt und den Olymp mit dem Hades und der Schattenwelt verbindende Gott, wird Hermes mit den Beherrschern der leßteren, Aïdes und Persephone, zusammen angerufen. In dieser Beziehung auf sein Hauptgeschäft hat Hermes auch die Weisssagung der Moiren, d. h. die Weissagung des individuellen Lebensgeschickes, im Unterschied von der auf das allgemeine geschichtliche Leben sich beziehenden Weissagung Apollo's, überkommen.

§. 106.

Die Einheit der hellenischen Götter.

Ihre allgemeine Einheit haben alle diese Götter in der Uebereinstimmung ihres göttlichen Wesens, das eben nur das abgebildete menschliche Wesen der Griechen selbst ist. Sie handeln ganz in menschlicher Weise, nach freier Willkür ihrer Individualität gemäß, wonach sie sich auch in ihre Aemter und Geschäftskreise getheilt haben, deren jeder des einzelnen Gottes Geschick und göttliches Theil ist, das doch aber auch wieder willkürlichen Veränderungen unterworfen ist. Obgleich vom Schicksal und der allgemeinen Nothwendigkeit der Welt beherrscht, sind den Göttern doch auch wie der die Schicksalsschlüsse nicht bekannt, wie z. B. dem Zeus die Weissagung über sein eignes Schicksal.

Im Uebrigen bindet sie, wie die Menschen, eine Naturnothwendigkeit, wie eine sittliche Macht. Der Eid, den sie beim Styr schwören, einem Flusse in der Unterwelt, ist für alle Götter ein Zwang. Im Ganzen schüßen sie das Gute, hassen Böses und Ungerechtigkeit, nehmen es aber in einzelnen Fällen mit Lügen und Betrug nicht so genau,

verleiten sogar, um höhere Beschlüsse in Ausführung zu bringen, die Menschen zum Eidbruche. Dabei bestrafen fie nichts mehr, als wenn gegen ihre göttliche Würde und Person gefehlt und gefrevelt wird. Uebermuth und Ueberhebung gegen die Götter gilt als das größte Verbrechen. Doch ist es auf der anderen Seite auch wieder leicht, sie mit Gaben zu besänftigen und zu versöhnen.

Alle diese Darstellungen sind, wie sich auf dem ganzen Standpunkte des mythologischen Bewußtseins von selbst versteht, als mythologische Anschauungsweise zu verstehen, d. h. was hier von dem Wesen der Götter gilt, ist nichts weiter, als ein unbewußtes und unwillkürliches Uebertragen des eignen menschlichen Wesens auf die außerhalb des Bewußtseins gegenständlich angeschauten Gestalten des religiösen Innenlebens und der religiösen Gesinnung selbst, so daß auch hier wieder an das Wort des Dichters zu erinnern ist: in seinen Göttern malet sich der Mensch.

Die hellenischen Götter führen untereinander ein ganz menschenähnliches Leben und haben eine ordentliche Staatsverfassung, die das Abbild menschlicher Einrichtungen ist. Unter dem Vorsiße des Zeus halten sie Versammlungen, reden aber unter sich eine eigne Sprache. Sie haben ein leichtes, müheloses Leben und sind unsterblich. Ueberhaupt schon von menschenähnlicher Gestalt, nehmen sie im Verkehr mit Menschen nicht selten auch die gewöhnliche Menschengestalt an; in ihrer eignen Gestalt dagegen lassen sie sich nur in besonderen Fällen und bei besonderer Vergünstigung sehen. Wollen sie sich unsichtbar machen, so verhüllen sie sich in dichte, undurchsichtige Luft. Ihre Kräfte sind zwar übermenschlich, aber nicht unendlich; auch ihnen werden Anstrengungen schwer. Auf gefährlichen Wegen oder zur Pracht bedienen sie sich der mit Rossen bespannten Wagen.

Ist die allgemeine Einheit der Götter schon in der mythologischen Anschauung selbst in der persönlichen Gestalt des Zeus, als Vaters der Götter und Menschen, für das religiöse Bewußtsein gegenständlich geworden, so ver

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