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Fünftes Kapitel.

Das Christenthum des katholischen Mittelalters.

§. 39.

Die christlich germanische Welt.

Während das griechisch - orientalische Christenthum durch

die mit unendlicher, bisher unerhörter Macht religiöser Begeisterung auftretende Religion Muhammed's überwunden wurde, trat im christlichen Abendlande der Boden des jugendlichen germanischen Völkerlebens in den Vordergrund, auf welchem der christliche Geist erst seinen ganzen Lebensreichthum und seine volle Energie offenbaren konnte. Der urkräftige Drang tiefer Gemüthsinnerlichkeit, die Anlage zum Insichgehen, in Verbindung mit einer freien und bildungskräftigen Persönlichkeit eigneten dem germanischen Geiste schon in seiner naturwüchsigen Entwickelung vor dem Eindringen der christlichen Bildung.

Indem die Germanen das römische Weltreich zertrümmern, tritt der Norden Europa's in die Geschichte ein. Die Germanen waren das neue Weltvolk, das von jezt an auf der Bühne der Weltgeschichte sich bewegt. Die germanische Individualität ging nicht, wie die römische, im Staate auf, sondern im Gefühle des unendlichen Werthes der Individualität stellt sich der Einzelne auf sich selbst und entfaltet neben der Naturtugend gewaltiger Lapferkeit große sittliche Tugenden des Familienlebens und der Freundschaft. Mit dem Aufnehmen und Verarbeiten der ganzen reifen Bildung fremder Völker vollzog sich bei den Germanen auch die Aufnahme, Aneignung und selbständige Verarbeitung des christlichen Geistes, dessen weltüberwindende ethische

Tiefe den germanischen Völkern eine dem Alterthum fremde geschichtliche Entwickelungsfähigkeit gab.

Die weltgeschichtliche Aufgabe der Germanen, die Träger der Fortbildung des Christenthums zu werden und mit der Ueberwindung des Alterthums zugleich das aus dem Geiste des Christenthums hervorgehende neue weltgeschichtliche Leben allseitig zu verwirklichen, diese Aufgabe konnte sich nur durch einen gewaltigen Zusammenstoß der ganzen Geschichte vollführen. Dieß geschah in der Völkerwande rung, durch welche die längst innerlich vollzogene Zertrüm merung der alten Welt zu einer wirklichen politischen That sache wurde. Das ordnende, Staaten bildende und befesti gende Element in dieser gährenden Bewegung der sich drängenden Völkermassen waren eben die Germanen. Die Römer hatten die Macht der nordischen Barbaren zurückdrängen wollen; innere Barbarei kämpfte mit äußerer; die lettere, stark durch naturwüchsige Kraft und Bildungsfähigkeit, trug den Sieg davon.

Die Elemente, welche aus der chaotischen Gährung dieser Zeit der Völkerwanderung zu einer neuen staatlichgeschichtlichen Lebensform zusammengingen, waren die Bildung der römischen Welt, die germanische Naturkraft und die christliche Kirche; und der Genius, welcher dieselben in seiner Persönlichkeit zusammenschloß und durch eine große That vereinigte, war kein anderer, als Karl der Große, durch welchen der Schauplatz der geschichtlichen Bewegung in's Abendland verlegt wurde, während das byzantinische Reich und die Kirche des Morgenlandes ihre Bedeutung verlieren. Die zerstörte Welteinheit wurde durch Karl's des Großen Schöpfung wieder hergestellt.

Die auf römischem Boden gebildeten Staaten gingen in der durch blutige Kämpfe vorbereiteten und geschaffenen fränkischen Monarchie, der Fortsehung des römischen Kai serreiches, zur Einheit zusammen. Durch den lockeren Verband des Lehenwesens wurde das germanische Römerreich zusammengehalten und in die rohen Naturelemente der ger

manischen Volksthümlichkeit die Keime des neuen geistigen Lebens eingepflanzt, dessen Gliederung und Organisation von Rom ausging. Der römische Bischof ward zum Papst und durch den Besit des Kirchenstaates zum weltlichen Fürsten.

Kaiserthum und Papstthum, weltlicher und geistlicher Staat waren die zwei Lebenskreise mit persönlichen Mittelpunkten, um deren Geschichte sich die Entwickelung des Mittelalters drehte, nationale und kirchliche Einheit die Ideen, die das Mittelalter erfüllten; keins von beiden konnte ohne das andere gedeihen, aber beide kamen nicht zur organischen Durchdringung, sondern nur zum Kampf und zur Entgegensetzung. Der Kaiser war ebenso von der Macht der Fürsten, wie der Papst von der Macht der Kirche getragen. Statt die Welt zu durchdringen, verstand es die Kirche nur, die Welt zu beherrschen und zu unterjochen, wenngleich zur Erziehung und Bändigung der barbarischen Natur die harte Zucht der Kirche gerechtfertigt erscheint. Die Kirche bedurfte der Welt, wie die Welt innerlich an die Kirche gebunden war.

§. 40.

Die christlich-germanische Wissenschaft Scotus Erigena.

Ueber die todte und nüchterne Gelehrsamkeit spanischer und britischer Mönche, welche in unfruchtbaren Streitigkeiten das Wort führten, ragte im neunten Jahrhundert als ein Stern erster Größe am Himmel der christlich-germanischen . Wissenschaft Johannes Scotus Erigena hervor, welcher am Hofe Karl's des Kahlen in Paris lebte und den ersten tiefsinnigen Versuch machte, die christliche Wissenschaft aus der Tiefe des germanischen Geistes systematisch aufzubauen.

Er war der erste germanische Kirchenlehrer, welcher den Gedanken der wesentlichen Einheit des Glaubens und des Wissens, der Religion und der Philosophie zum Ausgangspunkt seiner Speculation über das Christenthum Das Buch der Religion. II.

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machte. Vernunft und kirchliche Autorität gehen, nach Erigena, aus einer und derselben Quelle, der göttlichen Weisheit oder dem Logos, hervor, können also auch nicht wesentlich auseinandergehen oder zu entgegengesetzten Re sultaten führen; die wahre Autorität ist ihm die durch die Vernunft gewonnene und von den Vätern der Kirche histo risch überlieferte göttliche Wahrheit; die Autorität der Schrift geht aus der Vernunft als aus ihrem Grunde hervor.

Die Grundgedanken der religiösen Speculation des Erigena, in welcher die Keime der ganzen mittelalterlichen Wissenschaft enthalten sind, sind folgende.

Das göttliche Wesen, als der Urgrund aller Dinge, ist an und für sich ewig dem endlichen Verstande unerreich bar; nur nach seiner Offenbarung ist er der Anschauung und Erkenntniß zugänglich. In jener seiner einfachen Ver borgenheit ist Gott ohne alle Eigenschaften und nähere Be stimmungen seines Wesens, und es kann weder gesagt wer den, daß er Vernunft, noch Wissen, noch Liebe sei, noch ist auf ihn der Begriff der Einheit und der des Seins anwendbar; in seiner Erhabenheit über den Beziehungen der endlichen Welt weiß er nicht, was er ist und daß er ist, sondern ist dem Nichts gleich.

Gott ist aber in Wahrheit nicht über und außer seiner Offenbarung in der Welt und getrennt von derselben zu denken, sondern in Einheit mit der Welt; er ist in Allem und ist das Wesen von Allem, und was wahrhaft in den endlichen Dingen ist, das ist Gott in ihnen, der nur in und mit der Schöpfung, nicht ohne dieselbe wirklich sein konnte. Schöpfung und Schöpfer sind nicht getrennt vor zustellen, sondern als eins und dasselbe. Diese Einheit des Schöpfers und der Schöpfung, Gottes und der Welt bezeichnet Scotus Erigena, in seinem berühmten Werke „über die Eintheilung der Natur", als die Natur, d. h. das allumfassende Dasein und Leben. Diese kann nach verschie denen Seiten betrachtet werden, zunächst als eine solche,

welche schafft und nicht geschaffen wird (Gott), dann als eine solche, welche schafft und geschaffen wird (der Logos, das göttliche Wort oder der ewige Sohn Gottes); drittens als eine solche, welche geschaffen wird und nicht schafft (die Vielheit der Dinge), und endlich als eine solche, welche nicht geschaffen wird und nicht schafft (Gott als das Endziel der Welt, in welches alle Dinge wieder zurückgehen). In Allem, was eristirt, kommt Gott zur Erscheinung, die Welt ist eine Theophanie oder Gotteserscheinung.

Die kirchliche Lehre und Auffassung der göttlichen Trinität kennt Erigena nicht; er sagt vielmehr abweichend von der Kirchenlehre: der Geist geht vom Vater durch den Sohn aus, und ferner: der Sohn wird vom heiligen Geist durch den Vater geboren. Die göttliche Trinität ist für Erigena kein außer und überweltliches, jenseitiges Verhältniß, sondern kommt nur in der Welt zur Erscheinung. Der symbolische Ausdruck Vater bezeichnet ihm das ewige ungeschaffene und schaffende Wesen; als schaffendes Wesen, fchaffende Weisheit heißt ihm Gott der Logos oder Sohn Gottes, als in welchem die ewigen göttlichen Gedanken entfaltet sind, um dann endlich durch den Geist in die einzelne Erscheinung zu treten. Der Sohn Gottes oder der Logos ist die lebendige Mitte der Welt und in ihm hat alles sichtbare Dasein, das Universum, seinen Bestand. Dic ewige Gegenwart des göttlichen Wesens in der Welt ist die Theilnahme der geschaffenen Dinge an der göttlichen Vorsehung.

Gott wird Alles in Allem sein, wann nichts mehr sein wird, als Gott allein, wann Alles Gott sein wird. Wie die endliche Welt aus der ursprünglichen Einheit in Gott hervorgegangen ist, so werden alle geschaffenen Wesen wieder in ihren Ursprung zurückkehren. In Bezug auf den Menschen unterscheidet Erigena den endlichen, erscheinenden Menschen vom ewigen, urbildlichen Menschen, als welcher die Wirklichkeit des Logos ist, der Inbegriff und Schluß der Schöpfung, in welchem Alles geschaffen ist. Dieser

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