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Erste Nacht.

Im Im Vorzimmer fand Maximilian den Arzt, wie er eben seine schwarzen Handschuhe anzog. Ich bin sehr pressiert, rief ihm Dieser hastig entgegen. Signora Maria hat den ganzen Tag nicht geschlafen, und nur in diesem Augenblick ist sie ein wenig eingeschlummert. Ich brauche Ihnen nicht zu empfehlen, sie durch kein Geräusch zu wecken; und wenn sie erwacht, darf sie bei Leibe nicht reden. Sie muss ruhig liegen, darf sich nicht rühren, nicht im mindesten bewegen, darf nicht reden, und nur geistige Bewegung ist ihr heilsam. Bitte, erzählen Sie ihr wieder allerlei närrische Geschichten, so dass sie ruhig zuhören muss.

Seien Sie unbesorgt, Doktor, erwiderte Maximilian mit einem wehmüthigen Lächeln. Ich habe

mich schon ganz zum Schwäter ausgebildet und lasse sie nicht zu Worte kommen. Und ich will ihr schon genug phantastisches Zeug erzählen, so viel Sie nur begehren . . . Aber wie lange wird sie noch leben können?

Ich bin sehr pressiert, antwortete der Arzt und entwischte.

Die schwarze Deborah, feinöhrig wie sie ist, hatte schon am Tritte den Ankommenden erkannt, und öffnete ihm leise die Thüre. Auf seinen Wink verließ sie eben so leise das Gemach, und Marimilian befand sich allein bei seiner Freundin. Nur dämmernd war das Zimmer von einer einzigen Lampe erhellt. Diese warf dann und wann halb furchtsame, halb neugierige Lichter über das Antlig der kranken Frau, welche ganz angekleidet in weißem Musselin auf einem grünseidnen Sofa hingestreckt lag und ruhig schlief.

Schweigend, mit verschränkten Armen, stand Maximilian einige Zeit vor der Schlafenden und betrachtete die schönen Glieder, die das leichte Gewand mehr offenbarte als verhüllte, und jedesmal, wenn die Lampe einen Lichtstreif über das blasse Antlig warf, erbebte sein Herz. Um Gott! sprach er leise vor sich hin, was ist Das? Welche Erinnerung wird in mir wach? Sa, jezt weiß ich's.

Dieses weiße Bild auf dem grünen Grunde, ja, jezt . . .

In diesem Augenblick erwachte die Kranke, und wie aus der Tiefe eines Traumes hervorschauend, blickten auf den Freund die sanften, dunkelblauen Augen, fragend, bittend. . . An was dachten Sie eben, Maximilian? sprach sie mit jener schauerlich weichen Stimme, wie sie bei Lungenkranken gefunden wird, und worin wir zugleich das Lallen eines Kindes, das Zwitschern eines Vogels und das Geröchel eines Sterbenden zu vernehmen glauben. An was dachten sie eben, Maximilian ? wiederholte sie nochmals und erhob sich so hastig in die Höhe, dass die langen Locken wie aufgeschreckte Goldschlangen ihr Haupt umringelten.

Um Gott! rief Maximilian, indem er sie sanft wieder aufs Sopha niederdrückte, bleiben Sie ruhig liegen, sprechen Sie nicht; ich will Ihnen Alles sagen, Alles was ich denke, was ich empfinde, ja was ich nicht einmal selber weiß!

In der That, fuhr er fort, ich weiß nicht genau, was ich eben dachte und fühlte. Bilder aus der Kindheit zogen mir dämmernd durch den Sinn, ich dachte an das Schloss meiner Mutter, an den wüsten Garten dort, an die schöne Marmorstatue, die im grünen Grase lag... Ich habe

„das Schloss meiner Mutter" gesagt, aber ich bitte Sie, bei Leibe, denken Sie sich darunter nichts Prächtiges und Herrliches! An diese Benennung habe ich mich nun einmal gewöhnt; mein Vater legte immer einen ganz besonderen Ausdruck auf die Worte „das Schloss!" und er lächelte dabei immer so eigenthümlich. Die Bedeutung dieses Lächelns begriff ich erst später, als ich, ein etwa zwölfjähriges Bübchen, mit meiner Mutter nach dem Schlosse reiste. Es war meine erste Reise. Wir fuhren den ganzen Tag durch einen dicken Wald, dessen dunkle Schauer mir immer unvergesslich bleiben, und erst gegen Abend hielten wir still vor einer langen Querstange, die uns von einer großen Wiese trennte. Wir mussten fast eine halbe Stunde warten, ehe aus der nahegelegenen Lehmhütte der Junge kam, der die Sperre wegschob und uns einließ. Ich sage „der Sunge," weil die alte Marthe ihren vierzigjährigen Neffen noch immer den Sungen nannte; Dieser hatte, um die gnädige Herrschaft würdig zu empfangen, das alte Livree= kleid seines verstorbenen Oheims angezogen, und da er es vorher ein bischen ausstäuben musste, ließ er uns so lange warten. Hätte man ihm Zeit ge= lassen, würde er auch Strümpfe angezogen haben; die langen, nackten, rothen Beine stachen aber nicht

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sehr ab von dem grellen Scharlachrock. Ob er darunter eine Hose trug, weiß ich nicht mehr. Unser Bedienter, der Sohann, der ebenfalls die Benennung Schloss" oft vernommen, machte ein sehr verwundertes Gesicht, als der Junge uns zu dem kleinen gebrochenen Gebäude führte, wo der selige Herr gewohnt. Er ward aber schier bestürzt, als meine Mutter ihm befahl, die Betten hineinzubringen. Wie konnte er ahnen, dass auf dem „Schlosse“ keine Betten befindlich! und die Ordre meiner Mutter, dass er Bettung für uns mitnehmen solle, hatte er entweder ganz überhört oder als überflüssige Mühe unbeachtet gelassen.

Das kleine Haus, das, nur eine Etage hoch, in seinen besten Zeiten höchstens fünf bewohnbare Zimmer enthalten, war ein kummervolles Bild der Vergänglichkeit. Zerschlagene Möbeln, zerfette Tapeten, keine einzige Fensterscheibe ganz verschont, hie und da der Fußboden aufgerissen, überall die hässlichen Spuren der übermüthigsten Soldatenwirthschaft. „Die Einquartierung hat sich immer bei uns sehr amüsiert," sagte der Junge mit einem blödsinnigen Lächeln. Die Mutter aber winkte, dass wir sie allein lassen möchten, und während der Junge mit Johann sich beschäftigte, ging ich den Garten besehen. Dieser bot ebenfalls den trost

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