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den, meine Geister so willfahrend, daß ich vor dem Gedanken, Jemand etwas abzuschlagen, wie vor einem Verbrechen zusammenschauere“ .. Trog alledem hält er die dargebotene Rettungshand des alten Freundes nicht fest, der ihn mit aller Gewalt aus diesen lähmenden Beziehungen herausreißen, ihn wieder in die Heimath zurückführen möchte.

Arift. Ich rathe Euch Vetter, kommt mit mir. Die Gelegenheit kommt nicht wieder, und Euer Vater ist sehr aufgebracht

Strephon. Schonet meiner!

Arift. Ich darf Eurer nicht schonen. Es sind schon acht Jahre, daß Ihr ihn nicht gesehen habt, daß Ihr so umherirrt und Euren nichtswürdigen Grillen folgt

Strephon. Vetter, das ftille Land der Todten ist mir so fürchterlich und öde nicht, als mein Vaterland. Sogar im Traum, wenn Wallungen des Blutes mir recht angsthafte Bilder vor's Gesicht bringen wollen, so deucht mich's, ich sehe mein Vaterland.

Der Dichter ist ganz in dem Falle des Helden, der ja nur seinen eigenen Gemüthszustand zurückspiegelt. Auch ihm graute nach allen seinen Irrfahrten vor dem Gedanken der Heimkehr; seine Welt hat er in der Fremde nicht gefunden, aber das Idyll der Kindheit für immer verloren; die Erinnerung an die Heimath, an den zürnenden Vater war ihm wie eine Gewissensstimme. Mit künstlicher Fassung rafft Strephon sich auf, als Arist immer dringender zur Abreise nöthigt; jegt findet er sogar die Freunde, die ihn aussaugen, erträglich. „Im Grunde", sagt er, vermehrt doch jeder dieser Leute meine innere Consistenz durch das, was er mir entzieht. Ich suche dann nach in

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mir, ob ich nicht noch etwas habe, das sie mir nicht entziehen können, und das giebt mir einen gewissen Stolz, der mich über sie hinaussegt, und mein Herz wieder ruhig macht."

Der wahre Grund aber, der seinen Fuß an die Stelle festbannt, ist eine unglückliche, schwärmerische Liebe, von der wahrsten Weihe der Empfindung, aber ebenso von jener übersensiblen, frankhaften Innerlichfeit der Leidenschaft, die sich in sich selber quält und verzehrt. Wie Strephon Seraphinen liebt, so muß der Dichter wohl selbst geliebt haben; seine Lyrik weist ähnliche Sympteme überreiztester Erregtheit auf. Strephon fühlt das ganze Gewicht seiner unglückseligen Bestimmung. Leidenschaft hätte er genug in der Brust, das Höchste zu wünschen, und doch zu wenig Muth und Kraft, was Anderes, als der Sclave seiner Dame zu sein. Was er empfindet und verschweigt, plaudert ihr mit hohler Beredtsamkeit ein Geck vor; sein höchstes Gefühl bleibt stumm. Die beobachtende, philosophisch reflectirende Haltung, die er bisher im Leben einge= nommen, die Gewohnheit, sich den Freunden dienstfertig zu subordiniren, hat ihm auch den Muth, die wagende Zuversicht in der Liebe benommen. Selbst da, als ihm die Gewißheit voller Gegenneigung zu Theil wird, ist er eher geneigt sich der schmerzlichen Wollust der Resignation hinzugeben, als sich zum Entschlusse des freudigen Besiges und Genusses aufzu= raffen. Er, der sich zulegt selbst den Weg zu seinem Glücke abgeschnitten, ist schon im Begriffe, einen tollen Entschluß der Verzweiflung auszuführen

Bayer: Von Gottsched bis Schiller. II.

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da erreicht

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freilich

er am Ende doch das Ziel seiner Wünsche durch ein echt Lenz'sche Excentricität, die nur an dem ursprünglichen Schluß von Göthe's Stella ein analoges Seitenstück findet.

Wenn dieses Stück noch das Bild von dem Gemüthszustande des Dichters wie in einem dunklen, aber rein geschliffenen Spiegel auffängt, so wird im „Engländer" der widerspiegelnde Strahl vollends zur Flamme; wir sehen da nicht mehr in ein Bild, nur in heiße wildlodernde Glut. Die träumerische Schwermuth, das trübfinnig dumpfe Hinbrüten, welches die vorherrschende Stimmung Strephons ist, hat bei dem neuen Helden einer fieberischen Exaltation des Affects Plag gemacht, die bei solcher Ueberspan= nung aller Gemüthskräfte nur in Wahnsinn oder Tod enden kann. Das Stück ist nur Entwurf und Skizze; dem Dichter, in dessen Innern selbst es so mächtig tobte und stürmte, schien bereits jede Ruhe zur Ausführung und Gestaltung zu mangeln. Nicht anders als begreiflich: Die Nachwirkung der Leidenschaft für die Baronesse Adelaide von Waldner, die trostlose Verbannung aus ihrer Nähe nach seiner Ausweisung von Weimar begannen damals schon ihre zerstörende Wirkung in Lenzens Gemüthe.

Wenn Seraphine dem Stande nach schon hoch über Strephon steht, so ist jegt das Ideal des Dichters vollends in fürstliche Höhe gehoben; seine Adelaide heißt hier Armida, und ist Prinzessin von Carignan. Ihre schwarzen Augen haben das Herz Robert Hot's, eines jungen Engländers, der in Turin verweilt, in

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Flammen gesezt und inspiriren ihn zu den größten Tollheiten. Jegt steckt er in einem Musketierrock, und steht Wache vor ihrem Palaste, nun liegt er wieder als Savoyardenjunge bettelnd unter ihren Fenstern, und weint sein Weh hinaus in die Nacht. „Womit“, flagt er, hab' ich dich beleidigt, erzürnter Himmel, ihr falten und freundlichen Sterne, die ihr so schön und so grausam auf mich niederseht? Ach, auch darin ihr so ähnlich! Muß denn Alles gefühllos sein, was vollkommen ist, nur darum anbetungswürdig, weil es in sich selbst glücklich seine Anbeter nicht der Aufmerksamkeit würdig achtet." Auch bei ihm ist, wie bei Strephon die Leidenschaft durch die frühere Entsagung, durch das abstracte Gedankenleben, das er bisher geführt, nur noch mehr überreizt und gesteigert.

,,Hab' ich nicht zwanzig Jahre mir Alles versagt, was die Menschen sich wünschen und erstreben? Wie ein Schulmeister mir den Kopf zerbrochen, über nichts gelebt als Büchern und leblosen, wesenlosen Dingen, wie ein abgezogener Spiritus in einer Flasche, der in sich selbst verraucht. Und nun da ich das Antlig finde, das mich für Alles entschädigen kann, das Antliß, auf dem alle Glückseligkeit der Erde und des Himmels, wie in einem Brennpunkt vereinigt mir entgegenwinkt, das Lächeln, das meinen verschmachtenden Sinnen auf einmal zuzuwinken scheint: Hier ist Leben, Freude ohne Ende, Seligkeit ohne Gränzen . . ach! ich muß, ich muß zu ihr, so wahr ein jeder Mensch einen Himmel sucht, weil er auf Erden nicht zufrieden werden kann.“

So fluthet und ebbt seine Leidenschaft fortwährend zwischen heißem Begehren und wilder troftloser Klage auf und nieder. Vergebens sucht sein Vater und Lord Hamilton, dessen Tochter er heirathen soll, ihn den Banden dieser wahnwißigen Liebe zu entreißen, der

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nie Erhörung zu Theil werden kann. Was hilft es, daß man ihn gewaltsam in einen Taumel von Zerstreuungen zieht? Sein Herz ist unheilbar dahingenommen von der Macht jenes einen unseligen Gefühls. Der Kranke weiß seine Aerzte zu überlisten; „sie haben mich", sagt Robert, wenigstens so weit gebracht, daß ich durch eine verstellte Gleichgiltigkeit ihr Argusauge betrügen und ihren bitteren Spöttereien über die schönste Thorheit meines Lebens ausweichen kann!" So täuscht er selbst das wachsame Auge des Vaters, daß dieser schon glaubt, es lasse sich mit ihm zur Besserung an. Hamilton bezweifelt es noch. „Wenn ein Mittel wäre, meint dieser, „ihm den Geschmack an Wolluft und Behaglichkeit beizubringen; er hat sie nie gekostet und wenn das so fortstürmt in seiner Seele, kann er sie auch nie kosten lernen“. . . Er sinnt darüber nach, wie man die gemeine Sinnlichkeit in ihm aufstacheln, wie man durch sie die ideale Flamme seiner edlen, aber thörichten Schwärmerei ersticken könne. Robert hat das Gespräch belauscht; wüthend stürzt er auf Lord Hamilton los und nennt ihn einen Nichtswürdigen. Dieser, schnell sich fassend, erwidert kalt: „Ich billige diese Hige an Robert sie steht seinen Jahren wohl an. Aber sie wird sich legen. Ich hoffe noch die Zeit zu erleben, da Robert über sich lachen wird." Er hat sich verrechnet, der überfluge, frostige Weltmann - die traurigste Katastrophe kommt früher, als es Jemand gedacht.

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Lord Hot verkündet seinem Sohne die bevorste= hende Vermählung der Prinzessin. Er fällt in Ohnmacht

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