ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Hammers bedurft, um seine Natur von den vielen Schlacken zu befreien und sein Herz gediegen zu machen

[ocr errors]

und fürwahr - diese fortgesegte Läuterung seiner selbst gelang ihm auch in vollem Maße. Aber je mehr sich so die Individualität des Dichters in sich klärte und vollendete, desto mehr schloß sie sich auch gegen die thätige, handelnde Welt zurückweisend ab, der der Dramatiker Sinn und Auge hingebend öffnen soll. Das Bestreben, alle Gegensäge in sich auszugleichen, alle Ecken zu mildern und zu stumpfen, die reine Harmonie der Gemüthskräfte zu nähren und zu erhalten, ist eben keine Tendenz, die diese Art des Schaffens, die Schilderung aufregender Leidenschaften und Conflicte sonderlich begünstigen kann. Die eisernen Reifen, mit denen sein Herz eingefaßt wurde, trieben sich täglich fester an, daß endlich gar nichts mehr durchrinnen konnte; je größer die Welt, in die er blickte, desto garstiger fand er die Farce; das bewegte Leben, defsen Beobachtung den dramatischen Dichter anrégt und zur Production reizt, ihn warf es mißmuthig in sich zurück. So kam es denn, daß Göthe'n auch in seinen Dramen das eigene Selbst, die persönliche Erfahrung, das unmittelbare Erlebniß der Hauptanstoß blieb, aus dem er seine Charakterdarstellung, seine Erfindungen herausspann. Freilich entsprach er in dieser Weise nicht eben der eigentlichen Bestimmung des Drama's, dessen Zweck seit jeher war, ein objectives Weltbild zu geben, dem Zeitalter den Spiegel vorzuhalten", nicht blos Entwicklungsphasen der eigenen Individualität des Dichters zu vergegenständlichen.

Göthe spricht wiederholt von jener bezeichnenden Richtung seiner poetischen Thätigkeit, die ihn von Anfang an bestimmte, und von der er sein ganzes Leben nicht habe abweichen können: Dasjenige, was ihn erfreute, oder quälte, oder sonst beschäftigte, in ein Bild, eine poetische Schöpfung zu verwandeln und darüber mit sich selbst abzuschließen. Was immer in der innern Welt seines Gemüthes kämpfend auf und nieder wogte, er schied es so aus sich aus, um es im Bilde eines äußeren Vorgang's dichterisch festzuhalten. Diese Richtung übertrug Göthe auch auf das Drama, ja sie drängte ihn sogar zu seinen ersten Versuchen in dieser Gattung hin. Schon während seiner ersten Studentenzeit in Leipzig, als er die Neigung eines anmuthigen Kindes, Käthchen Schönkopf mit Namen, durch grillenhafte Quälereien verscherzt hatte, machte er dieser peinlichen Stimmung durch eine kleine dramatische Production Luft: so entstand die älteste seiner Dichtungen, das niedliche, aber sonst unbedeutende Schäferspiel: „Die Laune des Verliebten." Zu der Zeit, als die Treulosigkeit gegen Friederike Brion ihn ängstigte, suchte er nach seiner alten Art abermals Hilfe bei der Dichtkunst. Er segte die hergebrachte poetische Beichte" fort, um wie er sagt, durch diese selbstquälerische Büßung einer inneren Absolution würdig zu werden. Die beiden Marien in „Gög“ und „Clavigo," und die beiden schlechten Figuren, die ihre Liebhaber neben ihnen spielen, waren die Resultate solcher reuigen Betrachtungen. Die unbestimmte, leicht bestimmbare, von schwankenden Gefühlen abhängige Seite in seiner

Natur, welche die Entschlüsse so oft in dem Halbbunkek unflarer Regungen zurückhielt, so schwer sich zum Widerstand, zur Entscheidung aufarbeitete, zur Untreue gegen sich und Andere führte, gab ihm den Stoff zur Zeichnung jener interessanten Schwächlinge, der Weislingen's, Clavigo's, Taffo's, deren feine Charakteristik zum guten Theil nur Frucht der Selbstbeobachtung war. Doch lag noch ein anderes Element in Göthe's Wesen, das diesem Schwanken und Schweben das Gleichgewicht hielt: der scharfe, falte Strahl des Weltverstandes, der durch die Nebel weicher, aber unflarer Stimmungen mit einem Male hindurchbrach, mit einem plöglichen Riß das Versäumniß des dumpfen Brütens einzuholen, hemmende Verhältnisse oft rücksichtslos zu lösen geneigt. war. Auch diese Seite wurde personificirt und zu selbstständigen Gestalten ausgebildet: zuerst in Clavigo'sFreund Carlos, dann zu schärfster Negation gesteigert in Mephistopheles. Die Gegensäge, die in Göthe’sIndividualität abwechselnd hervortraten, vertheilte er bald so, bald anders gefärbt und gemischt an die Hauptfiguren seiner Dramen und Romane, und gab in ihnen den besonderen Seiten seines Wesens eine persönliche Eristenz. Darum gehören seine Gestalten auch meistens paarweise zusammen, wie die Hälften einer höheren, unsichtbaren Einheit; entweder ist der Eine der untrennbare Gefährte des Anderen, den diefer, so verhaßt und verderblich er ihm ist, nicht mehr entbehren kann (Fauft und Mephistopheles), oder die Beiden sind darum Feinde, weil die Natur nicht Einen Mann aus ihnen formte (Tasso und Antonio),

obgleich sie beffer thäten, sich zu ihrem gegenseitigen Vortheil auf's engste zu verbinden. Was hier äußerer Gegensag ist, war in Göthe's Gemüth innerer Streit, der sich mehr als einmal in ihm erneuerte, bis die Heilungskraft der eigenen Natur die widerstrebenden Elemente wieder in ein leidliches Gleichgewicht brachte..

Wir werden bei der Besprechung der einzelnen Dramen Gelegenheit finden, die Spuren der subjectiven Bezüge in ihnen noch weiter zu verfolgen; so viel begreift sich aber schon jezt, daß unter diesen Voraussegungen ihre Haltung keine eigentlich dramatische sein konnte: es wurden ruhige, detaillirte Charakterstudien, keine Darstellungen von Handlungen und Leidenschaften, feine Analysen von Seelenzuständen und psychologischen Problemen, nicht Gemälde eines. mächtig bewegten, in seiner in seiner Tiefe aufgewühlten Daseins. Die Gemüthskämpfe und Conflicte, die uns der Dichter vorführt, sind für ihn schon innerlich abgethan und überstanden; daher die Ruhe, mit der er sie schildert, zugleich aber auch die Ausführlichkeit, mit der er, als persönlich dabei interessirt, selbst auf das Einzelnfte eingeht. Dies erklärt die Specialität des Göthe'schen Drama's. Göthe's Dichtung hat eine lyrische Seele und einen epischen Körper, aber feinen dramatischen Puls; sie gab dem dramatischen Organismus das zartere Nervengeflecht einer vertieften Empfindung, nicht aber die Muskeln und Sehnen des drängenden Affects, des vorwärts schreitenden Handelns. Für die Poesie im Allgemeinen war unendlich viel gewonnen, eine Fülle des tiefsten, innersten Seelen

lebens befam nun im Schauspiel Sprache und Ausdruck aber die dramatische Kunstform selbst machte keinen Fortschritt, wenn man nicht gar nach Lessing's Emilia Galotti" in formeller Beziehung selbst einen Rückschritt eingestehen will. Schiller sagt sehr bezeichnend über die „Iphigenia“: „daß dasjenige, was man eigentlich Handlung nenne, hier hinter den Coulissen vorgehe, und das Sittliche, was im Herzen vorgeht, die Gefinnung, darin zur Handlung gemacht sei, und gleichsam vor die Augen gebracht werde." Dieses treffende Wort gilt nicht blos von dem Einen Schauspiel, es findet, den Gög ausgenommen, fast auf alle Göthe'schen Dramen seine Anwendung, selbst auf „Egmont“ und „Faust;" des „Tasso“ zu geschweigen, in welchen durchwegs nur Psychologie, und gar keine äußere Handlung ist. „Alles bezieht Göthe", um auch eine feine Bes merkung Tieck's hier anzuführen, „mehr auf eine unsichtbare, als auf eine wirkliche Bühne; es ist ihm wichtiger, die Stimmungen des Gemüthes, dessen Verirrungen, die Gefühle des Herzens, die in zarter Wehmuth, in Sehnsucht und Liebe, in Freud' und Leid räthselhaft spielen und sich gegenseitig durchdringen,. mit fester Hand des reifen Künstlers zu zeichnen, als eine eigentliche Handlung darzustellen, die aus Veranlassungen und dem Zusammentritt verschiedener Gestalten und Charaktere hervorgeht und immer äußerlich sichtbar werden muß." So kommt es denn, daß seine Dramen oft durch ihre größten Schönheiten undramatisch werden, wenn auch manche Scenen von großer dramatischer Wirkung sind. Iphigenia und Tasso sind so eigentlich

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »