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geworden. Bei näherer Betrachtung zeigte es sich," so äußert sich Göthe herüber selbst, „daß nach unseren Sitten, die ganz eigentlich auf Monogamie gegründet sind, das Verhältniß eines Mannes zu zwei Frauen, besonders wie es hier zur Erscheinung kommt, nicht zu vermitteln sei, und sich daher vollkommen zur Tragödie qualificire." Der Versuch der verständigen Cäcilie, das Mißverhältniß in's Gleiche zu bringen, muß fruchtlos bleiben; im fürchterlichsten Augenblick steht sie rathlos zwischen Zweien, die sie nicht trennen, nicht vereinigen kann. Stella, deren Leben ganz nur Liebe war, führt die Liebe auch in den Tod, während

e sterbend noch die Hände der beiden Gatten zusam= menzubringen sucht; Fernando's Tod muß nun auch nothwendig folgen, als die tragische Sühne seiner Schuld. Die beiden Personen, deren Verhältniß außer der sittlichen Ordnung stand, gehen unter - Cäcilia, die Gattin, überlebt allein.

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Wir schließen hier die Darstellung der Jünglingsjahre des Dichters, so weit sie mit unserer Aufgabe zusammenhing. Auf die frische, körnige Naivetät der faustrechtlichen Zeit im „Gög“ sahen wir die sentimentalen Nachflänge von Werther's Leiden" nachfolgen; wenn dort ein klarer, heller Sonnenschein auf allen Gegenständen ruht, so scheint jezt der Mond träumerisch durch schwankende Wolkenbildungen, nach denen das feuchte Auge sehnend ausblickt. Das dramatische Schaffen des Dichters selbst, das mit der hellen klaren Objectivität des Gög so glänzend begann, verliert sich später in auffallend schwächerer, ja kränkelnder Weise

Bayer: Von Gottiched bis Schiller. II.

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in die Darstellung psychologischer Probleme, innerlicher Conflicte, sentimental aufgeregter Seelenzustände. Nur der empfindende, nach Innen bewegte, nicht der handelnde, der wirkende Mensch ist Gegenstand dieser dramatischen Dichtungen; wir sehen da keine bedeutenden Zwecke, keine großen Entwürfe und Thaten, nur immer das mit sich beschäftigte, sich selbst zulegt verwöh nende Herz- statt der Abhärtung des Willens in der Schule der Welt, die uns das Drama zeigen soll, nur das Schwanken widersprechender Gefühle, die läh. mende Unentschlossenheit, den erschlaffenden Zweifel. Töne der tiefsten Poesie ziehen hindurch, wunderbar Offenbarungen des menschlichen Herzens aber es ist in ihnen nicht jener eherne Klang, nicht jener kräftige Metallton, der aus dem Drama klingen und unsere innersten Kräfte aufrufen und wecken soll. Sieht man genauer zu, so ist Werther, Clavigo, Fernando immer wieder der Dichter selbst, in seinem wechselnden Verhältniß zu den Frauen, die ihm damals so viel zu schaffen gaben, dargestellt; bald hoffnungslos anbetend und seine heiligsten Gefühle in überquellendem Drange hinströmend - bald in nüchterner Stimmung die viele Zeit beklagend, die der strebende Geist mit Weibern nuglos vertändelt, bald wieder in seiner stürmenden Leidenschaft unwiderstehlich, und in eine Schuld verwickelt, die nur der eigenen, gefährlichen Liebenswürdigkeit entstammt.

Der Dichter ist voll von sich und scheint von sich selbst nicht fortkommen zu können, beiläufig wie in anderem Sinne auch Schiller in der Jugendperiode seines Schaffens freilich müssen wir hinzusegen,

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in einem bedeutend anderen Sinne. Während bei diesem Carl Moor, Ferdinand, Marquis Posa die Ideen, die Begeisterung, das Pathos des Dichters vertreten und aussprechen, so spiegeln die Jugendhelden Göthe's nur seine Gefühle, Stimmungen und ganz individuellen Zustände ab; es ist ein lyrisch sentimentaler Subjectivismus im Gegensag zu dem inspirirten, pathetischen, der Schiller so sehr bezeichnet. Dabei ist aber Göthe in der Darstellung selbst des Eigensten, Innerlichsten wieder von der reinsten, echt künstlerischen Objectivität, während Schiller's in die Welt hinausstürmender Enthusiasmus auch da, wo er den fremden Stoff ergreift und gestaltet, voll subjectiver Wärme, aber ebenso subjectiv befangen bleibt. Dem legteren ist von Anfang an der Zug nach dem Heroischen und Großen eigen; er sucht das Drama zu einer Heldenpoesie im modernen Sinne, wo es den Kampf um Ideen gilt, zu steigern; Göthe dagegen nimmt auch in der dramatischen Dichtung, nachdem er nur im Gög mit feckerem Auftrag, mit breitem Pinsel gemalt, gar bald den fein zugespigten Stift zur Hand, liefert auch da nur novellistische Albumblätter, zarte, sorgsam getuschte Umrisse, die bei der ausschließlichen Versenkung in das Seelenleben, bei der feinen Analyse der Empfindungen etwas entschieden Weibliches, um nicht zu sagen, Weichliches erhalten. Dieser Zug bleibt im Allgemeinen der Göthe'schen Poesie, und das Streben nach künstlerischem Maß und Gleichgewicht, das in der nächsten Periode vorwaltet, ist eher geeignet, ihn festzuhalten, als zurückzudrängen.

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Wir haben nur noch im Vorübergehen ein ungemein anziehendes kleines Stück, die kostbarste der Kleinigkeiten Göthe's, zu erwähnen, ehe wir vollends von der Gög- und Wertherperiode scheiden. Es ist das einactige Schauspiel: die Geschwister", welches wohl schon in die erste Weimarer Zeit (1776) gehört, aber noch wesentlich den Charakter der eben geschilderten Periode trägt. Wie Stella ein weiblicher Werther, so ist Marianne eine bescheidenere, aber gleich liebliche Schwester von Gretchen und Klärchen. Die zartesten Regungen eines stillen, liebevollen Herzens, das in seiner Empfindung wie in einem Naturelement lebt und webt, treten uns hier in der ansprechendsten Naivetät entgegen; in den drei Scenen Mariannen's mit dem Knaben, mit Fabrice und Wilhelm drängt sich die ganze Fülle einer reinen weiblichen Gefühlswelt, gleich einer schwellenden Knospe empor. Besprechen und zergliedern läßt sich dieses kleine Juwel Göthe'scher Poesie ebenso wenig, als sich der milde Glanz einer Perle, der Zauber einer innigen Melodie beschreiben läßt; hier kann die Eitelkeit des Erklärers gar kein Geschäft machen. Wir aber senden der innigen Natürlichkeit dieser wenigen Scenen den wärmsten Abschiedsgruß nach, ehe wir Göthe in die Phasen seiner künstlerischen Klärung und Veredlung, aber auch der allmäligen Erkältung folgen.

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Die Zeit, da der Dichter durch Dick und Dünn mit den Stürmern und Drängern ging, ist vorüber

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wir folgen ihm jest in neue Verhältnisse, sehen neue poetische Anschauungen und Gestalten in ihm auffeimen. Göthe am Hofe ist das eine Schlagwort dieses Capitels: das Originalgenie als Künstler das andere, bedeutungsvollere desselben.

In Weimar wird anfangs das alte Leben fortgesegt; der Sturm und Drang scheint hoffähig geworden zu sein aber bald bereitet sich der entscheidende Wendepunct bei Göthe vor. In der ersten Zeit spielt man die Wertherkomödie mit Ostentation fort; der Herzog selbst und seine Umgebung legen den historischen, blauen Wertherfrack an- doch nicht lange, und Göthe erledigt in der Farce der Triumph der Empfindsamkeit" die Wertherei auf immer, und erklärt sie in toller Selbstverspottung für einen überwundenen Standpunkt.

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